Mit dem EU-Beitritt von 10 mittel- und osteuropäischen Staaten (MOEL) im Mai 2004 – gleichzeitig wird die NATO-Aufnahme weiterer Beitrittskandidaten wirksam – steht die Union vor einer ihrer wichtigsten Weichenstellungen. Diese größte Erweiterung in der Geschichte der Gemeinschaft ist wahrlich von historischer Tragweite; sie wird weitreichende politische, wirtschaftliche, soziale, kulturelle, rechtliche und nicht zuletzt sicherheitspolitische Konsequenzen haben. Unterschiedliche Traditionen werden in der Union noch gewichtiger. Linke Politik benötigt eine umfassende Beurteilung des Erweiterungsprozesses, der bisherigen Resultate, der Perspektiven und der zentralen Reformalternativen. Dazu tragen die in Z 54 (Juni 2003) abgedruckten Aufsätze bei (D. Bohle, Imperialismus, peripherer Kapitalismus und europäische Einigung; M. Wehrheim, Die Rolle der BRD im Prozeß der Osterweiterung der Europäischen Union; H. Watzek, Auf dem Weg in die Zwei-Klassen-EU?; H. Bömer/ K. Steinitz, EU-Osterweiterung aus der Sicht linker Ökonomen).
Für ein demokratisches und soziales Projekt
Die Erweiterung kann ihrer historischen Dimension nur gerecht werden, wenn sie nicht weiterhin vorrangig als neoliberales Marktprojekt verwirklicht wird, wenn sie sich demokratisch, sozial und solidarisch vollzieht, wenn sie zur Überwindung europäischer Spaltungen beiträgt. Bei verschiedenen Möglichkeiten der EU 15, den Beitritt so zu gestalten, daß sie nicht von den Problemen der Beitrittskandidaten „überfordert“ wird, hat sich die Union für die Option entschieden, die Neulinge zu akzeptieren, sie aber nicht gleichberechtigt zu behandeln (69; alle Seitenzahlen in Klammern beziehen sich auf Z 54). Mit den Aufnahmekriterien von Kopenhagen 1993 verlangte die EU von den Beitrittsländern rigoros, den wirtschaftlichen und politischen „Besitzstand“ der EU ohne besondere Rücksicht auf eigene Interessen, Traditionen und spezifische Leistungen zu übernehmen. Sie wurden zu weitgehender Anpassung gezwungen und ihre Verhandlungsmacht gegenüber der geschlossenen EU war gering. So kam es nicht überall zu gleichberechtigten Regelungen, so im Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), auch nicht hinsichtlich der Erhöhung der Struktur- und Kohäsionsfonds (61/62). Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer wird durch Übergangsfristen von bis zu 7 Jahren begrenzt. Der gleiche Zeitraum gilt auch für Begrenzungen der Dienstleistungsfreiheit. Die EU-Länder aber, und dabei besonders die Bundesrepublik, konnten in den Beitrittsstaaten ihre Handels- und Investitionsinteressen weitgehend durchsetzen und die wichtigsten Unternehmen in Industrie- und Infrastruktur sowie die Banken übernehmen. Das politökonomische Kräfteverhältnis der Klassen veränderte sich zugunsten des westlichen Finanzkapitals (62). Finanzielle Hilfe und technische Unterstützung werden durch den Fluß sichtbarer und unsichtbarer Werte in umgekehrter Richtung mehr als ausgeglichen. Hinsichtlich der Währungsunion müssen die Beitrittsländer – von denen manche das Jahr 2007 im Blick haben – härtere Bedingungen als Alt-EU-Staaten akzeptieren. Sonderkonditionen, wie sie Großbritannien und Dänemark eingeräumt werden mußten, wurden ihnen versagt. Auch der Schengen-Besitzstand mußte unverändert übernommen werden, obwohl das die Beziehungen von MOEL-Ländern zu Nachbarstaaten vielfach belastet.
Beobachtungsverfahren der EU für Beitrittskandidaten – jährliche Berichte über den Stand von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit – eröffneten mannigfache Einwirkungsmöglichkeiten. Für Altmitglieder gibt es ein solches „Monitoring“ nicht, obwohl das gegenwärtig im Falle Italiens durchaus angemessen wäre. Die Erweiterung führt zur Integration der Beitrittsländer in ein ökonomisch stärkeres und überlegenes Umfeld und widerspiegelt die Dominanz der Interessen der bisherigen EU-Länder (70) (vgl. dazu Hannes Hofbauer, Osterweiterung, Vom Drang nach Osten zur peripheren EU-Integration, Wien 2003, besprochen in Z 54). Die Klassifizierung der EU-Politik als wirtschaftliche und politische Expansion ist durchaus zutreffend, doch die Kennzeichnung der EU-Politik als eine „Frage der politischen und ökonomischen Herrschaft, die die EU über die Beitrittskandidaten (und über die osteuropäische Region insgesamt) ausübt“ (19) sind m.E. zu weitgehend. Die Beitrittsländer haben noch immer eine begrenzte Selbständigkeit und verfügen über Manövriermöglichkeiten. Politische Aspekte dürfen nicht hintangestellt werden. Bereits vor der Erweiterung können die Beitrittskandidaten gleichberechtigt an der Regierungskonferenz zur EU-Verfassung teilnehmen und Interessen zur Geltung bringen. Einschätzungen über eine Zwei-Klassen-EU in einer erweiterten Union bedürfen ebenfalls kritischer Überprüfung. Wenn mit Blick auf die Agrar- und Strukturpolitik gesagt wird, in einigen Bereichen könne zumindest übergangsweise eine Mitgliedschaft zweiter Klasse entstehen, so ist das zutreffender (21). Ob das so bleibt, wird von der Entschlossenheit von Beitrittsländern abhängen, ihre Interessen deutlicher zu vertreten und natürlich vor allem von sozialen und demokratischen Bewegungen. Die neuen Mitglieder werden die künftige EU mitprägen.
Kapitalistische Peripherie
Für Bohle tragen Konzepte des Imperialismus und des peripheren Kapitalismus zu einem besseren Verständnis des europäischen Einigungsprozesses bei. Imperialismus, Peripherie und abhängige Entwicklung müssten wieder Thema kritischer Kapitalismusforschung und auf die Osterweiterung angewandt werden. Das trage zum besseren Verständnis sowohl des europäischen Einigungsprozesses wie der EU-Erweiterungspolitik bei. Arbeiten zur Osterweiterung bleiben unbefriedigend, „wenn sie nicht zumindest einige der Einsichten der früheren imperialimus- und dependenztheoretischen Debatten in ihre Analyse integrieren“ (27). Die EU-Erweiterungsstrategie habe Ähnlichkeiten mit traditionellen imperialistischen Praktiken und widerspiegele die Asymmetrie zwischen dem EU-Zentrum und der neuen europäischen Peripherie. Letzteres zeige sich im Entwicklungsgefälle, in den ökonomischen und politischen Beziehungen, in der interessengeleiteten Agenda der EU, im koordinierten Vorgehen der EU gegenüber den einzelnen Beitrittskandidaten, in der Handelsabhängigkeit, in der Dominanz ausländischen Kapitals in strategischen wirtschaftlichen Sektoren und deren Integration in ein transnationales Akkumulationsregime, in der ungewöhnlich weitreichenden Verlagerung strategischer Entscheidungen von Nationalstaaten in die Zentralen transnationaler Konzerne, in der militärischen Einbindung in die westliche Interessensphäre. Offen bleibt die Antwort auf die Frage: „Ist die europäische Einigung wirklich das Resultat einer postimperialistischen Phase der Weltwirtschaft, oder gehen uns einige zentrale Aspekte der Einigung verloren, wenn wir nicht die Elemente des Imperialismus auch im Postimperialismus beachten?“ (27). Das zeigt, wie wichtig die Debatte über Imperialismus und imperialistische Politik bleibt, wozu sich jüngst Horst Heininger ausführlich geäußert hat (Z 53, März 2003). Die Bewertung des EU-Systems als imperialistisch, wodurch ein besseres Verständnis der Osterweiterung möglich werde, bedarf weiterer Diskussion. M.E. sollte nicht übersehen werden, daß die Union sowohl eine Staatenvereinigung ist, die als Machtkartell agiert, als auch ein Integrationskomplex, der Interessenausgleich, Annäherung und solidarische Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und Gesellschaften ermöglicht. Die Analyse von „Peripherisierung“ sollte auch die Anbindung der Balkan-Region an die EU berücksichtigen. Die Präsidenten von fünf Ländern des westlichen Balkan – Mazedonien, Kroatien, Serbien-Montenegro, Albanien und Bosnien-Herzegowina – forderten jüngst die EU zu Schritten für eine politische und wirtschaftliche Integration in die Union auf, nachdem die EU-Kommission im Mai erstmals förmlich eine langfristige Beitrittsperspektive eröffnet hatte. In der „Agenda von Saloniki“ wurde der Beitritt der fünf westlichen Balkanstaaten zur EU in einem langfristigen Prozeß bekräftigt – jedoch mit harten Konditionen.
Machtverteilung in der EU
Die Analyse von Peripherisierung muß die Differenziertheit in der Beitrittsregion beachten. Neben marginalen oder kleinen Volkswirtschaften hat diejenige Polens ein besonderes Gewicht. Handlungsmöglichkeiten der Beitrittsstaaten müssen beachtet werden. Sie nehmen am Diskurs über die Perspektiven der Union und über die Machtverteilung in der EU teil, wie sich schon im Verfassungskonvent zeigte. Massiv wurde Gleichberechtigung bei der Besetzung von EU-Präsidentschaft und EU-Kommission verlangt. Die regierenden Kreise haben Möglichkeiten, Interessen zu vertreten, soweit sie sich dafür entscheiden. Das geschieht in wechselnden Koalitionen, wodurch auch kleine Beitrittsländer Entscheidungen über das institutionelle Machtgefüge in der EU beeinflussen können. Als neuer Faktor erweist sich die Rolle der USA. Sie nutzen die Beitrittskandidaten für ihre Hegemonialpolitik und ordnen sie ihren Zielen unter. Andererseits kann US-amerikanische Unterstützung MOEL-Staaten als Rückhalt dienen, um innerhalb der Union spezielle Anliegen nachdrücklicher vertreten zu können.
Konflikte nach der Erweiterung
Mannigfache Konflikte nach der Osterweiterung sind absehbar. Prognostiziert wird: Der radikale Wandel der ökonomischen Verhältnisse wird sich fortsetzen. Der wirtschaftliche Aufholprozeß wird schwieriger, langsamer und instabiler verlaufen als noch vor Jahren angenommen. Das Wohlstandsgefälle wird nur langsam flacher werden. Soziale Ungleichheit wird zunehmen. Gesellschaftliche und regionale Disparitäten zwischen den Beitrittsländern und den alten Mitgliedern bleiben langfristig existent. Neben Modernisierungsinseln wird es eine Vielzahl verarmter Regionen geben. Die Richtungen der GAP, die für das Funktionieren der EU nach der Osterweiterung eminent wichtig ist, bleiben umstritten. Die Entscheidung, im Bereich der Agrarförderung ab 2005 nur 20 Prozent der bisher in der EU-15 üblichen Direktbeihilfen zu zahlen, um dann gestaffelt bis 2011 auf 100 Prozent Förderung zu kommen, muß korrigiert werden. Harte Budgetverhandlungen für die Zeit nach 2006 zeichnen sich ab. Das betrifft die Struktur- und Regionalpolitik. Davon sind die Höhe der Strukturfonds und die Regeln für die Mittelvergabe betroffen. Benachteiligungen der neuen Mitglieder, und dabei insbesondere der Bauern (von Watzek detailliert dargelegt), muß begegnet werden. Angesichts der Finanzierungsgrenze von 1,27 Prozent wird die EU nach der Erweiterung in Reiche und Arme geteilt bleiben. Jede Ausweitung des Solidarbeitrags wird einerseits vom Frust der Nettozahler und andererseits von der Konkurrenz der Empfängerregionen begleitet sein. Spannungen zwischen Beitrittsländern und insbesondere den südeuropäischen Mitgliedstaaten, aber auch mit Deutschland, sind unvermeidlich, wenn gefordert wird, nach 2006 müßten die Strukturfonds voll auf die Beitrittsländer konzentriert werden, ohne Bedürfnisse benachteiligter Regionen in der Alt-EU zu berücksichtigen. Ein neuer Problembereich ist der Beitritt zur Währungsunion, der zu neuen Belastungen führen wird. Zentral bleibt die Einschätzung: Die enormen wirtschaftlichen und sozialen Probleme in den Beitrittsländern können nicht ohne grundlegende Änderungen der makroökonomischen Politik erreicht werden (61, 64). Dringlich sind Konzepte, Politiken und Vorschläge für Konvergenz in der EU, für europäische Solidarität, die über Vorschläge für Struktur- und Kohäsionsfonds, über Infrastruktur- und Regionalpolitik hinausgehen. Elemente des Finanzausgleichs zu Gunsten schwächerer Staaten müssen ausgebaut werden, wozu eine erhöhte Rolle des EU-Haushalts notwendig ist. Es ist an der Zeit, die Vorschläge der Europäischen Memorandum-Gruppe für bessere Institutionen, Regeln und Instrumente für Vollbeschäftigung und sozialen Wohlstand in Europa in Verknüpfung mit der Osterweiterung mehr ins Blickfeld zu rücken (EuroMemo 2002, Hamburg 2003).
Gemeinsamkeit der Beitrittsländer?
In der erweiterten Union kommt es gewiß zu neuen Differenzierungen. Die Alt-EU bleibt sowohl politisch als auch ökonomisch der stärkere Part gegenüber den Beitrittsländern. Diese sind „als kleine und neue Mitgliedstaaten in einer schwächeren Position ... als die alten Mitgliedstaaten“, konzediert der tschechische Staatspräsident Klaus (Die Zeit, 16.4.03). Interessenunterschiede zwischen den neuen Mitgliedern und der EU 15 bleiben existent. Wichtig für die Zukunft der EU wäre ein koordiniertes Auftreten der Beitrittsländer zur Verteidigung nationaler Interessen, gegen Tendenzen zu einer Zwei-Klassen-EU. Der tschechische Staatspräsident erwartet angesichts der großen Unterschiede in der EU keine Blockbildung seitens der Beitrittsstaaten. Bei diesem oder jenem Thema aber kann es durchaus zu Ad-hoc-Koalitionen kommen, auch mit diesen oder jenen Alt-EU-Ländern, wie sich das bereits in der Frage des Irak-Krieges und im Verfassungskonvent zeigte. Bundeskanzler Schüssel sieht die Chance, in der EU eine „Mitteleuropagruppe“ zu bilden, denn für Österreichs Interessenvertretung seien Bündnispartner erforderlich (Die Presse, 10.7.03). Ein anderer Aspekt kann für das Handeln von MOEL-Staaten jedoch noch gewichtiger werden: Das sind die unterschiedlichen Mentalitäten und Prägungen der Gesellschaften Ost- und Westeuropas (52). Für Christa Luft sind nach der Erweiterung Reibungsverluste und Rückschläge auch deshalb nicht ausgeschlossen, weil nunmehr Gemeinwesen mit vormals verschiedenen Gesellschaftsordnungen und Sozialisationserfahrungen direkter aufeinander einwirken. „Die Diskrepanz zwischen früheren und aktuellen Erfahrungen kann eine bislang in der Europäischen Union unbekannte ‚Block-Identität‘ hervorbringen, so wie es in den neuen Bundesländern schließlich zur Herausbildung einer ‚Ost-Identiät‘ kam. Sich abzeichnende Spannungen sind nur zu mindern, wenn die Beitrittskandidaten ihre eigenen Potenziale und Stärken bewußt pflegen und die Alt-Länder diese nicht zu schleifen versuchen.“ (ND, 11.7.03) Das sollte linke EU-Politik beherzigen. Derartige, die Integration fördernde Tendenzen müssen unterstützt und der kulturellen Sphäre muß dabei besondere Beachtung gewidmet werden.
Erweiterung und Kerneuropa
Die Probleme einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU werden in der erweiterten EU eine viel wichtigere Rolle spielen, als bislang angenommen wurde. Die Kandidatenländer stellten sich in Briefen und Erklärungen gemeinsam mit Großbritannien, Spanien und anderen Alt-EU-Staaten zum völkerrechtswidrigen Irak-Krieg an die Seite der USA. Wichtig ist die Annahme, in der EU-25 werde sich die Position der USA verstärken (36). Grundlegende Meinungsunterschiede führten zu einem scharfen Konflikt mit Frankreich und der Bundesrepublik. Die Konsequenzen der Spaltung in der EU sind nachhaltig und in ihren Auswirkungen noch schwer übersehbar. Diese Situation stimulierte Anstrengungen für ein Kerneuropa, so die Vierer-Initiative (BRD, Frankreich, Belgien und Luxemburg) für eine Interventionstruppe und darüber hinaus für eine Sicherheits- und Verteidigungsunion. Das widerspiegelt sich auch in Wortmeldungen von Intellektuellen über die Zukunft der Union. Jürgen Habermas beschreibt die Situation so: „Offensichtlich wurde eine Kluft zwischen dem ‚alten Europa’ auf der einen und den mittelosteuropäischen Beitrittskandidaten auf der anderen Seite. Die mittelosteuropäischen Länder streben zwar in die EU, ohne jedoch schon bereit zu sein, ihre eben erst gewonnene Souveränität wieder einschränken zu lassen. Sie tendieren auch dazu, am bestehenden Modus des intergouvernementalen Regierens festzuhalten. Einstweilen sind wohl nur die kerneuropäischen Mitgliedstaaten bereit, der EU gewisse staatliche Qualitäten zu verleihen. Wenn Europa nicht auseinanderfallen soll, müssen diese Länder jetzt von dem in Nizza beschlossenen Mechanismus der ‚verstärkten Zusammenarbeit’ Gebrauch machen, um in einem ‚Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten’ mit einer gemeinsamen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik den Anfang zu machen. Das avantgardistische Kerneuropa darf sich nicht zu einem Kleineuropa verfestigen; es muß – wie so oft – die Lokomotive sein.“ (FAZ, 31.5.03) Die Reaktionen in den Beitrittsländern, insbesondere in Polen, sind harsch. Mangelnde Freude über die Osterweiterung in „Kerneuropa“ wird konstatiert. Mögliche Abschottungen in der Union durch eine Avantgarde werden befürchtet, und das in einer Zeit, in der mit der absehbaren Verabschiedung einer Verfassung durch die bevorstehende Regierungskonferenz ein historischer Integrationsschub erreicht werden soll. Die dominierenden Eliten in den MOEL-Staaten dürften sich auch künftig lieber auf transatlantische Kooperation mit den USA als auf europäische Eigenständigkeit orientieren. Aber es gibt auch andere Stimmen. So äußerte der tschechische Präsident mit Blick auf den Irak: „Die Ambition aller liberal-demokratischer Europäer sollte sein: keine solchen Interventionen. Wir brauchen Europa nicht als Macht, die irgendwo in der Welt interveniert.“ (Die Zeit, 16.4.03)
Für die Linke ergibt sich in dieser Situation: Einerseits muß zivile Selbständigkeit der Union gegen aggressive US-Politik und Bruch des Völkerrechts unterstützt, andererseits muß Blockbildung innerhalb der Union, Avantgardismus in Richtung Interventionsstreitkräfte und Militärunion begegnet werden. Eine wirksame „europäische Öffentlichkeit“ ist hierfür von entscheidender Bedeutung. Die EU-Erweiterung kann dazu neue Anstöße geben.