Peripherie und Imperialismus

Recht auf bewaffneten Widerstand oder Terrorismus?

Völkerrechtliche Überlegungen

Juni 2005

Gibt es ein völkerrechtlich verankertes Recht der Völker zum bewaffneten Kampf[1] gegen fremde Herrschaft und Besetzung?[2] Zumal wenn fremde Herrschaft und Besetzung im Gefolge eines Aggressionskrieges zustande kam? Wenn ja, wer ist das legitime Subjekt dieses Kampfes und welches Recht gilt zwischen dessen Parteien? Wie kann man Befreiungskampf und Terrorismus voneinander unterscheiden? Ich behandle diese Fragen als allgemeines Völkerrechtsproblem, habe aber die Situation im Irak im Auge. Das Thema ist objektiv komplizierter als es die Fragen vermuten lassen. Subjektiv kommt hinzu, dass diese Fragen mit Klasseninteressen und entgegengesetzten Ideologien verbunden sind. Es wäre naiv zu erwarten, dass dazu das Völkerrecht eindeutige Regelungen enthält und die Völkerrechtswissenschaft auch nur annähernd übereinstimmende Meinungen vertritt. Die Fragen berühren zu direkt den demokratischen Impetus völkerrechtlicher Normen und den Kampf um deren Geltung und Durchsetzung, als dass hier allenthalben Klarheit und Einigkeit vorherrschen könnte.

I

Es gibt international renommierte Völkerrechtslehrer, die das Recht auf bewaffneten Widerstand auch in neuester Zeit ausdrücklich bejahen. Ich nenne Antonio Cassese, der dieses Recht als eine Regel des Gewohnheitsrechts auffasst: „Diese Regel bestimmt, dass, wenn Völkern, die kolonialer Herrschaft oder fremder Besetzung unterliegen, ebenso wie Bevölkerungsgruppen, die wegen ihrer Rasse nicht in der Regierung vertreten sind, gewaltsam das Recht auf Selbstbestimmung verweigert wird, solche Völker und Gruppen rechtlich befugt sind, zu bewaffneter Gewalt zu greifen, um ihr Recht auf Selbstbestimmung zu verwirklichen.“[3] In einem bekannten englischen Lehrbuch heißt es sehr deutlich: „Es gibt eine allgemeine Übereinstimmung, dass Völker, die ein legales Recht auf Selbstbestimmung haben, berechtigt sind, einen Krieg der nationalen Befreiung zu führen.“[4] Der deutsche Völkerrechtler Karl Doehring zieht aus dem Selbstbestimmungsrecht als zwingendem Recht die Schlussfolgerung, dass der Kampf um dieses Recht eine „Ausnahme von dem allgemeinen Gewaltverbot“ ist.[5] Die heute fast vergessene Völkerrechtswissenschaft der DDR hat den Standpunkt vertreten: „Zugleich bedingt die gewaltsame Aufrechterhaltung des Kolonialismus das Recht der unterdrückten Völker auf Befreiung von der Kolonialherrschaft, auch mit militärischen Mitteln.“[6] Zitiert werden soll schließlich noch das Lehrbuch von Norman Paech und Gerhard Stuby: „Während der Staat unter das absolute Gewaltverbot des Art. 2 Ziff. 4 UN-Charta fällt, besteht für die Befreiungsbewegungen von diesem Verbot heute nach allgemeiner Meinung eine Ausnahme.“[7]

Die Auffassung von der völkerrechtlichen Legalität und Legitimität des bewaffneten Befreiungskampfes kann sich auf zahlreiche Resolutionen der UN-Generalver­sammlung stützen. In der Zeit der Dekolonisierung wurde der bewaffnete Kampf kolonial unterdrückter Völker für die Durchsetzung ihres Selbstbestimmungsrechts als völkerrechtlich zulässig und nicht dem Gewaltverbot der Charta widersprechend anerkannt. Der bewaffnete Widerstand gegen fremdländische Besetzung, die mit Waffengewalt aufrecht erhalten wird, ist als Form dieses Befreiungskampfes eingeschlossen.

In der Deklaration der Generalversammlung über die Prinzipien des Völkerrechts von 1970[8] ist festgeschrieben, dass das Prinzip der Selbstbestimmung der Völker das Widerstandsrecht gegen Gewaltmaßnahmen einschließt, die kolonial unterdrückte Völker ihres Rechts auf Selbstbestimmung, Freiheit und Unabhängigkeit berauben. Es wird festgestellt: „die Unterwerfung von Völkern unter fremdes Joch, fremde Herrschaft und fremde Ausbeutung stellt eine Verletzung dieses Prinzips [des Prinzips der Selbstbestimmung – G.S.] als auch eine Missachtung grundlegender Menschenrechte dar; und steht im Widerspruch zur Charta.“ Dann heißt es: „Bei ihren Aktionen und ihrem Widerstand gegen solche Gewaltmaßnahmen in Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts sind diese Völker berechtigt, ... um Unterstützung nachzusuchen und diese zu erhalten.“ Das Wort „bewaffnet“ wurde vermieden, weil sonst die einstimmige Annahme der Deklaration nicht erreicht worden wäre. Dass mit „Aktionen“ und „Widerstand“ auch bewaffneter Kampf erfasst ist, geht aus dem Zusammenhang hervor und wird durch nachfolgende Resolutionen zur Realisierung des Selbstbestimmungsrechts der Völker bestätigt.

In der Resolution zum Selbstbestimmungsrecht vom gleichen Jahr 1970 wird die Legitimität des Kampfes zur Wiedererlangung des Rechts von Völkern auf Selbstbestimmung „durch jegliche, ihnen zur Verfügung stehende Mittel“ proklamiert.[9] Aufschlussreich ist die Resolution der Generalversammlung 3103 (XXVIII) von 1973,[10] durch die der bewaffnete Befreiungskampf als internationaler bewaffneter Konflikt im Sinne der Genfer Konventionen anerkannt wurde. Dieser Kampf – so heißt es in der Resolution – „ist legitim und in voller Übereinstimmung mit den Prinzipien des Völkerrechts“. In der Resolution zum Selbstbestimmungsrecht von 1973 wird dann eindeutig formuliert: Die Generalversammlung „bestätigt die Legitimität des Kampfes der Völker für die Befreiung von kolonialer und Fremdherrschaft und ausländischer Unterjochung mit allen verfügbaren Mitteln, einschließlich des bewaffneten Kampfes“.[11] Die Resolution wurde mit 97 Stimmen der sozialistischen und der Dritte-Welt-Staaten gegen fünf Stimmen bei 28 Stimmenthaltungen angenommen. In jeder der einschlägigen Resolutionen zum Selbstbestimmungsrecht der folgenden 17 Jahre bis 1990 wurde, bei ähnlichem Abstimmungsverhalten, die Formel „einschließlich des bewaffneten Kampfes“ wiederholt.[12]

Zwischenzeitlich hatte die UN-Generalversammlung 1974 die Aggressionsdefinition[13] verabschiedet. In Art. 7 dieser Definition wird der bewaffnete Befreiungskampf vom Aggressionsverbot ausgenommen. Es wird bestimmt: „Nichts in dieser Definition ... kann in irgendeiner Weise das Recht auf Selbstbestimmung, Freiheit und Unabhängigkeit ... von Völkern, denen dieses Recht gewaltsam entzogen wurde, beeinträchtigen, insbesondere von Völkern unter kolonialen und rassistischen Regimes oder anderen Formen der Fremdherrschaft; noch das Recht dieser Völker, für dieses Ziel zu kämpfen und dafür Unterstutzung zu suchen und zu empfangen.“ Der Terminus „bewaffneter Kampf“ wird wiederum aus dem gleichen Grund vermieden. Aber gerade dieser bewaffnete Kampf ist eingeschlossen. Das geht allein daraus hervor, dass es sich um einen Kampf handelt, der nicht unter das Aggressionsverbot, also nicht unter das Verbot der Anwendung von Waffengewalt fällt. Die Ausnahme von verbotener Waffengewalt kann logischer Weise nur zulässige Waffengewalt sein.

Aus meiner Sicht ist durch die genannten und weitere Resolutionen[14] und die entsprechende Staatenpraxis Völkergewohnheitsrecht entstanden. Das wird mit Berufung darauf bestritten, dass westliche und direkt betroffene Staaten denjenigen Resolutionen, in denen bewaffnete Gewalt ausdrücklich sanktioniert wird, nicht zugestimmt haben.[15] Es ist jedoch zumindest ein starkes Argument für die Existenz von Völkergewohnheitsrecht, wenn in einem so langen Zeitraum der bewaffnete Befreiungskampf von der überwältigenden Mehrheit der UN-Mitglieder in der Generalversammlung als legitim bestätigt wurde.[16]

Nach dem Epochen-Einschnitt von 1990, in Korrespondenz mit dem Untergang des realen Sozialismus in Europa und der sozialistischen Staatengemeinschaft und der damit verbundenen Schwächung der „Dritten Welt“, fällt die Bereitschaft der Generalversammlung zur Legitimierung des bewaffneten Befreiungskampfes merklich zurück. Das Bekenntnis zum Selbstbestimmungsrecht und zu dessen Durchsetzung wird zwar bekräftigt, aber von „bewaffnetem Kampf“ als legitimem Mittel ist in den einschlägigen Resolutionen nicht mehr die Rede. Bis 1994 behilft man sich mit dem Rückgriff auf die Formel von der Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechts „durch alle verfügbaren Mittel“.[17] Ab 1995 verschwindet das Recht auf bewaffneten Befreiungskampf aus dem Repertoire der einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung zum Selbstbestimmungsrecht.[18]

Ist mit diesem beredten Schweigen die Legalität und Legitimität des Befreiungskampfes etwa „erloschen“? Das bestreite ich. Man kann natürlich die Situation im Irak nicht mit dem „klassischen“ Kolonialismus gleichsetzen. Aber erstens sind Kämpfe für Befreiung von fremder Herrschaft und Unterdrückung, wie die jüngste Geschichte zeigt, zeitlich nicht auf die Dekolonisierungsphase begrenzt. Es gibt neue Erscheinungen von Kolonialismus und Fremdherrschaft durch Waffengewalt. Zweitens kann einmal entstandenes Völkergewohnheitsrecht nicht einfach durch dessen opportunistisches Verschweigen außer Kraft gesetzt werden. Dazu bedürfte es der Schaffung entgegengesetzten Gewohnheitsrechts. So weit ist es aber (noch) nicht.

Im übrigen ist das Recht auf bewaffneten Befreiungskampf nicht nur gewohnheitsrechtlich, sondernauch völkervertragsrechtlich verankert. Art. I Abs. 4 des Zusatzprotokolls I von 1977[19] zu den Genfer Abkommen von 1949 bestätigt den Status von Befreiungskriegen als internationale bewaffnete Konflikte im Unterschied zu den nicht internationalen bewaffneten Konflikten. Es handelt sich zwar um einen Vertrag über das humanitäre Kriegsvölkerrecht, nicht über das Gewaltverbot und die Ausnahmen davon. Aber in dem Zusammenhang ist eine völkerrechtlich verbindliche Aussage über die Rechtmäßigkeit von Befreiungskriegen getroffen worden. In den Anwendungsbereich des Protokolls fallen „bewaffnete Konflikte, in denen Völker gegen Kolonialherrschaft und fremde Besetzung sowie gegen rassistische Regime in Ausübung ihres Rechts auf Selbstbestimmung kämpfen...“[20]

Für die genauere Erfassung und juristische Begründung der Rechtmäßigkeit des bewaffneten Befreiungskampfes sind zwei Prinzipien des Völkerrechts maßgeblich: das Gewaltverbot und das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Beide Prinzipien sind in der Charta der UN, Art. 2 Ziffer 4 und Art. 1 Ziffer 2 verankert und gelten zugleich unabhängig von ihrer Verankerung in der Charta als Völkergewohnheitsrecht. Beide sind von gleichem juristischen Rang, sie sind zwingendes Recht (ius cogens) und müssen im Zusammenhang und in Wechselwirkung miteinander ausgelegt und angewendet werden. Es sind zwei Begründungswege für die Rechtsmäßigkeit des bewaffneten Befreiungskampfes möglich, die sich nicht widersprechen.

Der eine Weg ist die direkte Ableitung dieser Rechtsmäßigkeit aus dem Selbstbestimmungsrecht der Völker. Er erfasst den bewaffneten Befreiungskampf zur Durchsetzung dieses Rechts als dritte, eigenständige Ausnahme vom Gewaltverbot, neben dem Recht auf Selbstverteidigung nach Art. 51 der Charta und militärischen Sanktionsmaßnahmen des UN-Sicherheitsrats nach Kapitel VII der Charta. Dieser Weg scheint in der Logik der angeführten Resolutionen der Generalversammlung zu liegen. Die Ausnahme von dem strikt verfassten Gewaltverbot muss natürlich restriktiv ausgelegt werden. Nicht jede Missachtung des Selbstbestimmungsrechts durch eine fremde Macht rechtfertigt die Anwendung bewaffneter Gewalt als Widerstand. Nur wenn das Selbstbestimmungsrecht eines Volkes durch einen anderen Staat mit bewaffneter Gewalt unterdrückt wird, wenn fremde Herrschaft und Besetzung mit bewaffneter Gewalt aufrecht erhalten wird, ist bewaffnete Gegengewalt völkerrechtlich zulässig.

Der andere Weg führt über das Selbstverteidigungsrecht nach Art. 51 der Charta, welches jedem Staat das Recht gibt, „im Falle eines bewaffneten Angriffs“ mit bewaffneter Gewalt zurück zu schlagen. Dieser Weg geht davon aus, dass die Verweigerung des Selbstbestimmungsrechts eines Volkes durch fremdländische militärische Besetzung und gewaltsame Herrschaft eine fortdauernde Aggression darstellt, die ein schwerer Völkerrechtsbruch ist und gegen die das Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung gegeben ist. Damit wird das Recht auf Selbstverteidigung neben den Staaten, auf die Art. 51 der Charta gemünzt ist, auch Völkern zugebilligt, die um ihr Recht auf Selbstbestimmung kämpfen. Auch hier muss restriktiv argumentiert werden. Es darf nicht übersehen werden, dass imperialistische Kräfte am Werke sind, das Selbstverteidigungsrecht verfälschend auszudehnen. Auf dieses Recht kann sich ein Volk nur dann berufen, wenn ein Fall vorliegt, der dem Fall eines bewaffneten Angriffs eines Staates gegen einen anderen gleichzusetzen ist.

Beide Wege sind nach meiner Meinung geeignet, das Recht der Völker zu begründen, die mit fremder militärischer Gewalt daran gehindert werden, ihr Selbstbestimmungsrecht zu verwirklichen, zum bewaffneten Befreiungskampf zu greifen. Gewaltfreie Lösungen im Kampf der Völker um Selbstbestimmung sind allemal besser und vorzuziehen. Wenn aber fremdländische Besetzung mit militärischer Gewalt aufrecht erhalten wird und friedliche Mittel zur Beendigung der Besetzung ausgeschöpft oder aussichtslos sind, dann ist es das Recht des betreffenden Volkes, sein Selbstbestimmungsrecht auch mit Waffengewalt durchzusetzen.

Das gilt auch für das Volk im Irak. Das Recht dieses Volkes kann zudem damit begründet werden, dass der Aggressionskrieg der USA und ihrer Verbündeten gegen den Irak nicht beendet ist, sondern fortdauert, das Selbstverteidigungsrecht des Irak also fortbesteht und von dem durch die Aggressoren zerschlagen Staatsapparat auf das Volk übergegangen ist.

Aber steht dem Recht auf bewaffneten Widerstand nicht entgegen, dass die provisorische Regierung des Irak der Besetzung des Landes zugestimmt hat? Ist damit nicht die ursprüngliche Völkerrechtswidrigkeit der Besetzung „geheilt“, zumal der UN-Sicherheitsrat den Aggressionskrieg zwar nicht autorisiert, aber das Besatzungsregime durch nachfolgende Resolutionen[21] akzeptiert oder toleriert hat und inzwischen Wahlen stattgefunden haben? Mit den Resolutionen 1483 und 1546 wurde der Status des Irak als illegal besetztes Land nicht verändert. Der Sicherheitsrat hat nicht die Befugnis, eine illegale Besetzung zu legitimieren und so Unrecht in Recht umzuwandeln. Die Zustimmung der irakischen Regierung kann den völkerrechtswidrigen Charakter der Besetzung nicht in einen legalen Zustand umwandeln, weil diese Regierung gegenüber den Besetzern nicht souverän ist. Die Wahlen haben aus meiner Sicht nichts an dieser Rechtslage geändert. Sie konnten, unabhängig davon, ob sie demokratischen Grundsätzen gerecht wurden oder nicht, den Status der USA und ihrer Verbündeten als Aggressoren und Okkupanten nicht berühren. Der Irak bleibt auch danach ein völkerrechtswidrig besetztes Land, dessen einheimische Behörden dem Willen der Besatzer unterliegen, die weiterhin die eigentlichen Machthaber im Lande sind. Die nachträgliche Zustimmung einer von der Besatzungsmacht abhängigen Regierung zu einer im Wege einer völkerrechtswidrigen Aggression erreichten fremdländischen Besetzung kann das Recht des Volkes auf bewaffneten Widerstand gegen die Besatzer nicht beenden.

II

Es bleibt eine wesentliche Frage: Wer ist das Subjekt des bewaffneten Befreiungskampfes? Die Resolutionen der Generalversammlung besagen: Das Subjekt ist das jeweilige Volk; der bewaffnete Kampf der Völker wird für legitim erklärt.[22] Wer ist das Volk? Die Kategorie „Volk“ als Träger von Rechten ist in concreto schwer handhabbar. Wer vertritt das Volk? Wer ist berechtigt, im Namen des Volkes einen bewaffneten Befreiungskampf zu führen?

In den Zeiten der Dekolonisierung war diese Frage relativ leicht zu beantworten: Es waren organisierte Bewegungen entstanden, die internationale Anerkennung fanden, Beobachterstatus bei den UN erlangten, von den sozialistischen Staaten politisch-moralisch und materiell unterstützt wurden und mit ihren Streitkräften den bewaffneten Kampf führten, wie die FRELIMO in Mocambique, die SWAPO in Namibia, die FLN in Algerien. Diese Bewegungen hatten einen völkerrechtlichen Status. Sie waren anerkannte Repräsentanten des Selbstbestimmungsrechts ihrer Völker und damit in einem eingegrenzten Bereich Völkerrechtssubjekte.

In Bezug auf den Irak ist die Lage unübersichtlich und von hier aus schwer zu beurteilen, zumal wir der Desinformation der herrschenden Medien ausgesetzt sind. Es wird berichtet, dass sich eine Bewegung für eine Nationalversammlung gebildet hat.[23] Aber es agieren offenbar unabhängig voneinander bewaffnete Widerstandskräfte gegen die Besatzer. Eine Koordinierung oder gar ein Aktionsbündnis ist nicht erkennbar. Daneben gibt es terroristische Gruppen, mit deren Verbrechen der legitime Widerstand – auch der bewaffnete– nichts zu tun hat. Unterstützung durch die Liga der Arabischen Staaten oder durch die Organisation der Islamischen Konferenz hat der irakische Widerstand bisher nicht gefunden. Die UN-Generalversammlung hat es nicht für angebracht gehalten, das Thema Irak auch nur auf seine 160 Punkte umfassende Tagesordnung zu setzen. Für die Legitimität des bewaffneten Widerstandes ist zwar nicht erforderlich, dass das Volk durch eine einzige und international anerkannte Bewegung vertreten wird. Aber die gegenwärtige Situation erschwert die Identifizierung einer irakischen Widerstandsbewegung, die im Volk verwurzelt ist und dessen Selbstbestimmungsrecht repräsentiert. Das ändert allerdings nichts am Recht des irakischen Volkes, bewaffneten Widerstand gegen die fremde, mit Waffengewalt aufrecht erhaltene Besetzung zu leisten.

Welches Recht gilt in einem bewaffneten Befreiungskampf? Aggression ist ein völkerrechtliches Verbrechen. Die daraus resultierende fremde Besetzung eines Landes ist völkerrechtswidrig und muss schnellstens beendet werden.[24] Nicht nur die gewaltsame Aufrechterhaltung der Besetzung, sondern alle Handlungen der Besetzer, die dem Selbstbestimmungsrecht des Volker widersprechen sind folglich illegal. Aber die Anwendung von Waffengewalt in einem aus einer solchen Situation entstandenen bewaffneten Konflikt zwischen illegalen Besetzern und legitimen Widerstandskämpfern unterliegt auf beiden Seiten nach Art. 1 Abs. 3 und 4 des genannten Protokolls I in Verbindung mit den wortgleichen Artikeln 2 der vier Genfer Abkommen von 1949[25] dem humanitären Kriegsrecht. Nach diesen Bestimmungen gehören „auch bewaffnete Konflikte, in denen Völker gegen Kolonialherrschaft und fremde Besetzung sowie gegen rassistische Regimes in Ausübung ihres Rechts auf Selbstbestimmung kämpfen“ zu den internationalen bewaffneten Konflikten, in denen das Protokoll Anwendung findet.

Nach Art. 96 Abs. 3 des Protokolls kann das Organ, das ein Volk vertritt, sich durch einseitige Erklärung verpflichten, das Protokoll und die Genfer Abkommen anzuwenden. Ich bezweifle, dass eine solche Erklärung konstitutive Bedeutung für die Geltung des humanitären Kriegrechts hat.[26] Sie dient eher der Rechtssicherheit. Der wesentliche Inhalt der Genfer Abkommen und des Protokolls sind ohnehin Völkergewohnheitsrecht und damit für alle Beteiligten am internationalen bewaffneten Konflikt verbindlich..

Die Folge der Geltung des humanitärer Kriegsrechts ist, dass Widerstandskämpfer den Kombattanten- und Kriegsgefangenenstatus nach Art. 43 und 44 des Protokolls I innehaben und damit den Schutz des humanitären Kriegsrechts genießen. Sie sind keine Terroristen. Voraussetzung ist, dass die bewaffneten Kräfte einer Befreiungsbewegung einer Führung unterstehen, die für die Untergebenen verantwortlich ist, dass ein internes Disziplinarsystem wirksam ist, welches die Einhaltung des humanitären Kriegsrechts gewährleisten kann. Die Kombattanten „sind berechtigt, unmittelbar an Feindseligkeiten teilzunehmen“, das heißt, die Kombattanten der Gegenpartei zu töten, zu verletzen, gefangen zu nehmen und militärische Objekte zu vernichten oder unschädlich zu machen. Aber sie müssen sich an das humanitäre Kriegsrecht halten.

Das humanitäre Kriegsrecht ist auch für den bewaffneten Konflikt im Irak verbindlich. Es handelt sich um einen internationalen bewaffneten Konflikt im Sinne des Protokolls I. Dem Protokoll gehören weder der Irak noch die USA, wohl aber Großbritannien an. Eine Anwendungserklärung nach Art. 96 liegt nicht vor. Gleichwohl ist wegen gewohnheitsrechtlicher Geltung das humanitäre Kriegsrecht anzuwenden.

Schwere Verstöße gegen das humanitäre Kriegsrecht sind Kriegsverbrechen. Das gilt für beide Seiten, unabhängig davon, dass die Besetzung illegal und der Kampf dagegen legal ist. Die Kriegsverbrechen sind in Art. 8 des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs von 1998[27] in 34 Tatbeständen zusammengefasst. Dazu gehören vorsätzliche Tötung, Folter oder unmenschliche Behandlung von Zivilpersonen und Kriegsgefangenen; vorsätzliche Angriffe auf Zivilpersonen und zivile Objekte; Geiselnahme; Tötung eines die Waffen streckenden oder wehrlosen Kombattanten; Verwendung von Waffen, Geschossen, Stoffen und Methoden der Kriegführung, die geeignet sind, überflüssige Verletzungen oder unnötige Leiden zu verursachen; entwürdigende und erniedrigende Behandlung; vorsätzliche Angriffe auf Einrichtungen mit dem Genfer Schutzzeichen. Die Art und Weise der Kriegführung der USA und Großbritanniens und ihr Verhalten als Besetzer beinhaltet eine Kette von Kriegsverbrechen, die zu verurteilen sind, ebenso wie Kriegsverbrechen des legitimen irakischen Widerstands. Durch die Verübung von Kriegsverbrechen verlieren jedoch weder die einzelnen Widerstandskämpfer ihren Status als Kombattanten, noch die bewaffneten Widerstandskräfte insgesamt ihren Status als Teilnehmer an einem internationalen bewaffneten Konflikt und die Legitimität ihres Kampfes.[28]

III

Wie kann man den Befreiungskampf vom Terrorismus auf juristisch einwandfreie Weise unterscheiden?[29] Angesichts dessen, dass mit der Gleichsetzung von bewaffnetem Widerstand und Terrorismus seit jeher der antikoloniale Befreiungskampf diffamiert wurde und diese Gleichsetzung in Bezug auf den Irak zum parteiübergreifenden Usus geworden ist, handelt es sich hier nicht um juristische Spitzfindigkeiten, sondern um eine grundsätzliche Frage.[30]

Es gibt bislang nur Ansätze einer allgemein anerkannten, völkerrechtlich verbindlichen Definition des internationalen Terrorismus.[31] Die UN beschäftigen sich schon seit 1972 mit dieser Frage. Bei den Verhandlungen über das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs konnte man sich nicht über einen Verbrechenstatbestand des Terrorismus einigen. Abgeschlossen wurden auf der globalen Ebene bisher 12 Verträge zur Bekämpfung bestimmter terroristischer Verbrechen, wie Flugzeugentführungen, Anschläge auf die Sicherheit der Seeschifffahrt, Geiselnahme, Bombenanschläge, Handlungen also, deren terroristischer Charakter außer Zweifel steht. Man kann zunächst feststellen, Terrorismus ist das, was in diesen Übereinkommen als Terrorismus definiert wird. Das Internationale Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus vom 9. 12. 1999[32] enthält eine Definition, die sich auf Handlungen gegen Zivilpersonen bezieht, Handlungen gegen aktive Teilnehmer an Feindseligkeiten in einem bewaffneten Konflikt also nicht als Terrorismus erfasst.[33]

Das Zustandekommen des seit 1996 in den UN debattierten Umfassenden Übereinkommens über den Internationalen Terrorismus[34] ist bisher gescheitert, weil die Staaten sich nicht über eine Definition verständigen konnten. Der Hauptstreitpunkt war von Anfang an und ist noch heute, den Befreiungskampf eindeutig vom Terrorismus zu unterscheiden und den Staatsterrorismus nicht auszuschließen, sondern mit zu erfassen. Auch ein Definitionsversuch des Sicherheitsrats in der einstimmig und mit dem Anspruch auf Verbindlichkeit angenommenen Resolution 1566 vom 8. 10. 2004 hat den Streit nicht beendet.[35]

Über wichtige Elemente einer Definition wurde unter den Mitgliedstaaten der UN weitgehend Einigkeit erzielt: Erstens. Ein terroristisches Verbrechen ist die gesetzwidrige und absichtliche Tötung oder schwere körperliche Verletzung einer Person sowie die Verursachung schweren materiellen Schadens. Zweitens. Auf die Mittel der Begehung eines solchen Verbrechens kommt es nicht an. Alle denkbaren und möglichen Mittel sind als Mittel des Terrorismus erfasst. Drittens. Hinzu kommen muss ein bestimmter Zweck des verbrecherischen Handelns, weil sonst jeder Totschlag und jede schwere Körperverletzung zum Terrorakt hochgestylt werden könnten, nämlich der Zweck, eine Bevölkerung einzuschüchtern oder eine Regierung oder internationale Organisation zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen zu nötigen.[36] Viertens. Einigkeit besteht darüber, dass „solche kriminellen Handlungen ... unter keinen Umständen durch Erwägungen politischer, philosophischer, ideologischer, rassischer, ethnischer, religiöser oder ähnlicher Natur zu rechtfertigen“ sind.[37]

Es bleibt der Dissens über die völkerrechtliche Einordnung der Handlungen bewaffneter Kräfte einer Befreiungsbewegung und der Handlungen der bewaffneten Kräfte eines Staates. Zwei Vorschläge stehen sich in den Verhandlungen im Rahmen der UN gegenüber. Der eine formuliert sehr vage, dass in einem bewaffneten Konflikt im Sinne des humanitären Völkerrechts dieses Recht anzuwenden ist und nicht das Anti-Terrorismus-Übereinkommen und dass die Handlungen der bewaffneten Kräfte eines Staates ebenfalls nicht der Anti-Terrorismus-Übereinkunft unterliegen, insoweit für sie andere völkerrechtliche Regelungen gelten, was darauf hinaus läuft, dass Streitkräfte von Staaten, z. B. die Truppen der USA und Großbritanniens im Irak, de lege lata keine Terrorismus-Verbrechen, sondern höchstens Kriegsverbrechen begehen können.

Der andere Vorschlag, unterbreitet von den Mitgliedern der Organisation der Islamischen Konferenz, spricht von den Parteien in einem bewaffneten Konflikt, nicht von den bewaffneten Kräften. Der Vorschlag will mit der Verwendung des Begriffs „Parteien“ offenbar eine Absicherung dagegen erreichen, dass den Kämpfen bewaffneter Kräfte von Befreiungsbewegungen der völkerrechtliche Status einer Partei in einem internationalen bewaffneten Konflikt und den Kämpfern der Status als Kombattanten im Sinne des humanitären Völkerrechts verweigert wird und sie von vornherein in die Ecke des Terrorismus gestellt werden. In dem islamischen Vorschlag ist vorgesehen, dass die Handlungen der Parteien während eines bewaffneten Konflikts, „einschließlich in Situationen fremder Besetzung“ dem humanitären Völkerrecht und nicht dem Anti-Terrorismus-Übereinkommen unterliegen. Das mögen die USA und ihre Gefolgsstaaten nicht.

Die von Generalsekretär Kofi Annan eingesetzte Hochrangige Gruppe für Bedrohungen, Herausforderungen und Wandel hat Vorschläge für eine Definition unterbreitet: Das Übereinkommen soll in der Präambel, also nicht im operativen Teil, „anerkennen“, dass staatliche Gewalt gegen Zivilpersonen durch die Genfer Abkommen „und andere Übereinkünfte“ (welche?) geregelt wird und ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen kann. Es soll festgestellt werden, „dass Terrorismus in Zeiten eines bewaffneten Konflikts durch die Genfer Abkommen und Protokolle verboten ist. Der Terrorismus soll beschrieben werden als „jede Handlung, ... die den Tod oder schwere Körperverletzung von Zivilpersonen oder Nichtkombattanten herbeiführen soll, wenn diese Handlung aufgrund ihres Wesens oder der Umstände darauf abzielt, die Bevölkerung einzuschüchtern oder eine Regierung oder eine internationale Organisation zu einem Tun oder Unterlassen zu nötigen“.[38] Diese Definitionselemente können unterschiedlich ausgelegt werden.[39] Vielleicht liegt darin die Chance für ihre Annahme.

Der Generalsekretär hat sich den Vorschlag der Hochrangigen Gruppe zu eigen gemacht und die führenden Politiker „nachdrücklich“ aufgefordert, auf der 60. Tagung der Generalversammlung ein Umfassendes Übereinkommen über den Terrorismus abzuschließen.[40] Es sei „an der Zeit, die Debatten über den sogenannten ‚Staatsterrorismus’ einmal auszuklammern. Die Gewaltanwendung durch Staaten ist im Völkerrecht bereits jetzt umfassend geregelt.“ Das „Ausklammern“ läuft darauf hinaus, verbrecherische Handlungen der Streitkräfte von Staaten gegen Zivilisten dem Verdikt des Terrorismus zu entziehen.

Die Anwendung der bereits allgemein anerkannten Tatbestandsmerkmale und der Tatbestände in den abgeschlossenen Übereinkommen ergibt aus meiner Sicht, dass im Irak seitens beider Parteien des bewaffneten Konflikts Kriegsverbrechen vorkommen, die zugleich terroristische Verbrechen sind und dass daneben Gruppen und Einzelpersonen, die nicht zu den bewaffneten Kräften der irakischen Widerstandsbewegung gehören, terroristische Verbrechen begehen. Eine entscheidende Abgrenzung legitimen Widerstands vom Terrorismus besteht darin, dass der Widerstandskämpfer seine bewaffneten Angriffe gegen die bewaffneten Kräfte der Besatzer und seine einheimischen bewaffneten Gefolgsleute richtet aber nicht gegen Zivilisten, seien es Iraker oder Ausländer. Fest steht: Selbstmordattentate gegen Zivilisten, Geiselnahmen und Hinrichtungen durch Kräfte, die zu unrecht als irakischer Widerstand firmieren, sind keine völkerrechtlich zulässigen Mittel des Widerstands. Sie sind Verbrechen nach Völkerrecht, ebenso wie Misshandlungen von Kriegsgefangenen, Mord an Zivilisten und Zerstörung ziviler Objekte durch die Besatzer.

In der Berichterstattung und Kommentierung der Medien und in den Erklärungen vonPolitikern werden gewöhnlich alle bewaffneten Aktionen gegen die Besatzer und ihre einheimischen Handlanger ohne Unterschied dem Terrorismus zugerechnet. Dagegen kommt auf der Seite der Besatzer möglicherweise dieses oder jenes vereinzelte Kriegsverbrechen vor, das mild bestraft wird oder auch gar nicht. Aber vor dem Vorwurf des Terrorismus sind sie von vornherein – Noam Chomsky würde sagen: per definitionem[41] – geschützt. Es wird überhaupt nicht geprüft, ob die Besatzer Staatsterrorismus praktizieren. Diese Einäugigkeit ist inakzeptabel.

IV

Bei aller Kompliziertheit der Rechtslage kann in Bezug auf den Irak abschließend festgehalten werden: Erstens: Die USA und ihre Verbündeten haben gegen den Irak ein Aggressionsverbrechen, einen schwerwiegenden Bruch des Gewaltverbots begangen. Die Besetzung des Irak ist illegal. Zweitens: Das irakische Volk hat das Recht auf bewaffneten Widerstand gegen diese mit militärischer Gewalt aufrecht erhaltene Besetzung. Es liegt in der Entscheidung dieses Volkes, ob es zu bewaffneten oder friedlichen Methoden des Kampfes oder zu einer Verbindung beider Methoden greift. Drittens: Der bewaffnete Kampf gegen die Besatzer ist ein internationaler bewaffneter Konflikt, in dem für beide Seiten die Regeln des humanitären Kriegsrechts, insbesondere die Genfer Abkommen und das Zusatzprotokoll I gelten. Schwerwiegende Verletzungen dieses Rechts sind Kriegsverbrechen. Viertens: Terrorismus ist die Tötung oder schwerwiegende Verletzung von Menschen und die Verursachung schweren materiellen Schadens, die vom humanitären Völkerrecht nicht gedeckt sind, mit dem Ziel, das irakische Volk einzuschüchtern oder die an Krieg und Besetzung beteiligten Regierungen sowie internationale Organisationen wie die UN zu einem bestimmtem Verhalten zu zwingen. Er ist ein Verbrechen, von wem auch immer es begangen wird. Fünftens: Die USA und ihre Verbündeten haben mit ihrem Aggressionsverbrechen und der völkerrechtswidrigen Besetzung des Irak eine wesentliche Ursache für abscheuliche terroristische Gegenreaktionen gesetzt. Diese Ursache muss beseitigt werden. Die völkerrechtswidrige Besetzung des Irak muss beendet werden.

[1] Es geht um die völkerrechtliche Bewertung des bewaffnetenWiderstands. Dass ziviler Widerstand ohne Anwendung von Waffengewalt gegen eine, zumal illegale Besatzungsmacht völkerrechtlich zulässig ist, steht außer Frage.

[2] Vgl. dazu Andreas Götze, Fragen der Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts unter besonderer Berücksichtigung der sogenannten Nationalen Befreiungskriege, Frankfurt (Main) 2002; Christopher O. Quaye, Liberation Struggles, in International Law, Philadelphia 1991; Heather A. Wilson, International Law and the Use of Force by National Liberation Movements, Oxford 1988.

[3] Antonio Cassese, International Law, Oxford 2001, S. 322. (Übersetzung von mir – G. S.)

[4] Peter Malaczuk, Akehurst`s Modern Introduction to International Law, London 1997, S. 336.

[5] Karl Doehring, Völkerrecht, Heidelberg 2004, S. 348.

[6] Autorenkollektiv, Völkerrecht Grundriss, Berlin 1988, S. 127.

[7] Norman Paech/Gerhard Stuby, Völkerrecht und Machtpolitik in den internationalen Beziehungen, Hamburg 2001, S. 501.

[8] A/Res/ 2625 (XXV) vom 24. 10. 1970, Declaration on Principles of International Law Concerning Friendly Relations and Co-operation Among States in Accordance with the Charter of the United Nations.

[9] A/Res/2649 (XXV) vom 30. 11. 1970, The importance of the universal realization of the right of peoples to self-determination and of the speedy granting of independence to colonial countries and peoples for the effective guarantee and observance of human rights. In der entsprechenden Resolution A/Res/2787 (XXVI) vom 6. 12. 1971 war von allen verfügbaren Mitteln in Übereinstimmung mit der UN-Charta die Rede, ebenso in A/Res/2955 (XXVII) vom 12. 12. 1972.

[10] A/Res/3103 (XXVIII) vom 12. 12. 1973, Basic principles of the legal status of the combatants struggling against colonial and alien domination and racist régimes.

[11] A/Res/3070 (XXVIII) vom 30. 11. 1973 : „including armed struggle”.

[12] Vgl. Die Resolutionen A/3246 (XXIX) von 1974, A/3382 (XXX) von 1975, A/31/34 von 1976, A/32/14 von 1977, A/33/24 von 1978 „particularly armed struggle“, A/34/44 von 1979, A/35/35 von 1980, A/36/9 von 1981, A/37/43 von 1982, A/38/17 von 1983, A/ 39/17 von 1984, A/40/25 von 1985, A/41/41 von 1986, A/42/95 von 1987, A/43/106 von 1988, A/44/79 von 1989 und A/45/130 von 1990.

[13] A/Res/3314 (XXIX) vom 14. 12. 1974, Definition of Aggression.

[14] Die Generalversammlung und der Sicherheitsrat haben auch einzelnebewaffnete Befreiungskämpfe für legitim erklärt.

[15] Wilson, Fn. 1, S. 127 akzeptiert zwar einen Trend im Völkerrecht hin zur Anerkennung der Legitimität der Gewaltanwendung. „However, a powerfull minority of States, including those that confront national liberation movements, do not accept their authority as a matter of international law. Thus, it cannot be maintained that customary rule exists.”

[16] Quaye, Fn. 1, S. 286 argumentiert: „Considering the uniform wording and thought in these resolutions, it is impossible to deny their legal force. It may be unquestionable, therefore, that the use of force by liberation movements is legitimate under the present U.N. system…”

[17] Vgl. A/Res/46/87 von 1991, A/47/82 von 1992 und A/48/94 von 1993.

[18] Vgl. A/Res/50/139 von 1995, Universal realization of the right of peoples to self-determination, A/Res/58/161und A/Res/180 von 2004 und die dazwischen liegenden Resolutionen zu diesem Thema.

[19] Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte (Protokoll I) vom 8. 6. 1977, BGBl. 1990 II S. 1551.

[20] Eine Reihe von Staaten haben sich dem Zusatzprotokoll I nicht angeschlossen, wie die USA, Afghanistan, Indien, Indonesien, Irak, Iran, Israel, Jemen, Malaysia, Marokko, Myanmar, Pakistan, Philippinen, Somalia, Sri Lanka, Sudan, Thailand, Timor-Leste und Türkei. Sein wesentlicher Inhalt ist aber Völkergewohnheitsrecht.

[21] S/Res/1483 vom 22. 5. 2003 und S/Res/1546 vom 8. 6. 2004.

[22] Vgl. z. B. A/Res/ 31/34 Ziffer 1 : Die Generalversammlung „Reaffirms the legitimacy of the peoples’ struggle … including armed struggle” (Hervorhebung von mir – G. S.).

[23] Joachim Guilliard, Im Treibsand Iraks, IMI-Studie 2004/03, August 2004, S. 25; Ferhad Ibrahim, Widerstand oder Wiederaufbau?, Blätter für deutsche und internationale Politik 3/2005, S. 58.

[24] Christian Tomuschat, Völkerrechtliche Aspekte bewaffneter Konflikte, Heidelberg 2004, S. 25f. wirft die Frage auf: „Müsste nicht, wenn man ... der Auffassung ist, dass die amerikanisch-britische Militäroperation [gegen den Irak – G.S.] rechtswidrig war, das gesamte Handeln der Besatzungsbehörden auch nach dem Ende der Feindseligkeiten für rechtswidrig gehalten werden?“ Seine Antwort verweist auf die Geltung des humanitären Rechts im Interesse der Bevölkerung eines besetzten Gebietes. Ferner ergibt sich aus dem Selbstbestimmungsrecht, „die unabweisbare Schlussfolgerung, dass die Herrschaft einer Besatzungsmacht nur eine vorläufige sein kann, die auf eine kurze Übergangszeit begrenzt sein muss. Gleichzeitig wird man aus dem Selbstbestimmungsrecht des irakischen Volkes auch ableiten können, dass die Übergangsverwaltung jedenfalls keine einschneidenden Entscheidungen im Verhältnis nach außen treffen darf, welche das Land vielleicht auf Jahrzehnte binden würden.“

[25] BGBl 1954 II, S. 783 ff.

[26] Anders z.B. Wilson, Fn. 1, S. 168 ff. und Knut Ipsen, Völkerrecht, München 2004, S. 1233.

[27] Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. 7. 1998, BGBl 2000 II S. 1394.

[28] Vgl. dazu A/34/37, Report of the ad hoc Committee on International Terrorism vom 17. 4. 1979, S. 25 wo berichtet wird: “Befreiungsbewegungen sind rechtmäßig, obgleich deren Legitimierung nicht gleichbedeutend mit der Billigung individueller Handlungen des internationalen Terrorismus ist...“

[29] Vgl. Zum Folgenden Stefan Oeter, Terrorismus – ein völkerrechtliches Verbrechen ? Zur Frage der Unterstellung terroristischer Akte unter die internationale Strafgerichtsbarkeit, Friedens-Warte 76 (2001) 1, S. 11 ff. und Stefan Nicolaus Pieper, Völkerrechtliche Aspekte der internationalen Terrorismusbekämpfung, Berlin 2004. Nach Pieper, S. 21 gibt es mehr als 100 verschiedene Terrorismusdefinitionen.

[30] Vgl. dazu Joachim Guilliard, Fn. 22, S. 25 ff.

[31] Es sind unterschiedliche Definitionen möglich und auch versucht worden. In meinem Zusammenhang geht es um eine „Legaldefinition“, das heißt um die juristisch verbindliche Definition eines völkerrechtlichen Verbrechenstatbestands.

[32] BGBl 2003 II, S. 536. Das Übereinkommen ist seit 10. 4. 2002 in Kraft und hat bisher etwa 120 Parteien. Die meisten islamisch orientierten Länder haben sich dem Übereinkommen nicht angeschlossen.

[33] Die entsprechende Passage in Art. 2 fasst unter Terrorismus Handlungen, „die den Tod oder eine schwere Körperverletzung einer Zivilperson oder einer anderen Person, die in einem bewaffneten Konflikt nicht aktiv an den Feindseligkeiten teilnimmt“ (Hervorhebungen von mir – G.S.)

[34] Der Entwurf des Übereinkommens einschließlich der Varianten für den am meisten strittigen Art. 18 ist abgedruckt in: General Assembly, Official Records, Fifty-seventh Session, Supplement No.37 (A/57/37), Report of the Ad Hoc Committee established by General Assembly resolution 51/210 of 17 December 1996. Die laufende 59. Generalversammlung hat keine Einigung erbracht.

[35] In Ziffer 3 dieser Resolution erinnert der Sicherheitsrat daran, „dass Straftaten, namentlich auch gegen Zivilpersonen, die mit der Absicht begangen werden, den Tod oder schwere Körperverletzungen zu verursachen, oder Geiselnahmen, die mit dem Ziel begangen werden, die ganze Bevölkerung, eine Gruppe von Personen oder einzelne Personen in Angst und Schrecken zu versetzen, eine Bevölkerung einzuschüchtern oder eine Regierung oder eine internationale Organisation zu einem Tun oder Unterlassen zu nötigen, welche Straftaten im Sinne und entsprechend der Begriffsbestimmungen der internationalen Übereinkommen und Protokolle betreffend den Terrorismus darstellen, unter keinen Umständen gerechtfertigt werden können, indem politische, philosophische, weltanschauliche, rassische , ethnische. religiöse oder sonstige Erwägungen ähnlicher Art angeführt werden“. Bei näherem Hinsehen reduziert sich diese Definition darauf, dass Terrorismus das ist, was in den Übereinkommen und Protokollen als Terrorismus benannt wird.

[36] Vgl. Art. 2 des Entwurfs, Fn. 24.

[37] Vgl. Art. 5 des Entwurfs, Fn. 24.

[38] A/59/565, A more secure world: Our shared responsibility, Report of the High-Level Panel on Threats, Challenges and Change, p. 49, no. 164.

[39] Die USA und Großbritannien haben im Irak massenhaft Handlungen begangen, die den Tod oder schwere Körperverletzungen von irakischen Zivilisten herbeigeführt haben, mit dem Ziel, die irakische Bevölkerung einzuschüchtern, Handlungen also, die unter die vorgeschlagene Terrorismusdefinition fallen.

[40] A/59/2005, In größerer Freiheit: Auf dem Weg zu Entwicklung, Sicherheit und Menschenrechten für alle. Bericht des Generalsekretärs, S.30.

[41] Vgl. Noam Chomsky, Pirates and Emperors, Terrorismus in der „Neuen Weltordnung“, Frankfurt 2004.