Die Wucht der Veränderungen wirft massenhaft Menschen aus ihren alten Formen von Lebensführung, Handlungsweisen und Habitus und wird doch meist als individuelles Schicksal erlebt. Das trifft auf einen herrschenden öffentlichen Diskurs, der immer noch zu wenig Veränderung, der Stillstand, Unflexibilität etc. brandmarkt und die so genannte Anspruchshaltung der Einzelnen und ihre im „alten“ Sozialstaat materialisierten sozialen Rechte als Ursache der „Verkrustung“ identifiziert. Das führt dazu, dass Flexibilisierung und Prekarisierung als entweder notwendig und unvermeidlich oder eben als Prozess der Verelendung, der einfachen Erosion des Alten gefasst werden. Die sowohl wissenschaftliche wie politische Auseinandersetzung (auch von links) verfehlt daher oft Widersprüche und Brüche, unsere eigene Eingebundenheit in die Reproduktion der Verhältnisse. und blockiert somit eine verallgemeinerte Handlungsfähigkeit. Eine konsequente Orientierung auf die Analyse von Widersprüchen soll zwei Dinge ermöglichen: Sie soll eine Erklärung geben für die Stabilität und Wirkungsmächtigkeit hegemonialer neoliberaler Verhältnisse; und zweitens soll sie eine Orientierung auf die Widersprüche, Bedingungen und Praxen des Widerstandes (selbst)kritisch entwickeln helfen.
Prekarisierung: begriffliche Bestimmung
Meist wird Prekarität als formaler Begriff definiert, der sich an der „Unterschreitung von Standards“ des so genannten Normalarbeitsverhältnisses (NAV) orientiert (Mayer-Ajuha 2003, 14). Zur Erinnerung: Das NAV umschreibt die Position des dauerhaft vollzeit-beschäftigten, mit umfangreichen sozialen Rechten ausgestatteten, häufig gewerkschaftlich organisierten, „weißen“, männlichen „Arbeitnehmers“. Die Unterschreitung von Standards bezieht sich dann vor allem auf Einkommen, Tarifrecht oder Arbeitsverträge. Formal sind diese Sichtweisen, weil sie nur das Abweichen von alten Regulierungsniveaus in den Blick nehmen. Damit bleibt Prekarität auf die relative Benachteiligung bestimmter Gruppen beschränkt, statt die allgemeine Prekarisierung im Zuge der Senkung des gesamten Niveaus sozialer Rechte und der Durchsetzung neuer Formen der Arbeit und Subjektivität in den Blick zu nehmen. Das Problem solcher analytischer Unterbestimmung eines Begriffs von Prekarität ist, dass sie dann in der Regel die Wiederherstellung des alten Normalarbeitsverhältnisses nahe legen, das aber auch nur für einen begrenzten Teil der Bevölkerung galt. Es kann jedoch aus linker Perspektive kaum darum gehen, Erwerbslose und Prekarisierte wieder in formelle Vollzeit-Lohnarbeit zu pressen, sondern es müsste darum gehen, andere Formen möglichst selbstbestimmter Arbeit experimentell zu fördern und auf Verallgemeinerung zu drängen. Weithin aber ist Lohnarbeit bestimmender Bezugspunkt einer gesellschaftlichen Integration, auch für große Teile der Linken (etwa Castel 2000), insbesondere für die Gewerkschaften. Die Forderung nach besseren Arbeitsbedingungen, sicheren Arbeitsverhältnissen und einem höheren Anteil am produzierten Mehrwert ist zwar richtig, aber unzureichend.
Es gilt also den Blick zu erweitern. Versuchsweise könnte Prekarisierung dann gefasst werden als Gesamtheit der Prozesse, die a) Arbeitsverhältnisse oder Formen der abhängigen Selbstständigkeit ohne existenzsicherndes Einkommen hervorbringen, b) mit Tätigkeiten verbunden sind, denen bestimmte Kriterien qualifizierter Arbeit abgesprochen werden, mit entsprechend geringer oder mangelnder gesellschaftlicher Anerkennung, c) die zur tendenziellen Ausgliederung aus betrieblichen bzw. kooperativen Strukturen, zur raum-zeitlichen Isolierung und Zerstörung von Sozialkontakten führen, d) mit einem tendenziell geringeren (arbeits- und staatsbürgerschaftlichen) rechtlichen Status verbunden sind, und e) geringe oder keine Ansprüche auf Sozialleistungen zur Folge haben (Lohnersatzleistungen, Krankenversicherung oder Rente). Es geht auch um Prozesse, die f) mit der Erosion öffentlicher Dienstleistungen als allgemeinen Bedingungen sozialer und individueller Reproduktion verbunden sind (und schon gar nicht mit erhöhten Reproduktionsanforderungen der neuen Produktionsweise schritthalten, etwa angesichts steigender Qualifikationsanforderungen oder hoher psycho-physischer Beanspruchung), die insgesamt g) längerfristige Planungssicherheit für den eigenen Lebensentwurf ausschließen, und schließlich h) eine massive Verunsicherung oder Schwächung der individuellen und damit auch kollektiven Handlungsfähigkeit bewirken.
Zugegebenermaßen ein Sammelsurium an Dimensionen von Prekarisierung, aber genau an der unterschiedlichen Kombination dieser Dimensionen, die alle treffen, aber in unterschiedlicher Weise, zeigt sich die Vielfältigkeit von Prekarisierungsprozessen, zeigen sich die Spaltungslinien entlang der Klassenzugehörigkeit, der geschlechtlichen, ethnischen, nationalen oder anderen Zuschreibungen, wie auch der unterschiedliche Umgang mit Prekarisierung und die verschiedenen Forderungen, die damit verbunden sind. Es geht eben nicht um einen Prozess, der bestimmte Randgruppen betrifft, sondern um eine allgemeine gesellschaftliche Entwicklung. Jeder spürt den Druck der Prekarisierung, viele wissen von der Möglichkeit, dass es sie treffen kann – dieses Wissen führt aber noch lange nicht zum Verständnis einer allgemeinen, gemeinsamen Lage, weshalb trotz konvergierender sozialer Lagen keineswegs von einer sozialen Klasse gesprochen werden kann, allenfalls von sich neu konstituierenden Klassenfraktionen. „Vielmehr setzt der herrschende öffentliche Diskurs alles ein“, um diese Verallgemeinerung „zu verschleiern“ (Gorz 2000, 76).
Empirische Überdifferenzierung und analytische
Unterbestimmung
Offizielle Statistiken zerlegen die empirische Wirklichkeit in eine Vielzahl von Kategorien und prägen damit gesellschaftliche Wirklichkeit: Bekannt ist, dass Zahlen über Erwerbslose mit Vorsicht zu genießen sind, weil sie die Realitäten meist herunter rechnen und viele Menschen aus der Statistik ausschließen. Bekannt sind auch die ausdifferenzierten Kategorien von Erwerbslosen, Erwerbssuchenden, Erwerbsunfähigen, Unterbeschäftigten, Arbeitsgelegenheiten (Ein-Euro-Jobs), so genannten Schwarzarbeitern etc. Das geht fließend über in den Bereich der so genannten „atypischen Beschäftigung“ (auch hier ist das alte Normalarbeitsverhältnis der Maßstab): Ein-Personen-Unternehmen und abhängig Selbstständige, Heimarbeiterinnen, Mini- und Midi-Jobber, befristet Beschäftigte, Leih- und Zeitarbeiter, unter- oder nicht-tarifliche Arbeit, Projektarbeiter, unfreiwillige und freiwillige Teilzeitarbeit, Niedriglöhner, studentische Jobs und Praktika, etc. pp. Diese sich überschneidenden Kategorien werden selten in einer Gesamtschau betrachtet, daher gilt die Zahl der so genannten „atypischen“ Arbeitsverhältnisse offiziell noch als relativ niedrig – „moderate Veränderung“ heißt dies im Soziologendeutsch.[1] Was oder wer dabei nicht erfasst wird, gilt ohnehin als nicht existent, wird an den Rand gesellschaftlicher Wahrnehmung gedrückt, marginalisiert. Ein Hinweis auf die tatsächliche Zahl „atypischer“ Arbeitsverhältnisse in Deutschland ergibt sich aus dem Rückgang des Anteils regulärer Beschäftigungsformen von ehemals über 80% (Mitte der 1970er Jahre) auf weniger als 63%. Besonders auffällig ist das Anwachsen des Niedriglohnsektors: Niedriglohn wird in Deutschland definiert als Einkommen von weniger als zwei Dritteln des Durchschnittslohns (in der EU von weniger als 75%): Bereits über 35,5% der Erwerbstätigen arbeiten für Niedriglöhne. Davon gehören ca. 7 Mio. zu den lohnarbeitenden Armen (labouring poor), davon 3 Mio. Vollerwerbstätige (IAT 2006).
Die Ausbreitung informeller Aktivitäten ohne reguläres Beschäftigungsverhältnis und die Realität jenseits vereinbarter Verträge entziehen sich allerdings den herkömmlichen statistischen Methoden. Auch was tatsächlich an gesellschaftlich notwendiger Arbeit in allen Sphären der Gesellschaft, auch unbezahlt, geleistet wird und unter welchen Bedingungen, wird nicht systematisch erfasst. Politisch bedeutet diese Ausdifferenzierung eine Entdramatisierung der sozialen Frage als scheinbares Problem kleiner Betroffenengruppen. Die Entnennung des Zusammenhangs führt dann auch zur Spaltung zwischen den einzelnen Gruppen und zwischen diesen und den vermeintlich Nicht-Prekären.
Von linksradikaler Seite wird dies in gewisser Weise gespiegelt reproduziert, weil doch nicht die illegalisierte migrantische Putzfrau mit dem von Projekt zu Projekt hoppenden Webdesigner zu vergleichen sei. Zu Recht agieren solche Positionen bewusst vorsichtig, um nicht vorschnell eine einheitliche Entwicklung und daraus ableitbare Positionen zu konstruieren – oder einer Art neuen Begriffsmode aufzusitzen – das ist nur zu verständlich, benennt aber nur die Trennungslinien, nicht die Gemeinsamkeiten. Dabei werden die Spaltungen nicht einmal richtig erfasst: Es geht nicht um einfache Unterschiede zwischen den Lebenslagen der Gruppen, die nicht vergleichbar wären, sondern um zum Teil harte Interessengegensätze. Solche Positionen drücken sich vor dem realen Widerspruch zwischen Verallgemeinerung (nicht Vereinheitlichung) und Differenz und entscheiden sich gegen Vermittlung für letztere. Das ist zu wenig und übervorsichtig. Natürlich müssen Kämpfe und soziale Organisierung an ganz unterschiedlichen Lebens- und Arbeitsverhältnissen ansetzen – aber sie müssen auch darüber hinaus auf ein verallgemeinerbares Moment, auf gemeinsam zu entwickelnde Positionen zielen. Andernfalls sind die Verengung oder der Rückfall auf korporativistische, also enge Gruppeninteressen zu befürchten (Poulantzas 1979), was zur Verschärfung der Subalternität führt, die immer dann droht, wenn Kämpfe nicht als Hegemonialkonflikte um die gesellschaftliche Anordnung selbst begriffen werden.
Nationaler Retronormativismus und Verelendung von
„oben“ oder neue Produktions- und Lebensweise?
Ein weiteres Problem: Es wird viel über die Krise des Sozialen, das Ende des nationalen Sozialstaates oder des tradierten Normalarbeitsverhältnisses debattiert. Dabei wird jedoch meist defensiv an der Verteidigung seiner fordistischen Form festgehalten. Diese verbreitete retronormative Blickrichtung (W.F. Haug 2003, 143) verfehlt dabei, dass dafür nach 30 Jahren Neoliberalismus die Grundlagen weggebrochen sind, dass transnational erweiterte Wettbewerbsstaaten und flexibilisierte Arbeitsverhältnisse von heute nicht mehr viel mit den alten Formen zu tun haben. Die Verteidigung mühselig ertrotzter Errungenschaften ist natürlich nicht falsch, aber die Kämpfe erschöpfen sich allzu oft darin. Damit verbunden sind Probleme der Theorie, die das Neue nur als Dekonstruktion des Alten begreifen, nicht die eigene Qualität des Neuen ins Zentrum rücken (Candeias 2000; 2006; W.F.Haug 2003). Über neue, ganz andere Lösungen nachzudenken wird oft mit dem Hinweis beantwortet, es gebe keine Aussichten auf politische Durchsetzbarkeit. Noch viel weniger bestehen diese aber für eine Rückkehr zu den alten Formen. Zumal wenn prekäre Arbeitsverhältnisse und Sozialabbau vor allem als nationale Probleme behandelt werden und auch Vorstellungen einer funktionierenden Ökonomie am alten Nationalstaat kleben, obwohl es sich um einen transnationalen Prozess handelt.
Mit rückwärtsgerichteten, auf Verteidigung nationaler sozialer Errungenschaften angelegten Perspektiven ist keine linke Politik denkbar, die auch andere, bisher von den alten Formen ausgeschlossene Gruppen mit einbezieht. Diese Verkürzung gilt für große Teile der Gewerkschaften, Teile der Linkspartei und auch der Montagsdemonstrationen. Oft neigen diese Positionen dazu, den Neoliberalismus als eine Art unwahren „Mythos“, als „Lüge“ oder „falsches Bewusstsein“ darzustellen, das die wirklichen Verhältnisse nur vernebelt. Tatsächlich kann man natürlich versuchen, die neoliberalen Vorurteile zu widerlegen. Das ist im Alltagsverstand unmittelbar anschlussfähig, weil die Überzeugung verbreitet ist, Politiker oder Medien erzählten ohnehin nur die Unwahrheit. Damit verbunden ist (auch von linksradikaler Seite) eine Sicht auf Prekarisierungsprozesse als von „oben“ erzwungener Politik der Verelendung. Die autoritäre Form der Hartz-Gesetze und von Workfare-Maßnahmen in anderen Ländern legen dies auch nahe (Blauer Montag 2002).
Beschränkt man sich darauf, wird aber eine andere Realität verfehlt, die ebenfalls im alltäglichen Denken verankert ist – dass sich nämlich vieles gewandelt hat und durchaus nicht nur zum Schlechteren. Die neoliberale Ideologieproduktion ist dabei das organisierende Element einer krisenhaften Transformation aller gesellschaftlichen Verhältnisse. Und der Neoliberalismus kann sich dabei trotz seiner antisozialen Politik auf aktive und passive Zustimmung stützen, weil er die Interessen untergeordneter Gruppen aufnimmt, ihre Ziele allerdings ver-rückt. Zentrale Forderungen der 68er-, der Frauen-, der Ökologie- wie der Arbeiterbewegung wurden in neoliberale Politiken integriert, aktive Zustimmung organisiert, das kritische Potenzial dieser Bewegungen absorbiert, und letztlich die Bewegungen damit selbst zersetzt. Eine Politik, die diese Widersprüche nicht bearbeitet, bleibt stecken. Im Folgenden drei Beispiele, wie der Neoliberalismus Interessen der Beherrschten integriert hat:
„Humanisierung der Arbeit“
Die Arbeiterbewegungen der 60er Jahre, die sich insbesondere in Italien und Frankreich, aber auch in der BRD zu Fabrikbesetzungen und „wilden“ Streiks steigerten, richteten sich wesentlich gegen die immer weiter gehende Vertiefung der Arbeitsteilung, gegen die Beschleunigung der Fließbänder und die daraus folgende Monotonie und psycho-physischen Belastungen, die zu einem frühzeitigen Verschleiß der Arbeitskräfte und zu Dequalifizierung führten. Auch die Gewerkschaftspolitiken der 1970er Jahre setzten mit Unterstützung des Staates auf eine „Humanisierung der Arbeit“. Doch erst die kapitalistische Restrukturierung des Verhältnisses von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen macht der fordistischen Zurichtung zum „dressierten Gorilla“ ein Ende, setzt stärker auf die Produktionsintelligenz, das informelle Erfahrungswissen, die Kreativität und selbst die Emotionalität der unmittelbaren Produzenten. Die Einbindung des Wissens der Beschäftigten macht die Tätigkeiten generell interessanter und vielfältiger. Allerdings: Eingezwängt in fremdbestimmte betriebliche, kontrollierte Grenzen beschränkt sich die Autonomie auf einen engen Bereich des für die Konkurrenzfähigkeit des Unternehmens Förderlichen. Damit sind Beschäftigte gezwungen, Flexibilitäts- und Effizienzanschauungen, unternehmerisches Denken in ihre eigenen Denk- und Handlungsmuster zu internalisieren. Die Ausbeutung abhängiger Arbeitskraft durch das Kapital wird durch Delegation erweiterter und zugleich eingegrenzter Spielräume auf das tätige Subjekt in Richtung „Selbstausbeutung“ verschoben.
Trotz Individualisierung und Arbeitsdruck, Stress und einseitiger Flexibilisierung stellen sich diese neuen Formen der Arbeit für große Teile der Beschäftigten nicht nur negativ als Verlust von Sicherheit oder gemeinsamer (Arbeiter)Identität dar. Vor allem für die jüngeren Generationen entspricht dies einer Befreiung von jahrzehntelanger, immer gleicher, monotoner Arbeit und von normierten Lebensweisen, hin zu einer Vielfältigkeit von Lebensstilen und der Ausbildung von patchwork-Identitäten. Insbesondere Hochausgebildete fühlen sich ihrem eigenen Selbstverständnis nach nicht länger als Angestellte oder gar Arbeiter, sondern vielmehr als eigenverantwortlich handelnde, unternehmerische denkende selbständige Individuen, die ihre Interessen selbst vertreten können. Nicht nur von den begehrten Spezialisten wird die damit verbundene Spannung zwischen persönlicher Autonomie und zunehmender Ungewissheit durchaus auch als Zugewinn erfahren. Erweiterte Autonomie, Requalifizierung, Kreativität und Abbau von Hierarchien, also die „Humanisierung“ der Arbeit, werden in die neoliberale Reorganisation und Flexibilisierung der Produktion integriert. So lange der häufige Wechsel der Position oder Stelle, auch zwischen Arbeitslosigkeit, Selbstständigkeit und Beschäftigung subjektiv als Chance wahrgenommen wird, als im-Spiel-bleiben, so lange die Hoffnung erhalten wird, obwohl es sich in der Regel nur um „mehrdeutige Seitwärtsbewegungen“ (Sennet) handelt, wird daran auch festgehalten. Eine Kritik, die sich dieser Widersprüchlichkeiten nicht annimmt, sondern nur die negativen Seiten betont, wird nicht wirkungsmächtig und reproduziert die Verhältnisse, indem sie Zusammenhänge auseinander legt und vereinseitigt.
„Befreiung“ der Hausfrau und Zersetzung der Frauenbewegung
Einer der Kernpunkte der (zweiten) Frauenbewegung war die Kritik an der geschlechtlichen Arbeitsteilung, die Einzwängung der Frauen in partriachale Eheverhältnisse, in denen sie meist von (Vollzeit)Erwerbsarbeit ausgeschlossen und abhängig vom männlichen Familienernährer auf den Bereich des Privaten verwiesen wurden. Nun war es ausgerechnet der neoliberale Umbau von Arbeitsverhältnissen und Sozialstaat, der genau diese Kritik in ver-rückter Weise Realität werden ließ. Gegenüber paternalistischen staatlichen und familiären Verhältnissen des (westlichen) Fordismus überträgt der Markt die Verantwortung auf die Frauen selbst, verbunden mit dem Versprechen, dass die persönliche Tüchtigkeit und Leistungsbereitschaft potentiell zum Erfolg führen kann. Individuell ist dies nun tatsächlich möglich und wird durch medial überrepräsentierte Erfolgsfrauen von der Bundeskanzlerin und der Familienministerin mit Vorzeigefamilie, über erfolgreiche Unternehmerinnen bis zu Fernsehmoderatorinnen und zupackenden Kommissarinnen vorgelebt (F.Haug 2005). Das macht den neoliberalen Umbau für viele Frauen zustimmungsfähig und führt gleichzeitig zur Zersetzung der Frauenbewegung. Kollektive Organisationsformen zur Durchsetzung ihrer Interessen werden auch von Frauen kaum noch anvisiert, meist als altmodisch und männerfeindlich empfunden. Die Konsequenz: Um ihre volle Arbeitskraft auf dem Markt anbieten zu können ist die dreifach freie Lohnarbeiterin erforderlich, d.h. im Anschluss an Marx nicht nur frei von Produktionsmitteln und frei ihre Arbeitskraft zu verkaufen, sondern auch frei von den notwendigen Reproduktionsarbeiten. Erfolgreiche Karriere-Frauen können sich von alten Familienformen emanzipieren, indem sie auf die billige, prekäre – häufig illegalisierte – Arbeitskraft von Migrantinnen für die häusliche Reproduktionsarbeit zurückgreifen.
Prekarisierung von „unten“
Selbst im Niedriglohnbereich ist Prekarisierung, entgegen der dominanten Wahrnehmung, die sich angesichts von Überausbeutung aufdrängt, mehr als die Neuauflage einer Verelendung. Diese Art der „Flexploitation“, der flexiblen Ausbeutung, beinhaltet Momente erweiterter Selbstorganisierung oder des Selbstmanagments. Es sind nicht nur die Hochqualifizierten, die das Ende des „nine-to-five-Trotts“ begrüßen. Die Menschen wissen, dass das alte Normalarbeitsverhältnis kaum zurück zu haben ist. Viele davon streben auch kein Normalarbeitsverhältnis mehr an, denn auch in den prekärsten Verhältnissen finden sich eben Momente erweiterter Selbstbestimmung und von Möglichkeiten andersartiger Lebensführung – meist allerdings verbunden mit vertiefter Unterwerfung. Die massive Ausweitung flexibilisierter, oft prekärer Teilzeit-Arbeitsverhältnisse ermöglichte für viele Frauen überhaupt erst die Teilhabe an der Lohnarbeit und ihrer Verbindung mit den notwendigen Reproduktionsarbeiten. Auch in der Existenzweise der Illegalisierten finden sich solche Widersprüche, was sich nicht zuletzt in dem von ihnen selbst geprägten Begriff der „Autonomie der Migration“ spiegelt. Trotz repressivster Maßnahmen gelingt es illegalisierten Migranten, im Niedriglohnsektor Arbeit zu finden, die ihnen sonst verwehrt wäre. An diesen widersprüchlichen Durchsetzungsformen der neuen Verhältnisse wird deutlich, warum prekarisierte Verhältnisse auch von den „Betroffenen“ selbst reproduziert werden, warum der neoliberale Umbau so stabil ist.
Entsubjektivierung
Die Unorganisierbaren
Aus Sicht von Gewerkschaften fällt es schwer, vereinzelte, befristet oder informell Beschäftigte, häufig Frauen oder Migranten mit geringen Löhnen, häufig in Teilzeit, oder (Schein)Selbstständige, alle mit deutlich anderen Interessen und Bedürfnissen als traditionelle Beschäftigte, zu organisieren. Flexibilisierung, In- und Outsourcing, hohe Fluktuation und häufige Arbeitsplatzwechsel erschweren stabile Kommunikations-, geschweige denn Organisationsstrukturen. Vor allem im Bereich des Niedriglohns gelten Beschäftigte als gesellschaftlich atomisiert, anom, resigniert oder desinteressiert – kurz: als nicht organisierbar. Robert Castel sieht eine Tendenz zum „Sich-Einrichten in der Prekarität“ (2000, 357f). Der Traum der Prekarisierten wäre es, ein Stammarbeiter zu werden, zu sein wie die anderen, freilich mit der schmerzlichen Ahnung, es nicht zu schaffen. Diese paradoxen Figuren „ständiger Zeitarbeiter“ (intérimaires permanent) entwickelten einen „Realismus der Hoffnungslosigkeit“, der Abschied nimmt von Versuchen zur Reintegration und zum passiven Sich-Abfinden, zu Resignation überführe (einschließlich sporadischer Gewaltausbrüche mit selbstzerstörerischen Merkmalen). Castel, wie viele andere, sieht die „Überzähligen“ als „nicht integriert und zweifelsohne auch nicht integrierbar“, da ihnen das Hauptmoment gesellschaftlicher Integration – eine positive Identität durch Arbeit – verloren gegangen sei (359). Sie sind für ihn keine sozialen Akteure, sondern „soziale Nicht-Kräfte“ (ebd.), deren Interessen nicht artikuliert werden.
Solche Beobachtungen sind sicher zum Teil zutreffend, beschreiben Phänomene sozialer Desintegration des alten fordistischen Modells der Arbeit, gelangen aber über alte verelendungstheoretische Positionen nicht hinaus. Vor allem aber reproduzieren sie den Blick auf die Betroffenen von „oben“, neigen zur tendenziellen Entsubjektivierung der Betroffenen als Handelnde in den Verhältnissen. Prekarität ist eben kein Schicksal, vielmehr ist Prekarisierung ein Prozess, in dem Subjekte aktiv handeln, der von ihnen mitgestaltet wird, immer. Auch das „Sich-Einrichten“ ist schon eine Form aktiver Subjektivierung und zeigt sich schon an den unterschiedlichsten Strategien, mit wachsender Unsicherheit und Geldnot umzugehen. Das Problem einer Perspektive, die Prekarisierung als Prozess von „oben“ begreift, der quasi auf die Betroffenen niedergeht, verfehlt die Selbsttätigkeit der Subjekte innerhalb gesellschaftlicher Strukturen, verfehlt, wie die einzelnen sich in die neuen Strukturen einbauen und dabei sich selber formen (F.Haug 1983). Nur so kann herausgefunden werden, wie die Einzelnen zur Reproduktion dieser Verhältnisse beitragen, wie aber auch aufbrechende Widerspruchskonstellationen immer neue Möglichkeiten für eingreifendes Handeln bieten, an denen sich widerständige Haltungen entzünden.
Subjektive Verarbeitung als Integration vom Standpunkt der
Reproduktion
Neuere Untersuchungen versuchen, diese Lücke aufzuarbeiten und Prekarisierung nicht nur als Prozess der Desintegration des Alten, sondern als Desintegrations-/Integrationsparadoxon zu begreifen (Dörre 2006). Anhand subjektiver Verarbeitungsformen wird gezeigt, wie die Einzelnen (über so genannte sekundäre Integrationspotenziale) sich eben selbst in die prekären Verhältnisse einbauen. Subjektivität wird hier jedoch (mit bourdieuschen Anleihen) nur vom Standpunkt der Reproduktion der Gesellschaft betrachtet, quasi als affekthafter Reaktionismus. Das Problem dabei ist, dass den Subjekten zwar Eigenaktivität zugestanden, jedoch die Kompetenz oder Fähigkeit, die Verhältnisse zu verändern, abgesprochen (bzw. auf zukünftige Untersuchungen verwiesen) wird. Dies bestätigt sich in der starken Betonung von Stellvertreterpolitiken, Staatsfixierung, von Appellen an aufgeklärte Eliten etc.
Dennoch bringen diese Analysen unverzichtbare Einsichten. Viele betrachten prekäre Arbeitsverhältnisse immer noch als Sprungbrett in die Normalbeschäftigung und hoffen auf eine Art Klebeeffekt, wenn sie ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen können (das gilt vor allem für Berufsanfänger, Praktikanten, Zeit- und Leiharbeiter, z.T. für Ein-Euro-Jobber). Gegenüber diesem Traum, selbst Stammarbeiter zu werden, fest angestellt, verblasst scheinbar für viele von ihnen die Qualität der Arbeit, verblasst der Kampf um Arbeitszeitverkürzung, Lohnsteigerungen, für gewerkschaftliche Organisierung sowieso. Sie befinden sich in einer Art Schwebe – sie haben „den Anschluss an die vermeintliche Normalität noch immer vor Augen und müssen alle Energien mobilisieren, um den Sprung vielleicht doch noch zu schaffen.“ Andererseits sind permanente Anstrengungen auch nötig, um einen dauerhaften sozialen Abstieg zu vermeiden. Die „modernen Prekarier“ haben daher „keine Reserven, kein Ruhekissen“ (Dörre 2005, 254). Dies wirkt disziplinierend auf ihr Handeln, macht sie gefügig.
Gut ausgebildete Facharbeiter, oft auch Migranten, die sich ganz gut von einer befristeten Beschäftigung in die nächste hangeln, dazwischen kurze Phasen der Arbeitslosigkeit als normal empfinden, können sich zum Teil in den Verhältnissen einrichten, sichern sich einen bescheidenen Wohlstand, sofern Krankheit, Ausweisung oder anderes die „Flexi-Karriere“ nicht abreißen lassen. Manche Frauen akzeptieren, angesichts der ungelösten Probleme der so genannten Vereinbarung von Erwerbs- und Reproduktionsarbeit, scheinbar vorbehaltlos eine Rolle als Zuverdienerinnen und fügen sich in prekäre Teilzeitexistenzen. Auch eine wachsende Zahl von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die sich von der Perspektive formaler Erwerbsarbeit verabschiedet haben und eine Existenzweise in der informellen Schattenökonomie entwickeln, reproduziert auf diese Weise Prekarität quasi von „unten“. Stabilisiert werden diese Gruppen durch Konstruktion von ethnischen, geschlechtlichen, familiären, religiösen u.a. Identitäten und Gemeinschaften oder durch Cliquen, in denen sie Rückhalt und gesellschaftliche Anerkennung jenseits der Mehrheits-Arbeitsgesellschaft erfahren.
Stammarbeiter und Gewerkschaften
Prekarisierung bezieht sich nicht nur auf den Bereich so genannter einfacher Dienstleistungstätigkeiten in Haushalt, Handel, Gastronomie, Transport oder Pflege, sondern findet sich auch in Werbeagenturen, bei Journalisten, Webdesignern und Wissenschaftlern. Beiden Gruppen gemeinsam ist die deformalisierte und individualisierte Form der Aushandlung und Mikro-Regulation von Arbeitsverhältnissen; sie unterscheiden sich jedoch fundamental in ihrer jeweiligen Stellung innerhalb des Produktionsprozesses. Beide sind Teil einer allgemeinen Prekarisierung der Arbeit, die eben keine Randerscheinung ist, und die mit einer wachsenden Einkommenspolarisierung verbunden ist. Die Grenze zwischen beiden Sphären der Arbeit – etwa zwischen Putzmann und Computerarbeiterin, auch innerhalb desselben Unternehmens – sind allerdings so scharf, dass die unterschiedlichen Arbeiten nicht mehr als Kooperationsbeziehungen wahrgenommen werden, Kommunikation kaum noch stattfindet. Zudem machen es der permanente Umbau der Produktionsstrukturen, transnationale Verlagerungen, In- und Outsourcing sowie Dezentralisierungen schwierig, Kommunikationsverhältnisse zwischen den einzelnen Gruppen aufzubauen. Die Verunsicherung dringt zugleich bis in den Kern der noch sicheren Beschäftigung vor und wird besonders spürbar, wenn reguläre Arbeitsplätze durch flexible Beschäftigung, etwa Leiharbeit, ersetzt werden – prekäre Arbeitskräfte werden dann als eigentliche Bedrohung wahrgenommen, Spaltungen zwischen den Beschäftigten vertieft.
Die Schwierigkeiten, damit umzugehen, führen zunächst zur defensiven Verteidigung der alten Besitzstände der relativ gesicherten und gut bezahlten Kernbelegschaften von Facharbeitern. Es bildet sich mitunter ein spezifisches Interesse heraus, den Status der Beschäftigten gegen Unwägbarkeiten der Konjunktur zu sichern, indem das Arbeitsaufkommen flexibel über befristet Beschäftigte oder Leiharbeit gesteuert wird. Die „atmende Fabrik“ (Hartz) sichert den Bestand einer Stammbelegschaft. Das Vordringen von Leiharbeit oder befristeter Beschäftigung in die Betriebe setzt beide Gruppen wiederum „in direkte Konkurrenz zueinander“ (Castel 2000, 355).
Um keine „gewerkschaftsfreien Räume“ entstehen zu lassen, haben Gewerkschaften den Status vermeintlich geringqualifizierter Arbeit gekoppelt an eine Einordnung in die unterste Lohngruppe bei Tarifverträgen. Gewerkschaftliche Aufwertungskampagnen und Forderungen nach Abschaffung dieser Lohngruppe blieben weitgehend erfolglos. Sie waren gegen die Unternehmen aber auch innerhalb der Gewerkschaften nicht durchzusetzen – letztere versuchten einen „gewissen Lohnabstand“ der Geringqualifizierten gegenüber Facharbeitern, aber auch von Frauen gegenüber Männern zu wahren (Mayer-Ajuha 2003, 164). Selbst diese geringe Entlohnung wurde noch unterlaufen, indem geringfügige Beschäftigung „ausdrücklich vom Geltungsbereich der Tarifverträge ausgeschlossen“ wurde (ebd.). Damit ebneten die Tarifvertragsparteien selbst der Prekarisierung den Weg. Über den Abschluss eines Tarifvertrages für die Leiharbeitsbranche hat der DGB versucht, Diskontinuität und Prekarisierung lebbar zu gestalten und nach unten abzusichern. Tatsächlich wurden damit Dumpinglöhne und Entrechtung von Prekären noch tariflich festgeschrieben und mit gewerkschaftlichem Segen versehen. Auch wie z.B. bei Daimler die Forderung nach Einsparung von 500 Mio. Euro beantwortet wurde, verstärkt Prekarisierungs- und Spaltungsprozesse: Die geltenden Tarifverträge konnten nur gehalten werden, indem massive Verschlechterungen bei den Beschäftigten im Dienstleistungsbereich akzeptiert wurde, also bei Kantinen-, Reinigungs- und Servicepersonal – diese Bereiche wurden ausgelagert, oder es gab Lohnkürzungen und längere Arbeitszeiten für diejenigen, die ohnehin nicht so gut dran waren.
Letztlich sind auch die Verhältnisse der unbefristet Festangestellten unsicher geworden. Die permanenten Angriffe von Kapitalseite, selbst in den Hochburgen gewerkschaftlicher Organisierung, den Großunternehmen der Automobilindustrie, haben quasi allen Arbeitsverhältnissen nur noch temporäre Gültigkeit verliehen: die mühsam ausgehandelten Beschäftigungsgarantien, meist gegen Lohnverzicht und längere Arbeitszeiten, gelten für wenige Jahre, d.h. nur soweit sich die Lage des Unternehmens nicht verändert haben sollte. Oft haben diese Beschäftigungsgarantien nur ein paar Monate Bestand (Hauer 2004; Candeias/Röttger 2005).
Waren prekäre Randbelegschaften zunächst erwünschter Flexibilisierungspuffer, schleicht sich ein diffuses Gefühl der Ersetzbarkeit ein, da sich die Externen in kurzer Zeit als mindestens ebenso leistungsfähig, flexibler, gefügiger und vor allem billiger erweisen. Ihre Präsenz wirkt disziplinierend (Dörre 2005, 254). In den Bereichen mit hoch qualifizierten Angestellten produzieren Freelancer einen ähnlichen Effekt. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, wenn unbefristete Vollerwerbsarbeitsplätze als verteidigenswertes Privileg betrachtet werden. Mit voller Wucht trifft die Angst jene, die konkret vom Abstieg bedroht sind. Es dominiert die Sorge um den Erhalt des Arbeitsplatzes, so „widerwärtig er auch sein mag“ (Bourdieu 2000, 72). Progressive Arbeitspolitiken, Arbeitzeitverkürzung, Vereinbarkeit von Erwerbs- und Reproduktionsarbeit geraten in die Defensive, gehören nicht länger zu den vordringlichen Interessen der Beschäftigten (nicht einmal bei Frauen). – Bei vielen erwachsen daraus „reaktiver Nationalismus“ und Rassismus (Dörre u.a. 2004; Flecker/Hentges 2004).
Die damit verbundenen Spaltungen und Disziplinierungen wirken bislang als neuer Modus der Integration eines autoritären Neoliberalismus, dem es auf diesem Wege angesichts schwindender Zustimmung, Legitimations- und Repräsentationskrisen bislang gelingt, seine Hegemonie zu sichern (Candeias 2004, 344ff; 2006). Die Prekarisierung der Arbeit, so Dörre, wird zur Produktion „gefügiger Arbeiter“ genutzt (2005, 255). Gleichzeitig entstehe ein Subproletariat, „dessen gesamte Energien darauf gerichtet sind, über den nächsten Tag zu kommen“ und das beständig schwankt „zwischen spontanen, ungerichteten Revolten und Apathie“ (ebd.). Das ist treffend beschrieben, aber nur die halbe Wahrheit. Unbeleuchtet bleiben Widersprüche der Prekarisierung, die auch in der anderen Richtung – nach links, also widerständig – bearbeitet werden können.
Vorschnelle Vereinheitlichung des Prekariats
oder Verallgemeinerung von Erfahrung
Gegen eine Sicht, die Spaltungen und Differenzierungen und damit nur die Reproduktion prekärer Verhältnisse betont, richtet sich eine voluntaristische Vereinheitlichung eines widerständigen „Prekariats“ von ganz links (Waterman 2005, 9f). Voluntaristisch ist diese Position, weil sie primär auf die vorschnelle diskursive Konstruktion eines neuen, einheitlichen „revolutionären“ Subjekts setzt. Sie tut dies, ohne sich der Mühen der Bearbeitung der Widersprüche zwischen heterogenen Positionen und Bedürfnissen, sozialen Spaltungen, hegemonialer Eingebundenheit der Subjekte und einer notwendigen Vermittlung und Verallgemeinerung zu widmen, ohne an den konkreten Alltagsrealitäten der unterschiedlichen Gruppen anzusetzen – statt dessen gibt es Neo-Revolutionspathos, aber eben auch bemühte Vereinheitlichung, die die Unterschiede wieder zu vernachlässigen droht .
Diese Position hat insofern ihre Berechtigung, als auch unter den Prekarisierten (oder gerade unter ihnen) sich Widerstand regt. Ken Loach zeigt in seinem Film Brot und Rosen (2000) exemplarisch den Streik der Putzfrauen und anderer Niedriglöhner und seine Folgen für die auf ihre Arbeit angewiesenen Banken und Unternehmen in Los Angeles. Immer wieder gelingt es vermeintlich apathischen Gruppen, wie illegalisierten migrantischen Landarbeitern oder Bauarbeitern, Reinigungskräften oder Teilzeitverkäuferinnen, auch transnationalen Konzernen beachtliche Konzessionen abzuringen. Nicht nur mediale oder symbolische Wirkung wird entfaltet, zum Teil werden machtvoll Erfolge auch in der unmittelbaren Verbesserung von Arbeits- und Lebensbedingungen errungen – man denke nur an die heftigen Niederlagen des größten globalen „Arbeitgebers“, Wal Mart: in den USA verliert der Konzern alle Klagen wegen Diskriminierung von Frauen und Migranten sowie wegen unerlaubten Dumpings; in China musste er nach harten Kämpfen die Einrichtung von Betriebsgewerkschaften zulassen, obwohl es doch gegen die erklärte Firmenphilosophie verstößt; und in Deutschland durfte er seinen proto-faschistischen Firmencodex für Angestellte nicht in Kraft setzen und musste sich nun ganz aus dem deutschen Markt zurück ziehen, weil er mit Aldi, Lidl, Rewe und Co. nicht konkurrieren konnte.
Die Organisationsformen der Prekären sind vielfältig: living wage oder Mindestlohn-Initiativen in den USA, die grenzüberschreitenden Euromärsche gegen Arbeitslosigkeit und prekäre Beschäftigung oder die no-sweat-campaigns; aufkeimende Formen eines social movement unionism in Italien, Frankreich, den USA oder Südkorea (ETU-MB); die vielen „Anti-Hartz-Bündnisse“, Arbeitsloseninitiativen oder „Call-Center-Initiativen“ in Deutschland sowie grenzüberschreitende Netzwerke von Hausarbeiterinnen und Migranten wie respect, mujeres sin rostro, die Sans-Papiers, Künstlerinitiativen und autonome Forschungsgruppen von Frauen wie die Precarias a la deriva etc.pp. Solche Erfahrungen gilt es sichtbar zu machen und systematisch auszuwerten. Sie sprechen gegen die Vorstellung einer radikal individualisierten Erwerbsgesellschaft, wie sie sich Neoliberale vorstellen, in der gleichsam jeder zum Unternehmer seiner eigenen Arbeitskraft wird und (Klassen)Solidaritäten eher hinderlich sind. Eine polarisierte neoliberale Ökonomie erzeugt vielmehr neue Klassenspaltungen, die in vielfältiger Weise gebrochen werden und sich mit anderen gesellschaftlichen Spaltungslinien entlang von Nationalitäten, Ethnien, Geschlecht etc. überlagern. „Bilder einer klassenlosen Gesellschaft“, so Richard Sennet, können also „auch dazu dienen, tiefere Unterschiede zu verhüllen“ (2000, 97) und neue Formen gemeinschaftlicher Reorganisation und gesellschaftlicher Solidarität nicht sichtbar werden zu lassen. Denn trotz aller Spaltungen bieten sich mehr Berührungspunkte als zum Teil angenommen.
Bedingungen des Widerstandes
Aber woran entzünden sich solche widerständigen Prozesse der Selbstorganisation? Setzen wir also am Alltag an, genauer am Arbeitsalltag. Nicht-Übereinstimmungen zwischen den tatsächlichen Arbeitsanforderungen, also den eigentlich erforderlichen Arbeitstätigkeiten und eingeschränkten Möglichkeiten ihrer Verwirklichung durch Vorgaben des Managements (also zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen) produzieren Spannungsräume, die entscheidend sind für die Entwicklung von Widerständigkeit. Denn jenseits der formalen Kriterien von Einkommen und Beschäftigungssicherheit geht in den konkreten Arbeitsbedingungen um Sinnhaftigkeit der Arbeit, Selbstwertgefühl, Produktivität, Aneignung von Qualifikationen etc. Dies gilt z.B. für die notwendige intensive Beratung von Kunden im Fachhandel, die sich häufig genug angesichts mangelnden Personals auf ein Minimum beschränkt, was wiederum zu sinkenden Umsätzen, abnehmender Arbeitszufriedenheit und Motivation, weiteren Einsparungen und zunehmendem Druck auf die Beschäftigten führt. Ähnliches gilt für emotionale Betreuungsleistungen im Pflegebereich, die zugunsten der bei den Krankenkassen abrechenbaren formalen Leistungen eingeschränkt werden. Auch im Call Center Bereich wird die Erbringung so genannter „guter Arbeit“ systematisch durch die Produktionsverhältnisse behindert: Der Zeittakt zwischen den Anrufen beträgt oft 20 Sekunden, der Computer sorgt für die Dauerauslastung der Beschäftigten – eine nicht nur höfliche, sondern auch kompetente Beratung der Anrufer ist dann nur noch schwer möglich, die Unzufriedenheit der Kunden wächst. Dies verletzt bei den Beschäftigten den durchaus vorhandenen Gebrauchswertstolz auf ihre Arbeit. Der gerade im Dienstleistungsbereich notwendige affektive Aspekt wird untergraben, die Leistung qualitativ hochwertiger Arbeit erschwert – die Folge sind Stress, Dequalifikation und eben niedrige Löhne, begründet durch das von den Unternehmen selbst produzierte niedrige Leistungsniveau. Gerade auch an solchen Widersprüchen und Kränkungen entzünden sich widerständige Haltungen.
Und zugleich ist dies ein verallgemeinerbares Problem, das der Softwareprogrammiererin ebenso bekannt ist wie dem Putzmann: etwa der Wunsch, ein hervorragend programmiertes Produkt mit hohem Gebrauchswert zu produzieren, dies aber unter extrem hohen Zeit- und Kostendruck nicht zu können und gezwungen zu sein, mit Fehlern behaftete Software an die Kunden weiterzugeben, zugleich die Fehler zu kaschieren, und/oder die Anerkennung eigener Leistung versagt zu bekommen – immer unter der Bedrohung, dass ein Jüngerer bereits wartet, der vielleicht entsprechende Leistungen schneller erbringt. Auch Putzmann und -frau wollen nicht als Opfer oder Leidende gesellschaftliche Anerkennung erfahren, sondern als nützliche Arbeitskräfte. Tatsächlich wird entnannt, dass gerade im gewerblichen Bereich „Putzen“ den Umgang mit komplizierten Maschinen und gefährlichen Chemikalien etc. verlangt, eine Menge Tricks und Kniffe mit einschließt (besonders im OP eines Krankenhauses z.B.); gleichzeitig verhindern extremer zeitlicher Druck und Arbeitsverdichtung, dass die Objekte entsprechend der Vorgaben und des eigenen Anspruchs gereinigt werden können.
Hinzu kommen aber auch zunehmende Schwierigkeiten, eine zeitlich entgrenzte und flexible Lohnarbeit, die gerade im Dienstleistungsbereich auch häufig außerhalb der üblichen Kernarbeitszeiten liegt, mit den notwendigen Reproduktionsarbeiten im Haushalt und in der Kindererziehung zu vereinbaren. Auch die wachsende Schwierigkeit, von den erarbeiten Lohneinkünften ein Leben oberhalb der Armutsgrenze zu bestreiten, stellt die gesellschaftlichen Individuen vor Zerreißproben. An all diesen Bruchpunkten spezifisch gesellschaftlicher Arbeitsteilungen müssen individuelle Strategien der Lebensführung und der Bewältigung von Widersprüchen ebenso ansetzen wie Versuche zur Organisation von Widerstand.
Das Problem dabei ist, dass die alten Organisations- und Repräsentationsstrukturen noch auf einer – inzwischen unterminierten – sozialen Basis entwickelt wurden, die transnational neu zusammengesetzten Gruppen und Klassen des Prekariats aber noch keine eigenen, stabilen Strukturen entwickeln konnten. Schließlich kann es wie gesagt nicht einfach um die Wiederherstellung des alten Normalarbeitsverhältnisses gehen. Auf dieser Basis wären weder die Spaltung zwischen Beschäftigten, Prekären und Beschäftigungslosen, noch der Widerspruch zwischen Erwerbs- und Reproduktionsarbeit, zwischen Männern und Frauen, „Inländern“ und Migranten zu überwinden.
Precariat in motion
Das „Prekariat“ in seinem doppelten Sinne als universelle gesellschaftliche Figur der neuen Produktions- und Lebensweise und als Klassenfraktion im Werden, mit heterogener Positionierung in der gesellschaftlichen Arbeitsteilung entlang geschlechtlicher, nationaler oder ethnischer Zuschreibungen findet keine Repräsentanz in den traditierten politischen Institutionen. Nur wenn diese diversen Fragmentierungen ernst genommen werden, ist zu einem tieferen Verständnis einer widersprüchlichen – nennen wir sie – „Multitude“ vorzudringen, die als kohärenter gesellschaftlicher Block sozialer Kräfte ausgearbeitet werden muss, um eine radikale gesellschaftliche Transformation anzustoßen.[2] Um als gesellschaftliche Gruppe mit eigenen Interessen wahrgenommen zu werden, ist ein Bruch mit den geltenden Spielregeln korporatistischer Aushandlungsprozesse und politischer Repräsentation wahrscheinlich erfolgreicher. Ein „strategischer Essentialismus” (Spivak 1988, 314) kann dabei eine wichtige Rolle spielen: gegenüber den geläufigen Kategorien „atypischer Beschäftigung“, die Menschen als statistisches Zahlenmaterial behandeln oder immer weiterer Ausdifferenzierung von Betroffenengruppen eröffnet eine offensive Umdeutung (Butler 1993, 47) als Prekariat größere Möglichkeiten, um ins öffentliche Bewusstsein zu rücken und einen Prozess der Klassenformierung zu initiieren – im Sinne von: „Nicht wir sind die ‚Abhängigen‘, sondern ihr; wenn wir euch die Büros und Badezimmmer nicht säubern, eure verzogenen Kinder nicht betreuen und auch sonst allerhand andere angenehme Dienstleistungen bieten würden, wäre eurer Lebensstil unmöglich und die Gesellschaft als Ganze kaum lebensfähig.” Die Betonung des hohen Gebrauchswerts betreffender Arbeiten zielt direkt auf die Qualität der Dienstleistungen und damit auf die Produktionsverhältnisse und Lebensbedingungen der Arbeitskräfte. Auch Nicht-Prekarisierte dürften wenig Interesse daran haben, wenn der pflegebedürftige Großvater von dafür nicht qualifizierten und wenig motivierten Ein-Euro-Jobbern betreut wird. Die Umdeutung muss dabei als Eigenaktivität im politischen Prozess der Verallgemeinerung der unterschiedlichen Erfahrungen und wissenschaftlichen Verknüpfung gesellschaftlicher Ursachen erfolgen, sonst wird damit nur eine kohärente Gruppe mit vereinheitlichten Interessen suggeriert, die es so nicht gibt.
Eine weitere Möglichkeit, gesellschaftliche Widersprüche als allgemeine zu begreifen und darzustellen, ist das Problem der Vereinbarkeit von Produktions- und Reproduktionsarbeit – gemeint sind nicht „nur“ Erziehung oder Haushalt, sondern auch die Reproduktion der eigenen individuellen Arbeitskraft, die angesichts von burn-out-Syndromen und psychischen Erkrankungen ein wesentliches Element von Prekarisierung bilden. Überbeanspruchung der Arbeitskraft und immer drohender Verlust von Arbeit verallgemeinert auch das Problem der Absicherung diskontinuierlicher Lebensläufe. Solche Thematisierungsweisen zielen auf die Neuauflage einer Debatte über gesellschaftlich notwendige Arbeit und lenken den Blick auch auf die Sphäre der Reproduktionsarbeit: auf Familienverhältnisse, Arbeit im Haushalt, Kindererziehung, Sorge und Pflege, aber auch auf soziale, ökologische, kulturelle und politische Arbeit. Letztlich geht es um die (Dekommodifizierung und) Neuverteilung aller gesellschaftlich notwendigen Arbeit für alle und die transnationale Verallgemeinerung sozialer Rechte.
Entscheidend ist dabei, mit dem Widerspruch von Verallgemeinerung (nicht Vereinheitlichung) und Differenz produktiv umzugehen und trotz aller Unterschiedlichkeit von Lagen und Bedürfnissen an einer Perspektive verallgemeinerter Handlungsfähigkeit festzuhalten, die die Differenzen nicht unterwirft. Ohne diese Perspektive bleiben die Kämpfe partikulären Interessen verpflichtet, unverbunden und daher subaltern, leicht integrierbar oder marginalisierbar. Verallgemeinerungsfähigkeit heißt natürlich nicht, dass es sich bei diesen Punkten um Selbstläufer handelt. Die politische Verallgemeinerung ist umso schwieriger, als die unterschiedlichen (häufig noch zu entwickelnden) Handlungs- bzw. Organisationsformen sich z.T. ausschließen, aber nichtsdestoweniger unverzichtbar sind. Um die Bewegung nicht zu spalten oder in ein unverbundenes Nebeneinander zerfallen zu lassen, wird das nötig, was Brecht nannte: „Operieren können mit Antinomien“.
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[1] Anna Kim u. Karin Kurz etwa (2003, 189) berücksichtigen nur Arbeitsverhältnisse unter 15 Std./Woche und kommen auf Anteile prekärer Beschäftigung zwischen 4% (Deutschland) und 7% (Großbritannien) an der Gesamtbeschäftigung.
[2] Mit Marx ginge es um die Rekonstruktion des Proletariats, wie es im Manifest beschrieben wird – aber nun auf Basis der neoliberalen, transnationalisierten Produktions- und Lebensweise: Das Proletariat „rekrutiert sich aus allen Klassen der Bevölkerung” (MEW 4, 469), ein diffuses Milieu freigesetzter, überflüssiger Menschen ohne Eigentum, außer an ihrer eigenen Arbeitskraft.