„… dass die Gewerkschaften nicht die einzigen Organisationsformen sein müssen, die sich der Arbeiterbewegung annehmen, dass es eine andere Art der Organisation geben muss, in der die Arbeiter ihre Forderungen kanalisieren können.“ (Claudio Lozano, Direktor des „Instituto de Estudios y Formación” der CTA, zitiert nach Martín Armelino 2003: 13).
Der zwar schon während der Militärdiktatur (1976-1983) begonnene, aber erst von der Regierung Menem (1989-1999) vollends vollzogene Bruch mit dem Modell der importsubstituierenden Entwicklung hat die argentinische Arbeiterbewegung in eine epochale Krise gestürzt. Diese umfasst sowohl eine organisatorisch-strukturelle, als auch eine konzeptionelle Dimension. Organisatorisch-strukturell ist die Krise, weil durch die Tiefe der neoliberalen Reformen die soziale und wirtschaftliche Struktur des Landes und damit die gewerkschaftliche Basis nachhaltig transformiert wurde. Zum einen haben früher stark durch gewerkschaftliche Repräsentation geprägte Bereiche wie verarbeitende Industrie, öffentlicher Dienst (Elektrizität, Wasser, Gas) oder staatliche Bürokratie durch Privatisierung und Außenöffnung der Wirtschaft ihre ehemalige Zentralität im ökonomischen System verloren. Zum anderen schränken die zunehmende Flexibilisierung und Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse sowie eine strukturelle Arbeitslosigkeit gewerkschaftliche Organisationsfähigkeit massiv ein.
Die konzeptionelle Dimension der Krise besteht im Problem der Gewerkschaften, sich an die neue Situation anzupassen. Oder, um eine Analysemethode von Tilly und Melucci heranzuziehen: ihr „Repertoire der kollektiven Aktion“(Tilly 2000) und ihre „kollektive Identität“ (Melucci 1994) adäquat zu den Veränderungen des sozialen Akkumulationssystems, hier speziell den Veränderungen der Arbeitsbeziehungen, zu rekonfigurieren (Armelino 2003: 8). Wie können also ihre Aktionsformen den neuen Bedingungen angepasst werden und wie können die nicht mehr repräsentierten neuen gesellschaftlichen Randgruppen durch die Schaffung einer neuen „kollektiven Identität“ (Melucci) integriert werden (Cross 2004: 300)?
Verschärfend auf diese Situation wirkt sich die traditionell enge Bindung des argentinischen Dachgewerkschaftsverbandes CGT (Confederación General del Trabajo) an die peronistische Partei (PJ) aus. Diesem Verhältnis konnte auch die neoliberale Politik des peronistischen Präsidenten Menem, die klar den Interessen ihrer Mitglieder widersprach, keinen Abbruch tun. Im Gegenteil: Ideologisch in den zumindest in Wirtschaft und Politik hegemonialen Diskurs integriert, versteht sich die CGT inzwischen eher als auf dem Markt konkurrierender Anbieter sozialer Dienstleistungen und Sachverwalter berufsständischer Interessen denn als Interessensvertretung aller Lohnabhängigen.
Vor dem Hintergrund einer Gesellschaft in der mehr als 50 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung entweder dauerhaft arbeitslos oder prekär beschäftigt sind, stellt sich damit die Frage nach der Legitimität eines Gewerkschaftsmodells, das immer noch auf die alleinige Repräsentation des formellen Lohnarbeiters ausgerichtet ist.
Alternativen hierzu, so scheint es, liefert die offiziell nicht anerkannte und konfliktorientierte Gewerkschaftszentrale CTA (Central de los Trabajadores de Argentina), die sich 1992 von der CGT abgespalten hat.[1] Aus der Reflektion der strukturellen Veränderungen der 90er Jahre und in klarer Abgrenzung zur CGT und zu politischen Parteien im Allgemeinen konnte es ihr durch breite Bündnispolitik und Konfrontationskurs mit der Regierung relativ schnell gelingen ihre soziale Basis zu erweitern. Diese bestand anfangs noch hauptsächlich aus LehrerInnen und Angestellten des öffentlichen Sektors und umfasst inzwischen mit rund 1,2 Millionen Mitgliedern auch früher nicht gewerkschaftlich repräsentierte gesellschaftliche Sektoren wie verschiedene Arbeitslosenorganisationen oder Vereinigungen prekär Beschäftigter. Der argentinische Soziologe Hector Palomino beschreibt ihre Potentiale folgendermaßen: „In gewisser Weise agiert die CTA wie ein Regenschirm, der die Entwicklung von verschiedenen Organisationen überspannt und wie ein Omnibus, der Anklagen und Forderungen verschiedenster Art wie Passagiere aufnimmt. Dabei orientiert sie sich an einer klar ‚konfliktorientierten‘ Strategie mit national-territorialer Verbreitung.“ (Palomino 2005) Die These dieses Aufsatzes ist, dass die CTA mit ihrem Konzept des „neuen Syndikalismus“, im Kontext einer sich seit ca. drei Jahren vollziehenden starken Zunahme von Arbeitskonflikten und einer Erschöpfung der Ende der 1990er entstehenden Basisbewegungen, in der Lage ist, durch die Integration breiter Teile der gespaltenen Linken eine progressive linke Opposition zur Regierung Kirchner zu bilden.
Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt
Die Folgen der wirtschaftlichen Außenöffnung und der Privatisierung der öffentlichen Sektoren konfrontierten die argentinische Gesellschaft ab dem Jahr 1993 erstmalig mit struktureller Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung. Das Novum dieser Entwicklung wird deutlich, wenn man berücksichtigt, dass Massenarbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung in Argentinien bis dahin weitgehend unbekannte Phänomene waren. Sogar während der schweren Wirtschaftskrisen der 1980er Jahre hat die offene Arbeitslosigkeit selten die Sechs-Prozent-Marke überstiegen, und die Unterbeschäftigung lag bei durchschnittlich 7,9 Prozent (Palomino2002: 122 und Galin 2006: 6). Dies änderte sich mit der Umsetzung des neoliberalen Projekts durch die Regierung Menem: Trotz eines durchschnittlichen Wirtschaftswachstums von ca. 6 Prozent, stiegen beide Indikatoren kontinuierlich an und erreichten im Jahr 2000 gemeinsam 29,9 Prozent (Rapoport 2006: 884). Die Folgen dieser strukturellen Veränderungen für die argentinischen Gewerkschaften liegen auf der Hand: Neben Einschränkungen ihrer Organisationsfähigkeit durch Mitgliederverluste, speziell der unteren und mittleren Beschäftigten-Schichten, und – der dadurch bedingten – Abnahme der finanziellen Ressourcen (Beiträge und Abgaben für die Sozialversicherung) ist die strukturell schwierige Position zu berücksichtigen, in der sie sich angesichts der Schwächung ihrer traditionellen Klientel, des vollbeschäftigten Lohnarbeiters, befinden. Der so entstehende klassische Widerspruch zwischen „Arbeitsmarkt-Insidern und Outsidern“ bzw. „neuen Exkludierten“ (Castel 2001) wird von Palomino prägnant zusammengefasst: „Die Arbeitslosigkeit wirkt wie eine Barriere auf die einheitliche Forderung, und die Lohnerhöhungen erscheinen als Dilemma angesichts der Notwendigkeit, die bestehenden Arbeitsplätze zu verteidigen. Eine offensive gewerkschaftliche Strategie läuft Gefahr, durch die Arbeiter abgelehnt zu werden, die fürchten ihren Job zu verlieren.“ (Zitiert nach Armelino 2003: 12)
Wandlung der Arbeitsbeziehungen
Die neuen Unternehmensstrukturen und Managementstile, die mit der neoliberalen Umgestaltung der argentinischen Gesellschaft während der 90er Jahre einhergingen, erhöhten auch den Druck auf die traditionell zwischen Branchengewerkschaften und ArbeitgebervertreterInnen ausgehandelten Flächentarifverträge. Speziell im nicht so stark von Deindustrialisierung betroffenen Bereich der Automobilproduktion, gelang es den ausländischen Investoren verstärkt – häufig im Einverständnis mit der zuständigen Gewerkschaft SMATA – bestehende Branchenverträge durch eine Reihe von Haustarifen mit starken Flexibilitätsnormen zu ersetzen (Rapoport 2006: 758). Galten zwischen 1991 und 1994 noch 62,5 Prozent aller 15.898 abgeschlossenen Tarifvereinbarungen branchenweit, waren es zwischen 1995 und 1999 lediglich 23,3 Prozent. Doch nicht nur die Form der Tarifverhandlungen war betroffen, auch wandelten sich ihre Inhalte: Arbeitsflexibilität wurde zum bestimmenden Thema und fand Eingang in 75 Prozent der in dieser Periode abgeschlossenen Tarifverträge (Novick 2001). Dementsprechend veränderte sich auch die Wochenarbeitszeit dahingehend, dass die Zahl derer, die wöchentlich 30 bis 45 Stunden arbeiteten, sich zwischen 1990 und 2000 von 50 Prozent auf 42 Prozent verringerte, während sich die Zahl derer mit weniger als 30 Stunden oder mehr als 62 Stunden Wochenarbeitszeit erheblich erhöhte (Boris/Tittor 2006: 31). In den Bereichen, in denen sich noch Widerstand gegen die neoliberalen Reformen artikulierte wie in dem von Privatisierung betroffenen öffentlichen Sektor durch die so genannten Antiprivatisierungsstreiks, wurden diese aufgrund ihres politischen Charakters kurzerhand per Präsidentialdekret verboten (Rapoport 2006: 820).
Getreu der These eines direkten Zusammenhanges zwischen „überreguliertem“ Arbeitsmarkt und Arbeitslosigkeit förderte die Regierung Menem im Zuge der „Ley del Empleo“ auch aktiv die Beschränkung des Kündigungsschutzes. Der Anteil der befristeten Arbeitsverträge nahm dementsprechend um 40 Prozent zu (Boris/Tittor: 30). Zudem leisteten die frisch privatisierten Unternehmen ihren eigenen Beitrag um den „rigiden“ Arbeitsmarkt zu flexibilisieren. Indem nicht direkt zum „Kerngeschäft“ gehörende Bereiche, wie Reinigung oder Sicherheit, an Subunternehmer ausgelagert wurden, war es möglich, bestehende Tarifvereinbarungen über Arbeitszeiten, Kündigungsschutz etc. unter nunmehr veränderten Kräfteverhältnissen neu zu verhandeln. Das schizophrene Verhalten, mit dem die Gewerkschaften auf diese Situation reagierten, wurde unter anderem an einem Streik „outgesourcter“ U-Bahn-ArbeiterInnen im April 2006 deutlich. Die Proteste richteten sich nämlich nicht nur gegen den privaten Streckenbetreiber Metrovias und die Subunternehmerfirmen. Im Mittelpunkt der Kritik der Streikenden stand die eigene Gewerkschaft UTA, die sich weigerte, sich für die Integration der „outgesourcten ArbeiterInnen in den im Dezember 2005 zwischen Metrovías und UTA ausgehandelten Tarifvertrag einzusetzen (Schulten: 2006).[2]
Dieser von Murillo (1997) treffend als „neue Arbeitsregulierung über Gesetze, Dekrete und Pakte“ bezeichnete Prozess bedeutet im Endeffekt nicht nur den durch die Flexibilisierung und Dezentralisierung herbeigeführten quasi-Verlust vieler einst erkämpfter Rechte und die noch stärkere Unterordnung der Angestellten unter die Interessen der Unternehmen. Boris und Tittor (2006: 31) verweisen zudem auf die „Demontage sämtlicher arbeitsrechtlicher Absicherungen“ und die damit entstehende Prekarisierung und Informalisierung der Arbeitsbedingungen, speziell im Dienstleistungssektor, der während der 1990er stark expandierte. Lindenboim (2006) zufolge lag am Ende des Jahrzehnts die Arbeitsprekarität bei ca. 40 Prozent.
Als Konsequenz dieser Entwicklung verloren die Gewerkschaften, speziell die großen Industriegewerkschaften, die protagonistische Rolle, die sie noch während der 80 Jahre bei den sozialen Protesten einnahmen. Vormals offensiv geäußerten Forderungen nach Erhöhung der Löhne und Ausweitung der gewerkschaftlichen Rechte gerieten immer mehr in die Defensive und wichen Anstrengungen, die lediglich auf die Bewahrung des Status quo zielten. Zudem ist eine Lokalisierung der Proteste sowohl von der nationalen auf die regionale Ebene als auch von der Branchenebene auf die Betriebsebene zu verzeichnen.
Ein neuer Akteur: Die Formierung der CTA in den 1990ern
In Mitten dieser Krise gründete sich die CTA und vollzog damit den Bruch des seit knapp 50 Jahre bestehenden Alleinvertretungsmonopols der argentinischen Arbeiterbewegung durch die CGT. Dieser Bruch, darin waren sich die beteiligten Akteure einig, stellte die einzige Möglichkeit dar, wollte man die neoliberale Offensive und die Diskreditierung gewerkschaftlicher Politik noch aufhalten. Schon im Dezember 1989 hatten sich kritische Sektoren um den CGT-Funktionäre und Linksperonisten Ubaldini in der sog. CGT-Azopardo vereinigt, um durch innere Opposition noch eine Kursänderung der CGT-Spitze zu erzwingen. Doch Einfluss und Druck der Menem-treuen Sektoren war inzwischen schon zu weit fortgeschritten, so dass man sich schon bald zur Rücknahme der meisten kritischen Positionen gezwungen sah. Der heutige CTA-Generalsekretär De Gennaro beschreibt die damalige Notwendigkeit eines radikalen Neuanfangs wie folgt: „Der Peronismus hatte ausgedient, eine neue Etappe hatte begonnen und man musste anfangen, die Fähigkeit wiederzuerlangen, die Macht mit den Leuten aufzubauen“ (Rauber 1998: 273). Zwar formierte sich mit der CGT-rebelde bzw. MTA (Movimiento de los Trabajadores de Argentina) 1994 noch eine zweite oppositionelle Gruppe im gewerkschaftlichen Spektrum. Während die CTA sich aber als Fundamentalopposition zur Regierung Menem verstand, beteiligte sich die MTA zwar an einer Reihe von Aktionen sowohl mit der CTA als auch mit anderen sozialen Bewegungen zusammen, richtete ihre Strategie aber vor allem darauf aus, Druck auf die Regierung auszuüben, um so an Verhandlungen über die Arbeitsmarktreformen beteiligt zu werden. Konzeptionell die „Rückeroberung“ der CGT im Auge und ideologisch auf Rückkehr zum traditionell peronistischen Etatismus fokussiert, war sie niemals in der Lage, über den Status einer inneren Opposition hinaus zu gehen und sich vollkommen von der CGT zu lösen.
Umso drastischer dagegen wurde der Bruch mit der Muttergewerkschaft von der CTA vollzogen. Schon in einem Programmentwurf von 1991 wird der traditionelle Syndikalismus aufgrund seiner „Abhängigkeit von der Politik und seinem hohen Grad an Einbindung in die Wirtschaft“ als gescheitert erklärt. Für einen „neuen Syndikalismus“[3] sei es daher notwendig, „die Debatte und die Vorschläge von einer gewerkschaftlichen Strömung hin zu einer politisch sozialen Bewegung“ zu erweitern, und die „Öffnung zu anderen sozialen Organisationen welche die multiplen Forderungen der verschiedenen populären Sektoren zum Ausdruck bringen und die Realität der fünf Millionen Argentinier mit Arbeitsproblemen reflektieren“ zu suchen (Cross 2004: 303). Der erste praktische Schritt in diese Richtung wurde auf dem Gründungskongress mit der Aufnahme des Postulats der „individuellen Mitgliedschaft“ in das CTA-Statut gemacht.[4] Damit unterscheidet sie sich von der CGT, in der nur Einzelgewerkschaften vertreten sind, dahingehend, dass hier auch bisher noch nicht organisierte – beschäftigt oder nicht beschäftigt – ArbeiterInnen individuell beitreten können, ohne dabei einer Gewerkschaft angehören zu müssen. Interessant in diesem Kontext ist, wie die Kategorie ArbeiterIn hier definiert wird. ArbeiterInnen sind demnach „alle Individuen, die mit ihrer persönlichen Arbeit eine produktive und kreative Aktivität entwickeln, welche auf die Befriedigung ihrer materiellen und geistigen Bedürfnisse gerichtet ist“ (Artikel 2 des „Estatuto de la CTA). Dadurch, dass Arbeit unabhängig von konventionellen Kategorien wie dem direkten Abhängigkeitsverhältnis durch einen Arbeitsvertrag begriffen wird, gelingt die Entwicklung einer den realen gesellschaftlichen Bedingungen entsprechenden „kollektiven Identität“, die sowohl Arbeitslose wie auch informell Beschäftigte einschließt. Institutionell schlägt sich dies im dualen Charakter der Organisationsstruktur nieder. In so genannten „federaciones“, die parallel zu den normalen Gewerkschaften wie ATE oder CETERA existieren, werden Vereinigungen nicht gewerkschaftlicher Natur formell gleich berechtigt eingebunden (Palomino 2002: 266ff). Beispiele hierfür sind die 1998 gegründete Arbeitslosenorganisation FTV (Federación de Tierra Vivienda y Hábib) oder die der KP nahe stehenden Piqueteros der MTL. Des Weiteren fungieren die „federaciones“ als Instrument für ArbeiterInnen, die sich durch die offiziellen CGT-Einzelgewerkschaften nicht mehr repräsentiert fühlen, den Aufbau alternativer Branchengewerkschaften voranzutreiben.[5]
Durch diese Verbindung von der traditionellen Vertretung der Beschäftigten durch Gewerkschaften mit neuen Repräsentationsformen, die aus den sozialen Bewegungen hervorgegangen sind, gelang es, den sich während der 90er abzeichnenden Widerspruch zwischen der gewerkschaftlichen und der außergewerkschaftlichen, in sozialen Bewegungen verankerten Linken ein Stück weit aufzuheben.
Als Alternative zur völligen Autonomie konnte sich die CTA speziell bei kleineren aus dem informellen Sektor kommenden Gewerkschaften etablieren. Zum einen bietet sie durch ihre inzwischen beachtliche Größe und ihre Einflussmöglichkeiten den oft sehr kleinen Gewerkschaften institutionelle Einbindung und damit den Zugang zu dringend benötigter finanzieller, logistischer und organisatorischer Unterstützung, die speziell für den komplizierten Akt der Erlangung der „personaria gremial“ nötig ist. Zum zweiten ist eine Aufnahme an keinerlei politische Zugeständnisse gebunden, so dass ihre Autonomie bewahrt werden kann. So betont Juán (Prensa), Pressesprecher der im Januar 2006 der CTA beigetretenen trotzkistisch orientierten Gewerkschaft der Fahrrad- und Motorradkuriere (Simeca)[6]: „Der Eintritt in die CTA hatte mit dem Kampf für die „personaria gremial“ zu tun ... Das soll nicht heißen, dass wir keine Kritik an verschiedenen Positionen haben, die die CTA in ihrer Geschichte vertreten hat … Soll heißen wir haben kritische Positionen ihnen gegenüber und trotzdem akzeptieren sie diese Positionen und unser Projekt.“ Auch die ca. 5.000 Mitglieder umfassende Gewerkschaft der Cartoneros (SUCARA) konnte durch den Beitritt organisatorische Unterstützung für die Erlangung der „personaria gremial“ erlangen (Busso 2004: 44). Insgesamt sind in der CTA mehr als 240 verschiedene Organisationen zu finden, deren Spannweite von Abspaltungen offizieller Gewerkschaften über Zusammenschlüsse kleiner und mittlerer Unternehmer bis zu indigenen Organisationen reicht.
Viel Beachtung fand die 1998 von der CTA vollzogene Gründung der Arbeitslosenorganisation FTV. Bei der FTV handelt um einen Zusammenschluss von z.T. schon seit Mitte der 80er Jahre bisher autonom und auf lokaler Ebene kämpfenden Basisorganisationen, die sich während der zweiten Hälfte der 1990er zu einer der zahlenmäßig größten und einflussreichsten Piqueterogruppen entwickelten. Auch wenn sich ihre Führung, in Person des Kirchner-Abgeordneten Luis D’Elia, inzwischen stark an die Regierung angenähert hat und sich auch eine Reihe von kleineren Gruppen abgespalten hat, ist durch den Zusammenschluss erstmalig die institutionelle Integration einer Arbeitslosenorganisation in gewerkschaftliche Strukturen gelungen.
Eine weitere Innovation des „neuen Syndikalismus“ ist in dem Versuch zu sehen, durch die Einbindung von fortschrittlichen Intellektuellen in gewerkschaftliche Arbeitszusammenhänge die in Argentinien traditionelle Kluft zwischen der akademischen Linken und der traditionellen Arbeiterbewegung zu überwinden. Die wissenschaftliche Linke in Argentinien zeichnet sich zwar durch eine beeindruckende Publikationsvielfalt und ein hohes Niveau der geführten Debatten aus, gleichzeitig ist ihr Einfluss sowohl auf den traditionellen gewerkschaftlichen Sektor als auch auf die neuen sozialen Bewegungen als äußerst begrenzt einzuschätzen. Grund dafür ist wohl nicht zuletzt der noch tief in der Arbeiterbewegung verwurzelte peronistische Anti-Intellektualismus (vgl. Boris 2005: 158). Aus der Erkenntnis, die praktischen Aktionen und Proteste durch die Entwicklung konkreter strategischer Alternativen zu ergänzen, konnte in den letzten Jahren ein kleines Netzwerk von verschiedenen Forschungsinstituten, Berufs- und Weiterbildungszentren oder Arbeitszusammenhängen im Umfeld der CTA geschaffen werden. (Palomino 2002: 227). Eine zentrale Rolle kommt hier vor allem der von dem Wirtschaftswissenschaftler Claudio Lozano geleiteten Forschungseinrichtung „Instituto de Estudios y Formación“ zu, deren Studien sogar regelmäßig von bürgerlichen Medien herangezogen werden.
Auch auf der praktischen Ebene des „kollektiven Protests“ hat sich während der 90er Jahre gezeigt, dass die CTA als einzige soziale Akteurin in der Lage war, die fragmentierte Linke zusammen zu führen. Ein Beispiel hierfür ist der schon kurz nach ihrer Gründung im Juli 1994 durchgeführte „marcha federal“.[7] Abgesehen davon, dass konkrete Erfolge wie die Zurücknahme der Arbeitsmarktreformen oder ein Einlenken im Privatisierungsprozess erwartungsgemäß ausblieben, ist die integrative Dimension der Proteste hervorzuheben. So gelang es erstmals seit dem Beginn der Regierung Menem die verschiedenen von den wirtschaftlichen Reformen benachteiligten gesellschaftlichen Gruppen aus dem ganzen Land unter einer gemeinsamen Forderung zusammen zu führen. Neben diesen neuen Formen sozialer Aktion konnte es auch gelingen, die klassische Protestform des politischen Streiks wiederzubeleben. Dabei muss beachtet werden, dass bei aller Vielfalt ihrer Basis und der inzwischen erreichten Mobilisierungsfähigkeit das Repräsentationspotential der CTA in klassischen gewerkschaftlichen Sektoren wie der Industrie relativ gering ist, da diese noch immer von der CGT kontrolliert werden.[8] Trotzdem war man in der Lage, im August 1994 und August 1998 im Bündnis mit den eher links-peronistisch orientierten Kreisen der MTA und der Metallergewerkschaft UOM sowie mit der marxistisch orientierten, lokal begrenzten Richtungsgewerkschaft CCC zwei erfolgreiche Generalstreiks mit nationaler Reichweite durch zu führen, obwohl sie von Menem verboten und von der CGT boykottiert wurden.
Insgesamt kann festgestellt werden, dass sich die CTA während der 1990er Jahre sowohl im gewerkschaftlichen als auch im sozialen Bereich als Hauptbezugspunkt für die oft unabhängig von einander agierenden Oppositionskräfte etabliert hat und dadurch, wenn auch nur in Ansätzen, der sich vollziehenden Fragmentierung und Lokalisierung entgegenwirkte.
Situation und Aussichten unter der Regierung Kirchner
Der politische und wirtschaftliche „Normalisierungs“-Prozess und der zumindest diskursive Bruch mit dem neoliberalen Projekt, die überraschend mit der Amtsübernahme durch Kirchner einhergingen, hatten auch weit reichende Auswirkungen auf die Politik der CTA.
Zum einen ist im Gegensatz zu den Entwicklungen während der 1990er Jahre seit ca. drei Jahren ein rapider Anstieg offensiv geführter Arbeitskonflikte zu verzeichnen, die sich von 2003 auf 2004 schon verdoppelten, und 2005 und 2006 weiter anstiegen. Mit 127 offiziell registrierten Streikaktionen war der Juni 2005 der streikreichste Monat der letzten Jahre. Die Konflikte lassen sich vornehmlich in den privatisierten öffentlichen Sektoren wie Nahverkehr oder Telekommunikation verorten, doch sind auch der Industriesektor, speziell die Automobilbranche, und der Gesundheitsbereich betroffen. (Meyer/Gutiérrez 2005: 37). Der argentinische Soziologe Julio Godio erkennt hier, wahrscheinlich ein wenig voreilig, „eine Art revival der Ereignisse zwischen Dezember 2001 und Juli 2002, mit dem Unterschied, dass heute die gewerkschaftlich organisierten Arbeiter die betrogenen Sparer ersetzen“ (Godio, zit. n. Meyer y Gutiérrez 2005: 35).[9] Nichts desto trotz kann festgestellt werden, dass der defensive Charakter, der den gewerkschaftlichen Protesten während 1990er Jahre anhaftete, wohl überwunden zu sein scheint. Das Neue an diesen Konflikten liegt darin, dass sich die Proteste zum großen Teil unabhängig von den offiziellen Gewerkschaften artikulieren und Entscheidungen direkt von den Belegschaften vor Ort getroffen werden. Überschreiten die Forderungen den von der Regierung tolerierten Rahmen – der allerdings weiter gezogen ist als unter den vorherigen Regierungen – wird ihnen zunehmend repressiv begegnet. [10]
Zum zweiten gelang es Kirchner, durch anhaltende wirtschaftspolitische Erfolge[11] einen Großteil der Bevölkerung – heute zwischen 60 und 70 Prozent – zumindest formell hinter sich zu bringen. Der noch während der Krise 2001/2002 bestehende Klassenkompromiss zwischen Mittelschicht und Proletariat ist heute praktisch nicht mehr vorhanden. Zudem konnten durch eine Politik der Annäherung und Bedienung bestimmter linker Forderungen[12] auch Teile der Linken in sein politisches Projekt integriert werden. Hierzu gehören vor allem große Teile der Menschenrechtsbewegung wie die Madres der Plaza de Mayo oder gemäßigte Piqueterogruppen wie „Barrios de Pie“ oder die FTV. Kritische Sektoren befinden sich dagegen medial sowie politisch immer mehr in der Isolation.
Die CGT scheint nach Ablösung des Menemisten Rodolfo Daer durch den ehemaligen MTA-Abweichler Hugo Moyano als neuem Generalsekretär wieder zu ihren traditionell peronistischen Wurzeln zurückgefunden zu haben, was sich auch in zunehmender Annäherung an die Regierungspolitik äußert. Dass dies allerdings auf Kosten jeglicher oppositioneller Tätigkeit geschieht, wurde unter anderem in der vergangenen Tarifverhandlungsrunde Anfang 2006 deutlich. Hier unterstützte die CGT ausnahmslos die von der Regierung gewünschten und inflationskonformen 19-prozentigen Lohnerhöhungen statt der Forderungen ihrer Basis nach Erhöhungen um zwischen 30 und 40 Prozent.
Vor diesem Hintergrund war auch die Beziehung der CTA zur Regierung anfangs eher durch stückweise Annäherung und partielle Unterstützung als durch Fundamentalopposition bestimmt. Neben personeller Einbindung einzelner CTA-Funktionäre in Regierungsämter wie Luis D’Elia oder Edgardo Depetri[13] ist diese Tendenz wohl vor allem den relativ guten Lohnabschlüssen der LehrerInnengewerkschaft CETERA sowie der Erwartung geschuldet, von Kirchner endlich die offizielle Anerkennung und damit die „personaria gremial“ zu erlangen. Schnell wurden aber die Grenzen des kirchnerschen Integrationswillens deutlich, und es kam zu zunehmender Ausgrenzungen der CTA und ihrer Positionen. Spätestens nachdem die Regierung versuchte, sie während der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst zu umgehen und ein Abkommen mit der wesentlich kleineren, in der CGT organisierten UPCN abschloss, distanzierte sich die CTA konsequent von ihr und konnte sich wieder als Hauptbezugspunkt für die Opposition etablieren Auch bei den schweren Arbeitskonflikten im Gesundheitsbereich, speziell im Krankenhaus Garrahan, wo nicht-medizinisches Personal wochenlang für Lohn-Erhöhungen streikte, partizipierte die CTA aktiv.
Aller Voraussicht nach wird sich diese Linie auch durch die Wahlen der neuen Spitze im November 2006 ziehen. Zum einen konnte es dem Kirchner-kritischen Block um De Gennaro und Lozano gelingen, die auf Kooperation mit der Regierung setzende Strömung um den FTV-Chef D’Elia zu isolieren und damit die Wahl des momentanen Vorsitzenden der CETERA Hugo Yasky zu ermöglichen. Zum anderen soll mit Milagros Sala, Funktionärin der aus dem Norden stammenden Indigenenorganisation Movimiento Túpac Amaru, die Führung um eine Repräsentantin aus dem nicht gewerkschaftlichen Sektor ergänzt und damit der Einfluss der Basisbewegungen vergrößert werden (pagina12 vom 06.06.2006).
Die wichtigste Entwicklung innerhalb der CTA ist die Ankündigung des scheidenden Generalsekretärs De Gennaro, pünktlich zu den Mitte 2007 stattfindenden Wahlen eine Linksopposition zur Regierung Kirchner formieren zu wollen.
Bei allen gebotenen Bedenken bezüglich einer Gefährdung der autonomen Klassenpolitik durch eine „syndikalistische Überschätzung der Reichweite gewerkschaftlicher Politik“ (Urban 2006: 84) mit dem etwaigen Resultat einer zu engen Integration in das politische System, müssen auch die realpolitischen Chancen bedacht werden, die sich aus einem solchen Schritt ergeben könnten. Zum einen könnte durch die Schaffung eines politischen Bezugspunktes links von Kirchner die in den letzten Jahren stark angewachsene Linke aus dem Teufelskreis gerissen werden, sich aufgrund einer fehlenden politischen Alternative entweder an Kirchner orientieren zu müssen oder Gefahr zu laufen, im begrenzten Raum links von ihm politisch marginalisiert zu werden. Zum zweiten scheint momentan von allen gesellschaftlichen Akteuren lediglich die CTA ausreichend Integrationskraft zu besitzen, große Teile der zerstrittenen politischen Linken mit der neuen sozialen Linken zu verbinden und dabei auch in der Mittelklasse annehmbar zu bleiben.
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Der CTA ist es in der Tat gelungen, sich konzeptionell den strukturellen Veränderungen des sozialen Akkumulationsregimes anzupassen. Die Integration der während der 1990er Jahre entstandenen gesellschaftlichen Randgruppen wie Arbeitslosen und prekär Beschäftigten hat institutionellen Charakter und geht weit über eine rein formale Einbeziehung durch Arbeitskreise oder gemeinsame Aktionen hinaus. Auch in Bezug auf gewerkschaftliche Autonomie und Demokratie ist ein klarer Bruch mit dem traditionellen argentinischen Syndikalismus zu verzeichnen. Auch wenn sich das verwendete „Repertoire der kollektiven Aktion“ (Tilly 2001) im Großen und Ganzen an den traditionell-peronistischen Protestformen wie Streiks und Demonstrationen orientierte, ist das Verdienst hervorzuheben, entgegen den Fragmentierungs- und Lokalisierungsprozessen der 1990er Jahre, gewerkschaftliche Aktionen mit denen von neuen sozialen Bewegungen verbunden und auf die nationale Ebene gebracht zu haben.
Ob die CTA letztendlich in der Lage sein wird, als eine Art institutionalisiertes Sammelbecken der schon teilweise erfolgten zivilgesellschaftlichen Linksverschiebung auch auf der politisch-institutionellen Ebene Ausdruck zu geben und somit die Mitte-Links-Regierung um Kirchner von links unter Druck zu setzen, wird im Endeffekt von drei Faktoren abhängig sein: Erstens muss die immer noch relativ schwache Repräsentanz der CTA in den wichtigen privatwirtschaftlich Sektoren, die fast vollständig unter dem Einfluss der CGT stehen, vergrößert werden. Dieser ist es in den aktuellen Arbeitskonflikten immer wieder gelungen, weitergehende Forderungen durch vorzeitige Abschlüsse von Tarifabkommen zu kanalisieren. Allerdings sind in letzter Zeit zunehmend Übertritte von abtrünnigen lokalen Sektionen der traditionellen Gewerkschaften zur CTA zu beobachten. Gleichzeitig ist bei einigen traditionellen Gewerkschaften, wie beispielsweise bei der großen Automobilgewerkschaft SMATA, eine Art Linkswende und damit wachsende Konfliktbereitschaft zu erkennen, die immer weniger von den CGT-Führungen gedeckelt werden kann. Zweitens ist die Wahrung der gewerkschaftlichen Autonomie von essentieller Bedeutung, vor allem in Anbetracht der Formierung eines politischen Projekts. Drittens muss das Spannungsfeld zwischen Partei und Bewegung überwunden werden, welches nicht zuletzt an der ideologischen Verschlossenheit der traditionellen linken Parteien und dem Fehlen eines glaubwürdigen politischen und wirtschaftlichen Alternativprojekts krankt. Die Formierung eines progressiven, offenen politischen Arms um die CTA könnte ein wichtiger Schritt in diese Richtung sein.
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Pagina 12, http://www.pagina12.com.ar ; El clarin, http://www.clarin.com/
[1] Offiziell nicht anerkannt deshalb, weil sich bis heute alle bisherigen Regierungen, inklusive der Regierung Kirchner, weigerten, die CTA als offizielle Gewerkschaftszentrale neben der CGT anzuerkennen und ihr damit die so genannte „personaria gremial“ zu übertragen. Diese umfasst neben der Teilnahmeberechtigung an Tarifverhandlungen auch das Recht auf die Verwaltung der Sozialversicherungsbeiträge ihrer Mitglieder.
[2] Dabei handelte es sich um ca. 600 Beschäftigte in neun ausgegliederten Firmen, deren Lohn nach eigenen Angaben bis zu 50 Prozent unter dem der nach Tarifvertrag bezahlten Beschäftigten von Mertovías liegt (ders. 2006).
[3] Schon Anfang der 80er Jahre wurde von damals entstehende brasilianische Gewerkschaftsdachverband CUT mit dem „nuvo sindicalismo“ ein ähnliches Konzept entwickelt.
[4] Die beiden weiteren Stützpfeiler des „neuen Syndikalismus“ sind parteipolitische Unabhängigkeit und die direkte Wahl aller Funktionäre auf allen Ebenen.
[5] Beispiele hierfür sind die FeTERA im Energiesektor, die FINS im Gesundheitsbereich und die Fetia im Industriesektor.
[6] Von den mehr als 50.000 „mensajeros“ die allein in Buenos Aires arbeiten, verfügen nach Angaben von Simeca rund 95 Prozent über keine Sozial- oder Krankenversicherung (Interview: geführt am 10.05.2006).
[7] In einer Karawane aus Autobussen, Treckern und Lastwagen kamen rund 50.000 ArbeiterInnen, regionale ProduzentInnen, staatliche Angestellte, Arbeitslose etc. aus allen Teilen des Landes nach Buenos Aires um auf der Plaza de Mayo gemeinsam ihre Forderungen zu artikulieren.
[8] Allerdings sind in den letzten Jahren mehrere vermehrt abtrünnige lokale Sektionen verschiedener in der CGT organisierter Gewerkschaften der CTA beigetreten, wie z.B. die Journalistengewerkschaft von Buenos Aires UTPBA und einige Sektionen der nationalen Industriegewerkschaften (Palomino 2003: 266).
[9] Auch die von anderen Autoren ausgerufene „Rückkehr der Arbeiterklasse“ (Meyer y Gutiérrez 2005: 35) scheint angesichts der Tatsache wohl übertrieben, dass die ökonomische Bedeutung der an den bisherigen Aktionen beteiligten Sektoren gemessen an ihrem Beitrag zum BSP, der trotz konstantem Wirtschaftswachstum nicht mehr als 27 Prozent beträgt, gering ist (Lindeboim 2006).
[10] Beispiele hierfür sind die Militarisierung der südlichen Region Las Heras als Konsequenz eines Streiks von ÖlarbeiterInnen oder die Tatsache, dass die Regierung Kirchner in den letzen Jahren ca. 4000 offene Prozesse gegen Gewerkschaftsfunktionäre und andere AktivistInnen unterhält (Reisenman 2005: 54).
[11] Seit seinem Amtsantritt wächst das BIP jährlich konstant um knapp 7 Prozent bis 8 Prozent und die Arbeitslosigkeit ging von ca. 23,3 Prozent Mitte 2002 auf ca. 12 Prozent zurück. Dabei muss allerdings bedacht werden, dass nur etwa 20 Prozent der formellen Lohnabhängigen über ein Einkommen verfügen, dass ausreicht, um eine vierköpfige Familie oberhalb der Armutsgrenze zu halten (Boris/Tittor 2006:104).
[12] Hier sind u.a. die harte Verhandlungslinie gegen den IWF bei den Rückzahlungen der Staatsschuld, die Menschenrechtspolitik oder auch die Ausweitung von sozialen Leistungen zu erwähnen.
[13] Auch De Gennaro wurde 2003 die Kandidatür im Kirchner-Block für die Bürgermeisterwahlen 2003 in BA angeboten, dieser lehnte allerdings ab (pagina 12 vom 01.10.06).