In jüngster Zeit häufen sich Kommentare und Analysen, die vom Ende des „amerikanischen Jahrhunderts“ ausgehen und den Niedergang der Hypermacht USA als unausweichlich betrachten.[1] Dies mag in einer sehr langfristigen Tendenz zutreffen, jedoch sollten solche Prognosen berücksichtigen, dass die einzig verbliebene Supermacht alle Mittel aufbieten wird, um ihre Einflusssphären zu sichern oder gar auszuweiten. Der US-amerikanische Soziologe George Ritzer gehört zwar nicht zum Kreis der „üblichen Verdächtigen“ von Public Intellectuals (denen gerne pauschal Antiamerikanismus unterstellt wird, wie beispielsweise Noam Chomsky[2]), dennoch ist er scharfer Kritiker einer steten „Amerikanisierung“ der Welt.
Ritzer gehört ebenfalls zu den wenigen Sozialwissenschaftlern, die eine eindeutige Wechselbeziehung zwischen Globalisierung als umfassendem und „allgemeinem“ Prozess kapitalistischer Durchdringung einerseits und „Amerikanisierung“ als deren manifeste (soziokulturelle) Erscheinungs- und Organisationsform andererseits herstellen. Er wurde vor etwa 15 Jahren mit einer Erweiterung und Aktualisierung der Weberschen Rationalisierungstheorie in Form der „McDonaldisierung“ von Gesellschaften einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.
In seinen jüngsten Arbeiten befasst sich Ritzer neben der McDonaldisierung zunehmend auch mit Amerikanisierungsprozessen, die er, zunächst recht allgemein, als weltweite und wachsende US-amerikanische Dominanz, als „growth of American influence in all realms throughout the world“[3] formuliert. Während Globalisierung nach Ritzer zunächst einmal einen generellen Prozess bezeichnet, sind „Amerikanisierung“ und McDonaldisierung dessen konkrete historische Ausformungen.
Im Folgenden sollen zunächst einige zentrale Aussagen postmoderner Globalisierungstheorien vorgestellt werden, von denen sich Ritzer vehement abgrenzt und anhand derer er seinen eigenen Globalisierungsbegriff skizziert. Hierzu gehört auch der Begriff der Glokalisierung (als Chiffre für postmoderne Ansätze), dem er seinen Neologismus der grobalization oder „Grobalisierung“ als Gegenbegriff entgegenstellt.[4] Ritzer ersetzt so die häufig kulturalistisch ausgerichteten Globalisierungsansätze postmoderner Theoretiker durch einen kritischen, Macht- und Herrschaftsaspekte einbeziehenden Globalisierungsbegriff.
Ferner vereint Ritzer in ihm die Vorstellung einer in erster Linie ökonomischen Globalisierung, das heißt einer Expansion des kapitalistischen Systems (dessen Triebkraft die Profitmaximierung ist) mit einer zunehmenden Durchrationalisierung, die die gesellschaftliche Organisationsform betrifft. Dieser stetigen Rationalisierung oder „Entzauberung“, die bei Weber im Bild vom „stählernen Gehäuse der Hörigkeit“ gipfelt, entspricht bei Ritzer die McDonaldisierung der Welt und wird in ihren wichtigsten Merkmalen wiedergegeben. Abschließend wird auf Defizite und Stärken der Ritzerschen Analyse hingewiesen.
Globalisierung: postmoderne Ansätze
In den zeitgenössischen sozial- und kulturwissenschaftlichen Debatten ist Globalisierung zu einem gängigen Schlagwort geworden, das primär für die Vermischung von Kulturen steht. Globalisierung bedeutet in diesem Sinne in erster Linie das Entstehen einer neuen kulturellen Vielfalt und neuer kultureller Mischformen oder „Hybriditäten“.[5] Als Entstehungs- und Handlungsort dieser neuen „Hybriditäten“ haben postmoderne Befürworter die transnationalen Medien und den globalen Markt ausgemacht. Postmoderne Theoretiker betonen aber neben der Pluralisierung der Lebensformen auch den vermeintlichen Zugewinn an individueller Handlungsmacht der Subjekte, der mit dem Globalisierungsprozess einhergehe. Etwas überspitzt könnte man formulieren, dass in den Augen postmoderner Theoretiker Globalisierung eine weltweite multikulturelle Multioptionsgesellschaft entstehen lässt.
Postmodernisten widersprechen damit auch der Vorstellung einer zunehmenden Homogenisierung. Globalisierung zerstöre keinesfalls traditionelle lokale Kulturen, sondern bündele die verschiedensten lokalen Traditionen und lasse sie gleichberechtigt nebeneinander treten. Globalisierung sei daher in erster Linie die Globalisierung von Mannigfaltigkeit. Manche postmodernistische Lesart geht noch ein Stück weiter und beschreibt Globalisierung als einen Prozess, der zunächst eine globale Vermengung diverser Kulturen hervorbringe, die letztlich wiederum in eine Art Weltkultur mündeten. Diese globale Kultur sei ohne lokalisierbares Zentrum, sie sei an keinen Ort und an keine Zeit gebunden.[6]
Ferner idealisieren postmoderne Theoretiker laut Ritzer Globalisierung einseitig als „Verdichtung der Welt“ (oder ein Zusammenrücken der Welt), als Intensivierung weltweiter sozialer Beziehungen. Ganz so, als würde die Welt in einem globalen Dorf zusammenkommen, in dem der Unterschied von lokal und global zunehmend aufgehoben scheint. Globalisierung bedeutet demnach eine stärkere Verbindung von lokalen Ereignissen und globalen Veränderungen.
Um die vermeintlich reziproke Beziehung zwischen dem Lokalen und dem Globalen zu verdeutlichen, führt der postmoderne Theoretiker Robertson den Begriff der Glokalisierung oder des Glokalen ein.[7] Glokalisierung umfasst folgende Elemente:
- Eine Pluralisierung der Welt; lokale Eigenheiten und Unterschiede werden dabei nicht eingeebnet. In einer Welt, in der alte Zuordnungen (beispielsweise nationalstaatliche) nicht mehr gelten, gewinne die Verbindung des Lokalen mit dem Globalen eine neue, zentrale Bedeutung. Dies soll ebenfalls durch den Begriff der Glokalisierung herausgestellt werden.
- In einer glokalisierten Welt erhöhen sich individuelle und kollektive Handlungsmacht sowie die Wahlmöglichkeiten in Bezug auf Konsumgüter & Lebensstile: Glokalisierung betont und stärkt die Agens-Fähigkeit und hebt die Bedeutung subjektiver Kreativität in einer globalen Multioptionsgesellschaft hervor.
- Globalisierung provoziert eine Reihe von Reaktionen, die vom nationalistischen Backlash bis zum kosmopolitischen Enthusiasmus reichen. Dies verweist auf die Interdependenz und die Relationalität, die der Begriff der Glokalisierung gerade zum Ausdruck bringen soll.
- Globale Massenwaren und Massenmedien werden im Rahmen einer angenommenen Glokalisierung weniger als Zwang denn als Werkzeug zur Identitätskonstruktion und -verwandlung betrachtet. Die Individuen werden durch diese befähigt, sich aus einem Sammelsurium von globalen Waren und Lebensstilen eine eigene Identität zurechtzubasteln (bricolage[8]) und sind nun nicht mehr auf lokale „Vorgaben“ angewiesen.
Um nun Globalisierung aus der Sicht postmoderner Sozial- und Kulturwissenschaftler zusammenzufassen: Globalisierung ist in diesem Kontext vornehmlich ein kultureller Prozess, mit dem eine Pluralisierung der Kulturen und Lebensstile einhergeht; diese „neue Vielfalt“ verdanke sich gerade der zunehmenden Verzahnung von Globalem und Lokalem, die sich in der Glokalisierung niederschlägt.
Globalisierung: Ritzers kritischer Ansatz
Im Gegensatz zu den recht blauäugigen kulturalistischen Sichtweisen der Glokalisierung führt Ritzer den Neologismus der grobalization oder eingedeutscht „Grobalisierung“ ein, der ein notwendiges Gegengewicht zur vereinfachenden Sicht der Glokalisierung sei.
I. „Grobalisierung“
„Grobalisierung“ leitet Ritzer einerseits aus einer kapitalismuskritischen, in seinen Worten (neo-)marxistischen, und andererseits aus der Weber’schen Tradition ab. Im Anschluss an Max Weber bedeutet Globalisierung für Ritzer ebenfalls die zunehmende Durchrationalisierung der Welt. Ritzer vertritt mit Weber die Annahme, die Welt würde zunehmend zu einer verwalteten und bürokratisierten Welt, die in der Konsequenz einem „eisernen Käfig“ gleichkomme. Ritzer möchte nun mit „Grobalisierung“ diese beiden Ansätze zusammendenken.
„Grobalisierung“ soll zunächst als antithetischer Prozess zur Glokalisierung verstanden werden, der eindeutig auch von Machtverhältnissen, also einem Machtgefälle und Machtverschiebungen bestimmt wird. Er verweist demnach für Ritzer auf Globalisierungsakteure, die unterschiedliche (Macht-)Positionen zueinander einnehmen: Unternehmen, Staaten und Organisationen sind bestrebt, ihre Profite, ihre Macht und ihren Einfluss weltweit zu maximieren. „Grobalisierung“ hat also eine imperialistische Substanz, die die Tendenz zur Inbesitznahme und Einverleibung eines „Außen“ im Sinne eines Territoriums, eines Marktes und eines Kulturraumes beinhaltet.
Max Webers Auffassung von einer Ausweitung rationalisierter Strukturen ist ebenfalls im Begriff der „Grobalisierung“ enthalten. Rationale Strukturen finden sich mittlerweile überall auf der Welt als Organisationsprinzip für Unternehmen, Organisationen und staatliche Institutionen. Diese Entwicklung hat Ritzer sehr anschaulich in seiner Theorie von der McDonaldisierung der Gesellschaften festgehalten (die von ihm auch als Teilprozess der „Grobalisierung“ gedacht wird).
Er bezieht sich in seinen Ausführungen zur McDonaldisierung von gegenwärtigen Gesellschaften ausdrücklich auf die Ansätze Max Webers, der versuchte, die ökonomischen und sozialen Umwälzungen des auslaufenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts zu erklären. Weber sah als die treibende Kraft des sozialen Wandels einen Prozess an, den er als Rationalisierungsprozess beschrieb. Dieser ist für ihn ein universaler Prozess, der die Bedingungen für die Entwicklung des modernen Kapitalismus schafft.
II. McDonaldisierung
Ritzer unternimmt den Versuch, mit seiner Formel der McDonaldisierung die aktuellen Rationalisierungsprozesse zu analysieren, die er besonders in der Struktur und dem Vorgehen der Fastfood-Kette McDonald’s repräsentiert sieht. Den Begriff der McDonaldisierung wählt Ritzer, um „Weber zeitgemäßer zu interpretieren“,[9] doch der Motor hinter dieser McDonaldisierung ist nach wie vor der von Weber beschriebene Rationalisierungsprozess. Danach werden immer mehr Bereiche der Gesellschaft immer stärker von den Prinzipien der Effizienz und Berechenbarkeit, der Vorhersagbarkeit und Standardisierung sowie der Kontrolle (durch Technologien) bestimmt.
Effizienz
Die Ideologie der Effizienzsteigerung beschränkt sich längst nicht mehr nur auf das „Mutterland“ der Rationalisierung, sie durchzieht beinahe alle Gesellschaften, die sich dem westlich-kapitalistischen System geöffnet haben oder öffnen mussten. Auch hier ist das Kosten-Nutzen-Kalkül zum gesellschaftlichen Imperativ verkommen und wird zur objektiv messbaren Größe erhoben. Ritzer bezieht sich zunächst auf eine vermeintlich objektive Definition, die Effizienz als den Versuch beschreibt, den Aufwand oder die „Inputs“ zu minimieren und gleichzeitig die Ergebnisse oder „Outputs“ zu maximieren: „Effizienz bedeutet, dass man die optimalen Mittel zum Erreichen eines Ziels wählt.“[10] Ritzer weist zugleich auf die Problematik dieser Definition hin: das wirkliche „Optimum“ ist eigentlich nicht zu finden. Das Optimum ist kein objektives, wissenschaftlich genau festzulegendes Maß, sondern es ist interessengeleitet. Die Optimierungsbestrebungen des Taylorismus sind hierfür ein Beispiel: hinter der Fassade unabhängiger Wissenschaft steckt eine Ideologie kapitalistischer Arbeitsrationalisierung, die eindeutig mit dem Unternehmerinteresse verbunden ist.[11] Die Vorstellung eines Unternehmers vom „optimierten“ Arbeitsablauf steht im unauflösbaren Widerspruch zu den Vorstellungen der ArbeiterInnen. Dementsprechend sind auch die Bemühungen um eine Optimierung oder Effizienzsteigerung ideologisch motiviert und dienen zunächst den auf Profit ausgerichteten durchrationalisierten Systemen. Ritzer gibt in seinen Ausführungen zahlreiche Beispiele für solch durchrationalisierte Settings. Ein herausragendes ist das der Shopping Mall, deren Effizienz in ihrer –zunehmend globalen – „One-Stop-Shopping“-Faszination[12] und einem damit einhergehenden stetigen Strom von (potentiellen) Konsumenten besteht, abgesehen von den eher unsichtbaren effizienzsteigernden Maßnahmen, beispielsweise der Verteilung und Minimierung der Kosten für Strom und Heizung, Sicherheitsdienste und Reinigungsfirmen auf die einzelnen Geschäfte und Filialen.
Berechenbarkeit in Bezug auf McDonaldisierung bedeutet, dass Quantität und Quantifizierbarkeit zum Maß für Qualität wird. Quantität scheint zunehmend wichtiger zu sein als Qualität: die Größe eines Produktes ist entscheidend, die Qualität zweitrangig. Die bloße Zahl wird zum Wert an sich erhoben, wenn beispielsweise Hotels mit der Anzahl ihrer Zimmer oder der Größe hauseigener Casinos, Fluggesellschaften mit der Anzahl ihrer Flüge, Shopping Malls mit der Anzahl der Geschäfte oder der Größe der Verkaufsfläche werben. Die Betonung der Quantität sagt nichts über die wirkliche Qualität der Waren oder Dienstleistungen aus. Die Obsession der Quantität führt, so Ritzer vorsichtig, zu einer wachsenden „Sorge über das Absinken oder völlige Fehlen von Qualität, nicht nur in der Fast-Food-Branche, sondern in der Gesamtgesellschaft.“[13] Ritzer sieht eine Gesellschaft im Entstehen, die sich von zuvor als allgemeingültig angesehnen (oder zumindest von der Mehrheit akzeptierten) Wertvorstellungen verabschiedet und somit die Möglichkeit eines gesunden Lebens immer stärker einschränkt. Ein weiteres Beispiel für die Dominanz der Berechenbarkeit ist das Bildungswesen. Auch hier greift die Betonung der Wichtigkeit von quantitativ erfassbaren Größen. Etwa wenn es auf den Universitäten beinahe ausschließlich darum geht, eine bestimmte Anzahl von Punkten oder Credit Points in Pflichtveranstaltungen zu sammeln. Der vormals gewünschte fachliche und somit auch menschliche „Blick über den eigenen Tellerrand“ ist unmöglich geworden.
Die genannten berechenbaren Phänomene sind bis zu einem gewissen Grad auch vorhersagbar und vorhersagbare Phänomene wiederum sind berechenbar. Berechenbarkeit steht folglich in einem wechselseitigen Verhältnis zur folgenden Dimension der Vorhersagbarkeit.
In Ritzers Konzeption sind bestimmte gesellschaftliche Bereiche hochgradig normiert und standardisiert. McDonaldisierte Gesellschaften drängen den Menschen vorhersagbare Umgebungen und Situationen auf (insbesondere im Bereich des Konsums). In solchen Settings wird die Möglichkeit unbekannter oder neuartiger Erlebnisse und Erfahrungen immer geringer.[14]
Die McDonaldisierung hat viele Menschen so sehr in ihren Bann gezogen, dass sie scheinbar Wert darauf legen, „in jedem Umfeld und zu jedem Zeitpunkt (zu) wissen, was ihnen bevorsteht“[15]: Ein „Restaurant“ von McDonald’s sieht von innen prinzipiell überall auf der Welt gleich aus, egal ob man in München oder Mumbai eines dieser Restaurants betritt. Sie unterscheiden sich nicht: sowohl die Infrastruktur (wie die Inneneinrichtung, der Tresen, die „Küche“ dahinter), als auch die in den Imbissen verkauften Waren sind genau vorhersagbar, die Speisekarte bietet eine sehr begrenzte Auswahl, die Gerichte werden durch standardisierte Zutaten, durch „gleichartige technische Geräte für Herstellung und Zubereitung, eine ähnliche Art des Verkaufs und identische Verpackungen“[16], genau vorhersagbar gemacht – und das in globalem Maßstab.
Des Weiteren nennt Ritzer als Beispiel der Vorhersagbarkeit Urlaub in Form von Pauschalreisen: es macht dabei fast keinen Unterschied, ob der Urlaub in Frankreich, Spanien oder Nordafrika verbracht wird: von der Außenwelt soll möglichst wenig nach innen in die Hotel- oder Clubanlage dringen. Das Ziel dieses rationalisierten Systems ist Vorhersagbarkeit, daher müssen alle potentiellen Störfaktoren ausgeschaltet werden: so sollen (und wollen?) die Urlauber möglichst wenig mit Menschen, Kulturen und Religionen des jeweiligen Landes in Kontakt kommen – nur in einem streng kontrollierten Rahmen, beispielsweise auf einem Bazarbesuch, der als eine Art „Simulation“ (Baudrillard) womöglich speziell für diesen Zweck „erfunden“ und aufgebaut wurde.[17]
Die McDonaldisierung hat die Welt extrem vorhersagbar werden lassen und damit verbunden ist auch eine Standardisierung des Waren- und Dienstleistungsangebots. Das Ziel scheint eindeutig: Massenuniformität und Standardisierung, denn die Menschen sollen wissen, womit sie wann und wo zu rechnen haben, ganz im Gegensatz zur Vorstellung einer glokalisierten Welt. Uniformität ermöglicht wiederum eine größere soziale Kontrolle, die für die McDonaldisierten Einrichtungen von Vorteil ist.
Nichtmenschliche Technologien ersetzen (zunehmend) menschliche Arbeitskraft und ermöglichen eine stärkere Kontrolle der noch vorhandenen Arbeitskräfte sowie des gesamten Arbeitsablaufes. Ein scheinbar banales, aber ebenfalls nahezu weltweites Beispiel für stärkere Kontrolle durch den Einsatz nichtmenschlicher Technologien sind laut Ritzer (Supermarkt-)Kassen, die mit Laser-Scanner und Strichcodes arbeiten: Daten müssen nicht mehr von Menschen gelesen und aufgeschrieben oder eingegeben werden, sondern die in den Strichcodes „gespeicherten“ großen Datenmengen können mittels Scanner in den Computer eingelesen und direkt weiterverarbeitet werden. Auch wenn hier der Einsatz menschlicher Arbeitskraft (noch) nicht komplett ausgeschaltet werden konnte, so ist doch der Arbeitsaufwand sowie die Arbeitszeit, die für eine solche Aufgabe notwendig sind, geringer, das heißt es kann mehr Arbeit in kürzerer Zeit geleistet werden. Begründet wird der Technologieeinsatz ferner mit einer angeblich sehr geringen Fehlerquote bei der direkten Datenübertragung.
Die Durchsetzung von immer mehr Technologien entqualifiziert die vorhandene Arbeit weitgehend und macht zudem qualifizierte Fachkräfte überflüssig: „Man benötigt keine Facharbeiter mehr, um Pommes Frites nach einem Klingelzeichen aus der Friteuse zu nehmen“[18], um ein weiteres Beispiel der „originären“ McDonaldisierung zu nennen. Der zunehmende Austausch menschlicher Arbeitskraft durch Technologien verspricht den Unternehmen mehr Kontrolle über den Arbeitsprozess, ist aber letztlich inhuman, entfremdend und steht daher den menschlichen Interessen insgesamt entgegen, wie Ritzer anmerkt.[19] Dennoch breiten sich durchrationalisierte Systeme weiter aus.
Ritzer beruft sich in seiner Globalisierungskritik ferner auf eine neo-marxistische Vorstellung (die er leider nicht genauer erläutert), nach der Globalisierung in erster Linie ökonomisch als eine Expansion des Kapitalismus zu verstehen sei, dessen Triebkraft die Profitmaximierung (wirtschaftlicher Imperialismus) bilde. Die „Grobalisierung“ als weltweite Ausbreitung und Zunahme (growth) durchrationalisierter kapitalistischer Strukturen zeichnet sich ferner durch folgende Merkmale aus:
- Mit „Grobalisierung“ verbindet sich die Einebnung kultureller Unterschiede. Die Welt wird unter dem Diktat der „Grobalisierung“ zwangsläufig homogener. Lokale Kulturen ähneln sich immer mehr, indem sie immer mehr Elemente der tonangebenden Kultur übernehmen. Sie gehen tendenziell in einer Einheitskultur auf (Beispiel: die weltweite Verbreitung von Hollywood-Filmen und die Übernahme ihrer Machart).
- „Grobalisierung“ wird von übergeordneten (beispielsweise militärischen und ökonomischen) Strukturen und Kräften bestimmt, die subjektive Gestaltungsmöglichkeiten minimieren und nicht erhöhen. Globalisierung bedeutet eben nicht per se ein Mehr an Selbstbestimmung. Im Gegenteil, die Menschen sind immer stärker durch „grobale“ Prozesse fremdbestimmt. Beispiele dafür sind der zunehmend transnationale Arbeitsmarkt, der die arbeitenden Bevölkerungen in Konkurrenz zueinander setzt und gegeneinander ausspielt oder auch das immer weiter um sich greifende Diktat privater Altervorsorge und aktienbasierter Lebensversicherungen.
- „Grobalisierung“ ist ein einseitig verlaufender Prozess, der nicht zum gleichberechtigten Nebeneinander verschiedener Kulturen oder lokaler Kräfte führt. Im Gegenteil, lokale Kräfte werden eher verdrängt als ergänzt. Es kann also nicht (wie bei der Glokalisierung) von einer Reziprozität oder Interdependenz zwischen lokalen und globalen Kräften gesprochen werden;
- Waren und Massenmedien werden als determinierende Kräfte kultureller Veränderung gesehen, die Selbstidentitäten und Gruppenidentitäten in den „grobalisierten“ Teilen der Welt zunehmend bestimmen.
Mit dem Begriff der „Grobalisierung“ widerspricht Ritzer der Vorstellung postmoderner Theoretiker von der kulturellen Hybridisierung der Welt. Er fasst „Grobalisierung“ als überwiegend einseitigen, übermächtigen und vor allem durch das Ökonomische bestimmten Prozess, der auf lokale Besonderheiten einwirkt und sie in vielen Fällen auch zerstört.
III. Amerikanisierung
Nach Ritzer beschreibt „Grobalisierung“ einen allgemeinen Prozess der Expansion kapitalistischer Prinzipien (marxistische Komponente) und rationalisierter Organisationsformen (Webersche Komponente): sie ist dabei nicht an bestimmte Gesellschaften oder Territorien gebunden. „Amerikanisierung“ hingegen soll die konkrete und gegenwärtige Form dieser „Grobalisierung“ beschreiben, das heißt den weltweit wirksamen, empirisch messbaren und wachsenden amerikanischen Einfluss in allen Bereichen des Sozialen. Amerikanisierung kann laut Ritzer daher auch als „Grobalisierung“ gefasst werden: „Grobalisierung“ bezeichnet damit den allgemeinen Prozess, während Amerikanisierung die spezifische Ausformung darstellt.
Als erste Annäherung dient Ritzer eine Definition von Williams (1962), der Amerikanisierung als „die Verbreitung von amerikanischen Ideen, Sitten, Sozialmustern, Industrien und Kapital auf der ganzen Welt“ definiert.[20] Die US-amerikanische Hegemonie setzte vor allem nach dem 2. Weltkrieg ein und ist seit dem Ende der Blockkonfrontation nahezu konkurrenzlos.
Der Terminus Amerikanisierung soll nach Ritzer den allumfassenden Einfluss deutlich machen, der sich auf sämtliche gesellschaftliche Teilbereiche, also nicht nur auf den ökonomischen, sondern auch den kulturell-ideologischen und den politischen Bereich erstreckt. Was Ritzer nun genau darunter versteht, kann folgendermaßen umrissen werden:
Zunächst umfasst Amerikanisierung Universalisierung der englischen Sprache als Zweit- oder Erstsprache, insbesondere im Wirtschaftsbereich, die schon als Selbstverständlichkeit gilt. Da mit Sprache allgemein (und hier konkret mit der einheitlichen Wirtschaftssprache Englisch) bestimmte Weltbilder und Ideologien transportiert und aufoktroyiert werden können, ist dieser Aspekt zentral für die Wirkungsmacht der Amerikanisierung. Dies gilt insbesondere im Wirtschaftsbereich: an einer derart rasanten und tendenziell weltweiten Ausbreitung des US-amerikanischen Industrie- und Wirtschaftsmodells der so genannten „freien“ Marktwirtschaft (im Gegensatz zum „gezähmten“ Sozialstaats-Kapitalismus) sind auch „weiche“ Kräfte, so genannte „soft powers“ wie Sprache und Kultur beteiligt, wenn auch nicht an zentraler Stelle. Entscheidender sind für Ritzer die „hard powers“ systemischer Zwänge: Die Tatsache, dass eine große Zahl von Volkswirtschaften in weitaus stärkerem Maße durch amerikanische Konzerne ausgebeutet werden als durch Firmen und Konzerne anderer Länder, untermauert Ritzers These von der primär ökonomischen Amerikanisierung zahlreicher Gesellschaften. Bestandteil dieses Prozesses ist die Entwicklung und Nutzung des internationalen Arbeitsmarktes sowie der natürlichen Ressourcen primär durch US-amerikanische Konzerne (beispielsweise Erdölunternehmen im Irak). Die Schaffung eines internationalen Arbeitsmarktes (für so genannte Spitzen- und Führungskräfte) hat den brain drain, vor allem aus den Ländern des Südens, erst ermöglicht und dient in erster Linie US-amerikanischen Wirtschaftsinteressen. Unmittelbar verbunden mit dem brain drain ist die Ausbildung militärischer, politischer und wissenschaftlicher „Eliten“ aus aller Welt an US-amerikanischen Universitäten, die bei der Rückkehr wiederum bestimmte Wertvorstellungen mit in ihre Ursprungsländer nehmen und so ihrerseits als Multiplikatoren der Amerikanisierung fungieren.
Parallel zur Propagierung und Etablierung des Modells radikaler Marktwirtschaft meint Amerikanisierung im Bereich des Konsums die weltweite Ausbreitung des US-amerikanischen Konsummodells seit den 1990er Jahren, das sich vor allem durch einen exzessiven Konsumismus, durch neue Konsummittel (wie Kreditkarten) und durchrationalisierte Konsumstätten (beispielsweise Shopping Malls) auszeichnet. Stichwort ist auch hier wieder McDonaldisierung. Zunehmend „gesättigte“ (nationale) Märkte machen die Schaffung und Eroberung neuer (globaler) Märkte erforderlich. US-amerikanische Waren, von Coca Cola über Bluejeans bis zu Microsoft-Computerbetriebssystemen, wecken Begehrlichkeiten: sie sind symbolisch so stark aufgeladen, dass sie vielen Konsumenten weltweit unverzichtbar erscheinen. Die als Heilsbringer gepriesenen Marken und Waren, die global vermarktet werden, kommen in ihrer kollektiven Wirkung einem Kulturimperialismus gleich: die Welt wird geradezu von amerikanischen Produkten und Marken überschwemmt. So sind Nike, Levi’s und Coca Cola weltweit eindeutig erkennbare Symbole der Amerikanisierung geworden.
Amerikanisierung umfasst ebenfalls die Kulturindustrie globaler Reichweite: US-amerikanische Medienimperien, die beispielsweise Hollywood-Filme, Popmusik (MTV) und die NBA-Basketballliga global vermarkten, dienen auch als Vehikel des American Dream, der immer noch große Teile der Weltbevölkerung in seinen Bann zieht und so omnipräsent ist, dass er zu einer Art „Zweitkultur“ (oder gar Erstkultur?) der Menschen mutiert ist.
Im politischen Bereich beinhaltet Amerikanisierung einen verstärkten internationalen diplomatischen Einfluss, der sich in den so genannten transnationalen Organisationen wie der Welthandelsorganisation (WTO) und der Weltbank widerspiegelt. Hierbei wird sowohl auf strategischen Multilateralismus (wenn ein Alleingang zu riskant sein sollte) als auch auf Unilateralismus gesetzt (wenn andere Staaten nicht mitziehen sollten). Entscheidend ist letztlich die Durchsetzung US-amerikanischer Interessen. Wenn diese nicht auf politisch-diplomatischem Wege erreicht werden können, wird vermehrt auf militärische Optionen gesetzt.
Daher wird Amerikanisierung für Ritzer maßgeblich durch die Militärpolitik der Regierung sowie internationale militärische Aktivitäten bestimmt. Die USA sind mit ihren Truppen auf allen Kontinenten der Welt in über 130 Ländern präsent, beispielsweise in (Südost-)Europa, im Mittleren Osten, in Lateinamerika und Südostasien. Und es scheint so, als würde kein Monat vergehen, ohne dass US-amerikanische Streitkräfte an irgendeinem Ort der Welt in Zwischenfälle verwickelt würden. Der Einsatz des Militärs dient nur vorgeblich humanitären Zielen, zumeist steht dahinter die militärische (und ökonomische) Flankierung der Expansion und des Exportes des amerikanischen Gesellschaftsmodells (zum Beispiel im Rahmen des von der US-Regierung angestrebten New Middle East).
Wie die genannten Merkmale verdeutlichen, ist Amerikanisierung also nicht bloß kulturell zu verstehen, denn sie beschreibt auch den umfassenden weltweiten amerikanischen Einfluss auf der ökonomischen und politischen Ebene. Während postmoderne Globalisierungstheoretiker „Amerikanisierung“ als eine von vielen global wirksamen kulturellen Kräften betonen, sieht Ritzer sie als entscheidende Kraft und dominierende Organisationsform an. Amerikanisierung ist mehrdimensional und lässt sich nicht auf einen kulturellen Prozess beschränken. Im Ökonomischen tritt die Amerikanisierung für Ritzer besonders deutlich zutage, wo sie sich in der Vorherrschaft des US-amerikanischen Wirtschaftsmodells und der Hegemonie amerikanischer Konzerninteressen zeigt. Ferner wird die politische Dimension der „Amerikanisierung“ anhand der globalen Machtausweitung des US-amerikanischen Staates (militärisch und über die transnationalen Organisationen) deutlich. Ritzer revidiert somit herkömmliche Thesen der Globalisierungstheorie, die vom Bedeutungsverlust des Staates ausgehen. Er plädiert dafür, den Nationalstaat bei soziologischen Untersuchungen wieder einzubeziehen. Dem Nationalstaat, vor allem dem US-amerikanischen, komme bei den Globalanalysen zentrale Bedeutung zu.
Ritzer sieht Widerstandspotential gegen die „Amerikanisierung“ und beschreibt auch die Proteste gegen die Imbisskette McDonald’s und Demonstrationen gegen die Machtwillkür der US-amerikanischen Regierung einerseits als Beleg für die „Amerikanisierung“ und andererseits als Ausdruck des Unbehagens und der gefühlten Bedrohung für lokale Kulturen und alternative Lebensformen. Er sieht jedoch in den Protesten keine Möglichkeit, den Prozess der „Grobalisierung“ (und ihre Ausdrucksformen Amerikanisierung und McDonaldisierung) zu verlangsamen oder gar aufzuhalten. Dieser sei zu wirkungsmächtig und die Oppositionskräfte im Moment noch zu schwach.
George Ritzer leistet mit seiner kritischen Analyse einen bemerkenswerten Beitrag zur Globalisierungsdiskussion. Er nimmt eine wichtige Abgrenzung gegenüber herkömmlichen kulturwissenschaftlichen oder kulturalistischen Globalisierungsansätzen vor. Ritzers Begriff der „Grobalisierung“ verweist auf die elementare ökonomische Dimension der Globalisierung. Ihm gelingt es zudem, die abgehobene Globalisierungsdebatte mit seinen Konzepten der „Amerikanisierung“ und „McDonaldisierung“ ein stückweit auf den „Boden der Tatsachen“ zurückzuholen. Sehr anschaulich stellt er die ökonomische, politische und kulturelle Dominanz der USA in diesem Zusammenhang dar. Diese Aspekte tauchen in vielen Globalisierungsanalysen erst gar nicht auf oder sie werden heruntergespielt. Ritzer stellt sie in den Mittelpunkt seiner Analyse. „Amerikanisierung“ wird dank zahlreicher Beispiele greifbar und nicht auf ein bloßes Feindbild von „den USA“ reduziert. Ritzer gelingt es ebenfalls, nicht den gleichen Fehler zu begehen wie die postmodernen Globalisierungstheoretiker, die eine Dimension der Globalisierung verabsolutieren und die anderen vernachlässigen.
Seine Analyse der McDonaldisierung und Amerikanisierung – als die Durchsetzung und Verbreitung des US-amerikanischen Wirtschaftsmodells und der kulturellen Hegemonie der USA – ist eine hilfreiche Ergänzung zu etablierten kritischen Globaliserungstheorien, die zwar die weltweite Ausbreitung kapitalistischer Sozialbeziehungen unter der Schirmherrschaft der USA aus der Makroperspektive beschreiben, allerdings die konkreten Erscheinungsformen vernachlässigen.[21]
Bibliographie
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[1] „USA“ bezieht sich nicht pauschal auf die US-amerikanische Bevölkerung. Es meint den „militärisch-industriellen Komplex“ (Mills) sowie die politisch herrschende Klasse und deren Think Tanks. Siehe hierzu auch Bader, 2005. Zur These des hegemonialen Niedergangs der USA siehe zum Beispiel Lind, 2006.
[2] Der Intellektuelle Noam Chomsky zeigt in seiner jüngsten Publikation detailliert den Zusammenhang zwischen US-amerikanischem Expansionismus und globaler Krisenverschärfung auf. Für viele seiner Widersacher einmal mehr Anlass, ihn als unpatriotisch und antiamerikanisch zu verunglimpfen und ihm zu unterstellen, er treffe mit seiner Kritik die gesamte US-amerikanische Bevölkerung. Vgl. Chomsky, 2006.
[3] „Wachstum von amerikanischem Einfluss in allen Bereichen in der ganzen Welt“; Ritzer, 2005: 47.
[4] Der von Ritzer eingeführte Begriff grobalization oder „Grobalisierung“ setzt sich aus den ersten Buchstaben des englischen Begriffs für Wachstum oder Zunahme, growth, und dem Begriff der globalization (Globalisierung) zusammen: Gro(wth)balisierung. Er bezeichnet sowohl eine zunehmende Durchrationalisierung von immer mehr Gesellschaften im Sinne Webers als auch die Inbesitznahme anderer Kulturräume, Territorien und Märkte im Sinne Luxemburgs. Vgl. Ritzer, 2005.
[5] „Hybridität“ ist ein aus dem biologischen Wortgebrauch entlehnter Begriff, der eine Mischform zweier oder mehrerer deutlich verschiedener Elemente bezeichnet, die zusammen ein Neues ergeben. Insbesondere von der postmodernen Kulturwissenschaft ist „Hybridität“ zu einem zentralen Begriff umgedeutet worden, der Kultur(begegnung) nicht mehr essentialistisch oder dualistisch fassen soll, sondern eine wechselseitige Durchdringung der Kulturen in einem sich dabei neu konstituierenden „dritten Raum“ (H. Bhabha) beschreibt.
[6] Zu den prominenten Vertretern einer sich herausbildenden global culture zählt Ritzer die Theoretiker Robertson und Featherstone. Vgl. Robertson, 1992 und 2001 sowie Featherstone, 1990.
[7] Siehe Robertson, 1992.
[8] Bricolage, „Bastelei“, wurde ursprünglich von Claude Levi Strauss eingeführt (1962) und ist heute, neben Pastiche (im übertragenen Sinne „Imitation“), wichtiger Begriff des postmodernen Diskurses. Beide sind nach Jameson paradigmatisch für die Tiefenlosigkeit, neue Oberflächlichkeit und den Verlust von Geschichtlichkeit in der postmodernen Theoriebildung. Vgl. Jameson, 1991.
[9] Ritzer, 1997: 11.
[10] Ritzer, 1999: 67.
[11] Der so genannte Taylorismus wird auch als Scientific Management bezeichnet und geht auf Frederick Winslow Taylor (1856-1915) zurück, der in den 1890er Jahren Bewegungs- und Zeitstudien mit dem Ziel der Durchrationalisierung und Effizienzsteigerung des Produktionsprozesses durchführte. Wesentlich für den Taylorismus ist die rigide Trennung von Planungs- und Ausführungstätigkeiten. Dies hatte die Ausschaltung von (Entscheidungs-)Freiräumen sowie letztlich eine Enthumanisierung des Arbeitsprozesses zur Folge.
[12] One Stop Shopping bezeichnet Konsumstätten, die „alles unter einem Dach“ anbieten, von Lebensmitteln über Bekleidung bis hin zu Fahrzeugen. Viele Konsumenten scheinen der Faszination oder vermeintlichen Rationalität solcher mcdonaldisierter Einrichtungen zu unterliegen. Weiteres Beispiel für das One Stop Shopping-Prinzip sind die so genannten Super Center von Wal Mart.
[13] Ritzer, 1997: 111.
[14] Gleichzeitig führen jedoch gesellschaftliche Umbrüche und Verwerfungen, insbesondere durch technologische Veränderungen, zu einem (Gefühls-) Zustand permanenter Verunsicherung und existentieller Bedrohung. Diese „Ungleichzeitigkeit gesellschaftlicher Entwicklung“, auf der einen Seite gesellschaftliche Dynamik, Neukonstellationen und -konfigurationen und auf der anderen Seite starke Normierung und Vorhersagbarkeit (das „stählerne Gehäuse“ Max Webers), könnte Ritzer in seiner Globalisierungskritik stärker herausstellen.
[15] Ritzer, 1997: 143.
[16] Ritzer, 1997: 147.
[17] Nach Baudrillards Theorie der Simulation weitet sich die kapitalistische Logik ebenfalls auf Sprachcodes aus. Die vereinnahmte und manipulierte Sprache (außerhalb derer es nach dem linguistic turn keine unabhängige Realität mehr gibt) lässt eine neue „Realität“ entstehen. Diese künstlich geschaffene und endlos reproduzierbare Wirklichkeit ist eine Scheinwirklichkeit oder Simulation. Vgl. auch Baudrillard, 1998.
[18]B Brüsemeister, 2000: 283. Auch hier gilt jedoch die „Ungleichzeitigkeit gesellschaftlicher Entwicklung“, siehe Fußnote 14. Bei zunehmender Prekarisierung der Arbeit gibt es gleichzeitig wachsende Qualifikationsanforderungen in anderen Bereichen.
[19] An dieser Stelle kann bei Ritzer leicht der Eindruck entstehen, der Austausch lebendiger durch vergegenständlichte Arbeit sei ein zwangsläufiger Prozess und per se inhuman. Neue Technologien bedeuten nicht zwangsläufig Entfremdung und Enthumanisierung der Arbeit. Sie könnten theoretisch ausschließlich stupide und tatsächlich entfremdende Arbeitsvorgänge wegrationalisieren. Dies ist in erster Linie formbestimmt.
[20] Ergänzt werden müsste, dass sich „amerikanisch“ hier nicht auf „die Amerikas“ (Süd- und Nordamerika), sondern ausschließlich auf die Vereinigten Staaten von Nordamerika (USA) bezieht.
[21] Als wichtige Exponenten kritische Globalisierungstheorie vgl. Meiksins Wood, 2003; Panitch/Gindin, 2004.