Klaus Fischer, von 1991 bis 1999 Redakteur von Z, verstarb am 13. April 2008, kurz nach Vollendung seines 62. Geburtstages. Die Trauerfeier fand unter großer Anteilnahme seiner Freunde und Genossen am 2. Mai in Frankfurt am Main statt.
Bis zu seinem Ausscheiden aus der Redaktion 1999 trug Klaus Fischer wesentlich zum Gelingen der Zeitschrift bei. Ihr Konzept – ein organisations-unabhängiges Forum für die Diskussion der marxistischen Linken der Bundesrepublik, das grundlegende Kritik der herrschenden kapitalistischen Verhältnisse, kritische Aufarbeitung der Geschichte der Sozialisten und Kommunisten und die Suche nach einer antikapitalistischen, sozialistischen Perspektive verbindet – entsprach auch dem Denken und der Intention von Klaus.
Das schloss in konkreten Fragen manche Meinungsverschiedenheit nicht aus – wie sollte es auch anders sein nach den tiefgreifenden Umbrüchen und historischen Erfahrungen, die wir besonders in den 80er und 90er Jahren durchlebt haben.
Internationalismus und Geschichte der Arbeiterbewegung waren zentrale Themen, denen Klaus sich während seines gesamten politischen Lebens – in den 1970er und 1980er Jahren im MSB Spartakus, als Vorstandsmitglied im VDS, in der DKP und im „Antiimperialistischen Solidaritätskomitee“ (ASK), in den 1990er Jahren dann in der Redaktion unserer Zeitschrift und später bei seiner Tätigkeit im Frankfurter „Club Voltaire“ – verbunden fühlte.
In H. 2 von Z stellte er 1990 seine Ansichten zu der für sein eigenes Leben und sein politisches Engagement bestimmenden Frage des Internationalismus der Linken zur Diskussion. Er ging aus vom Marxschen „kategorischen Imperativ“, „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“ und von der Forderung des „Kommunistischen Manifests“, „in den verschiedenen nationalen Kämpfen der Proletarier die gemeinsamen, von der Nationalität unabhängigen Interessen des gesamten Proletariats hervor[zu]heben und zur Geltung zu bringen“. Aus der Aufarbeitung und Kritik der geschichtlichen Erfahrungen mit dem Internationalismus der sozialdemokratischen und der kommunistischen Arbeiterbewegung, ihren großen Beiträgen zur Befreiung der Dritten Welt – China, Vietnam, Kuba, die Befreiung der Kolonialländer – wie der tiefen Niederlagen dieses Internationalismus – Zustimmung zu den Kriegskrediten 1914, Kriege und Interventionen zwischen sozialistischen Bruderländern, Verbrechen gegenüber kommunistischen Bruderparteien im Namen des Internationalismus – plädierte Klaus für einen „neuen Internationalismus“, der die Menschenrechte ernst nimmt und der sich, so seine Überzeugung, in der Realität der Kämpfe herausbildete, ein Zusammenwirken, „das auf Gleichberechtigung und gegenseitiger Achtung basiert“.
Für die Bundesrepublik konkretisierte er damals, im Juni 1990, diese internationalistische Herausforderung für die Linke mit folgenden Worten: „Neues internationalistisches Handeln muß deshalb in diesem Land
- ein friedensfähiges Deutschland erkämpfen, in dem Rüstungsexporte verboten sind, in dem Rüstungsproduktion auf sozial nützliche und der Entwicklung der Dritten Welt dienliche Produkte umgestellt wird, das mit Milliardenbeiträgen, die durch Abrüstung frei werden … einen substantiellen Beitrag zur Beseitigung von Unterentwicklung, Hunger, Krankheiten und Massensterben in der Dritten Welt leistet;
- eine vollständige Streichung der Schulden der Entwicklungsländer herbeiführen und die Bundesrepublik zu einer konstruktiven Haltung gegenüber einer neuen, gerechten Weltwirtschaftsordnung sowie zu einer Entwicklungshilfepolitik bewegen, die diesen Namen verdient;
- eine Ökologisierung der Produktivkräfte erkämpfen, die zur Stabilisierung der Biosphäre beiträgt, jeden Giftmüllexport hinfällig machen und den Raubbau an natürlichen Ressourcen v.a. der Dritten Welt beenden würde;
- das Verbot von Investitionen in und des Handels mit rassistischen und faschistischen Staaten erwirken und die Gleichstellung von Arbeitskräften ausländischer Niederlassungen deutscher Konzerne mit den einheimischen Belegschaften erkämpfen;
- die Frage nach der sozial-, umwelt- und entwicklungspolitischen Verträglichkeit von Produkten und Lebensweisen thematisieren, ins öffentliche Bewusstsein und ins tägliche Leben transportieren;
- sowie Antirassismus und Internationalismus zu alltäglich gelebten Grundwerten machen.
Integraler Bestandteil des neuen Internationalismus ist … die Solidarität mit dem Befreiungskampf in Afrika, Asien und Lateinamerika gegen (Interventions-)Kriege und nationale Unterdrückung, gegen neokolonialistische Abhängigkeit und Ausbeutung.“
Ist dies nicht auch ein heute, angesichts der neuen, weltpolitisch expansionistischen und aggressiven Rolle der Bundesrepublik – vom völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien bis zur Verteidigung der sogenannten deutschen Interessen am Hindukusch –aktuelles Programm?
„MarxistInnen sollten sich“, so Klaus, „auf allen Feldern ihres Wirkens von diesem komplexen, neuen, humanistischen Internationalismus leiten lassen. Der Imperativ des Marx’schen materialistischen Humanismus, wonach ‚der Mensch das höchste Wesen für den Menschen’ ist, muß (wieder) uneingeschränkt, universell gelten.“