„Die Revolution von 1848 war keine deutsche Lokalangelegenheit“, schrieb Friedrich Engels 1850, „sie war ein einzelnes Stück eines großen europäischen Ereignisses. Ihre treibenden Ursachen, während ihres ganzen Verlaufs, sind nicht auf den engen Raum eines einzelnen Landes, nicht einmal auf den eines Weltteils zusammengedrängt.“[1] Und Marx hatte bereits im Revolutionsjahr die Bewegungen von 1848/49 als „europäische Revolution“ charakterisiert.[2] War die hier in Rede stehende europäische Weite ein Charakteristikum der Revolutionsereignisse von 1848/49?
Von allen vorangegangenen Revolutionen der Neuzeit unterschied sich die Achtundvierziger Revolution in der Tat durch ihre europäische, also internationale Dimension. Diesmal handelte es sich nicht um einen Aufbruch, der – wie der niederländische Befreiungskampf gegen die spanische Unterdrückung im 16. Jahrhundert, die englische Revolution des 17. Jahrhunderts und auch die Große Französische Revolution von 1789 bis 1795 – jeweils auf ein Land begrenzt blieb und – unterschiedlich stark – auf andere Länder ausstrahlte; wobei die Wirkungen, die von der französischen Revolution von 1789 ausgegangen waren, natürlich von ganz anderer Qualität waren als die der beiden vorangegangenen Revolution in den Niederlanden und in England. In der Mitte des 19. Jahrhunderts geschah etwas Neues, das sich schon 1830 angedeutet hatte; erstmals wurde eine Vielzahl europäischer Länder gleichzeitig von einer revolutionären Welle erfasst.
Im 20. Jahrhundert wiederholten sich solche Situationen von gleichzeitigen Umbrüchen oder Umbruchsversuchen an drei Punkten: zunächst einmal in der so genannten revolutionären Nachkriegskrise von 1917/18-1923, deren antikapitalistisch-sozialistische Orientierung sich nur in Sowjetrussland durchzusetzen vermochte. Dann vollzogen sich 1945-1949/50 im Gefolge des Sieges über den Faschismus, des Vorrückens der sowjetischen Militärmacht bis nach Mitteleuropa und ihrer massiven Einflussnahme auf die gesellschaftliche Entwicklung in den besetzten Ländern sowie mit dem Erfolg der chinesischen Revolution in sozialistische Richtung zielende Umbrüche, die ein länderübergreifendes sozialistisches System entstehen ließen. Schließlich hatte auch der von Massen getragene politische und soziale Rückschlag-Umbruch, das roll back von 1989/91, das in den ehemals sozialistischen Ländern Europas als Bewegung zur Reform des Sozialismus begonnen hatte, rasch in die Restauration des Kapitalismus umschlug und zum Zerfall des sozialistischen Systems in Ost-, Südost- und Mitteleuropa führte, eine internationale, genauer europäische Dimension.
Die revolutionären Ereignisse bis Mitte März 1848
In der Mitte des 19. Jahrhunderts hatte der Reigen europäischer Attacken gegen das europäische Reaktionssystem bereits im Herbst 1847 in der Schweiz mit dem siegreichen Sonderbundskrieg begonnen, der den partikularistisch-konservativen Bestrebungen einiger Kantone ein Riegel vorschob und einen bürgerlichen Bundesstaat aus der Taufe hob. Ferdinand Freiligrath hatte nicht zufällig den Sieg der Schweizer Demokraten poetisch gefeiert mit der weitsichtigen Feststellung: „ Im Hochland fiel der erste Schuss.“ Aber schon der im Februar 1846 von den Mächten der Heiligen Allianz freilich unverzüglich niedergeworfene Krakauer Aufstand konnte als erstes Wetterleuchten eines europäischen Erdrutsches verstanden werden und wurde von vielen Demokraten, aber auch von manchem Konservativen, auch so gewertet. In Italien folgte im Januar 1848 die Fortsetzung, die allerdings von der europäischen Reaktion und wohl auch von der Masse der Revolutionäre immer noch lediglich als eine der üblichen Eruptionen auf der Apenninenhalbinsel betrachtet wurde, derer die herrschenden Mächte bisher immer unschwer Herr werden konnten. Mitte Januar 1848 war im sizilianischen Palermo ein Aufstand gegen das Reaktionsregime Ferdinands II. ausgebrochen und hatte sozialpolitische Konzessionen erzwungen. Und auch in Mittelitalien begann es gegen die verhasste habsburgische Fremdherrschaft zu gären.
Aber erst als in Paris am 22. Februar 1848 das Volk auf die Straße ging und revolutionäre Arbeiter und Kleinbürger binnen weniger Tage die Julimonarchie stürzten, Louis Philippe davonjagten und die Französische Republik proklamierten, in der eine Reihe sozialer Forderungen der arbeitenden Massen verwirklicht werden sollten (Proklamation des Rechts auf Arbeit, Einrichtung von Nationalwerkstätten in Paris, Bildung der Luxembourg-Kommission, zwei Sozialisten wurden Mitglied der Provisorischen Regierung) da wusste jeder politisch Engagierte in Europa, dass große Ereignisse auch anderswo nicht auf sich warten lassen würden. Die Pariser Februarrevolution wurde in der Tat zum Auslöser revolutionärer Bewegung, zunächst in Südwestdeutschland, wo schon Ende Februar die deutsche Revolution ihren Anfang nahm, die am 3. März mit einer Massendemonstration in Köln das Rheinland und mithin Preußen erfasste. Ungarn präsentierte bereits am 3. März Wien erstmals sein Unabhängigkeitsverlangen. Am 13. März stürzte die Revolution in Wien das Metternichsche Reaktionssystem. Zwei Tage später war Budapest in vollem Aufruhr. Am 18./19. März siegte das Volk in Berlin in einer erbitterten Barrikadenschlacht über das Militär und zwang den preußischen König, das Haupt vor den gefallenen Revolutionären zu beugen. Damit wurden – anders als in früheren deutschen Revolutionsversuchen wie 1830 – zum ersten Mal die beiden rivalisierenden deutschen Großmächte Österreich und Preußen revolutioniert.
Doch machte die Revolutionswelle nicht im Deutschen Bund halt. Von Wien und Berlin gingen ihrerseits wieder revolutionäre Impulse aus: nach Italien, wo Mitte März die Lombardei und Venetien in Flammen standen und das österreichische Militär sich zurückziehen musste; nach Ungarn, wo am 15. März die Revolution in Budapest siegte und eine ungarische Regierung von Liberalen und dem Demokraten Lajos Kossuth gebildet wurde, die die Wiener Hofburg im April anerkennen musste; schließlich nach Polen, wo am 20. März in Posen ein national-polnischer Aufstand ausbrach und sich über das ganze Großherzogtum Posen ausbreitete. In Prag entfaltete sich am 11. März eine revolutionäre tschechische Bewegung. Auch die Slowaken, Kroaten, Serben und Slowenen verlangten seit den Märztagen nationale Rechte, vor allem sprachliche und kulturelle Gleichberechtigung. Anfang April wurden schließlich auch die rumänischen Länder von einer Protestbewegung gegen die türkische Oberherrschaft in der moldauischen Hauptstadt wie von Erhebungen in der Walachei erschüttert, die auf die Konstituierung eines selbständigen rumänischen Staates abzielten. Binnen weniger Wochen stand so im Frühjahr 1848 der europäische Kontinent in Flammen. Bereits Mitte März 1848 war allen klar geworden, dass eine Revolution von europäischer Dimension stattfand.
Sozialer Charakter der 48er Revolution
Es waren letztlich ökonomische Gründe, die eine Revolutionierung des Kontinents bis an die Grenzen des Zarenreiches bewirkten, das wegen seiner ökonomischen Rückständigkeit von der Revolution fast völlig unberührt blieb. Die industrielle Revolution, die an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert von England auf den Kontinent übergegriffen hatte, und der damit erfolgende Übergang vom Manufaktur- zum Industriekapitalismus sowie die im Gefolge der französischen Revolution von 1789 erzwungenen bürgerlichen Reformen in einer Reihe von Ländern Europas hatten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einer sukzessiven Ausbreitung des Kapitalismus geführt. Ungeachtet beträchtlicher Abstufungen hinsichtlich der Reife des Kapitalismus in den einzelnen Ländern hatten die kapitalistischen Verhältnisse den europäischen Kontinent bereits in einem solchen Maße erfasst oder ihn zumindest soweit in den kapitalistischen Reproduktionsprozeß einbezogen, dass hier um die Jahrhundertmitte die Beseitigung der noch bestehenden feudalen Verhältnisse zu einem akuten gesellschaftlichen Erfordernis wurde. Nun konnte und musste auch außerhalb Frankreichs zum Sturm auf die Bastionen der Feudalreaktion geblasen werden.
In allen revolutionierten Ländern ging es um die Durchsetzung der bürgerlichen Gesellschaftsordnung. Die feudalen oder halbfeudalen Systeme sollten überall dort, wo der Adel noch die Alleinherrschaft ausübte, beseitigt, das Bürgertum an die Macht gebracht und parlamentarisch-demokratische Verhältnisse hergestellt werden. Ihrem Charakter nach handelte es sich also um bürgerliche Revolutionen. Liberale Eliten bürgerlicher oder adliger Herkunft gaben die Richtung der gesellschaftlichen Neugestaltung an, ließen allerdings zumeist die notwendige Konsequenz bei der Durchsetzung ihrer Ziele vermissen und vereinbarten sich mehr mit den alten Gewalten, als dass sie diese gemeinsam mit dem Volk niederringen wollten. Kleinbürgerliche Demokraten, aufständische Bauern wie politisch mobilisierte Arbeiter suchten – freilich ohne durchgreifende Erfolge – die Revolution in aufsteigender Bewegung zu halten, um die Macht des Adels vollends zu brechen und so erst die Märzerrungenschaften zu sichern und ein demokratisches Gesellschaftssystem durchzusetzen.
Revolution und Konterrevolution
Es versteht sich, dass sich bei gleichzeitigen Revolutionen die revolutionären Entwicklungen in den einzelnen Ländern gegenseitig direkt beeinflussten. Siege der Revolution in einem Land stimulierten die revolutionären Elemente in anderen Ländern, wie konterrevolutionäre Rückschläge in einem Staat die Konservativen in anderen Staaten ermunterten, ihre Attacken gegen die eigene Demokratie und die eigenen Liberalen zu verstärken und schließlich zum Befreiungsschlag gegen die Revolution zur Rückeroberung der alleinigen Herrschaft der alten meist adlig-monarchischen – bzw. wie in Frankreich der konservativ-bourgeoisen – Kräfte zu unternehmen.[3] Als grobe Faustregel kann gelten: Ohne die Pariser Februarrevolution keine Wiener und Berliner Märzrevolutionen und ohne diese keine Erhebungen der Polen, Ungarn, Italiener und Südslawen. Ohne die Niederlage der proletarischen Pariser Juniinsurrektion keine Rückeroberung Wiens durch Windischgrätz Ende Oktober und ohne diesen Sieg der österreichischen Konterrevolution kein erfolgreicher konterrevolutionärer Staatsstreich in Preußen im November 1848.
Natürlich bot die Gleichzeitigkeit des revolutionären Aufbruchs in mehreren europäischen Ländern auch den revolutionären Kräften objektiv die Chance, die demokratischen Potentiale durch Abstimmung und Zusammenwirken zu erhöhen. Doch diese Möglichkeiten blieben begrenzt. Sicher übten die Demokraten der verschiedenen Länder nicht nur verbal gegenseitige Solidarität.[4] Es entstanden Freikorps aus Deutschen und Polen für die ungarische Revolution. In der deutschen Reichsverfassungskampagne im Frühsommer 1849 kämpften Polen ebenso wie Schweizer mit. Schließlich gab es Versuche radikaler, demokratischer Führungskräfte – so im Frühjahr 1849 von Sachsen aus – einen gleichzeitigen Aufstand in mehreren Ländern auszulösen. Aber dies alles brachte kein Übergewicht der Revolutionäre zustande.
Schon sehr früh, im späten Frühjahr 1848, warnten Ereignisse vor der freilich weit verbreiteten Illusion, dass der Siegeszug der Revolution in Europa unaufhaltsam wäre. Am 10. April war der Versuch der Chartisten gescheitert, durch eine große Demonstration in London auch England zu revolutionieren und so die Kontinentalrevolution abzusichern. Im Großherzogtum Posen hatten preußische Truppen Anfang Mai die polnische nationalrevolutionäre Bewegung blutig niedergeschlagen. Die tschechische Bewegung war nach der Niederschlagung des Prager Aufstands im Juni unter den Einfluss der Liberalen geraten, die gegen die Teilnahme am Frankfurter Parlament und für den unbedingten Erhalt der Habsburgermonarchie votierten. In Deutschland wie in Ungarn hatten in den Wahlen Anfang Mai nicht die für Volksouveränität engagierten Demokraten, sondern die Liberalen, die sich mit den alten Gewalten vereinbaren wollten, die Mehrheit erobert. Vor allem aber waren in Frankreich, dem eigentlichen Herzen der Revolution, die Bourgeoisrepublikaner in den Wahlen für die Konstituierende Versammlung von Ende März voll zum Zuge gekommen, so dass Anfang Mai mit der neuen nur von bourgeoisen Vertretern besetzten Regierung eine großbürgerliche Republik aus der Taufe gehoben werden konnte. Diese machte sich sofort daran, die sozialen und politischen Errungenschaften der Demokraten und Arbeiter aus der Februarrevolution zu beseitigen. Eine Erhebung von Pariser Arbeitern dagegen wurde am 15. Mai unterdrückt und ihre Anführer, unter ihnen Auguste Blanqui, verhaftet. Noch war das Ringen zwischen Revolution und Konterrevolution zwar unentschieden. Doch neigte sich die Waage bereits Mitte 1848 zugunsten der alten Gewalten. Das wurde endgültig klar, als Ende Juni der Aufstand der sich gegen die Liquidierung der sozialen Februarkonzessionen wehrenden proletarischen Kräfte in Paris von der bourgeoisen französischen Konterrevolution im Blute erstickt wurde.
Es fehlte der europäischen Demokratie von 1848 letztendlich die ganze Zeit über der gemeinsame Feind, gegen den man – wie im revolutionären Frankreich der Jahre 1792-1794 – alle Kräfte, auch über die Ländergrenzen hinweg, hätte mobilisieren und bündeln können und müssen und dessen Abwehr die entschiedeneren revolutionären Elemente in Front gebracht hätte. Nicht nur die revolutionären Demokraten und die äußerste Linke in der von Marx und Engels herausgegebenen „Neuen Rheinischen Zeitung“ setzten aus diesem Grunde auf einen Volkskrieg gegen den damaligen Hort der europäischen Reaktion, das zaristische Russland, das vor allem aufgrund der ökonomisch-sozialen Rückständigkeit von der Revolution noch gänzlich unberührt geblieben war. Sie erhofften sich von einer seit Frühsommer erwarteten Intervention des Zarismus gegen den europäischen Revolutionsherd eine solche zugespitzte Situation. Doch diese – in Petersburg durchaus im Kalkül – fand nicht statt. Sie wurde von der Konterrevolution in der Aufschwungsperiode der Revolution taktisch klug bewusst unterlassen. Auch als im September 1848 im Zusammenhang mit dem Krieg in Schleswig-Holstein ein europäischer Revolutionskrieg drohte, wussten die Gegenrevolutionäre, aber auch die Liberalen in Deutschland, diese Gefahr durch Preisgabe nationaler Forderungen zu bannen. Seit 1793/94 wusste man in den Kreisen der Konservativen sehr wohl, dass ein Eingreifen russischer Truppen den europäischen Revolutionsprozess nur eskalieren, ausweiten und radikalisieren und so eher den Sieg der Revolution befördern, denn ihre Niederlage besiegeln würde. Nur an der Peripherie und dies erst in der Abschwungs- bzw. Endphase der Revolution griff die russische Militärmacht im Herbst 1848 in Rumänien, hier gemeinsam mit türkischen Truppen, und im Sommer 1849 schließlich auch in Ungarn ein und half, der Revolution in diesen Ländern endgültig Herr zu werden. Die internationale Solidarität der Konterrevolution war 1848 größer und wirkungsvoller als die der Revolutionäre und Demokraten. Das hat wesentlich zur Niederlage der europäischen Revolution beigetragen.
Nicht zuletzt wirkte sich ein neues, fortschrittliches, grundsätzlich positives Phänomen, die 1848 erstmals Massencharakter annehmenden Nationalbewegungen in allen Ländern außerhalb Frankreichs – ein unübersehbares Charakteristikum von 1848 – objektiv eher hemmend als förderlich für den Gang und Ausgang der Revolution aus. Im wirren Gestrüpp zumeist berechtigter, aber sich kreuzender und divergierender nationaler Interessen der einzelnen Völker, in die sich überall bourgeois geprägter so genannter „nationaler Egoismus“ mischte, konnte die Konterrevolution Reserven für die Durchsetzung ihrer Politik des roll back erschließen. Es zeigte sich recht bald überdeutlich, dass in der Regel nationale Eigeninteressen, die Gewinnung realer oder vermeintlicher nationaler Unabhängigkeit vor der Demokratisierung rangierte. Der von der Bourgeoisie getragene großdeutsche Nationalismus gegenüber den Polen, Tschechen und Italiener wie der ungarische Nationalismus gegenüber den Südslawen wirkten sich negativ aus. Vor allem die Habsburger Monarchie verstand es, die nationalen Differenzen in dem Vielvölkerstaat für die Wiedereroberung der adlig-monarchischen Alleinherrschaft auszunutzen. Die von deutschen Liberalen, aber selbst Demokraten in Großmachtmanier infrage gestellten legitimen nationalen Ziele der tschechischen Nationalbewegung wusste die Wiener Konterrevolution durch Automieversprechen für den Erhalt der Monarchie auszubeuten. Insbesondere aber missbrauchte sie die nationalen Automiebestrebungen der Kroaten und Südslawen im ungarischen Staatsverband. Da die ungarischen Revolutionäre deren nationale Forderungen rigoros ablehnten, vermochte der Wiener Hof kroatische Truppen einzusetzen, um schon im Sommer 1848 den Krieg gegen das revolutionäre Ungarn zu eröffnen, im Oktober 1848 das revolutionäre Wien zurückzuerobern und im Sommer 1849 schließlich die ungarische Revolution ganz zu ersticken. Als die Konterrevolution ihren Sieg errungen hatte, waren alle Versprechen auf einen austroslawischen Föderativstaat vergessen. Straffer deutsch-österreichisch dominierter Zentralismus war mit der Verfassung von Anfang März 1849 angesagt.
Typen bürgerlicher Revolutionen
1848/49 war eine „europäische Revolution“, der zahlreiche Gemeinsamkeiten eigen sind, eine These, die inzwischen in der Historiographie weite Verbreitung und zunehmend auch Anerkennung gefunden hat.[5] Es waren in allen Ländern ihrem Charakter nach bürgerliche Revolutionen, die drei miteinander verschränkte Probleme zu lösen hatten: die Errichtung bzw. den Ausbau parlamentarisch-konstitutionell abgesicherter bürgerlicher Herrschaftsverhältnisse, die Entfeudalisierung und Freisetzung kapitalistischer Gesellschaftsbeziehungen in Stadt und Land und die Konstituierung bzw. weitere Ausgestaltung bürgerlicher Nationalstaaten. Gleichwohl ergaben sich aus dem unterschiedlichen Grad der Verbürgerlichung in den verschiedenen Regionen Europas hinsichtlich der konkreten Funktion der Revolution Unterschiede und lassen sich drei Typen von bürgerlicher Revolution ausmachen.[6]
· In Frankreich, wo die Bourgeoisie bereits an der Macht war und bürgerliche Verhältnisse herrschten, ging es um den Machtwechsel von der konservativen Finanzaristokratie zur Industriebourgeoisie und um eine Anpassung der Gesellschaft an die Erfordernisse des Industriekapitalismus. Je nach den Einflussmöglichkeiten, die die nichtbourgeoisen Klassen, die Kleinbürger, Bauern und Arbeiter im Revolutionsverlauf gewannen, konnte dies mit einer weiteren Demokratisierung verbunden sein. In Frankreich handelte es sich um eine bürgerliche Revolution im Kapitalismus zum weiteren demokratischen Ausbau und zur Festigung eines schon etablierten bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaftssystems.
· In den Ländern der Habsburgermonarchie, wo noch feudale Verhältnisse dominierten, war die bürgerliche Umwälzung – ähnlich wie 1789 in Frankreich – überhaupt erst einzuleiten. Hier vollzogen sich bürgerliche Revolutionen, um die bürgerliche Umgestaltung und die Durchsetzung des Kapitalismus erst in Gang zu setzen.
· In den Ländern – wie Deutschland und Italien – wo durch bürgerliche Reformen im Gefolge der Großen Französischen Revolution die bürgerliche Umgestaltung bereits beträchtliche Fortschritte erreicht hatte, entschieden Sieg oder Niederlage der Revolution nicht mehr über das Schicksal der bürgerlichen Gesellschaft, sondern nur über das Tempo und die Art und Weise der Zuendeführung des Umwälzungsprozesses, ob dieser weiter auf reformerischem Wege vollzogen oder in revolutionär-demokratischer Manier vollendet wird. Es waren bürgerliche Revolutionen auf dem Wege zum Kapitalismus.
Vergleicht man die einzelnen 1848er Revolutionen in Europa unter dem Aspekt ihrer jeweiligen Bewegungsform, so wird man feststellen, dass – außer in Frankreich – in allen anderen Ländern die inneren sozialpolitischen Auseinandersetzungen untrennbar mit nationalen Bestrebungen und Bewegungen verbunden waren. 1848 fand der seit langem erwartete und erhoffte „Völkerfrühling“ statt. Eine typologische Auffächerung entsprechend den nationalpolitischen Zielsetzungen wird von dem Verhältnis ausgehen können, in dem die innere Seite (nationalstaatliche Zentralisation) und der äußere Aspekt (Erringung nationalstaatlicher Unabhängigkeit oder zumindest nationaler Autonomie) im Prozeß der Nationenbildung standen.
In Deutschland dominierte unbestritten die innere Seite, die nationalstaatliche Einigung des Landes, wiewohl auch die Abschüttelung der zaristischen Bevormundung eine gewisse Rolle spielte. In Italien könnte man von einem Gleichgewicht von innerer Zentralisation und Abschüttelung der äußeren Unterdrückung durch die Habsburger Monarchie sprechen. Der äußere Faktor, die Erringung nationalstaatlicher Unabhängigkeit, stand in der polnischen und ungarischen Revolution und in den rumänischen Ländern ganz im Mittelpunkt.
Eine typologische Differenzierung der europäischen 1848er Revolution wäre schließlich und nicht zuletzt aus den unterschiedlichen Verlaufsmustern abzuleiten. Dazu bietet sich Marxens Unterscheidung zwischen Revolutionen in „aufsteigender“ und in „absteigender“ Linie aus seiner historischen Arbeit „Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte“ an.[7] Den Typ einer aufsteigenden Revolutionsentwicklung präsentierte die Große Französische Revolution, in der eine herrschende Klassenfraktion durch eine fortgeschrittenere (Konstitutionelle, Girondins, Jakobiner) abgelöst wurde, die den Revolutionsprozess immer weiter vorantrieb, bis die bürgerlichen Macht- und Gesellschaftsverhältnisse soweit gesichert waren, dass ein konterrevolutionärer Rückschlag sie nicht mehr infrage stellen konnte. Die Revolution von 1848 war hingegen nicht nur in Frankreich, sondern auch in Deutschland und in ganz Europa vom Typ her rückläufig. Die Revolution erlebte keine Vertiefung. An diesem Kriterium gemessen lassen sich 1848/49 vier unterschiedliche Verlaufstypen feststellen.
· Die französische und die deutsche Revolution gerieten relativ früh ins Stocken und entwickelten sich – in Frankreich augenfällig seit Juni 1848, in Deutschland spätestens seit dem Frühherbst 1848, rückläufig. Die konservativ-bürgerliche Konterrevolution in Frankreich gewann mit der Niederwerfung der Pariser Juniinsurrektion, die adlig-monarchische Gegenrevolution in Deutschland und in Österreich nach dem Misserfolg der revolutionären Kräfte in der deutschen Septemberkrise und dann endgültig mit der Rückeroberung Wiens in Österreich und dem preußischen Staatsstreich in Preußen im Spätherbst 1848 die Oberhand. In beiden Fällen wurde die durch die Februar- und Märzrevolution (bzw. in Österreich durch die Maierhebung 1848) herbeigeführte neue Machtkonstellation – der Einfluss demokratischer Kräfte in der Pariser Regierung, die Machtbeteiligung der bürgerlichen Liberalen in Preußen und Österreich – rückgängig gemacht. Sieht man einmal ab von den kurzfristigen demokratischen Machtgewinnen im Wiener Oktober 1849 und dann während der Reichsverfassungskampagne in der Pfalz und in Baden im Frühjahr 1849, so fand eine Eskalation und Radikalisierung der Revolution und eine entsprechende Machtverschiebung nach links, zugunsten linksliberaler, gemäßigt-demokratischer oder gar republikanischer und revolutionär-demokratischer Kräfte nicht statt. Die von den revolutionären Demokraten und politisierten Arbeitern in Frankreich wie Deutschland erhoffte und angestrebte zweite, eine soziale Revolution, die – und sei es nur temporär – zu einer nicht von der liberalen Bourgeoisie, sondern von entschiedenen Demokraten beherrschten roten oder sozialen Republik führen sollte, blieb aus. Statt dessen fiel bis Ende 1848 die Macht an konservative Führungseliten adliger bzw. bürgerlicher Herkunft zurück.
· Die national-revolutionären Erhebungen der Polen und Tschechen erlebten im Frühjahr 1848 wie in den anderen Ländern zwar einen enormen Aufschwung, wurden aber schon im Mai bzw. Juni durch preußische bzw. österreichische Militärmacht von außen blutig unterdrückt und erfuhren keine Wiederbelebung mehr.
· Auch die italienische Revolution erlitt im Sommer 1848 einen schweren Rückschlag (Niederlage bei Custozza, Wiedereroberung Mailands durch Radetzky). Jedoch suchte hier ein zweiter revolutionärer Aufschwung diese Niederlage der Demokratie seit Herbst 1848 wettzumachen. Er war mit einer Linksentwicklung, einem Machtgewinn durch radikale, demokratische Kräfte in Rom, in der Toskana und in Venedig verbunden. Damit aber kam erneut ein Revolutionsverlauf in aufsteigender Linie zur Geltung, der erst im Sommer 1849 mit der Unterwerfung der italienischen Revolutionszentren durch äußere Interventionen seitens Frankreichs und Habsburgs wieder gewendet, abgebrochen und beendet wurde.
· Eine durchgehend aufsteigende Tendenz ist der ungarischen Revolution vom März 1848 bis August 1849 eigen (wie übrigens bis Oktober 1848 auch der Revolution in Österreich, genauer in Wien). Ungarn nimmt in dieser Beziehung eine Sonderstellung ein. Stimuliert durch die Auseinandersetzungen mit der äußeren (habsburgischen) Konterrevolution um die nationale Unabhängigkeit setzte sich in Ungarn – ähnlich wie in der Großen Französischen Revolution, aber auf andere Weise – ein deutlicher Linkstrend durch. Es erfolgte eine Radikalisierung der gesamten liberalen Adelsfraktion, die seit der Bildung des Landesverteidigungsausschusses im September 1848 unter Lajos Kossuth Freiräume für revolutionäre Maßnahmen im Krieg gegen Habsburg schuf, ohne allerdings – wie 1793/94 in Frankreich – eine Revolutionierung der inneren Verhältnisse zuzulassen. Auch waren die ungarischen Revolutionäre nicht bereit, den nichtungarischen Nationalitäten in ihrem Staatsverband, den Slowaken und Kroaten vor allem, Autonomie bzw. sprachlich-kulturell-religiöse Gleichberechtigung zuzugestehen. Damit aber trieben sie diese Nationalitäten in die Arme der Wiener Konterrevolution. Nicht zufällig eröffnete der kroatische Banus (Statthalter) Josip Jellačič von Bužim bereits im Sommer 1848 im Auftrag Wiens den Krieg gegen das revolutionierte Ungarn. Aber erst im Sommer 1849 gelang es der Wiener Konterrevolution mit Hilfe der zaristischen Intervention dem ungarischen national-revolutionären Krieg eine vernichtende Niederlage zu bereiten.
Fasst man den Ablauf der europäischen Revolution als eine in sich widersprüchliche Einheit vielfältiger national-revolutionärer Erhebungen, so fällt auf, dass die rückläufige Bewegung in den Zentren Frankreich und Deutschland seit Sommer/Herbst 1848 begleitet war von aufsteigenden Revolutionsentwicklungen an der süd- und südosteuropäischen Peripherie (Italien und Ungarn). Dieser Trend wurde offenbar einerseits begünstigt durch die äußere Abwehrkomponente. Andererseits aber wirkten - ähnlich wie in der Französischen Revolution von 1789 – auch die inneren Bedingungen des „klassischen“ Typs bürgerlicher Revolution, der noch ausstehende Bruch mit dem Feudalsystem, stärker als bei den funktional bereits fortgeschritteneren Revolutionstypen in eine solche Richtung. Doch war dieser Trend – entgegen den Hoffnungen der Demokraten – zu schwach, um das Blatt zugunsten der Revolution im europäischen Maßstab nochmals zu wenden. Die Entscheidung über das Schicksal der „europäischen Revolution“ konnte nicht an der Peripherie fallen, sondern sie fiel in deren Zentren, in Frankreich und Deutschland. Wie sich dann auch bei späteren revolutionären Prozessen von europäischer oder internationaler Dimension generell gezeigt hat, dass sie dann letztlich zum Scheitern verurteilt sind, wenn sie auf die Peripherie beschränkt bleiben und es nicht gelingt, die Zentren einzubeziehen.
Der proletarische Flügel
1848 war schließlich die erste Revolution mit selbständiger proletarischer Intervention. Anders als 1789, als neben den Bauern die Sansculotten der Städte die wichtigste revolutionäre Schubkraft bildeten, griff 1848 erstmals die Arbeiterklasse, so unentwickelt sie auch war, mit eigenen Forderungen nach einer sozial gerechten Gesellschaft in die bürgerliche Revolution ein; am entschiedensten in Frankreich. Hier erkämpften die Arbeiter Ende Februar 1848 die Republik und erzwangen soziale Konzessionen. Gegen die Abschaffung dieser Errungenschaften durch die regierende Bourgeoisie erhoben sich die Pariser Arbeiter in der Juniinsurrektion von 1848. Sie erlitten eine blutige Niederlage. Damit aber verlor auch die bürgerliche Republik ihren stärksten demokratischen Rückhalt und der Niedergang nicht nur der französischen, sondern auch der europäischen Revolution war eingeleitet.
Auch in Deutschland spielten die Arbeiter in der politischen und sozialen Bewegung des Revolutionsjahrs erstmals eine signifikante Rolle. Sie bildeten neben Kleinbürgern und Bauern die Hauptkraft der Demokratie. Es entstanden Hunderte von lokalen Arbeitervereinen, in denen sie forderten, politische Demokratie mit sozialer Gerechtigkeit zu verbinden. Erstmals formierte sich in Gestalt der Arbeiterverbrüderung eine sozialpolitische Arbeiterorganisation im nationalen Rahmen. Von Köln aus focht mit der „Neuen Rheinischen Zeitung“ die kleine Schar von Kommunisten um Marx und Engels auf dem äußersten linken Flügel der Demokratie und setzte sich zugleich für die politische Verselbständigung der deutschen Arbeiter ein. Die Gründung einer Arbeiterpartei stand bevor. Sie sollte auf einem für Pfingsten 1849 nach Leipzig einberufenen nationalen Arbeiterkongress erfolgen. Die Niederlage der Revolution unterbrach rigoros diesen proletarischen Emanzipationsprozess, der erst in den 1860er Jahren wieder auflebte und mit der Gründung der Eisenacher Partei zum Erfolg führte. Die 1848er Revolution war so auch die Geburtsstunde der deutschen Arbeiterbewegung als einer selbständigen Massenbewegung.
Historisches Erbe
Ungeachtet der eklatanten Niederlage der demokratischen Revolutionsbewegungen in ganz Europa gingen von ihnen signifikante progressive Wirkungen aus. Der Aufstieg der bürgerlichen Gesellschaft in Europa war nicht mehr aufzuhalten. Den status quo ante konnten die konterrevolutionären Sieger nirgendwo wieder herstellen. „Die wichtigste Eroberung der Revolution ist die Revolution selbst“, hatte Engels im Juni 1848 konstatiert.[8] Und sie blieb trotz Niederlage eine historische Macht, der sich auch die Konterrevolution nicht entziehen konnte. In Frankreich erhielt die Industriebourgeoisie unter der Herrschaft des Bonapartismus Napoleons III. den nötigen Spielraum für den Aufstieg des Kapitalismus. Von der Revolution erzwungene konstitutionelle Entwicklungen, so auch in Preußen, ließen sich zwar konservativ begrenzen, aber nicht mehr rückgängig machen. Zum Hauptnutznießer der Revolution wurde die Bauernschaft, die in den nächsten zwei Jahrzehnten überall in den revolutionierten Ländern freilich nicht auf revolutionärem, sondern auf dem reformerischem Wege die Feudallasten endlich los wurde. Und schließlich war der erfolgreiche Abschluss der bürgerlichen Umwälzung und die mit allerdings militärischen Mitteln „von oben“ durchgesetzte deutsche Nationalstaatsbildung in Gestalt des Deutschen Reiches von 1871 wie die nationalstaatliche Einigung Italiens in den sechziger Jahren – so ebenfalls Friedrich Engels – Testamentsvollstreckung der Revolution von 1848. „Die Totengräber der Revolution von 1848 waren ihre Testamentsvollstrecker geworden. Und neben ihnen erhob sich drohend schon der Erbe von 1848, das Proletariat, in der Internationale.“[9]
Und auch die Differenzen zwischen den Völkern Europas, die sich aus ihren unterschiedlichen, ja gegensätzlichen Interessen in den kontinentalen Nationsbildungsprozessen zwangsläufig ergaben, konnten nicht überdecken, dass Europa fortan auch eine revolutionäre, eine demokratische Gemeinsamkeit besaß. Trotz des Scheiterns „hat die Revolution von 1848 dennoch für einen Augenblick Europa – dies darf nicht vergessen werden – zu einer Gemeinde gemacht, indem sie es mit ihrer Flamme ganz erfasste“, vermerkte Engels wohl richtig in den 1860er Jahren. Und im Standardwerk über die europäische Revolution von 1848 aus dem 150. Revolutionsjubiläumsjahr 1998 heißt es in gleicher Richtung: „Revolution, Revolutionsabwehr und Gegenrevolution verbanden 1848 Europa zu einer Einheit. In der Revolution und durch sie wuchs der Kontinent zu einem Kommunikations- und Handlungsraum zusammen und erreichte eine neue, zuvor nicht gekannte Informationsdichte, geographisch, sozial und auch über die Politikgrenze hinweg, welche die Frauenräume von der Männeröffentlichkeit trennte.“[10] Diese aus den Kämpfen zwischen Revolution und Konterrevolution erwachsene Gemeinsamkeit mit widersprüchlichen Erfahrungen gehört auch zum historischen Erbe Europas, das – bewusst oder unbewusst – im Denken der Europäer nachwirkt.
[1] Friedrich Engels, Der deutsche Bauernkrieg, in: Marx/Engels, Werke (MEW), Bd. 7, S. 413.
[2] Karl Marx, Die Kontrerevolution, in: MEW, Bd. 6, S. 9ff: „Die europäische Revolution beschreibt einen Kreislauf. In Italien begann sie, in Paris nahm sie einen europäischen Charakter an, in Wien war der erste Widerschlag der Februarrevolution, in Berlin der Widerschlag der Wiener Revolution. In Italien, zu Neapel, führte die europäische Kontrerevolution ihren ersten Schlag, in Paris – die Junitage – nahm sie einen europäischen Charakter an, in Wien war der erste Widerschlag der Juni-Kontrerevolution, in Berlin vollendet und kompromittiert sie sich. Von Paris aus wird der gallische Hahn noch einmal Europa wachkrähen.“
[3] Siegfried Schmidt, Die Revolution von 1848/49 als europäische Revolution, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Rostock. Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe, 23. Jg., 1974, Heft 8, S. 483-488; Manfred Kossok, Bemerkungen zur Frage des europäischen Charakters der Revolution von 1848/49, in: Ebenda, S. 507-510; Roger Price, „Der heilige Kampf gegen die Anarchie“. Die Entwicklung der Gegenrevolution, in: Dieter Dowe, Heinz-Gerhard Haupt, Dieter Langewiesche (Hg.), Europa 1848. Revolution und Reform, Bonn 1998, S. 43-84.
[4] Roland Zeise und Helmut Zessin, Zur Solidarität deutscher und ungarischer Revolutionäre im Frühjahr 1849, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Rostock, a.a.O., S. 525-527.
[5] Zum Diskurs darüber siehe: Hartmut Kaelble, 1848. Viele nationale Revolutionen oder eine europäische Revolution?, in: Wolfgang Hardtwig (Hg.), Revolution in Deutschland und in Europa 1848/49, Göttingen 1998, S. 260-278; Axel Körner (Ed.), 1848 –a European Revolution? International Ideas and National Memories, Basinstoke/Houndsmill/London 2000, darin S. 209-221: Reinhard Koselleck, How European was the Revolution of 1848/49; Rüdiger Hachtmann, Vielfältig und doch ein gemeinsames Grundmuster – die europäische Revolution von 1848/40, in: Manfred Görtemaker/Kristina Hübscher/Klaus Neitmann/Kärstin Weirauch (Hg.), Zwischen Königtum und Volkssouveränität. Die Revolution von 1848/49 in Brandenburg, Frankfurt a.M. u.a. 1999; ders.; Epochenschwelle zur Moderne: Einführung in die Revolution von 1848/49, Tübingen 2002, bes. S. 18-20 und 43-69.
[6] Dazu ausführlicher Walter Schmidt, Die europäischen Revolutionen von 1848/49. Versuch eines historisch-typologischen Vergleichs, in: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung, 40. Jg., 1998, Heft 2, S. 3-15.
[7] MEGA, I/11, S. 117 f. „In der ersten französischen Revolution folgt auf die Herrschaft der Konstitutionellen die Herrschaft der Girondin’s und auf die Herrschaft der Girondin’s die Herrschaft der Jakobiner. Jede dieser Parteinen stützt sich auf die fortgeschrittenere. Sobald sie die Revolution weit genug geführt hat, um ihr nicht mehr folgen, noch weniger ihr vorangehen zu können, wird sie von dem kühnern Verbündeten, der hinter ihr steht, bei Seite geschoben und auf die Guillotine geschickt. Die Revolution bewegt sich in aufsteigender Linie.
Umgekehrt die Revolution von 1848. Die proletarische Partei erscheint als Anhang der kleinbürgerlich-demokratischen. Sie wird von ihr verraten und fallen gelassen am 16. April, am 15. Mai und in den Junitagen. Die demokratische Partei ihrerseits lehnt sich auf die Schultern der bourgeois-republikanischen. Die Bourgeois-Republikaner glauben kaum festzustehen, als sie den lästigen Kameraden abschütteln und sich selbst auf die Schultern der Ordnungspartei stützen. Die Ordnungspartei zieht ihre Schultern ein, lässt die Bourgeois-Republikaner purzeln und wirft sich selbst auf die Schultern der bewaffneten Macht. ... Jede Partei schlägt von hinten aus nach der weiterdrängenden und lehnt sich von vornüber auf die zurückdrängende. ... Die Revolution bewegt sich so in absteigender Linie und sie befindet sich in dieser rückgängigen Bewegung, ehe die letzte Februarbarrikade weggeräumt und die erst Revolutionsbehörde constituirt ist.“
[8] Friedrich Engels, Die Adressdebatte in Berlin, in: MEW, Bd. 5, S. 374.
[9] Friedrich Engels, Einleitung zu „Klassenkämpfe in Frankreich“, in: MEW, Bd. 22, S. 516.
[10] Heinz-Gerhard Haupt/Dieter Langewiesche, Die Revolution in Europa. Reform der Herrschafts- und Gesellschaftsordnung – Nationalrevolution – Wirkungen, In: Europa 1848. Revolution und Reform, a.a.O., S. 13.