Was kritische Stimmen voraussagten, ist inzwischen eingetreten: Die leichte Erholung der Weltwirtschaft infolge der Konjunkturprogramme wichtiger Länder wie USA, China, Brasilien, Deutschland und Frankreich 2009 und 2010 hielt nur bis Ende 2011. Seit 2012 schwächt sich das Wachstum global und sogar in den wachstumsstarken Schwellenländern China und Brasilien wieder ab.
In der Europäischen Union haben insbesondere die Kürzung öffentlicher Ausgaben (Austeritätspolitik), Druck auf Löhne und Tarifsysteme, Privatisierung und die weitere Deregulierung der Arbeitsmärkte nicht nur die südlichen Länder (Griechenland, Portugal, Spanien und Italien) in die Rezession zurückgeworfen, sondern z.B. auch reiche Länder wie Luxemburg, die Niederlande und Großbritannien.. Für die Eurozone wird mit einem Minuswachstum von 0,3 Prozent gerechnet. In den meisten übrigen EU-Ländern stagniert die Wirtschaft.
So wundert es nicht, dass aus den Gewerkschaften und den Parteien des Mitte-Links-Spektrums (Sozialdemokraten, Sozialliberale und Grüne) der Ruf erklang, die Politik der „Haushaltskonsolidierung“ zeitlich länger zu strecken und parallel europäische „Wachstumsimpulse“ zu setzen. Man könne nicht länger nur „einseitig die wirtschaftlich Schwachen belasten“, auch die „starken Schultern“ müssten mehr in die Pflicht genommen werden.
Die ‚Linke der Linken’[1] schöpfte Hoffnung aus der Griechenland-Wahl vom Mai 2012, aus der das Bündnis der radikalen Linken Syriza als zweitstärkste Kraft hervorgegangen war. Gemeinsam mit François Hollande und der absoluten Mehrheit der französischen Sozialisten in Nationalversammlung und Senat könne eine Dynamik zu einer „europäischen Linkswende“ aufgebaut und zumindest allmählich ein Gegengewicht zu den Spardiktaten der deutschen Kanzlerin Angela Merkel entwickelt werden.
Mitte-Links auf altbekannten Pfaden
Daraus ist nichts geworden. Die französische „Linksregierung“ wollte Alexis Tsirpas, dem Frontmann von Syriza, nicht einmal ein informelles Gespräch anbieten. Ihr Europaminister Pierre Moscovici forderte schlicht, dass Griechenland alle Auflagen des Memorandums der Troika von Europäischer Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank erfüllen müsse. Die Auflagen neu zu verhandeln komme nicht in Frage. Bei der Griechenlandwahl im Juni 2012 kam Syriza nochmals deutlich gestärkt auf den zweiten Platz. Aber es reichte nicht für die von ihr angestrebte „Koalition der Linken“. Konservative (ND), Sozialdemokraten (PASOK) und die Demokratische Linke (DIMAR) bildeten die neue Regierung, welche den bisherigen Austeritätskurs fortsetzen will.
François Hollande gewann seinen Präsidentschaftswahlkampf unter anderem mit der Forderung, den Fiskalpakt neu zu verhandeln. Nun will aber auch Frankreichs sozialistische Regierung ihn ohne Abstriche ratifizieren. Der EU-Gipfel im Juni 2012 beschloss zwar einen „Wachstumspakt“ – 120 Mrd. € sind dafür offiziell vorgesehen. Seine Finanzierung steht auf wackligen Beinen: 55 Mrd. € aus bisher angeblich ungenutzten EU-Strukturfördermitteln, das Eigenkapital der Europäischen Investitionsbank soll um 10 Mrd. € aufgestockt werden (womit sie angeblich ein Kreditvolumen von 60 Mrd. € ‚hebeln’ kann), 4,5 Mrd. € privater Investitionen sollen über EU-Projektbonds für Infrastrukturvorhaben mobilisiert werden.
Ob dies den EU-Staaten helfen kann, die dies am dringendsten brauchen, ist fraglich. Angesichts der drastischen Ausgabenkürzungen in den am härtesten von der Krise betroffenen südlichen und östlichen Peripherieländern der EU ist kaum davon auszugehen, dass dort entsprechende Investitionsprojekte an den Start gebracht werden können – sie müssten von diesen klammen Staaten ja kofinanziert werden. Elie Cohen (2012) rechnet ansonsten nüchtern vor: „Diese Initiative (…) mobilisiert etwa ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts der EU, d.h. jährlich etwa 0,2 Prozent des BIP, wenn die Maßnahmen sich über fünf Jahre erstrecken. Nur für Frankreich bedeutet aber die Einhaltung des geplanten Defizitabbaus einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 1,5 Prozent, allein in 2013!“
Dieser „Wachstumspakt“ ist wieder einmal nur symbolische Politik. Das Muster ist bekannt: Theo Waigels „Stabilitätspakt für den Euro“ wurde Ende der 1990er Jahre durch den „Druck“ des französischen sozialistischen Premierministers Lionel Jospin zum „Stabilitäts- und Wachstumspakt“ umgetauft. In der Substanz blieb er unverändert.
SPD und Grüne in Deutschland gaben ihre früheren Forderungen nach Eurobonds auf. Sie stimmten dem Fiskalpakt und dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (Euro-Rettungsfonds) zu – gegen das bloße Versprechen der Bundesregierung, sie werde sich für eine Finanztransaktionssteuer in der EU einsetzen. Die italienischen Democratici stützen gemeinsam mit Berlusconis Rechten weiterhin die Austeritätspolitik und die neoliberalen Strukturreformen der ohne demokratische Wahl installierten ‚Expertenregierung’ von Mario Monti. Die Sozialdemokratien Spaniens, Griechenlands und Portugals hatten zuvor schon die Zukunft ihrer Parteien und ihre Regierungsmacht auf dem Altar einer angeblich alternativlosen Sparpolitik geopfert.
Wahlkampfsituationen sind eine Sache – man möge mir aber ein einziges Beispiel nennen, wo Mitte-Links sich anschließend „im wirklichen Leben“ gegen die Interessen „der Finanzmärkte“ gestellt oder Austerität und neoliberale Strukturreformen abgelehnt hätte. Die Mitte-Links-Kräfte in der EU vertreten vielmehr seit mindestens zwei Jahrzehnten eine „sozialliberalistische“ Variante neoliberaler Politik und setzten sie an der Regierung um.
Gewerkschaften, soziale Bewegungen (inklusive ihrer wissenschaftlichen Beratungsnetzwerke) und die ‚Linke der Linken’ in Europa lehnen dies ab. Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) und auch der DGB sind gegen den Fiskalpakt wie zuvor gegen den Euro-Plus-Pakt. Die Hoffnungen auf Frankreichs Sozialisten, SPD, Grüne, italienische Demokraten usw., die in den Jahren der Oppositionstätigkeit dieser Kräfte bei den Gewerkschaften wieder wuchsen – sie sind offenbar auf Sand gebaut. Seit Ende der 1990er Jahre – Stichwort „Dritter Weg“ Schröders und Blairs, Agenda 2010 in Deutschland usw. – sind Gewerkschaften und linke Kräfte damit konfrontiert, dass ihre Kernanliegen im parlamentarischen Raum nicht einmal von den einschlägigen Mitte-Links-Bündnissen unterstützt werden, wenn diese Wahlen gewonnen haben.
Daraus ergibt sich für Gewerkschaften, soziale Bewegungen und die ‚Linke der Linken’ ein doppeltes Problem. Erstens: Welche alternative Programmatik wird von ihnen jeweils vorgeschlagen, um die Finanz- und Wirtschaftskrise, die ‚Eurokrise’ etc. zu überwinden? Zweitens: Mit welcher Strategie kann diese gegenüber rechten wie Mitte-Links-Regierungen stark und durchsetzungsfähig gemacht werden?
Europäisch koordinierte Gegenmobilisierung?
Der EGB hatte nach dem Kriseneinbruch Ende 2007 zwei Jahre gebraucht, um 2010 zumindest eine vorläufige programmatische Alternative für Europa zu formulieren. Aus meiner Sicht hatte diese durchaus Substanz und bot vielfältigen anderen gesellschaftlichen Kräften Anschlussmöglichkeiten für ihre jeweiligen Anliegen. Im Mittelpunkt stand die Forderung nach einem europäischen ökologisch-solidarischen Zukunftsinvestitionsprogramm, das weit über die bisher in den Gewerkschaften üblichen Rufe nach ‚Konjunkturprogrammen’ hinausging. Es war mindestens auf fünf Jahre angelegt, um einen ‚Pfadwechsel’ nach der ‚Großen Rezession’ 2007-2009 in der EU zu befördern. ‚Eurobonds’ für Investitionen sollten es finanzieren und jährlich mindestens 1 Prozent des EU-BIP dafür aufbringen. ‚Public sector led investment’ – also gebündelte öffentliche Investitionen und ihre gezielte Lenkung in bedürftige Regionen und Branchen zur Einleitung einer ökologisch und sozial nachhaltigen Entwicklung – das war die Grundphilosophie des EGB-Vorschlags.[2]
Im ‚Begleitprogramm’: Brechung der Macht der Finanzmärkte (Verbote von bestimmten Finanzinstrumenten; Banken und Finanzindustrie sollten schrumpfen und auf eine dienende Funktion für Verbraucher und Realwirtschaft reduziert werden); neue ökologische und soziale Industrie- und Dienstleistungspolitik inklusive Fördermaßnahmen für die dazu nötigen Kompetenzen, Ausbildung und Weiterbildung der Beschäftigten; höhere Löhne, ‚gute Arbeit’ und verbesserte soziale Sicherungssysteme zur Stabilisierung der Massenkaufkraft, radikale Politik der Umverteilung von Einkommen und Vermögen usw. Es wurde verbunden mit dem Angebot „europäischer Aktionstage der Gewerkschaften“ (und sozialer Bewegungen), um in diesem Rahmen parallel sowohl auf EU- als auch nationaler Ebene Druck gegen die von den EU-Eliten und nationalen Regierungen ab Ende 2009 eingeleitete Rückkehr zu Sparpolitik und neoliberalen Strukturreformen aufzubauen.
Vorläufige Bilanz: Auf nationalstaatlicher Ebene unterstützten die Gewerkschaften der nordischen und exportorientierten EU-Staaten diesen Ansatz bestenfalls sehr verhalten. Die Umwelt- und Sozialverbände verstanden die Öffnung des EGB gegenüber ihren Anliegen nicht recht und verhandelten lieber mit der EU-Kommission über die neue neoliberale ‚Europa 2020 Strategie’ (ohne positive Ergebnisse für sie), und überwiegend in den Staaten der EU-Südperipherie kam es in diesem Rahmen zu machtvollen Demonstrationen oder Generalstreiks.
Ironie der Geschichte: Ein EGB-Generalsekretär wie der Brite John Monks, der zuvor stets von der europäischen gewerkschaftlichen Linken als „Weichei“ betrachtet wurde, weil er den Vertrag von Lissabon als „Fortschritt zum sozialen Europa“ pries und eine Politik im Geiste der Modernisierung der „Sozialpartnerschaft“ propagierte, entschied sich plötzlich für eine Strategie der „gewerkschaftlichen Gegenmacht“ in Europa. Rigoros lehnte er die Konzeption der Euro-Rettungsschirme EFSF und ESM und die damit verbundenen Änderungen des EU-Vertrags ab, wie auch die Vorschläge der EU zur ‚wirtschaftspolitischen Steuerung’ und den Euro-Plus-Pakt. Trägheit und Ignoranz vieler nationaler Gewerkschaftsdachverbände – vor allem die deutschen, niederländischen und skandinavischen wähnten sich ja 2010/2011 auf der sicheren Seite eines erneuten Wirtschaftsaufschwungs durch ihre ‚kluge Beschäftigungspolitik’ in der Krise – sowie der übliche Opportunismus der NGO’s im Umwelt- und Sozialbereich („Europa 2020 positiv begleiten, um Fördermittel für uns herauszuholen“) strangulierten die Perspektive eines allgemeinen „sozialen Aufruhrs“ in Europa, den die EU-Eliten zuvor so sehr befürchtet hatten (Dräger 2011).
Unter Monks’ Nachfolgerin Bernadette Segol an der Spitze des EGB wurde die Programmatik von 2010 dann auch schrittweise abgemildert, wie der jüngste EGB-Vorschlag für einen EU-Solidarpakt (2012) verdeutlicht. Ebenfalls Ironie der Geschichte: Selbst dieses abgespeckte Konzept wird von den Mitte-Links-Kräften in der EU praktisch nicht unterstützt.
Über die Vorschläge und vielfältigen Wendungen von Gewerkschaften, NGO’s und der ‚Linken der Linken’ in Europa in dieser Hinsicht wäre noch viel Kritisches zu berichten. Leider fehlt im Rahmen dieses Beitrags der Platz dafür. Deshalb konzentriere ich mich insbesondere auf die Rezepte der entsprechenden Akteure aus Deutschland.
Grundsatzkritik an der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion …
Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik (Memorandum) legte im Februar 2011 ein Sieben-Punkte-Programm gegen die Eurokrise vor. Darin prangerte sie zu Recht die „Fehlkonstruktion der Wirtschafts- und Währungsunion seit dem Vertrag von Maastricht 1992“ an: die willkürlichen Verschuldungsobergrenzen (3 Prozent des BIP für öffentliche Haushalte, 60 Prozent des BIP für öffentliche Gesamtverschuldung), die einen Zusammenhang von Verschuldung und Inflation behaupteten, der auch nach Auffassung von Mainstream-Ökonomen in den 20 Jahren zuvor nie beobachtbar war;[3] die negative Koordinierung der Wirtschafts- und Fiskalpolitik, die ausschließlich auf niedrige Inflation und Schuldenabbau fixiert war und auf positive Maßnahmen zur Herstellung realwirtschaftlicher Konvergenz in der WWU völlig verzichtete; die No-Bailout-Klausel und die einer demokratischen Kontrolle entzogene Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank usw.
Weil auch unter dem Dach der Währungsunion der erbitterte „Standortwettbewerb“ fortgesetzt wurde, verschärften sich die bestehenden Unterschiede in der Produktions- und Dienstleistungsstruktur, bei Produktivität und Lohnstückkosten, und mit ihnen wuchsen die Leistungsbilanzungleichgewichte innerhalb der EU. Die Ökonomien innerhalb der Eurozone (aber auch in der EU insgesamt) entwickelten sich seit der Einführung des Euro immer weiter auseinander, statt zu konvergieren.[4] Es ist klar, dass eine Währungsunion solche Spannungen auf Dauer nicht aushalten kann.
Ein weiterer fundamentaler Kritikpunkt an der Fehlkonstruktion der Eurozone ist die Vergemeinschaftung der Geldpolitik ohne gemeinschaftliche Fiskal- und Wirtschaftspolitik und einen handlungsfähigen EU-Haushalt. Eine Währung ist nur dann auf Dauer überlebensfähig (souverän), wenn sie einen staatlichen Unterbau hat, d.h. eine Regierung, die Steuern erheben kann, einen Haushalt, der zur Korrektur und Bewältigung wirtschaftlicher Schocks eingesetzt werden kann und ein „Schatzamt“, das dies alles zügig organisieren kann. Die Mitgliedstaaten der Eurozone haben ihre währungspolitische Souveränität verloren, ohne dass der Euro zu einer „souveränen Währung“ geworden wäre. Der Euro hat nur die Europäische Zentralbank und ihre geldpolitischen Instrumente, der Unterbau fehlt ihm. Der EU-Haushalt ist mit seinen 1 Prozent des EU-27 BIP im Vergleich zum Bundeshaushalt der USA (24 Prozent des US-BIP) ein Witz – schnelles Reagieren und Gegensteuern auf einen gleichmäßigen Schock wie die Finanz- und Wirtschaftskrise 2007/2009 ist mit ihm nicht möglich.
In der EU (und Eurozone) müssen also die Mitgliedstaaten mit ihren nationalen Haushalten gegen Krisen agieren, sich langwierig auf ein gemeinsames Vorgehen einigen (oder nicht) – daher die Politik des Durchwurstelns mit den stets sich als unzureichend erweisenden Euro-Rettungsschirmen. Dabei bleiben die EU-Regierungen gegenüber den Finanzmarktakteuren stets im Hintertreffen. Die nationalen Zentralbanken hingegen sind darauf angewiesen, dass die EZB ihnen mit Reserven aushilft (was diese tun oder lassen kann). In den USA mag ein einzelner Bundesstaat pleite gehen, ohne dass der Dollar in den Abgrund gerissen wird – in der Eurozone ist das nicht der Fall.[5]
… aber ja zum Ausbau der Euro-Rettungsschirme
Die Memo-Gruppe unterstützte den Aufbau der Euro-Rettungsschirme EFSF und ESM im Umfang von insgesamt 750 Mrd. € (zusammen mit Mitteln des IWF) und forderte ihren Ausbau. Mit einem „ausreichenden Volumen“ sollten Spekulanten abgewehrt, steigende Risikoaufschläge für Staatsanleihen z.B. Griechenlands, Irlands, Portugals usw. verhindert und die Finanzmärkte beruhigt werden. Die von notleidenden Mitgliedstaaten zu erfüllenden Bedingungen für Kredite aus den Euro-Rettungsschirmen – drastische Austeritätspolitik, Privatisierungen, Senkung der Löhne und Umsetzung neoliberaler Strukturreformen – lehnte sie klar ab. Alternative Bedingungen – z.B. die Verpflichtung zu höheren Steuern auf Vermögen, Unternehmensgewinne und hohe Einkommen, zur Einführung von Kapitalverkehrskontrollen um Kapitalflucht zu verhindern, zu Investitionen in den sozial-ökologischen Umbau - wurden nicht vorgeschlagen. Gefordert wurde eine koordinierte expansive Finanzpolitik der EU-Staaten und ein langfristig angelegtes öffentliches Investitionsprogramm der EU. Dessen Umfang wurde allerdings nicht beziffert. Nimmt man die ursprünglichen Forderungen des EGB (fünf Jahre lang jährlich 1 Prozent des EU-BIP – rund 126 Mrd. € – für ein europäisches Investitionsprogramm) als Maßstab, wäre es wahrscheinlich auch hart gesottenen „Schuldenhydraulikern“ bei den für Euro-Rettungsschirme, Investitionsprogramme usw. insgesamt aufzubringenden Summen schwindelig geworden.
Ähnlich wie die Memo-Gruppe lehnen der DGB und das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) die scharfen Auflagen für Euro-Rettungskredite ab. Der DGB fordert ein Zukunftsprogramm für Wachstum und Beschäftigung, beklagt die mangelnde Regulierung der Finanzmärkte und fordert einen höheren Beitrag von Vermögenden, Kapitaleinkünften und hohen Einkommen zur Bewältigung der Krise. Letzteres hinderte den DGB allerdings nicht daran, Ende September 2011 gemeinsam mit Arbeitgeberpräsident Hundt den Bundestag aufzufordern, dem Euro-Rettungsschirm EFSF zuzustimmen. Das Ratifizierungsgesetz sah aber die vom DGB kritisierten harschen Bedingungen für die Kreditvergabe vor, was die Gewerkschaftsführer durchaus wussten. In staatsmännischer Pose hatten der DGB-Vorsitzende Michael Sommer und die Vorsitzenden aller Einzelgewerkschaften mit großformatigen Anzeigen in Tageszeitungen trotzdem für die Zustimmung zum EFSF geworben: „Ja zu Europa – ja zum Euro“.
Der Hintergrund: „Die Konsequenz einer Verschärfung der Euroraumkrise bis hin zu einer Insolvenz wäre nicht nur für die Länder in Finanzierungsschwierigkeiten, sondern auch für Deutschland sehr negativ.“ (IMK 2011) Insbesondere wenn größere Länder (wie z.B. Spanien, Italien) in eine Abwärtsentwicklung gerieten, verschlechtern sich die „Absatzchancen für Deutschlands Exportindustrie“. So gesehen wären Hilfen für die betroffenen Länder „also auch Hilfen für die deutsche Wirtschaft“.
Noch deutlicher wurde die IG Metall (2011): „Die deutsche Wirtschaft ‚lebt’ wie kaum eine andere Volkswirtschaft vom Export. Die Kunden im Ausland sichern bei uns Millionen von Arbeitsplätzen. Die wichtigsten Abnehmer deutscher Waren sind die Europäer. (…) Die gemeinsame Währung hat gerade die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Produkte enorm erhöht. Wenn die hoch verschuldeten Länder aus der gemeinsamen Währung ‚hinausgeworfen’ werden, werten sie ihre Währungen ab, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. (…) Eurobonds, Rettungsfonds und andere Hilfeleistungen an Defizitländer sollten an Bedingungen geknüpft werden, die das Ziel haben, Schulden abzubauen: Das heißt, die Länder sollen Maßnahmen ergreifen, die die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Wirtschaft verbessern und Wirtschaftswachstum fördern. Hierzu müssen die Krisenländer zwar selbst beitragen, zum Beispiel durch effektivere Steuersysteme, allerdings brauchen sie auch Unterstützung etwa durch einen neuen ‚Marshallplan’.“
Ihr Vorsitzender Berthold Huber sagte dem Deutschlandradio (11.10.2011): „Wir sind die Gewinner des Euros und wir müssen als Bundesrepublik Deutschland größten Wert darauf legen, dass dieser Euro erhalten bleibt. Da fühle ich mich auch mit den Arbeitgebern ziemlich einig.“
Der Euro und die EU müssen nach dieser Wahrnehmung also gerettet werden, um das langfristige Überleben des aggressiven deutschen „Exportweltmeistermodells“ abzusichern. Das beherzte Bekenntnis solcher Gewerkschaftsspitzen zu EU und Euro dient in erster Linie der vermeintlichen Sicherung „deutscher nationaler Interessen“. Kapital und Arbeit in Deutschland sitzen dabei im gleichen Boot (vgl. Streeck 2012). Gut – den Griechen, Portugiesen, Iren usw. muss mit Strukturbeihilfen und nicht näher ausgeführten ‚Marshallplänen’ irgendwie geholfen werden. Aber in erster Linie sollen sie Schuldenabbau betreiben und die „internationale Wettbewerbsfähigkeit“ ihrer Wirtschaften wieder herstellen – was implizit auch jahrzehntelange ‚Lohnmoderation’ der dortigen Gewerkschaften einschließt.
In seinem Buch „Kurswechsel für Deutschland: Die Lehren aus der Krise“ (2010) hatte Huber für ein neues Gesellschaftsmodell plädiert: Deutschland müsse weiterhin eine Industriegesellschaft bleiben, aber ökologischer und sozialer werden und deshalb ein binnenwirtschaftliches Entwicklungsmodell anstreben. In die gleiche Richtung argumentierte früher auch das IMK. Sicher – das geht nicht von heute auf morgen. Ist das aber ein Grund, die schon mal gewonnenen „Lehren aus der Krise“ gleich wieder zu vergessen und den demonstrativen Schulterschluss mit dem deutschen Kapital zu üben?
Eurorettung – Spiel auf Zeit?
Im Kern ging es den deutschen Gewerkschaften bei ihrer Zustimmung zu den Euro-Rettungsschirmen darum, in einer zugespitzten Krisensituation „Zeit zu gewinnen“. Den zeitlichen Aufschub durch die Errichtung der vermeintlichen ‚Brandmauern’ nutzten jedoch andere: die ‚systemrelevanten Finanzinvestoren’, um ihr Geld aus griechischen Anleihen, spanischen und italienischen Banken usw. abzuziehen und die Risikoaufschläge für spanische und italienische Anleihen weiter hochzutreiben – sowie Angela Merkel, um immer schrillere Auflagen für Austeritätspolitik und neoliberale Strukturreformen auf EU-Ebene zu verankern (Euro-Plus-Pakt, EU-Richtlinien zur ‚Economic Governance’, Fiskalpakt usw.). Ersteres führte dazu, dass für das Risiko eines Zahlungsausfalls Griechenlands, Irlands, Portugals usw. jetzt die SteuerzahlerInnen aus den anderen Euro-Ländern haften. Mit den Rettungsschirmen wurde eine Transferunion zugunsten von Banken und Finanzinvestoren geschaffen und nicht den EinwohnerInnen dieser Länder geholfen. Letzteres führt dazu, dass Insolvenzen der Länder in Finanzierungsschwierigkeiten wahrscheinlicher werden, weil Austerität und neoliberale Strukturreformen die Rezession dort vertiefen und bei allen kurzfristigen „Erfolgen“ beim Abbau von Haushaltsdefiziten die öffentliche Gesamtverschuldung wächst, da das BIP über Jahre hin schrumpft.
Weder EFSF noch ESM können eine Verschärfung der Finanzierungskrise von Ländern wie Italien (Schuldtitel von 2 Billionen € stehen zur Umschuldung an) und Spanien (800 Mrd. €) bewältigen. Interventionen des ESM zur Stützung der Anleihen dieser Länder dürften die Lage eher noch verschlimmern: Sobald die Finanzinvestoren den Eindruck gewinnen, dass die Mittel des ESM schrumpfen, werden sie Anleiheverkäufe vorziehen, um später nicht auf an Wert verlierenden Papieren sitzen zu bleiben. Fazit des belgischen Ökonomen Paul De Grauwe (2012): „So werden die Interventionen des ESM die Krisen noch beschleunigen statt sie einzudämmen.“
Auf John Maynard Keynes können sich die Befürworter der Euro-Rettungsschirme jedenfalls nicht berufen. In seiner Schrift ‚The Economic Consequences of the Peace’ (1920) ging er hart mit jenen Regierungen zu Gericht, die Deutschland nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg horrende Reparationszahlungen aufbürdeten. Die Schuldenlast Deutschlands müsse vielmehr auf eine wirtschaftlich tragfähige Höhe vermindert werden, um einen Wirtschaftsaufschwung und dauerhaften Frieden in Europa zu ermöglichen. Einer Strategie des „Schuldenaudits“ und der Entschuldung der Krisenstaaten stehen viele gewerkschaftsnahe Ökonomen (IMK 2011a, Busch 2012) aber eher ablehnend gegenüber. So auch neuerdings die deutsche Memo-Gruppe (2012, S. 167): „Auf entfesselten Finanzmärkten ist ein Schuldenschnitt ein Spiel mit dem Feuer.“ Weil die Finanzinvestoren dabei mit drastischen Verlusten zu rechnen haben, treiben sie die Risikoaufschläge für Anleihen anderer gefährdeter EU-Staaten hoch. Hinzu kämen die Kosten für eine Rekapitalisierung der von einem Schuldenschnitt betroffenen Banken und Versicherungen in der EU.
In der Tat: Eine solche Strategie steht und fällt mit der Brechung der Macht der Finanzmärkte – von der Einführung von Kapitalverkehrskontrollen, der Zerschlagung des Schattenbankensystems und Verboten spekulativer Instrumente (CDS, Derivate etc.) bis hin zur Sozialisierung der Banken. Es geht um ‚regime change’ und nicht bloße „Regulierung der Finanzmärkte“, wie sie derzeit von der EU als ‚liberale Regulierung für mehr Transparenz’ gestaltet wird. Wenn der Finanzsektor so drastisch geschrumpft und die Banken auf ihre dienende Funktion für Realwirtschaft und VerbraucherInnen reduziert werden, ist ihre Rekapitalisierung jedenfalls billiger als die zu erwartenden Verluste aus den Rettungsschirmen bei einer Insolvenz von Krisenstaaten. Wäre bereits 2010 ein Schuldenschnitt für Griechenland zu Lasten der privaten Gläubiger eingeleitet worden – 2009 betrug seine öffentliche Gesamtverschuldung ‚unhaltbare’ 129,4 Prozent seines BIP – wäre der Rekapitalisierungsbedarf deutlich geringer gewesen als die über 220 Mrd. € zu erwartenden Verluste der Euro-Rettungsschirme, wenn das Land in den nächsten Jahren – wie von vielen Beobachtern erwartet – insolvent ginge (Schuldenstandsquote 2011 bereits 165,3 Prozent des BIP, Tendenz steil ansteigend).
Ausblick
Die Schwäche der „Alternativkonzeptionen“ von Gewerkschaften und alternativen Linken liegt zum einen in ihrer Fixierung auf einzelne Instrumente oder „Modelle“, die den systemischen Zusammenhang der Krisen außer Acht lassen.[6] Die realen politischen und gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse, die Strategien der EU-Eliten werden von ihnen weitgehend ausgeblendet – dazu einige Beispiele:
Eine Teilvergemeinschaftung der Schulden der Mitgliedstaaten mit gemeinsamer Haftung durch Eurobonds klingt gut, würde sie doch den wirtschaftlich schwächeren EU-Ländern auf den ersten Blick niedrigere Zinskosten bringen. Ein Wechsel bestehender öffentlicher Schulden auf Eurobonds bewirkt aber weder Entschuldung noch neue fiskalische Schuldenkapazität für die Eurozone. Alle maßgeblichen Eurobonds-Vorschläge in dieser Hinsicht (Stabilitätsbonds der Europäischen Kommission, das Konzept von Juncker und Tremonti usw.) sehen genau wie bei den Euro-Rettungsschirmen vor, dass die Mitgliedstaaten bei einem Tausch ihrer Schuldtitel (bis zur Maastricht-Grenze von 60 Prozent ihres BIP) in gemeinschaftliche Eurobonds „strikte Konditionen“ à la Fiskalpakt zu erfüllen hätten.[7] Was wäre damit gewonnen?
Die Europäische Zentralbank soll als „Kreditgeber letzter Instanz“ die Mitgliedstaaten mit unbegrenzter Liquidität versorgen und so die Angriffe der Spekulanten zunichte machen? Das könnte sie durchaus (De Grauwe 2011), aber der EZB-Rat will es nicht. Die Anleihekäufe der EZB zur „Entlastung“ Spaniens und Italiens wurden stets erfolgreich mit Druck zu Austerität und Strukturreformen garniert, Berlusconi so aus dem Amt gejagt. Wie bringt man aber absolut unabhängige Zentralbanker zum Umlenken? Durch gut gemeinte Memoranden?
Endlich eine „demokratische europäische Wirtschaftsregierung“ einschließlich der Kompetenz errichten, „die Richtung der Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten zu bestimmen“, indem das Europäische Parlament nach dem Mitentscheidungsverfahren in die Prozesse der derzeitigen „wirtschaftspolitischen Steuerung“ einbezogen wird (Busch 2012, S. 43)? Da dies als kurzfristige Lösung vorgestellt wird, bis später einmal im Rahmen einer „echten Föderalverfassung“ mit voll demokratisiertem Europaparlament und einer zweiten Kammer der Mitgliedstaaten die „Politische Union“ vollendet ist, stellt sich die Frage: Hat der Verfasser nicht bemerkt, dass die Mehrheit des EP bei den EU-Verordnungen zur ‚Economic Governance’ sein Mitentscheidungsrecht nutzte, um dem Rat „automatischere Sanktionen“ beim Stabilitätspakt und eine gestärkte Rolle der Kommission abzuringen (vgl. Dräger 2011a)? Warum sollte eine neoliberale Mehrheit des Europäischen Parlaments ausgerechnet die alternativen Vorschläge aus den Gewerkschaften umsetzen wollen?
Wer sind dann aber die Akteure, um einen Politikwechsel voranzutreiben? Roosevelt’s New Deal in den 1930er Jahren, der vielen in den Gewerkschaften und der alternativen Linken als Vorbild für die heutige Krisenbekämpfung dient, war die Reaktion auf massive Kämpfe der Gewerkschaften, Kriegsveteranen und armen Farmer. Erst die Angst des Großkapitals, dass die Situation außer Kontrolle geraten könnte, machte es zu Zugeständnissen bereit. Ohne verallgemeinerten „sozialen Aufruhr“, den die EU-Eliten in der Krise 2008/2009 befürchteten, wird sich weder in Deutschland noch in der EU etwas zum Positiven bewegen.
Literatur
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Busch, Klaus (2012): Scheitert der Euro?; Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, Februar
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Dräger, Klaus (2011a): Europäische Wirtschaftsregierung. EU auf dem Weg zum „Deutschen Europa“?; in: Widerspruch 61, 31. Jg./2. Halbjahr 2011
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[1] Z.B. DIE LINKE in Deutschland, Front de Gauche in Frankreich, Izquierda Unida in Spanien, die Rot-Grüne Einheitsliste in Dänemark usw.
[2] Der DGB fordert jetzt ein ähnliches europäisches Zukunftsprogramm, das über eine Vermögensabgabe der Reichen finanziert werden soll.
[3] Vielmehr stieg in den 1980er und 1990er Jahren die öffentliche Verschuldung, während die Inflationsrate sank – nach der Maastricht-Philosophie hätte steigende öffentliche Verschuldung zu höherer Inflation führen müssen.
[4] Dazu hatten z.B. das IMK (2005) und das französische OFCE (2007) stichhaltige Analysen vorgelegt. Vgl. auch Joachim Becker (2011).
[5] Jörg Goldberg (2011) hat dieses Problem m. E. indirekt sehr treffend angesprochen. Warum können sich die USA, Großbritannien oder Japan bei deutlich höheren Staatsschulden (USA, Japan) im Vergleich zur EU und einem hohen Leistungsbilanzdefizit (USA) und somit ‚objektiv’ hohem ‚Insolvenzrisiko’ zu günstigen Zinsen (1,4 – 1,6 Prozent) auf den Finanzmärkten refinanzieren, Spanien, Italien etc. aber nicht? „Es liegt die Vermutung nahe, dass die Finanzmärkte – und das sind wenige ‚systemrelevante’ Investoren – und deren politische Einschätzungen eine viel größere Rolle spielen als vermeintlich ‚objektive’ Verschuldungskennziffern.“ USA, Japan und Großbritannien haben den Vorteil, dass sie sich in eigener souveräner Währung verschulden können und notfalls die nötige Palette an Instrumenten haben, höhere Schulden zu ‚monetisieren’. Ausführlicher dazu aus Sicht der post-keynesianischen ‚Modern Monetary Theory’: Wray (2011).
[6] Diesen Aspekt kann ich aus Platzgründen hier nicht weiter ausführen. Vgl. dazu u.a. Michel Husson (2011).
[7] Griechenland hätte im Übrigen dann immer noch „Junkbonds“ im Umfang von 100 Prozent seines BIP, Italien von 60 Prozent und Portugal von 40 Prozent.
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