Der Unterschied zwischen der „Befreiung der Arbeiterklasse“ und der „Selbstemanzipation“ liegt darin, dass beim Erstgenannten die Arbeiterklasse als Objekt betrachtet wird, das die Rettung durch Anleitung von oben braucht, bei der Selbstbefreiung die Arbeiterklasse aber als Subjekt fungiert, das sich selbst befreit. Es geht also nicht um eine Fremdbefreiung durch eine Partei, sondern um eine revolutionäre Bewegung mit dem Ziel der sozialistischen Selbstverwaltung.
MEW 25 S. 452-457: „In dem Aktienwesen existiert schon Gegensatz gegen die alte Form, worin gesellschaftliches Produktionsmittel als individuelles Eigentum erscheint; aber die Verwandlung in die der Aktie bleibt selbst noch befangen in den kapitalistischen Schranken; statt daher den Gegensatz zwischen dem Charakter des Reichtums als gesellschaftlicher und als Privateigentum zu überwinden, bildet sie ihn nur in neuer Gestalt aus.“ „In der Aktiengesellschaft ist die Funktion getrennt vom Kapitaleigentum, also auch die Arbeit gänzlich getrennt vom Eigentum an den Produktionsmitteln und an der Mehrarbeit. Es ist das Resultat der höchsten Entwicklung der kapitalistischen Produktion ein notwendiger Durchgangspunkt zur Rückverwandlung des Kapitals in Eigentum der Produzenten, sondern als das Eigentum ihrer als assoziierter, als unmittelbares Gesellschaftseigentum. (453) … Es ist die Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise selbst und daher ein sich selbst aufhebender Widerspruch …“ Folglich werden die Widersprüche und Antagonismen der kapitalistischen Gesellschaft nicht aufgehoben, sondern nur auf eine neue, höhere Stufe gehoben. Es ist ein „negativer“ Prozess der Selbstabschaffung. Es ist eine ökonomische Notwendigkeit, weil es eine kapitalistische Gesetzmäßigkeit ist. Die vergesellschafteten Produktionsmittel äußern sich in dem Aktienbesitz, der aber (noch) privat angeeignet wird. Die Ungerechtigkeit der kapitalistischen Gesellschaftsordnung bleibt somit von dieser Entwicklung so lange unberührt, wie es der Arbeiterklasse nicht gelingt, selbige durch eine sozialistische Wirtschaftsordnung zu ersetzen. Die objektiven Anforderungen der ökonomischen Entwicklung, also die Möglichkeit eines Wechsels der Produktionsweise, decken sich nicht mit den objektiven Interessen der ausgebeuteten (und unterdrückten) Gesellschaftsklassen. Offensichtlich ist es den herrschenden Schichten des Staates bisher in den entwickeltsten Nationen der Welt gelungen, ausreichend große Teile des Proletariats durch Einbindung und Partizipation in ihr System zu binden. Die sogenannte Arbeiteraristokratie erkennt für sich mehr Vorteile durch Anpassung, als durch die Unwägbarkeiten eines Systemwechsels. Die hohe Entwicklung des Vergesellschaftungsgrades hat nicht zur Verelendung der Arbeitermassen, sondern auch zu einem massiven Wachstum des gesellschaftlichen Reichtums geführt, der auch von der Mehrheit der Bevölkerung individuell angeeignet werden konnte. Dass dies nicht zuletzt auch und gerade durch ökonomische, soziale und politische Klassenkämpfe erreicht wurde widerspricht dieser Wirklichkeit nicht. Viele der alten nationalen Klassenkonflikte wurden durch die Bourgeoisie ins Ausland „verlagert“, also internationalisiert. Dieser Umstand macht den Klassenkampf heute weitaus schwieriger, auch wenn die unterdrückten Nationen ihrerseits erfolgreiche Kämpfe geführt haben; eine Spirale, deren Ende – so ist zu hoffen – nicht durch die Endlichkeit der Welt, ihrer Ressourcen und ihrer Grenzen der Regeneration entschieden wird.
1 Siehe: Zhang Guangming, Ist Band III des Kapitals die Antithese zu Band I? In: Z 114 (Juni 2018), S. 110-124.