Die folgende Abhandlung gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil, der sich ganz auf Marx’ Kritik der politischen Ökonomie konzentriert, wird eine Systematik der Ursachen, der Mittel und der Formen der Beschleunigung im kapitalistischen Produktions- und Zirkulationsprozess entwickelt. Der zweite Teil behandelt gegenwärtige Theorien der sozialen Beschleunigung, die sich zwar auf Marx berufen, ihm aber nicht in allen Konsequenzen folgen bzw. in wesentlichen Punkten von ihm abweichen. Mit der Kritik dieser Theorien sollen, sozusagen im Rückblick, bestimmte Aspekte der Marxschen Theorie konkretisiert und verdeutlicht werden.
I.
Warenproduzierende und kapitalistische Gesellschaft
Ein grundlegender, häufig zu wenig beachteter Unterschied in Marx’ Kritik der politischen Ökonomie ist der zwischen allgemein-warenproduzierender und speziell-kapitalistischer Gesellschaft. Erstere ist dadurch gekennzeichnet, dass arbeitsteilig und nicht für den eigenen Bedarf, sondern für den Austausch und damit für den Markt produziert wird. Auf diese Weise verwandeln sich die Arbeitsprodukte in Waren. Letztere schließt sich daran an, geht aber einen entscheidenden Schritt darüber hinaus: In ihr werden nicht nur die Arbeitsprodukte, sondern auch die Arbeitskraft der Menschen zur Ware und auf dem Markt gehandelt. Historisch betrachtet liegen die Anfänge der warenproduzierenden Gesellschaft im „Kontakt der [naturwüchsigen] Gemeinwesen“ untereinander.[1] Von den Rändern, dem Handel zwischen verschiedenen Gemeinwesen ausgehend, breitet sich der Warentausch dann auch im Inneren, als Handel zwischen verschiedenen Privatpersonen desselben Gemeinwesens, aus. Warenproduzierende Gesellschaften existierten somit bereits zur Zeit der griechischen Antike, des römischen Weltreichs oder des Mittelalters. Dagegen hat die kapitalistische Warenproduktion die „ursprüngliche Akkumulation“ zur Voraussetzung, bei der die Bauern (seit dem 16. Jahrhundert) von ihren „Subsistenzmitteln“ (Grund und Boden) getrennt und „als vogelfreie Proletarier auf den Arbeitsmarkt geschleudert“ wurden (23, 744). Mit der Aneignung des durch die Lohnarbeit produzierten Mehrwerts durch den Kapitalisten schlagen die Gesetze der einfachen in die kapitalistische Warenproduktion um. Der Warenmarkt erweitert sich zum Arbeitsmarkt (wo Arbeitskraft gekauft und verkauft wird), zum Finanzmarkt (wo Geld, Kredite, Wechsel und Aktien gehandelt werden) und zum Weltmarkt (wo alle nationalen Grenzen überschritten werden).
Funktionen der Zeit in der warenproduzierenden Gesellschaft
Für die folgenden Überlegungen ist die Unterscheidung von warenproduzierender und kapitalistischer Gesellschaft insofern grundlegend, als „Zeit“ der einen, „Beschleunigung“ der anderen wesensmäßig zugeordnet werden kann. Gleich auf den ersten Seiten des Kapital, auf denen Marx die Grundbegriffe der Warenproduktion einführt, werden nacheinander drei Grundbestimmungen oder Funktionen der Zeit genannt. Erstens ist die Zeit der Maßstab, an dem der Wert von Arbeitsprodukten gemessen wird. Je mehr Zeit zur Produktion einer Ware aufgewendet werden muss, desto größer ihr Wert. Zweitens ist die Zeit das Kriterium, nach dem verschiedene Arbeitsprodukte oder Gebrauchswerte gegeneinander ausgetauscht werden. Beim Tausch von z.B. 20 Ellen Leinwand gegen 1 Rock werden demnach gleiche Zeitquanten getauscht, da zur Herstellung von 20 Ellen Leinwand genauso viel Zeit benötigt wird, wie zur Herstellung von 1 Rock. Drittens ist Zeit im Geld vergegenständlicht. Der von Benjamin Franklin geprägte Satz „Zeit ist Geld“, den Max Weber als Beleg für den „Geist des Kapitalismus“ zitiert[2], besitzt, wie Marx in der Wertformanalyse zeigt, für jede (also nicht nur für die kapitalistische) Waren- oder Tauschgesellschaft Gültigkeit. „Geld als Wertmaß ist notwendige Erscheinungsform des immanenten Wertmaßes der Waren, der Arbeitszeit“ (23, 109). Anzumerken bleibt, dass allen drei Funktionen der Zeit eine „einfache“ und am Stand der Produktivkraftentwicklung gemessene „durchschnittliche“ Arbeit zugrunde liegt.
Eine weitere Grundbestimmung oder Funktion der Zeit reicht über die Grenzen der warenproduzierenden Gesellschaft hinaus. Beim fiktiven Robinson Crusoe (in Defoes Roman), bei einer autark lebenden Bauernfamilie oder in einem zukünftigen „Verein freier Menschen“ ist die Zeit die Grundlage für die Planung der Arbeit. „Ihre gesellschaftlich planmäßige Verteilung regelt die richtige Proportion der verschiednen Arbeitsfunktionen zu den verschiedenen Bedürfnissen. Andrerseits dient die Arbeitszeit zugleich als Maß des individuellen Anteils des Produzenten an der Gemeinarbeit und daher auch an dem individuell verzehrbaren Teil des Gemeinprodukts“ (23, 93).
Der Schatz als Reichtum an Zeit
Der Schatzbildner ist ein Typus der vorkapitalistischen Gesellschaft. Seine Haupteigenschaften sind Fleiß (er produziert Waren, die er gegen Geld verkauft) und Sparsamkeit oder Geiz (er tauscht das erhaltene Geld nicht vollständig gegen andere Waren ein, sondern hortet es). Auf diese Weise vergrößert sich sein Geldbesitz und wird zum Schatz. Möglicherweise hatte Marx die Karikaturen aus Molières Komödie oder Balzacs Romanzyklus (etwa die Figur des Gobseck) vor Augen, als er das hässliche Porträt des Schatzbildners zeichnete: Er „macht Ernst mit dem Evangelium der Entsagung“ und „opfert ... dem Goldfetisch seine Fleischeslust“ (23, 147). Setzt man Zeit und Geld gleich, so stellt der Schatz allerdings auch eine Anhäufung von Zeit dar, von freier Zeit, in der der Schatzbildner nicht für seinen Lebensunterhalt arbeiten muss und die er, wenn die Schatzbildnerei nicht zum Selbstzweck geworden ist und ihn psychisch deformiert hat, zur Muße, d.h. zum Lesen, Musizieren, zur Geselligkeit oder zum Sport verwenden kann. Er kann seinen Zeitvorrat auch verschenken oder sogar vererben. Der Gegensatz des Schatzbildners wäre der Schuldner. Er hat sich Geld ausgeliehen und bereits ausgegeben, d.h. einen Teil seiner Lebenszeit verpfändet. Seine Zukunft liegt damit in der Hand des Gläubigers.
Von der Zeit zur Beschleunigung der Zeit
Sobald der Schatzbildner sein Geld nicht mehr unter der Matratze versteckt, sondern investiert oder auf die Bank trägt, um dafür Zinsen zu erhalten, hört er auf, Schatzbildner zu sein. Er tritt aus der Warenzirkulation W – G – W’ (Ware wird gegen Geld, Geld gegen andere Waren getauscht) aus und in die Kapitalzirkulation G – W – G’ (Geld wird gegen Waren, Waren gegen mehr Geld getauscht) ein. Damit wird er zum Kapitalisten.
Die Warenzirkulation ist eine endliche Bewegung, sie beginnt mit der Produktion einer Ware und endet mit dem Konsum einer Ware. Erst mit der Entstehung des Kapitalismus wird die Warenzirkulation durch die Geld- oder Kapitalzirkulation überlagert. Sie beginnt mit Geld, das jemand hat, der damit Waren (Rohstoffe, Werkzeuge, Arbeitskräfte etc.) kauft um neue Waren zu produzieren, die er auf dem Markt für mehr Geld, also mit Gewinn, verkauft. Da das über das vorgeschossene Geld gewonnene Geld in der Regel nur zum Teil verkonsumiert und wieder investiert, d.h. in eine erweiterte Geldzirkulation zurückfließt, bezeichnet die Geld- oder Kapitalzirkulation eine unendliche Bewegung.
Wie bei der einfachen Warenzirkulation (in warenproduzierenden Gesellschaften) die Zeit eine tragende Rolle spielt, so wird bei der Geldzirkulation (in kapitalistischen Gesellschaften) die Beschleunigung zum Dreh- und Angelpunkt des ökonomischen Geschehens. Nun, da die Arbeitskraft zur Ware geworden ist und Mehrwert (die Differenz zwischen vorgeschossenem Geld G und zurück erhaltenem Geld G’) produziert, kommt alles darauf an, den Gesamtprozess des Wirtschaftens zu beschleunigen. Das treibende Motiv ist dabei nicht die Gier des einzelnen Kapitalisten. Es handelt sich vielmehr um einen in der Struktur des Kapitalismus angelegten Zwang: Wer im Tempo nicht mithalten kann, fällt im Kampf der Konkurrenten zurück und geht unter. Da der Gesamtprozess des Wirtschaftens zwei Seiten hat, die Produktion und die Zirkulation der Waren, nimmt auch die Beschleunigung zwei Formen an: als Beschleunigung der Produktion und Beschleunigung der Zirkulation.
Beschleunigung der Produktion durch die Entwicklung der Produktivkräfte
Marx unterteilt den Arbeitstag in die „notwendige Arbeitszeit“, die durch den Lohn abgegolten wird und zur Reproduktion des Arbeiters und seiner Familie dient (Nahrung, Wohnen, Kleider, Erholung, Ausbildung der Kinder etc.) und die „Mehrarbeits- oder Surplusarbeitszeit“, die nicht durch den Lohn abgegolten wird und den Mehrwert erwirtschaftet (23, 231f.). Da im Konkurrenzkampf der Kapitalisten möglichst viel Mehrwert oder Gewinn herausgeschlagen werden soll, wird versucht, die notwendige Arbeitszeit zu verkürzen und die Surplusarbeitszeit zu verlängern. Dazu stehen zwei Wege offen. Entweder wird der Arbeitstag verlängert, was aber schnell an die „physischen Schranken“ der Arbeiter oder an gesetzlich vorgegebene Grenzen stößt. Oder das Verhältnis der notwendigen zur Surplusarbeitszeit wird (bei gleich langem Arbeitstag) zugunsten der letzteren verschoben. Das kann z.B. auch durch Verbilligung und „Verfälschung von Lebensmitteln“, Verwendung von Surrogaten etc. (23, 262 und 264 Fußnote) geschehen, was die Absenkung des Reallohns und die Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit ermöglicht. Der Haupthebel aber ist die Steigerung der Produktivität der Arbeit, d.h. die Beschleunigung der Produktion durch verbesserte Produktivkräfte: durch den Einsatz effektiverer Maschinen, zunehmende Arbeitsteilung, speziellere Ausbildung, reibungslosen Ablauf der Produktion. Wem es gelingt, den Durchschnitt der Produktivität, d.h. die Durchschnittsgeschwindigkeit der Produktion zu übertreffen, vergrößert die Surplusarbeitszeit und erwirtschaftet einen „Extraprofit“, der ihm einen Wettbewerbsvorteil verschafft.
Für den Arbeiter hat die Beschleunigung der Produktion durch verbesserte Produktivkräfte eine doppelte Konsequenz. Zum einen verlängert und intensiviert sie seinen Arbeitstag. Marx spricht von dem „ökonomischen Paradoxon“, dass die Maschine, „das gewaltigste Mittel zur Verkürzung der Arbeitszeit“ unter kapitalistischen Verhältnissen „in das unfehlbarste Mittel umschlägt, alle Lebenszeit des Arbeiters und seiner Familie in disponible Arbeitszeit für die Verwertung des Kapitals zu verwandeln“. An sich erleichtert die Maschine die Arbeit, „kapitalistisch angewendet“ aber steigert sie vor allem ihre Intensität, so dass ein Zehnstundentag „jetzt so viel oder mehr Arbeit“ enthält, wie früher ein Zwölfstundentag (23, 430, 465, 433). Zum anderen gibt die Maschine die Geschwindigkeit der Arbeit vor. Dass der Arbeiter zum „lebendigen Anhängsel“ der Maschine wird (23, 445), heißt auch, dass die „Eigenzeit“ (der Biorhythmus) des Arbeiters der mechanischen Zeit, dem Takt der Maschine, untergeordnet und durch die Maschine eine Beschleunigung der Arbeit erzwungen wird.
Beschleunigung der Zirkulation durch Vermeidung zeitlicher Verzögerungen
Wie in der Produktion hat die Beschleunigung auch in der Zirkulation das Ziel, den Profit zu steigern; wie in der Produktion wird auch sie dem einzelnen Kapitalisten bei Strafe des Untergangs durch die Konkurrenz aufgezwungen. War die Beschleunigung der Produktion (in der die Warenwerte erzeugt werden) allerdings unmittelbar auf die Steigerung des Profits gerichtet, so zielt die Beschleunigung der Zirkulation (in der den Waren keine Werte hinzugefügt werden) nur mittelbar auf die Steigerung des Profits: durch Senkung der Kosten, die bei der Vorbereitung der Produktion oder der Realisierung des Mehrwerts anfallen. Wird die Beschleunigung der Produktion vornehmlich durch die Entwicklung der Produktivkräfte, so wird die Beschleunigung der Zirkulation durch die Vermeidung von Verzögerungen im gesamten Kreislauf der Produktion erreicht.
Neben der Reduzierung der Kosten (die den Mehrwert schmälern) nennt Marx ein zweites Motiv, das zur Beschleunigung der Zirkulation anspornt: die Reduzierung des unternehmerischen Risikos und zwar in verschiedener Hinsicht. Erstens vermindern eine „größere Geschwindigkeit, Regelmäßigkeit und Sicherheit“, womit die nötigen Produktionsmittel beschafft werden können, das Risiko, dass die Produktionsabläufe ins Stocken geraten (24, 143)[3]. Zweitens steigt „mit der längeren Umlaufszeit der Waren das Risiko eines Preiswechsels auf dem Verkaufsmarkt“ (24, 255), so dass die Kalkulation nicht mehr stimmt und die berechneten Erlöse nicht mehr erzielt werden können. Drittens besteht die Möglichkeit, dass die Produktion, aus welchen Gründen immer, eingestellt und nicht zu Ende geführt wird. Mit der Länge der Umschlagszeit wächst daher das Risiko, dass „die bereits ... verzehrten Produktionsmittel und Arbeit nutzlos verausgabt“ (24, 233) worden sind.
Bezeichnete Marx den Produktionsprozess durch die Formel G – W – G’, so erweitert er die Formel für den gesamten Kreislauf des Kapitals, der auch die Zirkulation umfasst, in G – W … P (Produktion) … W’ – G’.
Ehe die Produktion beginnen kann, müssen Waren W (Produktionsmittel: Gebäude, Werkzeuge, Rohstoffe, Arbeitskräfte etc.) gekauft werden; nachdem die Produktion beendet ist, müssen die produzierten Waren W’ verkauft, d.h. der Mehrwert realisiert werden. Beide Vorgänge bezeichnet Marx mit dem Begriff der Zirkulation.[4] Die Dauer in der das vorgeschossene Geld G gebunden bleibt, lässt sich somit in drei Abschnitte unterteilen: die Vorbereitungszeit G – W (Bereitstellung der Produktionsmittel), die Produktionszeit P (Herstellung der Waren) und Realisierungszeit W’ – G’ (Verkauf der hergestellten Waren). Ihre Summe nennt Marx die Umschlagszeit; es ist die Zeit, die durchlaufen werden muss, ehe ein neuer Produktionszyklus begonnen, das zurück erhaltene Geld G’ von neuem eingesetzt werden kann. Jede der genannten Zeiten hat ihre eigenen Möglichkeiten der Beschleunigung.
Beschleunigung der Vorbereitungszeit
Die Mittel, um die Zeit für die Bereitstellung der Produktionsmittel zu beschleunigen, sind Verbesserung der Kommunikation, des Transports, der Vorratshaltung (von Rohstoffen und Werkzeugen), damit keine Engpässe oder Verzögerungen entstehen. Zur „Logistik“ der Abläufe gehört auch ein „flexibler Arbeitsmarkt“, der geeignete Arbeitskräfte in ausreichender Menge bereitstellt. Große Bedeutung spricht Marx der „Buchführung“ zu, die nicht nur die Preise kalkuliert, sondern die ganze „Bewegung der Produktion und namentlich der Verwertung“ (24, 135) kontrolliert und rational organisiert. Sie sorgt dafür, dass die Bereitstellung der Produktionsmittel zwar so groß wie nötig ist, damit die Arbeitsabläufe nicht unterbrochen werden, gleichzeitig aber so gering wie möglich, damit keine zusätzlichen „Aufbewahrungskosten“ (24, 138) entstehen.
Beschleunigung der Produktionszeit
Unter Produktionszeit versteht Marx über die Arbeitszeit (in der die Waren produziert werden) hinaus auch die Unterbrechungen der Arbeit, die zur Regeneration der Arbeiter (Pausen, Nächte) oder zur Reifung der Arbeitsprodukte (Wachstum des ausgesäten Korns, Gärung der gepressten Trauben) erfordert sind. Da das Kapital, das in Fabrikgebäude, Maschinen, Werkzeuge, Rohstoffe etc. investiert ist („fixes Kapital“) seinen Wert auch dann verliert, wenn nicht gearbeitet wird, nämlich durch Alterung oder „moralischen Verschleiß“, d.h. Überholt-Werden durch den technischen Fortschritt (23, 426), ist der Kapitalist daran interessiert, dass die Arbeit nach Möglichkeit nicht unterbrochen wird. Im einen Fall nimmt die Beschleunigung die Form der Schicht- und Nachtarbeit an. Im anderen Fall wird versucht, die Reife- oder Gärungszeiten zu verkürzen, etwa durch die künstliche Trocknung von Holz (24, 242) oder – Beispiele, die Marx nicht anführt – durch Gewächshäuser, Beheizung des Bodens, Zusatz von Chemikalien oder Züchtung schneller-reifender Arten. Da während der „überschüssigen“ Zeit (Nächte, Reifezeit) „keine Verwertung des produktiven Kapitals“, also keine Mehrwertproduktion stattfindet und nur (Zirkulations-) Kosten anfallen, besteht „die Tendenz der kapitalistischen Produktion, den Überschuss der Produktionszeit über die Arbeitszeit möglichst zu verkürzen“ (24, 127).
Beschleunigung der Realisierungszeit
Die Verkürzung der Realisierungszeit, d.h. des Verkaufs der hergestellten Waren spielt in Marx’ Analyse noch eine untergeordnete Rolle. Hierzu gehört neben der guten Organisation des Transports (Beschleunigung der Lieferzeit) auch der ganze Bereich der Reklame und Werbung (einschließlich Mode und Warenästhetik), der Erzeugung neuer Bedürfnisse oder die gezielte Reduktion der Haltbarkeit (Verschleiß), wodurch die Nachfrage gesteigert und beschleunigt wird.
Beschleunigung der Umschlagszeit
Das wirkungsvollste Mittel, um die gesamte Umschlagszeit zu verkürzen, ist das Kreditsystem. Unter normalen Umständen müsste gewartet werden, bis der ganze Kreislauf beendet, die Waren W’ also verkauft, das Geld G’ zurückgekehrt ist, bis ein neuer Umschlag begonnen werden kann. Im Interesse einer beschleunigten Akkumulation zieht der Kapitalist den Beginn des nächsten Umschlags allerdings nach vorne. Anders ausgedrückt: Er kauft Arbeitskräfte und Produktionsmittel und beginnt mit der Produktion neuer Waren, noch ehe die alten Waren (aus dem vorherigen Umschlag) verkauft sind. Da er das vorgeschossene Geld aber noch nicht zurückerhalten hat, leiht er sich das Geld.
An die Stelle des Geldes (als direktes Zahlungsmittel) tritt zunächst der Wechsel als Zahlungsversprechen, der bis zu seinem Verfallstag selbst (als indirektes Zahlungsmittel) zirkuliert. Durch Wechsel werden Zahlungen aufgeschoben, insofern bilden sie die Grundlage des Kredits. Es handelt sich um wechselseitige Vorschüsse, die sich Industrielle und Kaufleute untereinander geben („Handelskredit“) bzw. um Vorschüsse, die Banken (die Gehälter, Spargelder etc. einsammeln und verwalten) an Industrielle und Kaufleute vermitteln („Bankkredit“) (25, 413, 415f.)[5]. Durch Wechsel oder Kredite, für die Zinsen gezahlt werden müssen, die aus dem realisierten Gewinn abgezweigt werden, wird der Umschlagsprozess „aufs äußerste forciert“. Marx spricht von der ungeheuren „Beschleunigung der einzelnen Phasen der Zirkulation oder der Warenmetamorphose“, der ungeheuren Beschleunigung „der Metamorphose des Kapitals und damit der Beschleunigung des Reproduktionsprozesses überhaupt“ (25, 452) durch das Kreditsystem. Denn zwischen der ersten Phase des Umschlags G – W und der zweiten Phase W’ – G’ „steht der Produktionsprozess [nicht] still“ (24, 45); vielmehr können sich beide Phasen überlagern und gleichzeitig ablaufen, womit zugleich Zeit eingespart wird und der Profit wächst.
Die Aktie bildet in Marx’ Darstellung die entwickeltste und speziellste Form des Kredits. Sie ist weder Handelskredit noch Bankkredit, sondern ein Kredit, den (Klein-) Anleger an große Unternehmen (Aktiengesellschaften) geben. Sie werden dadurch anteilsmäßig zu Miteigentümern, die (in Form der Dividende) am Profit des Unternehmens beteiligt werden, aber auch das Risiko mittragen, wodurch die im Falle des Bankrotts ihr eingesetztes Geld verlieren können. Vor allem handelt es sich um eine Form des Kredits, der nicht nur zum reibungslosen Ablauf des Kapitalumschlags, sondern zur Ausdehnung der Produktion bzw. zur Finanzierung neuer Umschläge mit neuen Waren eingesetzt wird, wie im 19. Jahrhundert etwa zur Finanzierung des Eisenbahnbaus. Die Beschleunigung, die schon mit dem Kreditwesen eingetreten ist, wird noch insofern forciert, als die von den Aktionären gewährten „Kredite“ (je nach dem erhofften Gewinn oder dem befürchteten Verlust) in kürzester Zeit wieder abgezogen und in andere Produktionszweige geworfen werden können.
Bemerkenswert sind zwei Anmerkungen, die Marx zum forcierten gesellschaftlichen Wandel macht, der mit der Ausweitung des Aktiensystems Hand in Hand geht. Zum einen nennt er das Aktiensystem die „Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise selbst“ (25, 454). Es stellt prima facie insofern einen „Übergangspunkt zu einer neuen Produktionsform“ dar, als der Arbeiter als Aktionär zugleich zum Miteigentümer der Fabrik werden kann und mit der Dividende einen Teil des Mehrwerts erhält, den er durch seine Surplusarbeit selbst produziert. Geht die Firma pleite, so verliert er allerdings nicht nur seinen Arbeitsplatz, sondern auch noch sein in Aktien angelegtes Geld. Zum anderen erzeugt oder reproduziert das Aktiensystem infolge der Trennung von Kapitaleigentum und Kapitalfunktion (Aktionär und Manager) aber auch „eine neue Sorte von Parasiten in Gestalt von Projektemachern, Gründern und bloß nominellen Direktoren“, „ein ganzes System des Schwindels und Betrugs mit Bezug auf Gründungen, Aktienausgabe und Aktienhandel“, das das Vermögen „der kleinen Leute in die Taschen der großen Kapitalisten spült“ (25, 454; 17, 458f.). Es potenziert damit die in der privaten Aneignung des gesellschaftlich produzierten Mehrwerts liegende Tendenz des Auseinanderfallens von Arm und Reich.
Die Krise als ungewollte Entschleunigung bzw. als Beschleunigung der Auflösung der kapitalistischen Produktionsweise
Zugleich mit der gewollten und beabsichtigten Beschleunigung der Produktion bewirkt das Kredit- oder Aktiensystem auch eine ungewollte und nicht beabsichtigte Beschleunigung der „gewaltsamen Ausbrüche dieses Widerspruchs“ der kapitalistischen Produktionsweise, d.h. der Krisen. Sie „beschleunigen ... die ... Auflösung der alten Produktionsweise“ (25, 457). Unter dem Aspekt der Zeit lassen sich Wirtschaftskrisen als Inkongruenz zweier Geschwindigkeiten interpretieren. Durch Kredite oder die Ausgabe von Aktien nämlich wird zum einen in „täglich wachsender Raschheit ... die Produktion gesteigert“ und das Warenangebot vergrößert. Dem vergrößerten Warenangebot aber steht zum anderen „die stets zunehmende Langsamkeit der Ausdehnung des Marktes für diese vermehrten Produkte“ (25, 453; Einfügung von Engels) gegenüber. Die zeitlichen Abläufe von Produktion und von Konsumtion fügen sich nicht mehr ineinander, ihre Einheit zerbricht, die Überproduktion von Waren trifft auf eine (durch gleichbleibende oder schwindende Kaufkraft bedingte) Unterkonsumtion bei den Massen. In der Folge fallen die Preise, das Kreditsystem bricht zusammen, weil die Schulden nicht mehr bedient werden können. Die durch das Kredit- und Aktiensystem bewirkte Beschleunigung schlägt in ihr Gegenteil um, in eine Entschleunigung oder in einen Stillstand, bei dem Unternehmen Bankrott gehen, Arbeiter arbeitslos und Waren vernichtet werden.
„Ökonomie der Zeit“ heißt es in den Grundrissen, „darein löst sich schließlich alle Ökonomie auf“. Gemeint ist der haushälterische, sparsame, rationale, planvolle Umgang mit der Zeit, denn: „Je weniger Zeit die Gesellschaft bedarf, um Weizen, Vieh etc. [zur Befriedigung der Grundbedürfnisse] zu produzieren, desto mehr Zeit gewinnt sie zu anderer Produktion, materieller und geistiger“ (42, 89), „zum enjoyment [Genießen], zur Muße, … zur freien Tätigkeit“. „Wealth is disposable time, and nothing more.“ [Reichtum ist verfügbare Zeit, und sonst nichts.] „Die Zeit ist der Raum für die Entwicklung der faculties“ [der menschlichen Fähigkeiten] (26.3, 252). Marx unterscheidet zwischen dem Reich der Naturnotwendigkeit, d.h. der Produktion der lebensnotwendigen Güter, und dem Reich der Freiheit, das erst da „beginnt, wo das Arbeiten, das durch Not und äußere Zweckmäßigkeit bestimmt ist, aufhört“ und „die menschliche Kraftentwicklung, die sich als Selbstzweck gilt“ beginnt (25, 828). Um dieses Reich der Freiheit und der menschlichen Selbstentfaltung zu erweitern, muss – das ist die „Grundbedingung“ – der Arbeitstag verkürzt werden, was aber nur möglich ist, wenn „der vergesellschaftete Mensch, die assoziierten Produzenten“ ökonomisch mit der Zeit umgehen und „ihren Stoffwechsel mit der Natur rationell regeln und unter ihre gemeinschaftliche Kontrolle bringen“.[6]
In den Ausführungen über die „Ökonomie der Zeit“ stecken zwei Thesen. Erstens: Der Kapitalismus verschwendet Zeit, trotz aller seiner Beschleunigungen. Er entfremdet die Zeit dem Menschen, unterwirft die Lebenszeit (Eigenzeit) der Arbeitszeit (fremdbestimmte Zeit), lässt zu wenig Zeit für Muße oder selbstbestimmte Tätigkeit. Zweitens: Das „Reich der Freiheit“ (die Utopie des Kommunismus) geht „ökonomischer“ mit der Zeit um, es gewinnt die Kontrolle über sie zurück, erweitert die freie Zeit der Muße und Selbstbestimmung durch Zeitersparnis im Reich der Naturnotwendigkeit. Was den Kapitalismus in Marx’ Augen diskreditiert, ist nicht nur das Privateigentum an den Produktionsmitteln, die Ausrichtung der Produktion am Tauschwert (Profit) oder die Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft; es ist auch die daraus entspringende Zeitverschwendung. Zum einen haben die Krisen immer eine kolossale Verschwendung von Zeit zur Folge: Bis sich die richtige Proportion zwischen Angebot und Nachfrage wieder eingependelt hat und ein neuer Konjunkturzyklus beginnen kann, steigt die Arbeitslosigkeit und Zeitpotentiale liegen brach. Zum anderen wird die Beschleunigung immer nur in Teilbereichen vorangetrieben, die sich dann gegenseitig zeitraubend in die Quere kommen und die harmonische Entwicklung des Ganzen behindern: Während jeder einzelne Betrieb höchst rationell und zeitsparend arbeitet, bringt das Gegeneinander der einzelnen Betriebe, das „anarchistische System der Konkurrenz die maßloseste Verschwendung“ mit sich, nicht nur durch eine „Unzahl ... entbehrlicher, aber an und für sich überflüssiger Funktionen“ (23, 552), sondern auch der Zeit.
Da sich die Produktion am Tauschwert (Profit) und nicht an den Bedürfnissen orientiert, wird oftmals das Falsche und fortwährend zu viel produziert. Wenn eine Ware „in einem das gesellschaftliche Bedürfnis ... überschreitenden Maß produziert“ wird und also verdirbt, nicht gebraucht und weggeworfen wird, so ist damit auch „ein Teil der gesellschaftlichen Arbeitszeit vergeudet“ (25, 197). Dieselbe Vergeudung von Zeit findet statt, wenn ein Teil der produzierten Waren absichtlich vernichtet wird, um das Angebot zu verknappen und den Marktpreis nicht fallen zu lassen. Nach der Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise, so prognostiziert Marx, wird der Umgang mit der Zeit ökonomischer, d.h. rationeller geregelt werden: „die Verteilung der gesellschaftlichen Arbeit unter die verschiedenen Produktionsgruppen“ und die „Buchführung hierüber“ wird dann „wesentlicher denn je“ (25, 859).
Ausbreitung der Beschleunigung auf andere Bereiche des gesellschaftlichen Lebens
Marx begreift die ökonomischen Bewegungen nicht in Form eines isolierten Subsystems der Gesellschaft, sondern als „Basis“ und Bedingung aller gesellschaftlichen Bewegungen. Seine Theorie geht aufs Ganze: Die Beschleunigung, die von der Basis ausgeht, überträgt sich (in verschiedener Weise) auf alle anderen Bereiche. Am schnellsten entwickeln sich die Produktivkräfte. Schon die Produktionsverhältnisse, die die Entwicklung der Produktivkräfte beschleunigen oder verzögern können, entwickeln sich viel langsamer. So entstehen „Widersprüche“ oder Desynchronisationen (Ungleichzeitigkeiten). Erst in zweiter Linie macht sich die Beschleunigung der Produktivkräfte, vermittelt durch die verzögerte Entwicklung der Produktionsverhältnisse auch im Überbau bemerkbar. „Mit der Veränderung der ökonomischen Grundlage wälzt sich der ganze ungeheure Überbau langsamer oder rascher um.“ (13,9) Aufgrund der „relativen Selbständigkeit“ des Überbaus besitzt die Eigenzeit seiner verschiedenen Bereiche eine noch größere Bedeutung. Die Fortschritte oder „Blütezeiten“ der Kunst und Literatur etwa stehen in keinem direkten „Verhältnis zur allgemeinen Entwicklung der Gesellschaft“ (42, 30); sie können ihr hinterher hinken, ihr aber auch vorauseilen.
Am augenfälligsten setzt sich die Beschleunigung der Produktion in der Beschleunigung des Alltagslebens fort. In den Forderungen nach mehr Flexibilität und Mobilität verbirgt sich nichts anderes, als die Forderung, nicht hinter den „Sachzwängen“ der beschleunigten Produktion zurück zu bleiben. Die fortwährenden Anpassungen an die veränderten Anforderungen der Arbeit (Weiterbildung, Umschulung), an neue Arbeitsbedingungen (Aufstieg, Abstieg), Wechsel der Arbeitsplätze (mit Wechsel des Wohnorts und des sozialen Umfelds) etc. schlagen sich in den Lebensrhythmen der Menschen nieder. Mit der beschleunigten Arbeit beschleunigt sich auch das Konsum- und Freizeitverhalten.
II.
Ist Beschleunigung das Wesen des Kapitalismus?
Eine Reihe der gegenwärtigen Theorien der sozialen Beschleunigung berufen sich zwar expressis verbis auf Marx, folgen ihm aber nicht in allen Konsequenzen. Ihre Modifikationen oder Abweichungen sind geeignet, quasi im Rückblick, noch einmal bestimmte Aspekte seiner Theorie hervorzuheben. Moishe Postone etwa definiert den Kapitalismus auf der Grundlage einer „neuen Interpretation der kritischen Theorie von Marx“. Deren Mangel besteht seiner Auffassung nach darin, dass sie „eine spezifisch-historische Konfiguration des Kapitalismus“ (nämlich den liberalen Kapitalismus des 19. Jahrhunderts) als den Kapitalismus überhaupt darstellt. [7] Um einen allgemeinen Begriff zu bilden, der auch die gegenwärtigen Konfigurationen des postfordistischen oder neoliberalen Kapitalismus umfasst, dürfe man den Kapitalismus nicht vom „Standpunkt der Arbeit“[8] als eines „transhistorischen“ Stoffwechsels des Menschen mit der Natur fassen. Wer den gegenwärtigen Kapitalismus begreifen will, müsse sich auf den Standpunkt des „historisch bestimmten Charakters der Arbeit“[9] stellen, der infolge der Fortschritte der Produktivkräfte von einer zunehmenden Beschleunigung geprägt ist. Wörtlich spricht Postone von der „sich beständig erneuernden historischen Dynamik“[10], von der „Verdichtung“ der Zeit[11] oder vom „Tretmühlenmuster“[12], das die zeitlichen Abläufe in eine bestimmte Richtung lenkt.
Beginnt der Kapitalismus für Marx da, wo die Arbeitskraft zur Ware und zur Produktion von Mehrwert angewendet wird, so beginnt er für Postones „neue Interpretation“ da, wo die Produktivität der Arbeit eine sprunghafte Beschleunigung und Dynamik entfaltet: wo sich der Wert, der sich an der verausgabten Arbeitszeit bemisst, infolge fortschreitender Produktivität auf eine zunehmende Menge von Waren verteilt und damit (bezogen auf die einzelne Ware) immer geringer oder „anachronistischer“ wird.[13] Was bei Marx also Folge ist: die Beschleunigung der Produktion als Folge der Jagd nach Mehrwert und Extraprofiten, die durch einen Vorsprung der eingesetzten Produktivkräfte erzielt werden, das wird bei Postone zur Ursache. Die Frage woher die Beschleunigung kommt, bleibt unbeantwortet.
Ein weiterer Gegensatz zu Marx und dem „traditionellen Marxismus“ besteht darin, dass Postone keine Perspektive über den Kapitalismus hinaus besitzt. Die Arbeiterklasse stellt für ihn einen „integralen Bestandteil des Kapitalismus“ dar und keine „Verkörperung seiner Negation“[14]. Spätestens seit der Mitte des 20. Jahrhunderts gibt es für ihn auch „keine systemimmanenten Widersprüche mehr …, die auf die Möglichkeit einer Gesellschaft jenseits des Kapitalismus verweisen“[15]. Zusammenfassend begreift Postone das Wesen des Kapitalismus als die Simultaneität von „fortwährenden und sich beschleunigenden Transformationsprozessen aller Aspekte des gesellschaftlichen Lebens“ einerseits und der „fortwährenden Rekonstitution der grundlegenden Strukturmomente des Kapitalismus“ andererseits.[16] Mit anderen Worten: Während sich die Arbeit und das Leben immer schneller verändern, bleiben die Eigentumsverhältnisse unverändert.
Trägt die Beschleunigung zum Fortbestand des Kapitalismus bei?
In seinem Vorwort zur englischen Ausgabe des Kapital spricht Engels von einem „zehnjährigen Zyklus von Stagnation, Prosperität, Überproduktion und Krise, der von 1825 bis 1867 immer wiederkehrte“, gegenwärtig (1886) aber ausbleibe, so dass die „ersehnte Periode der Prosperität“ nicht eintrete (23, 40). Die grafische Darstellung des Konjunktur- oder Krisenzyklus in Form einer Sinuskurve erweist sich insofern als falsch, als sie den Eindruck eines regelmäßigen, quasi stationären Kreislaufs erweckt und die von Engels angesprochene Verstärkung des krisenhaften Geschehens außer Acht lässt. Folgt man den Ausführungen des sowjetischen Ökonomen und NEP-Theoretikers Nikolai Kondratjew, die Joseph Schumpeter und andere aufgegriffen und gegen Marx ins Feld geführt haben[17], so werden die kurzen, fünf- bis zehnjährigen Wellen des Krisenzyklus allerdings von „langen [fünfzig- bis sechzigjährigen] Wellen“ überlagert. In ihnen entstehen neue Schlüsseltechnologien, die den Krisenzyklus (zumindest teilweise) außer Kraft setzen. Technische „Basisinnovationen“, so das Argument, bewirkten eine Neu-Ausrichtung und Umrüstung der gesamten Ökonomie, erforderten große Investitionen, verbesserten in der Folge die Verwertungsbedingungen des Kapitals, wirkten dem tendenziellen Fall der Profitrate entgegen und ermöglichten nach den Krisen wieder neue Zeiten der Prosperität.
Nacheinander basieren die von Schumpeter so genannten „Kondratjew-Zyklen“ auf der Dampfmaschine (ca. 1780-1840), der Eisenbahn (ca. 1840-1890), dem Automobil und der Elektrotechnik samt Telefon (ca. 1890-1940), der Luftfahrt- und Atomtechnik (ca. 1940-1990) oder der Informations- und Kommunikationstechnik (ab 1990). Deren Einführung und Verbreitung relativierten aber nicht nur den Krisenzyklus; sie steigerten auf erweiterter Stufenleiter auch die Geschwindigkeit der Produktion und der Zirkulation. Erfolgte die Beschleunigung des gesamten ökonomischen Prozesses zuerst durch die Jagd nach Extraprofiten und die Senkung der Zirkulationskosten unter dem Zwang der Konkurrenz, so erfolgt sie nun in zunehmender Weise auch unter dem Zwang verbesserter Verwertungsbedingungen des Kapitals, d.h. unter dem Zwang der Krisenbewältigung. Anders ausgedrückt: Die an die Grenzen menschlicher Leistungsfähigkeit gehende Beschleunigung des ökonomischen Prozesses ist der Preis, der für den Fortbestand des Kapitalismus bezahlt wird.
Bezeichnenderweise reduzieren die Theoretiker, die den „Kondratjew-Zyklus“ als Argument gegen die Krisenanfälligkeit des kapitalistischen Systems verwenden, den Begriff der Produktivkraft auf den der Technik. Der Mensch, den Marx als „Hauptproduktivkraft“ (42, 325) begreift, wird der technischen Innovation untergeordnet. Seine physischen und psychischen Potenzen, seine Gesundheit, sein Bedürfnis, seine Arbeits- und Lebensbedingungen selbst zu bestimmen werden der von der Technik diktierten Beschleunigung aufgeopfert. Das Ideal des Humanismus, das auch die Kontrolle über das eigene Lebenstempo einschließt, weicht dem Ideal der Flexibilität: der reibungslosen Anpassung an die rasanten Veränderungen der Arbeits- und Lebenswelt.
Hat die soziale Beschleunigung ihre Ursache ausschließlich in der Beschleunigung der Ökonomie?
Hartmut Rosa folgt Marx zunächst darin, dass er das kapitalistische Wirtschaften als Ursache der ökonomischen Beschleunigung darstellt. „In mindestens drei Hinsichten“, schreibt er, beruht das kapitalistische Wirtschaften „konstitutiv auf dem Erarbeiten und Ausnutzen von Zeitvorsprüngen“: auf dem Einsparen von Arbeitszeit durch gesteigerte Produktivität der Arbeit, auf der Erwirtschaftung von Extraprofiten durch Unterbieten der durchschnittlichen Arbeitszeit und auf beschleunigten Kreisläufen durch das Kreditsystem.[18] Nicht festhalten möchte Rosa dagegen an Marx’ Materialismus, der die ökonomische Beschleunigung als letzte Ursache aller sozialen Beschleunigung begreift. An die Stelle dieser „reduktionistischen Interpretation“[19] setzt er eine Art von Synopse (oder Eklektizismus), die einerseits die Moderne für alle Phänomene der Beschleunigung verantwortlich macht, die Moderne aber andererseits nicht mit Kapitalismus oder bürgerlicher Gesellschaft gleichsetzt.[20] Stattdessen definiert Rosa den Prozess der Modernisierung in ökonomischer Hinsicht als wachsende Naturbeherrschung und Industrialisierung (in Sinne von Marx), in kultureller Hinsicht als Rationalisierung (im Sinne von Max Weber), in (gesellschafts-)struktureller Hinsicht als Differenzierung (im Sinne von Durkheim oder Luhmann), in (sozial-)psychologischer Hinsicht als Individualisierung (im Sinne von Simmel, Ulrich Beck oder Gerhard Schulze). Die Prozesse der Rationalisierung, der Differenzierung und der Individualisierung, die für Marx nur Epiphänomene darstellen, also Folgeerscheinungen des Kapitalismus mit seiner rationalen Organisation der einzelnen Fabrik (bei Anarchie der Gesamtproduktion), seiner zunehmenden Arbeitsteilung, seinem Privateigentum und seiner Konkurrenz, die zu einem „Krieg aller gegen alle“ führt, stehen bei Rosa als eigenständig und gleichrangig nebeneinander. Sie bilden für ihn verschiedenartige, nicht-ökonomische, „externe“ Antriebsmotoren der Beschleunigung.
Letztlich fasst Rosa die Beschleunigung als einen sich „selbstantreibenden Prozess“[21], d.h. als einen autonomen Prozess, der seine Ursache in sich selbst hat. In ihrem „immanenten“ Wesen ist sie nach seiner Auffassung ein „irreduzibles und tendenziell dominantes Grundprinzip von Moderne und Modernisierung“, das sich „gegenüber den anderen Modernisierungstendenzen [der Rationalisierung, der Differenzierung etc.] ... als primär“ erweist und „den Schlüssel zur Erklärung von historischen Modifikationen in deren Erscheinungsform“ liefert.[22] Damit ist, wie schon bei Postone, nicht der Kapitalismus die Ursache der Beschleunigung, sondern die Beschleunigung die Ursache des Kapitalismus. Sie ist weder durch die Vollendung noch die Preisgabe der Moderne zu bändigen. Dass ein „neuerliches Equilibrium auf einem höheren Geschwindigkeitsniveau“ verwirklicht werden kann, erscheint Rosa ebenso unrealistisch und unwahrscheinlich, wie die Beendigung der „Beschleunigungsgeschichte“ durch eine selbstorganisierte „Multitude“ (Hardt/Negri) oder das machtvolle Eingreifen der Politik, die die Lebensgeschwindigkeit auf ein „human-verträgliches Maß“ reduziert.[23] Am „wahrscheinlichsten“ erscheint Rosa, dass sich die Beschleunigung weiter verstärkt und zur Katastrophe führt, d.h. zu einem „Kollaps des Ökosystems“ oder dem „endgültigen Zusammenbruch der modernen Sozial- und Werteordnung“[24]. Sein Buch schließt mit der vagen Hoffnung auf etwas Anderes, Unerwartetes, Neues, das den Weg in die Katastrophe aufhält.
Ist Entschleunigung ein Weg zur Überwindung des Kapitalismus?
Fritz Reheis folgt der Argumentation von Marx weiter als Postone und Rosa. Zum einen stellt er den Umstand, dass sich die kapitalistische Produktionsweise am Tauschwert und (Extra-)Profit und nicht am Gebrauchswert und den wirklichen Bedürfnissen der Menschen orientiert, als die letzte Ursache aller Beschleunigung dar: nicht nur der ökonomischen, sondern aller sozialen Beschleunigungen. Für ihn ist es die kapitalistische Produktionsweise, die, durch wachsende Beschleunigung vermittelt, den Lebensraum des Menschen zerstört, die natürlichen Ressourcen verschwendet, zu einer fortschreitenden Desintegration des gesellschaftlichen Lebens (infolge von Egoismus, Konkurrenz, Vereinzelung) führt oder die individuelle Persönlichkeit (infolge physischer und psychischer Krankheiten) beschädigt.[25] Zum anderen transzendiert Reheis die Grenzen der bestehenden Produktionsweise und entwirft, im Hinblick auf ihre Transformation, die „Vision einer entschleunigten Gesellschaft“[26]. Eine „vorwärtsschreitende Zeitpolitik“ sollte nicht nur auf das Ziel der Nachhaltigkeit oder der Wiedergewinnung natürlicher Zeitrhythmen gerichtet sein (wie die Zeitpolitik im Verständnis von Martin Held und Karlheinz Geißler[27]), sondern darüber hinaus „auf den Einstieg in den Ausstieg aus dem Kapitalismus“[28]. Über verschiedene Vorschläge für die Entschleunigung des individuellen Lebens (durch ein verändertes Arbeits-, Freizeit- und Konsumverhalten) hinaus, diskutiert er daher auch politische Maßnahmen wie die Konzepte einer Dualwirtschaft, einer gerechten Marktwirtschaft oder einer demokratischen Planwirtschaft, die auf gesellschaftlicher Ebene eine Entschleunigung des Lebens befördern könnten.[29]
Tatsächlich findet sich bei Marx keine prinzipielle Ablehnung der Beschleunigung, im Gegenteil. Das (mit Engels verfasste) Manifest der kommunistischen Partei singt ein Loblied auf die „höchst revolutionäre“, d.h. die Entwicklung beschleunigende Rolle, die das Bürgertum gespielt hat. In seiner kaum hundertjährigen Herrschaft hat es „alle feudalen, patriarchalischen, idyllischen Verhältnisse“ zerstört, „alles Ständische und Stehende verdampft“, „das Land der Herrschaft der Stadt unterworfen“, „massenhaftere und kolossalere Produktivkräfte geschaffen als alle vergangenen Generationen zusammen“, Transport und Kommunikation beschleunigt und den Weltmarkt geschaffen, die Menschen aus der „Idiotie des Landlebens“ und in den Strudel der Geschichte gerissen (4, 464, 465f., 467). Eine weitere Botschaft des Manifests lautet: Die Kommunisten wollen das Rad der Geschichte nicht anhalten oder zurückdrehen, sondern an die bürgerliche Entwicklung anknüpfen und die Errungenschaften des Kapitalismus „aufheben“.
Im Gegensatz zu Goethe, der sich über die „veloziferische Zeit“ beklagt, die „nichts mehr reif werden lässt“[30], oder zu Nietzsche, der in der Folge zunehmender Beschleunigung eine „neue Barbarei“ heraufziehen sieht[31], bewerten Marx und Engels die soziale Beschleunigung letztlich positiv. Trotz aller Überformung, Beeinträchtigung, Fremdbestimmung durch verselbständigte Rhythmen enthält die Beschleunigung eine Bereicherung und Intensivierung des Lebens. Sie erschließt neue Möglichkeiten und ist die Voraussetzung für die Verwirklichung des Sozialismus in dem die „assoziierten Produzenten“ die Kontrolle über die Produktion übernehmen und damit ihre Lebensumstände selbst bestimmen (25, 828). Das bedeutet auch, dass sie sich die Geschwindigkeit nicht mehr als äußeres Diktat aufzwingen lassen, aber nicht unbedingt, dass alles langsamer wird. Weder möchte Marx zu den „rechten Zeitmaßen“ zurückkehren, die die Natur mit ihren Rhythmen vorgibt (wie es die Vertreter der „Ökologie der Zeit“ fordern), noch setzt er der kapitalistischen Hetze eine Kultur der Langsamkeit entgegen (wie die Befürworter der „Entschleunigung“). Sein Ziel ist vielmehr die Selbstbestimmung und Kontrolle der eigenen Lebensumstände. Ob dieses Ziel besser durch Beschleunigung oder durch Entschleunigung erreicht wird, hängt von den jeweiligen Umständen ab und unterliegt der eigenen Entscheidung.
Beschleunigen Revolutionen die geschichtliche Entwicklung? Es scheint nur eine Verlängerung der im Manifest entwickelten Gedanken zu sein: Wenn die Arbeiterklasse den durch das Bürgertum erreichten Fortschritt weiter und zu Ende führt, so wird die sozialistische Revolution eine weitere Beschleunigung des Lebens mit sich bringen. So jedenfalls argumentiert Walter Benjamin in einer aus dem Nachlass veröffentlichten Anmerkung zu seinen Thesen Über den Begriff der Geschichte. Als Beleg zitiert er Marx’ (in Bezug auf die Klassenkämpfe in Frankreich 1848 bis 1850 geäußerten) Satz „Die Revolutionen sind die Lokomotiven der Geschichte“ (7, 85). Gegen diese Auffassung stellt Benjamin seine eigene These, der zufolge die Geschichte nicht als Fortschritt zum Besseren, sondern als eine zeitliche Abfolge von (immer größeren) Katastrophen begriffen werden muss. Man darf die Geschichte infolgedessen nicht beschleunigen, sondern muss sie anhalten und zum Stillstand bringen: „Marx sagt, die Revolutionen sind die Lokomotiven der Weltgeschichte. Aber vielleicht ist dem gänzlich anders. Vielleicht sind die Revolutionen der Griff des in diesem Zug reisenden Menschengeschlechts nach der Notbremse“[32]. Unter dieser Perspektive wäre die sozialistische Revolution das Aufsprengen des „Kontinuums der Geschichte“, der Kommunismus ein „Stillstand“ der Zeit.[33]
Fragwürdig an Benjamins Marx-Revision ist nicht nur die seltsame Vermengung von wissenschaftlich-philosophischen mit jüdisch-theologischen Argumenten, die die reale Geschichte mit der Heilsgeschichte und der „Erlösung“ assoziiert und das Proletariat zum „neuen Messias“ stilisiert. Fragwürdig ist auch die Gleichsetzung von Revolution und Beschleunigung bzw. (in der Gegenposition zu Marx) von Revolution und Entschleunigung. Wie schon ausgeführt, stellt die Beschleunigung für Marx nur ein sekundäres, abgeleitetes Phänomen dar. Abzulehnen ist sie nur insofern, als sie unter kapitalistischen Verhältnissen der Steigerung des Mehrwerts untergeordnet ist und zu Lasten der Arbeiter geht. Revolution heißt nicht Entschleunigung, sondern Aufhebung des Privateigentums an den Produktionsmitteln (3, 68f.) und in der Folge Selbstbestimmung und Kontrolle der „assoziierten Produzenten“ über die Produktion und ihre eigenen Lebensumstände. Ob dieses Ziel besser durch Beschleunigung oder durch Entschleunigung erreicht wird, hängt von den Umständen ab und unterliegt ihrer eigenen Entscheidung.
[1] Karl Marx /Friedrich Engels, Werke, Berlin 1956 ff., Bd.23, 102; im Folgenden im Text nur als Band- und Seitenzahl zitiert.
[2] Max Weber: Die protestantische Ethik I, hg. von J. Winckelmann, Hamburg 1973, 40. Franklins Ausspruch stammt aus dem Advice to a Young Tradesman (1748) und ist gegen den Müßiggang gerichtet: Wer seine Zeit im Wirtshaus verbringt, muss nicht nur seine Zeche bezahlen, er verliert darüber hinaus auch das Geld, das er in dieser Zeit durch Arbeit hätte verdienen können.
[3] Bekanntlich hat Marx den zweiten Band des Kapital nicht mehr selbst veröffentlicht. In der MEGA, Abt. II sind inzwischen alle 10 Entwürfe abgedruckt, die Marx zu verschiedenen Zeiten zum „Zirkulationsprozess des Kapitals“ verfasst hat (Bd. 11); weiterhin das Redaktionsmanuskript, das Engels bei der Ordnung und Herausgabe der Manuskripte aus dem Nachlass erarbeitet hat (Bd. 12) und die Druckversion aus dem Jahr 1885 (Bd. 13). Dazu: http://mega.bbaw.de/struktur/abteilung_ii.
[4] Marx verwendet den Begriff der Zirkulation doppeldeutig: im engeren Sinne für die zwei Phasen des Kaufs und des Verkaufs von Waren (24, 124, 251 u.ö.), demnach setzte sich die Zirkulationszeit aus Vorbereitungs- und Realisierungszeit zusammen; im weiteren Sinne synonym mit dem gesamten Umschlag, so dass die Umschlagszeit darüber hinaus auch die Dauer der Produktion umfasst (24, 154).
[5] Der dritte Band des Kapital in der von Engels besorgten Druckfassung von 1894 ist in der MEGA, 2. Abt. als Bd.15 erschienen. Zum Vergleich der Druckfassung mit den Manuskripten von Marx bietet die Einführung zu Bd.14 sowie der Apparat zu Bd.15 aufschlussreiche Informationen.
[6] Auch ist der „für freie, geistige und gesellschaftliche Betätigung der Individuen eroberte Zeitteil“ um so größer, „je gleichmäßiger die Arbeit unter alle werkfähigen Glieder der Gesellschaft verteilt ist“. Unter kapitalistischen Verhältnissen herrscht eine sehr ungleiche Verteilung der Zeit. Die „freie Zeit für eine Klasse“ wird „durch die Verwandlung aller Lebenszeit der Massen in Arbeitszeit“ erkauft (23, 552).
[7] Moishe Postone, Time, labor and social domination. A Reinterpretation of Marx's Critical Theory, New York /Cambridge 1993. Zitiert nach der deutschen Übersetzung: Zeit, Arbeit und gesellschaftliche Herrschaft. Eine neue Interpretation der kritischen Theorie von Marx, Freiburg 2003, 12. Eine knappe und aktualisierte Zusammenfassung der darin vertretenen Thesen gibt Postone in seinem Aufsatz „Marx neu denken“ in: Rahel Jaeggi /Daniel Loick (Hg.), Nach Marx, Berlin 2013, 364-393.
[8] Ebd., 11, 579. Auch Postone: Marx neu denken, a.a.O., 367.
[9] Ebd., 443. Vgl. dazu Postones Unterscheidung von konkreter, abstrakter und historischer Zeit, ebd. 308ff., 329, 442.
[10] Ebd., 22. In der englischen Ausgabe: „ongoing historical dynamic“ (4).
[11] Ebd., 440. In der englischen Ausgabe: „the time unit becomes ‚denser‘“ (292).
[12] Ebd., 441. In der englischen Ausgabe: „treadmill pattern“ (293).
[13] Ebd., 57.
[14] Ebd., 585.
[15] „Andere Zeiten brauchen andere Begriffe“, Gespräch Postones mit Jochen Baumann in Jungle World, 21, 1999, http://www.isf-freiburg.org/verlag/sonstiges/postone-zeit.arbeit_dis-baumann.pdf.
[16] Ebd., 582. In der englischen Ausgabe: „ongoing and accelleration processes of the transformation of all aspects of social life“ (387).
[17] Joseph A. Schumpeter: Konjunkturzyklen. Eine theoretische, historische und statistische Analyse des kapitalistischen Prozesses, Göttingen 1961. In der Nachfolge von Schumpeter entwickelten Gerhard Mensch, Christopher Freeman, Stephan Schulmeister, Leo Neofidow u.a. Konjunkturtheorien der „langen Wellen“. Kritisch dazu Ernst Mandel, Die langen Wellen im Kapitalismus. Eine marxistische Erklärung, Frankfurt /M. 1983, oder Stanislaw Menschikow, Lange Wellen in der Wirtschaft. Theorie und aktuelle Kontroversen. IMSF, Frankfurt /M. 1989. Kondratjews Abhandlung über Die langen Wellen der Konjunktur erschien bereits 1926.
[18] Hartmut Rosa, Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne, Frankfurt/M. 2005, 259f.
[19] Ebd., 279.
[20] Ebd., 51, 59, 61f., 120, 335. Ganz auf Marx konzentriert sich Rosas Aufsatz Klassenkampf und Steigerungsspiel: Eine unheilvolle Allianz. Marx’ beschleunigungstheoretische Krisendiagnose, in Rahel Jaeggi/Daniel Loick (Hg.): Nach Marx, a.a.O., 394ff.
[21] Ders., Beschleunigung, a.a.O., 243, 251.
[22] Ebd., 441. Vgl. 110. Hervorhebungen von Rosa.
[23] Ebd., 486ff.
[24] Ebd., 489.
[25] Fritz Reheis, Die Kreativität der Langsamkeit. Neuer Wohlstand durch Entschleunigung, Darmstadt 21995, 136ff.
[26] Ebd., 153.
[27] Martin Held/Karlheinz A. Geißler (Hg.), Von Rhythmen und Eigenzeiten. Perspektiven einer Ökologie der Zeit, Stuttgart 1995, 182ff., 207f.
[28] Fritz Reheis, Langsamkeit, a.a.O., 225. Ders.: Entschleunigung. Abschied vom Turbokapitalismus, München 2006, 254.
[29] Ebd., 171-197. Ders., Entschleunigung, a.a.O., 192ff.
[30] J. W. v. Goethe: Maximen und Reflexionen Nr. 479 und 480. Vgl. auch die Briefe an Schiller vom 9. August 1797 und an Zelter vom 6. Juni 1825.
[31] Friedrich Nietzsche, Menschliches. Allzumenschliches I, Nr. 285; Kritische Studienausgabe (KSA), München/New York 1980, 2, 232. Vgl. KSA 1, 313, 366.
[32] Walter Benjamin, Gesammelte Schriften, Bd. I/3, Frankfurt /M. 1991, 1232.
[33] Ebd., Bd. I/2, 701, 702.