Afrika Reader 2009, Herausgeber, Peter Bathke und Claus-Dieter König, Jenny Marx Gesellschaft in Zusammenarbeit mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Eigenverlag Trier/Dakar 2009, 53 S., kostenloser Bezug über: bathke@jenny-marx-gesellschaft.de
Wer auf wenigen gedruckten Seiten einen Überblick zu ausgewählten aktuellen Problemen und Entwicklungen des subsaharischen Afrika sucht, der sollte sich den Afrika Reader 2009 zur Hand nehmen. 125 Jahre nach der Berliner Afrika-Konferenz, auf der die europäischen Kolonialmächte Afrika unter sich aufteilten, enthält das Heft im ersten Teil einen kurzen Überblick über wichtigste politische und ökonomische Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte und zeigt Ursachen für zahlreiche heutige Probleme in den unabhängigen Ländern Afrikas auf (Gerhard Hauck). Ein Beitrag zur Handelspolitik der Europäischen Union gegenüber Afrika (Nora Schüttpelz) sowie eine Untersuchung zu den Auswirkungen der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise auf Afrika (Jörg Goldberg) befassen sich mit aktuellen Problemen und Wirkungen der vom Neoliberalismus geprägten Politik, die im deutlichen Gegensatz zu proklamierten Zielen der EU wie auch der internationalen Gemeinschaft steht (Millenniumsziele). Ein zweiter Teil befasst sich mit Entwicklungen in einzelnen Ländern: Nigeria, Senegal, Mali, Südafrika und Kenia. Hier sind interessante, selten in den Medien zu findende Beiträge über Entstehung und Wirken der Zivilgesellschaft enthalten (Claus-Dieter König zu Senegal und Valborg Edert zu Mali).
Es ist ein Vorzug des Afrika Readers, dass das Wirken der sich in Afrika entwickelnden Zivilgesellschaft auf verschiedenen Politikfeldern aufgezeigt wird, auch in Bezug auf die Ablehnung der „Entwicklungspartnerschaftsabkommen“ (EPA), welche die EU seit 2007 den afrikanischen Ländern zu oktroyieren bemüht ist. Die im Reader enthaltene Erklärung des „Africa Trade Network“ vom August 2008 zu den EPA ist dafür ein Beispiel.
Zugleich wird deutlich, dass die Zivilgesellschaft nicht nur in den großen Städten, sondern vor allem auch in den ländlichen Gemeinden entwickelt werden muss, wo noch immer der größere Teil der Bevölkerung lebt. Dabei ist das Verhältnis von traditioneller Organisation der Gemeinschaft und neuen Formen der Interessenvertretung der Bürger nicht nur für die Praxis, sondern auch für die Wissenschaft hochinteressant. Es vollziehen sich Umbrüche, in denen vor allem die zunehmenden Aktivitäten der Frauen in der Wirtschaft wie in den politischen Instanzen bedeutsam sind.
Bürgerkrieg und Gewalt sind Themen, mit denen sich die Autoren Sofiri Joab-Peterside (Niger-Delta), Anja Schade (Südafrika) und Claus-Dieter König (Kenia) befassen. Die Kürze der Artikel gestattet keine umfassende Darstellung der Ursachen und Wirkungen. Die Geschehnisse haben unterschiedliche Bezüge. In Nigeria geht es um die Verwendung der Profite aus der Erdölförderung im Niger-Delta, um Korruption, Machtmissbrauch, Umweltschäden, rücksichtsloses Agieren internationaler Konzerne und die Folgen für die im Delta lebenden Ethnien.
In Kenia waren Wahlergebnisse und in Südafrika Fremdenhass die Auslöser von Gewalt. In allen drei Beiträgen werden die wesentlichen Probleme dem Leser erschlossen. Auch die Mitverantwortung der Regierungen sowie örtlicher Verwaltungsinstanzen wird deutlich.
Die Beiträge des Afrika Readers 2009 zeigen auf, dass der Zugang der Bürger zu umfassender Bildung ein Schlüssel zur Lösung der immensen politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Probleme in den Ländern des subsaharischen Afrikas ist. Zugleich bleibt die Hoffnung, dass Afrika kein „verlorener“ Kontinent ist.
Elisabeth Quart