Gesellschaftliche Kategorien und historische Gesellschaftsformationen
In seinem gerade erschienenem Buch Karl Marx’s Grundrisse: Foundations of the Critique of Political Economy 150 Years Later hat Marcello Musto[1] nachgezeichnet und analysiert, welchen Beitrag die posthume Veröffentlichung der Marxschen Grundrisse von 1857 zu einem besseren Verständnis der Entwicklung des Marxschen Denkens und des Wesens seiner Methode beigetragen hat. Eine besonders berühmte Passage finden wir in der Einleitung zu seinem Manuskript: „Die bürgerliche Gesellschaft ist die entwickeltste und mannigfaltigste historische Organisation der Produktion. Die Kategorien, die ihre Verhältnisse ausdrücken, das Verständnis ihrer Gliederung, gewähren daher zugleich Einsicht in die Gliederung und die Produktionsverhältnisse aller der untergegangenen Gesellschaftsformen, mit deren Trümmern und Elementen sie sich aufgebaut, von denen teils noch unüberwundne Reste sich in ihr fortschleppen, bloße Andeutungen sich zu ausgebildeten Bedeutungen entwickelt haben etc. In der Anatomie des Menschen ist ein Schlüssel zur Anatomie des Affen. Die Andeutungen auf Höheres in den untergeordneten Tierarten können dagegen nur verstanden werden, wenn das Höhere selbst schon bekannt ist.“ (Marx 1974, S.25f.)
Meine eigenen Arbeiten sind denen von Ellen Meiksins Wood sehr verwandt. Woods Beitrag zu Mustos Sammelband – „Historical Materialism in ‚Formen, die der kapitalistischen Produktion vorhergehn‘“ – widmet sich den historischen Problemen in den spezifischen Formulierungen der Marxschen Grundrisse und der Frage, in welchem Maße seine allgemeine historisch-materialistischen Analyse nichtsdestotrotz gültig ist. Das Ziel des vorliegenden Aufsatzes ist, einige dieser Ideen aus einer etwas anderen Perspektive zu betrachten.
In den Grundrissen beginnt Marx seine Analyse nicht historisch. Ausgangspunkt seiner Darstellung sind nicht die „Formen, die der kapitalistischen Produktion vorhergehn“. Stattdessen erhebt er den Anspruch, sich zuallererst mit allgemeinen Kategorien der ökonomischen Analyse zu beschäftigen und zwar mit „Produktion, Konsumtion, Distribution, Austausch (Zirkulation)“, und er beginnt mit der „materiellen Produktion“. Seinen kritischen Ansatz stellt er jedoch schon von Anfang an in Gegensatz zu demjenigen der politischen Ökonomen[2]: „In Gesellschaft produzierende Individuen – daher gesellschaftlich bestimmte Produktion der Individuen ist natürlich der Ausgangspunkt. Der einzelne und vereinzelte Jäger und Fischer, womit Smith und Ricardo beginnen, gehört zu den phantasielosen Einbildungen der 18.-Jahrhundert-Robinsonaden (…).“ (Ebd., S.5) Und: „Je tiefer wir in der Geschichte zurückgehen, je mehr erscheint das Individuum, daher auch das produzierende Individuum, als unselbständig, einem größeren Ganzen angehörig (…).“ (ebd., S.6) Und: „Der Mensch ist im wörtlichsten Sinn ein ζωον πολιτικóν (zoon politikon), nicht nur ein geselliges Tier, sondern ein Tier, das nur in Gesellschaft sich vereinzeln kann.“ (ebd.)
Diese Auffassung vom Individuum im Verhältnis zur Gesellschaft leitet sich von Marx’ Begriff des gesellschaftlichen Ganzen als einer organischen Entwicklungstotalität her – ein Verständnis, das Marx auch mit diesen Passagen zum Ausdruck zu bringen sucht. Die gesellschaftliche Totalität umfasst die ganze Bandbreite jeglicher gesellschaftlich bestimmter, individueller, menschlicher Handlungen – vom Persönlichsten und Privaten bis zu den kollektivsten und öffentlichsten Angelegenheiten. Hierzu gehören alle materiellen und kulturellen Manifestationen des gesellschaftlichen Lebens und seiner fortlaufenden Reproduktion. Diese Idee der gesellschaftlichen Totalität gehört zu den entscheidendsten und durchgängigsten Bausteinen der Marxschen Methode und lässt sich bis auf Hegels Vorstellung vom geschichtlichen Prozess der Gesellschaft zurückverfolgen.
Faktisch lässt sich an diesen Passagen so gut wie an keiner anderen Stelle und zu keinem Zeitpunkt der Marxschen Arbeiten der vorangegangenen 25 Jahre ablesen, wie sehr Marx der analytischen Methode von Hegel verpflichtet ist. Meines Erachtens hängt diese Tatsache damit zusammen, dass Marx’ Verständnis des spezifischen, des singulären Charakters der kapitalistischen gesellschaftlichen Verhältnisse sich schrittweise entwickelte. Einerseits handelt es sich bei einer Gesellschaft, die durch kapitalistische Sozialverhältnisse strukturiert wird, um eine gesellschaftliche Totalität. Andererseits wird diese Gesellschaft im Zuge ihrer permanenten Selbstreproduzierung durch eine totalisierende Logik gesteuert. Betrachtet man jetzt die Begriffe, mit denen Marx in seinen späteren Arbeiten diese Vorstellung von der totalisierenden Logik im Kapital entwickelt, dann sieht man, dass das Wertgesetz nicht bloß in und durch alle ökonomischen Entscheidungen innerhalb existierender und sich selbst reproduzierender kapitalistischer Gesellschaften wirkt, sondern diese zu ewigem Wachstum und zur Ausdehnung der kapitalistischen Ökonomie durch das permanente Aufsaugen bis dahin nichtkapitalistischer Formen und Produktionssektoren, die Schaffung neuer Formen der Produktion und die Umstrukturierung anderer Formen der Gesellschaft, die vom Wertgesetz in ihre Tauschkreisläufe hineingezogen werden, zwingt.
Und wie Marx im Rahmen seiner Arbeit an den Grundrissen zunehmend erkannte, ist diese abstrakte, totalisierende Logik, die den Kapitalismus bestimmt, auf der anderen Seite einzigartig. Durch seine spezifische Logik unterscheidet sich der Kapitalismus grundlegend von allen früheren Formen der gesellschaftlichen Reproduktion. Er ist nicht nur im Hinblick auf die spezifischen Details seiner Logik einzigartig, sondern gerade durch die Tatsache, dass abstrakte Prinzipien und nicht konkrete Regelungen, Regulierungen und Traditionen seine Produktionsprozesse bestimmen. Oder wie der ökonomische Anthropologe Karl Polanyi (1957) es ausdrückte: Während in allen vorherigen Formen der gesellschaftlichen Reproduktion die Wirtschaft in weitere Formen der gesellschaftlichen Organisation – Verwandtschaft, Gebräuche, Religion, kollektive Entscheidungsfindungsprozesse und den Staat – eingebettet war, ist die Markt-Wirtschaft der kapitalistischen sozialen Reproduktion entbettet und funktioniert in der Regel nur gemäß ihrer inneren Prinzipien. Diese Selbstregulierung der Ökonomie durch den Markt ist für die kapitalistische Produktionsweise wesentlich.
Tatsächlich verschafft diese totalisierende Logik, die Norman Levine richtig und ganz im Sinne der Begriffsbestimmung der Hegelschen Logik als das Wesen des Kapitalismus beschrieben hat, der kapitalistischen Produktionsweise einen abstrakten systemischen Charakter, für den es nichts Vergleichbares in irgendeiner anderen Form der gesellschaftlichen Produktionsorganisation gibt. Wie Adam Smith es als erster so klar formuliert hat, sind die kapitalistische Produktion – und mit ihr die kapitalistische Gesellschaft als solche – durch die „unsichtbare Hand“ des Marktes organisiert. Und wie Ellen Meiksins Wood geschrieben hat, ist dieses Marktprinzip der kapitalistischen Gesellschaft eine Form des Zwangs, die den kapitalistischen Produzenten durch die ununterbrochenen Bemühungen, die Produktivität zu verbessern oder andere Innovationen durchzuführen, mit anderen kapitalistischen Produzenten konkurrieren lässt. Ausschließlich und allein in spezifisch kapitalistischen Gesellschaften, die im Inneren durch das Wertgesetz und seine totalisierende Logik angetrieben werden, wird den Prozessen der sozialen Reproduktion ein solcher Zwang durch den Markt auferlegt. In anderen Gesellschaftsformen, in denen es Märkte und Tausch gegeben hat – und selbstverständlich hat es entgegen der Grundannahmen der politischen Ökonomen nicht in allen Gesellschaften Märkte gegeben – funktionieren die Märkte erst nach der Tatsache der Produktion und sind keineswegs entscheidend für deren Logik. Marx merkte dies in seinen Grundrissen nicht nur im Hinblick auf urkommunistische Gesellschaften an, sondern auch im Hinblick auf einige „sehr entwickelte, aber doch historisch unreifere Gesellschaftsformen (…), in denen die höchsten Formen der Ökonomie, z.B. Kooperation, entwickelte Teilung der Arbeit etc., stattfinden (…).“ (ebd., S.23)
Die Abwesenheit des Zwangs der allgemeinen Marktregulierung hat einen enormen Unterschied in den Prozessen der gesellschaftlichen Reproduktion zur Folge, selbst da noch, wo Markt-Tauschhandeln existiert. In einer Gesellschaft, die vornehmlich durch Subsistenzbauern gekennzeichnet ist, sind die Bauern beispielsweise nicht dazu gezwungen, irgendeinen Überschuss, der ihnen nach Erledigung ihrer Frondienste und Verpflichtungen gegenüber den Grundbesitzern und/oder dem Staat geblieben sein sollte, auf dem Markt zu veräußern. Wenn die Marktpreise hoch sind, dann kann es durchaus sein, dass sie sich bemühen, mehr zu produzieren, um die Gelegenheit beim Schopfe zu packen. Wenn die Preise jedoch niedrig sind, dann werden sie eher dazu geneigt sein, weniger zu produzieren, weil es in dieser Situation nicht wirklich Sinn macht, ihre Kapazitäten voll auszuschöpfen. Dabei kann es durch dieses (kollektive) Handeln zu einem Angebotsrückgang kommen, der die Preise wieder auf das Niveau ansteigen lässt, das man für ihr Normalniveau hält. In jedem Fall aber verfügen sie über ihre Produktionsmittel selbst – auch dann noch, wenn sie sie nicht selber als Eigentümer besitzen – und durch den Besitz bzw. die Verfügung über die Mittel, mit denen sie ihre Subsistenz erwirtschaften, bleibt der Markt für sie deshalb nicht mehr als bloß eine Möglichkeit. Als Zwang wirkt er nicht.
Die Spezifik des Kapitalismus und ihre Bedeutung
Die Grundrisse stellen – als ein Werk der theoretischen Selbstverständigung – denjenigen Text dar, in dem Marx diese grundlegenden Unterschiede zuerst zu begreifen und zu entwickeln verstand. Indem er theoretisches Werkzeug kritischer Analyse zur Anwendung brachte, dem selbst schon ein Verständnis der gesellschaftlichen Totalität als einem Entwicklungsganzen zugrunde lag, wurde Marx mehr und mehr klar, wie sehr sein Projekt, die systemischen Strukturen der kapitalistischen gesellschaftlichen Verhältnisse darzustellen und dabei nicht nur sein Wesen, sondern auch seine Konsequenzen für die Arbeiter zu enthüllen, eine Analysemethode voraussetzte, die sich auf Begriffe der Hegelschen Epistemologie stützt. Selbstverständlich ist der entscheidende Unterschied zwischen dieser und jener, dass die Marxsche Auffassung von der Entwicklung des gesellschaftlichen Ganzen mit der Hegelschen Vorstellung von der Idee, die sich durch den geschichtlichen Verlauf entfaltet und zum Universellen hinentwickelt, bricht. Vielmehr ist für Marx die Geschichte bestimmt durch lebende menschliche Akteure, die nach ihren Möglichkeiten in und durch die gesellschaftlichen Verhältnisse handeln, die sie selbst kollektiv aufgebaut und mit der Zeit verändert haben, wobei ihr konkretes Handeln von Verhältnissen bestimmt wird, die sie nicht selbst gewählt haben.
Marx unterschied sich ganz bewusst von den Vorstellungen der politischen Ökonomen, die von „zeitlosen“ ökonomischen Kategorien ausgingen. Dem entgegen setzte Marx sein Verständnis, dass die Analysekategorien die historische und soziale Bestimmtheit der Formen des gesellschaftlichen Lebens zu erfassen hätten. Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse ging Marx zunehmend dazu über, die sozialen Formen der Gegenwart mit denen der Vergangenheit zu kontrastieren. In den Passagen aus der Einführung in die Grundrisse („Die Methode der politischen Ökonomie”) entwickelt Marx die Grundzüge einer vergleichenden Analyse der vorkapitalistischen und kapitalistischen Gesellschaftsformen – eine Analysemethode, die er in seinen späteren Arbeiten weiter ausdehnen und vertiefen wird, insbesondere im Kapital. Um es noch einmal zu betonen: Diese Methode der historisch-vergleichenden Analyse, die Marx zu entwickeln begann, entstand nicht aus und basierte nicht auf einer historischen Erzählung. Sie war nicht einmal die Folge einer Geschichtsbetrachtung im Kontext einer theoretischen Analyse. Vielmehr entsprang sie unmittelbar der Kritik der politischen Ökonomie und wurde in den systematischen Begriffen seiner Methode der Kritik verfolgt.
Im Rahmen seiner Entwicklung der Kritik der politischen Ökonomie sind seine Einsichten in die vorkapitalistischen Gesellschaftsformen von hoher Bedeutung. Für die Entwicklung seiner Analyse der kapitalistischen Produktionsweise bilden sie einen integralen Bestandteil. Marx schreibt: „Wie überhaupt bei jeder historischen, sozialen Wissenschaft, ist bei dem Gang der ökonomischen Kategorien immer festzuhalten, daß, wie in der Wirklichkeit, so im Kopf, das Subjekt, hier die moderne bürgerliche Gesellschaft, gegeben ist, und daß die Kategorien daher Daseinsformen, Existenzbestimmungen, oft nur einzelne Seiten dieser bestimmten Gesellschaft, dieses Subjekts ausdrücken, und daß sie daher auch wissenschaftlich keineswegs da erst anfängt, wo nun von ihr als solcher die Rede ist (…). Zum Beispiel nichts scheint naturgemäßer als mit der Grundrente zu beginnen, dem Grundeigentum, da es an die Erde, die Quelle aller Produktion und allen Daseins, gebunden ist, und an die erste Produktionsform aller einigermaßen befestigten Gesellschaften – die Agrikultur. Aber nichts wäre falscher. In allen Gesellschaftsformen ist es eine bestimmte Produktion, die allen übrigen, und deren Verhältnisse daher auch allen übrigen, Rang und Einfluß anweist. Es ist eine allgemeine Beleuchtung, worein alle übrigen Farben getaucht sind und [welche] sie in ihrer Besonderheit modifiziert. Es ist ein besonderer Äther, der das spezifische Gewicht alles in ihm hervorstechenden Daseins bestimmt (…). Bei Völkern von festsitzendem Ackerbau (…), (…) wie bei den Antiken und Feudalen, hat selbst die Industrie und ihre Organisation und die Formen des Eigentums, die ihr entsprechen, mehr oder minder Grundeigentümlichen Charakter (…). In der bürgerlichen Gesellschaft ist es umgekehrt. Die Agrikultur wird mehr und mehr ein bloßer Industriezweig und ist ganz vom Kapital beherrscht.“ (ebd., 26f.)
Diese Begründung seines Verständnisses der vorkapitalistischen Gesellschaftsformationen vermittels ihrer direkten Kontrastierung mit der spezifisch kapitalistischen Produktionsweise unterscheidet sich sehr stark von anderen Stellen im Marxschen Werk, in denen er über Details aus historischen Gesellschaften spricht, die er aus älteren Texten liberaler Historiker bezieht.
Wie Ellen Wood in ihrem Kapitel in Karl Marx’s Grundrisse schreibt, enthält Marx’ detailliertere Auseinandersetzung mit den „Formen, die kapitalistischer Produktion vorhergehn“, eine Reihe von historischen Behauptungen, die spätere Forschungen infrage gestellt haben. Das geschichtliche Wissen ist im vergangenen Jahrhundert immens erweitert worden. Viel von dem, was einmal weithin als historische Tatsache angesehen wurde, hat sich heute als falsch erwiesen, und Vieles von dem, was Historiker dabei herausgefunden haben, kam vollkommen unerwartet. Heute verfügen wir über weitaus mehr Detailwissen über das antike und das mittelalterliche Europa und wir können heute viel eindeutigere Aussagen über diese Gesellschaften treffen als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt in der modernen Geschichte. Es sollte uns deshalb nicht verwundern, dass Marx’ unmittelbare historische Darstellungen einige Annahmen beinhalten, die heute widerlegt sind.
Aber was vielleicht noch entscheidender ist, ist, dass Marx den „liberalen Historikern” ausdrücklich dafür seinen Respekt aussprach, dass sie die Bedeutung der Klasse(n) in der Geschichte entdeckt hatten (Samuel 1980, 35), ohne dabei zwischen den liberalen Vorstellungen von Klassen und seiner eigenen historisch-materialistischen Auffassung von Klassen in antagonistischen Ausbeutungsbeziehungen zu unterscheiden. In vielen Fällen haben Ellen Wood, Robert Brenner und ich argumentiert, dass diese liberalen Darstellungen in unmittelbar ideologischen Begriffen entwickelt worden waren. Im Gegensatz zu seiner Kritik der politischen Ökonomie nahm Marx dabei niemals eine vergleichbare Kritik der historischen Ideen vor, weshalb die ihnen zugrunde liegende liberale Ideologie, die liberalen Vorurteile und Vorannahmen einer ernsthaften kritischen Auseinandersetzung entgingen. Die Folge davon war, dass nicht bloß ein Großteil der historischen Details, sondern auch und vor allem ganz grundsätzliche historische Begriffe, die Marx in seinen historischen Darstellungen verwendete, weder zutreffend sind noch wirklich marxistisch (vgl. hierzu näher Comninel 1987 sowie Wood 1995).
Diejenigen Stellen in seiner Kritik der liberalen politischen Ökonomie, in denen Marx sich gezwungen sah, zwischen der Spezifik des Kapitalismus und den vorkapitalistischen Gesellschaften zu unterscheiden, sind radikal von dieser weitläufigen und relativ unkritischen Aneignung der auf liberal-ideologischen Formulierungen fußenden historischen Ideen verschieden. Marx‘ Einsicht in die Entwicklung der sozialen Formen und Verhältnisse zwischen Arbeit und Kapital durch die Geschichte hindurch zeigen sich schon in den ökonomisch-philosophischen Manuskripten aus dem Jahr 1844. Zu diesem Zeitpunkt aber hatte er nur eine Vorahnung von dem Verhältnis zwischen früheren Formen der Entfremdung der Arbeit und ihrer Ausprägung in voll entwickelten kapitalistischen Gesellschaften. Und doch gelangte er schon hier zu einem Verständnis von der Entwicklung der Verhältnisse der Mehrproduktaneignung als „der Bewegung des Eigentums“ durch den geschichtlichen Prozess. Wenngleich er zu diesem Zeitpunkt noch über kein Verständnis von der qualitativen Verschiedenheit von Gesellschaftsformen in diesem Entwicklungsprozess verfügte, so gelang es ihm schon hier, die historische Entwicklung wie folgt zu beschreiben: „Erst auf dem letzten Kulminationspunkt der Entwicklung des Privateigentums tritt dieses sein Geheimnis wieder hervor, nämlich einerseits, daß es das Produkt der entäußerten Arbeit, und zweitens, daß es das Mittel ist, durch welches sich die Arbeit entäußert, die Realisation dieser Entäußerung.“ (Marx 1977, S. 520)
Hier wird das Kapital ganz klar in seiner Eigenschaft als die am weitesten entwickelte Form des Privateigentums erkannt, obschon Marx der Durchbruch zu einer Unterscheidung des Kapitalistischen vom Vorkapitalistischen noch nicht gelungen ist.
Die methodologische Behauptung eben dieser Unterscheidung in der Einleitung zu den Grundrissen markiert einen gewaltigen Fortschritt in der historisch-materialistischen Analyse. Indem er die Aufmerksamkeit auf den Unterschied zwischen der Anatomie des Affen und der Anatomie des Menschen richtet, formuliert Marx die Wirklichkeit qualitativ nicht bloß unterschiedlicher, sondern verschiedener gesellschaftlicher Kontexte, in denen scheinbar identische soziale Formen des Eigentums und der ökonomischen Interaktion tatsächlich äußerst verschiedene Wesenshaftigkeiten und Wirkungsformen haben können. Hiernach und auf eben dieser Grundlage und vor dem Hintergrund der Erkenntnis, dass in der kapitalistischen Gesellschaft die am weitesten entwickelten gesellschaftlichen Eigentumsverhältnisse bestehen, betont Marx das analytische Erkenntnispotential, das sich im Vergleich ihrer älteren Formen mit den jüngeren Formen verbirgt. Dabei müsste eigentlich nicht extra erwähnt werden, dass für den Dialektiker Marx feststand, dass diesem Gebrauch der entwickelten Form für den Erkenntnisgewinn über die vorangegangenen Formen auch das Potential zu einem besseren Verständnis der Entwicklungsprozesse selbst eingelagert ist.
Ein besonderes Beispiel, dem sich Marx auf diese Weise nähert, ist die Arbeit, die „eine ganz einfache Kategorie (scheint)“ und die „in dieser Allgemeinheit – als Arbeit überhaupt – (…) uralt (ist).“ (Marx 1974, S. 24) Und er fährt fort: „Dennoch, ökonomisch in dieser Einfachheit gefaßt, ist ‘Arbeit’ eine ebenso moderne Kategorie, wie die Verhältnisse, die diese einfache Abstraktion erzeugen.“ (ebd.) Schon in den Ökonomisch-philosophischen Manuskripten war Marx zu der Erkenntnis gelangt, dass für die kapitalistischen gesellschaftlichen Verhältnisse als ganz wesentliche Eigenschaft ihr abstrakter Charakter kennzeichnend war, dem er sich begrifflich mit seiner Theorie der Entäußerung/Entfremdung der Arbeit näherte. So formuliert er am Ende des ersten Abschnitts seines Manuskripts „Arbeitslohn“, der mit der wortgewaltigen These beginnt, dass der „Arbeitslohn (…) bestimmt (wird) durch den feindlichen Kampf zwischen Kapitalist und Arbeiter“ (Marx 1977, S. 471), eine Frage, die gleichzeitig zusammenfasst, was die politischen Ökonomen über das antagonistische Verhältnis zwischen Arbeit und Kapital entdeckt hatten, und die seine eigene Anerkennung der Bedeutung dieses Antagonismus für die gesamte Geschichtsentwicklung zum Ausdruck brachte: „Welchen Sinn, in der Entwicklung der Menschheit, hat diese Reduktion des größten Teils der Menschheit auf die abstrakte Arbeit?“ (ebd., S. 477)
Dieser abstrakte Charakter ist nun gerade eine Manifestation der Entfremdung der Arbeit, deren detaillierter Analyse er sich in einem der folgenden Kapitel über die „entfremdete Arbeit“ widmet. Diese Entfremdung ist dabei der Kern des kapitalistischen Systems und die absolut dominierende Form der Klassenausbeutung und an sich nicht die Folge des Privateigentums, sondern gerade ihre Ursache. Während nun, wie allgemein bekannt, der Begriff der Entfremdung im Marxschen Kapital keine Rolle mehr spielt, so ist es doch mehr als bezeichnend, dass er in den Grundrissen weiterhin relevant ist, und zwar im „Kapitel vom Kapital“: „Die auf dem Tauschwert basierte Produktion, auf deren Oberfläche jeder freie und gleiche Austausch von Äquivalenten vorgeht – ist in der Basis Austausch von vergegenständlichter Arbeit als Tauschwert gegen die lebendige Arbeit als Gebrauchswert oder wie das auch ausgedrückt werden kann, Verhalten der Arbeit zu ihren objektiven Bedingungen – und daher zu der von ihr selbst geschaffnen Objektivität – als fremdem Eigentum: Entäußerung der Arbeit.“ (Marx 1974, 414)
In den analytischen Begriffen, die Marx hier verwendet, kommt zum Ausdruck, dass für ihn die nur scheinbar einfache Kategorie der Arbeit (verstanden als ein abstrakter Allgemeinbegriff) tatsächlich das Ergebnis eines historischen Prozesses der Verwirklichung der Entäußerung/Entfremdung der Arbeit in ihrer vollendeten Form ist. Somit setzt „[d]as Verhalten der Arbeit zum Kapital oder zu den objektiven Bedingungen der Arbeit als Kapital (…) voraus historischen Prozeß, der die verschiednen Formen auflöst, in denen der Arbeiter Eigentümer ist, oder der Eigentümer arbeitet.“ (ebd., S. 396) Die „ursprüngliche Formation des Kapitals“ ist eben nicht die Akkumulation der Subsistenzmittel, der Arbeitsmittel und der Rohstoffe; die sogenannte „ursprüngliche Akkumulation“ ist nicht buchstäblich die Anhäufung von Kapital, sondern vielmehr handelt es sich bei diesem Prozess um die Auflösung der bisherigen Produktionsweise, aus der erst eine Situation entsteht, in der „die lebendige Arbeit selbst gegen Geld von den freigewordnen Arbeitern“ (ebd., S. 406) getauscht werden kann.
Die Anatomie des Affen
Durch die Darlegung solcher voll entwickelter Merkmale der kapitalistischen gesellschaftlichen Beziehungen im Rahmen seiner Kritik der politischen Ökonomie deckt Marx die wesentlichen Merkmale vorkapitalistischer Gesellschaftsformationen auf. Den qualitativen Unterschied zwischen kapitalistischen und vorkapitalistischen Gesellschaften, den Marx bereits in den Grundrissen entwickelt hatte, präzisierte er in entscheidenden Passagen im Dritten Band des Kapitals. Im 47. Kapitel des Dritten Bandes über die „Genesis der kapitalistischen Grundrente“ sah sich Marx gezwungen, zur Wesensspezifik der vorkapitalistischen Gesellschaften zurückzukehren, um damit die merkwürdigen Eigenschaften der Grundrente in der kapitalistischen Produktionsweise zu erklären: „Die ganze Schwierigkeit in der Analyse der Rente bestand also darin, den Überschuß des agrikolen Profits über den Durchschnittsprofit zu erklären, nicht den Mehrwert, sondern den dieser Produktionssphäre eigentümlichen überschüssigen Mehrwert (…).“ (Marx 1979, S. 791) Letzten Endes gelangt Marx so zu seinem Fazit, dass der Unterschied zwischen der Differentialrente, die in der kapitalistischen Agrarwirtschaft die Folge von Markteffekten der Differenzen in der Fruchtbarkeit verschiedener Böden ist, und der absoluten Rente, d.h. des irreduziblen Minimums, das selbst noch dem am wenigsten produktiven Land gezahlt werden muss, einzig und allein mit dem Verweis auf die Erblast vorkapitalistischer Grundeigentumsformen erklärt werden kann.
Der Abschnitt über die „Arbeitsrente“ in diesem Kapitel enthält dabei eine der bedeutendsten Passagen im Marxschen Werk, in denen er den historisch-materialistischen Ansatz zur Analyse der Klassengesellschaften beschreibt. Er beginnt mit dem Hinweis, dass in der feudalen Gesellschaft die „Grundrente (…) nicht nur unmittelbar unbezahlte Mehrarbeit ist, sondern auch als solche erscheint (…)“ (ebd., S. 798). Daran schließt sich die berühmte Beobachtung über den notwendigerweise außerökonomischen Charakter der vorkapitalistischen Aneignung des Mehrprodukts an: „Es ist ferner klar, daß in allen Formen, worin der unmittelbare Arbeiter ‚Besitzer‘ der zur Produktion seiner eigenen Subsistenzmittel notwendigen Produktionsmittel und Arbeitsbedingungen bleibt, das Eigentumsverhältnis zugleich als unmittelbares Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnis auftreten muß, der unmittelbare Produzent also als Unfreier (…). Unter diesen Bedingungen kann ihnen die Mehrarbeit für den nominellen Grundeigentümer nur durch außerökonomischen Zwang abgepreßt werden, welche Form dieser auch immer annehme.“ (ebd., S. 798f.)
Dieser wesentliche Charakter des unmittelbaren und außerökonomischen Zwangs unterscheidet sich grundsätzlich von der Art und Weise, wie in kapitalistischen Gesellschaften das Mehrprodukt angeeignet wird, nämlich durch die Produktion des Mehrwerts, der selbst wiederum durch die Kommodofizierung der Arbeitskraft in die Welt kommt. Der entscheidende Unterschied ist dabei, dass sich die Aneignung des Mehrwerts ausschließlich auf der Grundlage ökonomischer Verhältnisse vollzieht.
Marx geht nach dieser Feststellung dazu über, Gesellschaftsformen in den Blick zu nehmen, in denen es keine privaten Landeigentümer gibt, die sich die Grundrente aneignen, sondern einzig und allein den Staat: „[S]o fallen Rente und Steuer zusammen, oder es existiert vielmehr dann keine von dieser Form der Grundrente verschiedne Steuer. Unter diesen Umständen braucht das Abhängigkeitsverhältnis politisch wie ökonomisch keine härtere Form zu besitzen als die ist, welche aller Untertanenschaft gegenüber diesem Staat gemeinsam ist. Der Staat ist hier der oberste Grundherr. Die Souveränität ist hier das auf nationaler Stufe konzentrierte Grundeigentum. Dafür existiert dann aber auch kein Privatgrundeigentum, obgleich sowohl Privat- wie gemeinschaftlicher Besitz und Nutznießung des Bodens.“ (ebd., S. 799)
Diese Beobachtung fußt auf seiner früheren Erkenntnis aus den Grundrissen, dass die bäuerliche Agrarproduktion die allgemeine Grundlage vorkapitalistischer Gesellschaften bildet. An dieser Stelle und im Zusammenhang mit seiner vollentwickelten Kritik der politischen Ökonomie identifiziert Marx zwei verschiedene Formen der vorkapitalistischen Gesellschaft, die dabei gleichsam auf der Ausbeutung der subsistenzwirtschaftenden Bauernhaushalte beruhen. Damit fordert er diejenigen Theoretiker grundsätzlich heraus, die die Idee der verschiedenen historischen Produktionsweisen mit der Entwicklung der Produktivkräfte in eins setzen. Im Fall dieser zwei Formen bauernbasierter Ausbeutungsgesellschaften lassen sich diese eben nicht im Hinblick auf ihre Produktion unterscheiden, sondern eben durch ihre Unterschiede in den gesellschaftlichen Eigentumsverhältnissen.
Marx fährt fort: „Die spezifische ökonomische Form, in der unbezahlte Mehrarbeit aus den unmittelbaren Produzenten ausgepumpt wird, bestimmt das Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnis, wie es unmittelbar aus der Produktion selbst hervorwächst und seinerseits bestimmend auf sie zurückwirkt. Hierauf aber gründet sich die ganze Gestaltung des ökonomischen, aus den Produktionsverhältnissen selbst hervorwachsenden Gemeinwesens und damit zugleich seine spezifische politische Gestalt. Es ist jedesmal das unmittelbare Verhältnis der Eigentümer der Produktionsbedingungen zu den unmittelbaren Produzenten – ein Verhältnis, dessen jedesmalige Form stets naturgemäß einer bestimmten Entwicklungsstufe der Art und Weise der Arbeit und daher ihrer gesellschaftlichen Produktivkraft entspricht –, worin wir das innerste Geheimnis, die verborgne Grundlage der ganzen gesellschaftlichen Konstruktion und daher auch der politischen Form des Souveränitäts- und Abhängigkeitsverhältnisses, kurz, der jedesmaligen spezifischen Staatsform finden.“ (ebd., S. 799f.)
Es gibt im Marxschen Werk keine einzeln zu betrachtende Passage, von der man sagen und der man die Last auferlegen könnte, dass in ihr die Gesamtheit der Marxschen analytischen Methode der Produktionsweisen enthalten ist. Und doch kommt die soeben zitierte Passage in ihrer eindrücklichen Klarheit den Mitteln, mit denen man sich historischen Klassengesellschaften analytisch annähern kann, so nahe wie eigentlich keine andere Passage im Marxschen Gesamtwerk. Alle Klassengesellschaftsformen, die der kapitalistischen Produktionsweise vorausgegangen sind, waren zuallererst Gesellschaften, die auf außerökonomischem Zwang beruhten, was im Prinzip mehr oder weniger politischer Zwang bedeutet. Im absoluten Gegensatz dazu steht die spezifische ökonomische Form der Mehrproduktaneignung durch das System der freien Lohnarbeit im Kapitalismus. Und während Marx nach Feststellung dieser Tatsache einräumte, dass es verschiedene Formen der nicht-kapitalistischen Mehrproduktaneignung auch in einer „Sklaven- oder Plantagenwirtschaft“ geben kann, die sich dadurch von der kapitalistischen Wirtschaft unterscheiden, dass „der Sklave hier mit fremden Produktionsbedingungen arbeitet und nicht selbständig“, ist es doch von entscheidender Bedeutung, dass Marx nicht einmal die Möglichkeit einer spezifischen „sklavischen Produktionsweise“ auch nur erwähnt.
Vorkapitalistische Produktionsweisen: Ein offenes Feld der historisch-materialistischen Analyse
Ein umfangreicher Abschnitt aus dem Grundrisse-Kapitel über das „Kapital“ – die Formen, die der kapitalistischen Produktion vorhergehn – erschien schon vor 1973, d.h. dem Jahr der Veröffentlichung der englischen Erstausgabe des Gesamtmanuskripts. Eric Hobsbawms Einleitung in dieser Ausgabe der Precapitalist Economic Formations zeichnet sich dadurch aus, dass Hobsbawm hier seine ernsthaften Anzweiflungen vorbrachte, ob es rechtmäßig sei, eine der vielen Auflistungen der vorkapitalistischen Produktionsweisen im Marxschen Werk als erschöpfend anzusehen. Anstatt diese offene Frage hinsichtlich der Anzahl und des Wesens der vorkapitalistischen Produktionsweisen als hochproblematisch anzusehen, argumentierte Hobsbawm: „Die allgemeine Theorie des historischen Materialismus setzt lediglich voraus, dass es eine Abfolge von Produktionsweisen gibt. Dabei ist nicht wichtig, ob diese besonders spezifisch waren, und womöglich ist auch nicht einmal von Belang, ob diese in einer spezifischen Reihenfolge mit einem vorherbestimmten Entwicklungsplan auftraten.“ (Hobsbawm 1965, S. 14)
Gleichzeitig merkte Hobsbawm an, dass das Fortbestehen von Gesellschaften, die sich mit dem Begriff der „halbfeudalen” Klassenverhältnisse beschreiben ließen, die Nützlichkeit dieses Begriffes hinfällig machen würden. Die Bedeutung der Veröffentlichung der Marxschen Analysen aus den Grundrissen für die Theorie sei vor diesem Hintergrund zu sehen.
Angesichts der sehr realen Zweifel an der Richtigkeit der Marxschen Behauptungen hinsichtlich der historischen Klassengesellschaften, die er auf der Basis der Arbeiten liberaler Historiker machte (wie z.B. die Vorstellung, die sich an einigen Stellen in seinem Werk wiederfindet, derzufolge es eine Sklavenproduktionsweise in der klassischen Antike gab), ist es an der Zeit bzw. längst überfällig, dass Marxisten sich der unabhängigen Analyse vorkapitalistischer Gesellschaften auf der Grundlage der Marxschen Methode und einer rigorosen, systematischen Kritik der liberal-ideologischen Begriffe zuwenden. Indem die Marxisten und Marxistinnen versucht haben, vorkapitalistische Gesellschaftsformen sowohl historisch als auch in ihrem Verhältnis zum Kapitalismus im Rahmen von eng gefassten Varianten der einen oder anderen Auflistung von gesellschaftlichen Entwicklungsstufen zu verorten, haben sie bislang wenig dazu beigetragen, unser Verständnis der historisch-spezifischen Muster der gesellschaftlichen Entwicklung voranzubringen. Damit stehen wir heute vor der Aufgabe, aus seiner Praktik der Kritik der politischen Ökonomie zu lernen und damit zu beginnen, seine Methode auf originäre Analysen von Formen von Klassengesellschaften anzuwenden, die sich vom Kapitalismus unterscheiden.
Literatur
Comninel, George C. (1987): Rethinking the French Revolution: Marxism and the Revisionist Challenge. London
Hobsbawm, Eric (1965): Introduction. In Marx, Karl (1965): Pre-Capitalist Economic Formations. New York
Marx, Karl (1974): Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie. Berlin/DDR
Marx, Karl (1977): Ökonomisch-philosophische Manuskripte aus dem Jahre 1844. In: Marx, Karl/Engels, Friedrich (1977): Marx-Engels-Werke, Ergänzungsband, Teil 1, Berlin/DDR, S.465-588
Marx, Karl (1979): Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Dritter Band. Buch III: Der Gesamtprozeß der kapitalistischen Produktion. In: Marx, Karl/Engels, Friedrich (1979): Marx-Engels-Werke, Band 25, Berlin/DDR
Musto, Marcello (Hg.) (2008): Karl Marx’s Grundrisse: Foundations of the critique of political economy 150 years later. London
Polanyi, Karl (1957): The Great Transformation. Boston: Beacon Press
Samuel, Raphael (1980): British Marxist Historians, 1880-1980. Part One. In: New Left Review, Nr. 120
Wood, Ellen Meiksins (1995): Democracy Against Capitalism. Cambridge
Wood, Ellen Meiksins (2008): Historical Materialism in „Forms which precede Capitalist Production”. In: Musto, Marcello, a.a.O., S.79-92
[1] Vgl. den Aufsatz in diesem Heft, S. 92-103.
[2] Anm. des Übersetzers: Mit den „politischen Ökonomen“ sind insbesondere Adam Smith und David Ricardo und ferner Jean-Baptiste Say, Frederic Bastiat, Thomas Robert Malthus, John Stuart Mill u.a. gemeint. Für Comninel ist die Unterscheidung zwischen Marx und den politischen Ökonomen entscheidend, weil er den von ihm mitvertretenen marxistischen Ansatz, die Marxsche Kapitalismuskritik – insbesondere die des „Kapital“ – als eine Kategorienkritik seiner Vorgänger verstanden wissen will und nicht als eine Art besserer oder alternativer politischer Ökonomie, die bspw. der eklektischen Additions-Erklärung des Profits von Adam Smith oder der allgemein-profitratentheoretischen Erklärung der Ursprünge des Profits durch Ricardo eine bessere „positivistische“ Erklärung der Verwandlung vom Wert in Preise liefern kann. Marx wird damit entgegen einiger anderer marxistisch inspirierter Theoriegeschichten nicht als kritischer Vertreter der klassischen politischen Ökonomie vor ihrer neoklassischen Wende seit Bentham begriffen, sondern quasi außerhalb von ihr stehend und die Disziplin als solche (ideologie-)kritisierend. Ihm geht es nicht um eine verbesserte Preistheorie, sondern um die Frage, warum im Kapitalismus die Produktionsorganisation gerade diese Form angenommen hat, wie diese entstanden ist und wie unnatürlich sie im Vergleich zur Menschheitsgeschichte vor dem Kapitalismus ist. In diesem Kontext ist für die marxistische Marx-Kritik der Wood-Schule von Wood, Comninel, Hannes Lacher bis David McNally dabei auch die Entnaturalisierung des Kapitalismus und seiner Gleichsetzung mit dem Markt entscheidend, die sie in der sogenannten Commercialization Thesis auch bei nominellen Marxisten wie Paul Sweezy wiederzufinden meint.