Im April 2012 ist in einer internationalen Rangliste der größten Medienkonzerne erstmals das Internet-Unternehmen Google aufgeführt worden. Es belegte auf Anhieb Platz drei und stand ein Jahr später auf Platz zwei – noch vor Walt Disney (IfM 2012). Dieser Vorgang zeigt schlaglichtartig, wie durch das Internet die Strukturen in der Medienwirtschaft verändert werden. Ein Wandel, der im internationalen Maßstab, aber auch in Deutschland stattfindet. Voraussetzung dafür war die Digitalisierung, d. h. die Erfassung und Aufbereitung bis hin zur Speicherung von analogen Informationen auf einem digitalen Träger. Bei Massenmedien reichen die Anfänge in die frühen 1980er Jahre, d. h. in die Zeit vor der Etablierung des Internets zurück. Fast alle Produkte der Medienwirtschaft sind digitalisierbar. Das Internet ist ein idealer Träger hierfür geworden und stellt die tradierten Herstellungs- und Verbreitungswege infrage.
Digitalisierung und Internet sorgen für einen radikalen Wandel in der Medienwirtschaft
In diesem Beitrag wird den Fragen nachgegangen, welche Veränderungen dies in der deutschen Medienwirtschaft bewirkt hat, welche Entwicklungen absehbar sind und wie tiefgreifend der Wandel werden könnte. Dabei spielen die beteiligten Unternehmen eine wesentliche Rolle. Hier herrschte bislang eine erstaunliche Kontinuität. Wenn man vom Zusammenbruch des Kirch-Konzerns 2002 (der finanzwirtschaftliche Gründe hatte) absieht, dann finden sich an der Spitze der deutschen Medienwirtschaft seit Jahrzehnten mehr oder weniger dieselben Namen (Hautsch 2003 und 2011). Nach wie vor dominieren familienzentrierte Konzerne. Sie richten sich allerdings in jüngster Zeit vor dem Hintergrund von Digitalisierung und Internet neu aus.
Abwechslungsreicher wird die Szenerie, wenn man die einzelnen Branchen betrachtet. Digitalisierung und Internet berührten die Sektoren zeitversetzt und in unterschiedlichem Ausmaß. Auf einzelnen Märkten sahen sich die Unternehmen schon früh (teilweise seit Ende der 1990er Jahre) damit konfrontiert, dass etablierte Geschäftsmodelle durch neue technische Möglichkeiten infrage gestellt wurden, andere erleben diesen Prozess derzeit in seinen Anfängen.
Die Digitalisierung erfolgt schrittweise, als Anhäufung zahlreicher technischer und sozialer Veränderungen, und erstreckt sich über einen längeren Zeitraum. Deshalb haben die etablierten Akteure die Möglichkeit, zu reagieren und ihre Geschäftsmodelle anzupassen. Allerdings fällt es ihnen oft schwer, sich auf Neues einzulassen, solange das bisherige Geschäft noch gut läuft. In diesem Beitrag wird am Beispiel einiger Branchen (Musikindustrie, wissenschaftliche Journale, Zeitungsverlage, Buchproduktion) gezeigt, dass unterschiedliche Geschäftsstrategien in Bezug auf die Digitalisierung unterschiedliche Folgen haben können. Wie schon in früheren Perioden der Industrialisierung zeigt sich auch hier, dass Untätigkeit und Blockadeversuche der etablierten Unternehmen den technischen Wandel nicht aufhalten können, sondern dass sie krisenhafte Entwicklungen hervorrufen, in deren Gefolge neue branchenfremde Akteure zum Zuge kommen.
Die deutsche (und internationale) Medienwirtschaft befindet sich noch mitten in der Anpassung an die neuen und sich weiter verändernden technischen Bedingungen. Im letzten Teil dieses Beitrags wird geschildert, wie sich zwei unterschiedliche strategische Richtungen abzuzeichnen scheinen: Einige Unternehmen (etwa Axel Springer, Burda) verlagern den Schwerpunkt ihrer Investitionstätigkeit ins Internet; das Mediengeschäft (d. h. die Produktion und Verbreitung von Inhalten) steht nicht mehr im Vordergrund. Andere (am deutlichsten die Funke-Gruppe) konzentrieren sich auf das angestammte Feld der gedruckten Medien in der Erwartung, dass dieser Markt auf absehbare Zeit noch genug Raum für profitable Geschäfte bieten wird. Gleichzeitig haben sich neue internationale Akteure (Google, Apple, Amazon u. a.) auf den Märkten festgesetzt und versuchen, die Rahmenbedingungen zu ihren Gunsten zu verändern.
Weit unten: die Musikindustrie
Die Musikindustrie ist eine globalisierte Branche. Der deutsche Markt – der drittgrößte der Erde – ist in die internationalen Strukturen eingebunden und folgt deren Tendenzen. Anders als in anderen Medienbranchen schlagen Prozesse auf dem Weltmarkt direkt auf die hiesigen Verwertungsbedingungen des Kapitals durch.
Das Geschäft mit der Produktion und Verbreitung von Musikkonserven war bis Mitte der 1990er Jahre stabil und profitabel. Im Gefolge einer Reihe von Fusionen und Übernahmen hatten sich fünf internationale Konzerne („Majors“) durchgesetzt, die etwa 80 Prozent des Geschäfts an sich zogen: Universal/Polygram, Sony Music Entertainment, Electric and Musical Industries (EMI), Warner Music Group und Bertelsmann Music Group (BMG). Sie kontrollierten die Wertschöpfungskette der Branche fast durchgängig von der Auswahl der Künstler über die Verwertung der Rechte und die Herstellung der Tonträger bis zu deren weltweitem Vertrieb.
In der Musikproduktion wurden als erster Medienbranche die analogen Trägermedien durch digitale ersetzt, und dies noch dazu sehr rasch (zum Nachfolgenden ausführlich: Dolata 2008). Der Prozess begann Mitte der 1980er Jahre mit der Einführung der „Compact Disc“ (CD). Damit war es erstmals möglich, eine Musikkonserve ohne Qualitätsverlust in beliebiger Anzahl und mit vertretbarem Zeitaufwand zu kopieren. Die Umsatzverluste durch Raubkopien wurden zunächst durch eine Sonderkonjunktur überlagert: Viele alte Titel konnten wieder aufgelegt werden, Kunden legten neue Plattenarchive an. Da Produktion und Vertrieb der CDs weiter in den Händen der Musikkonzerne lag, schien der technische Wandel beherrschbar zu bleiben.
Das änderte sich, als sich Ende der 1990er Jahre das Internet und der Komprimierungsstandards MP3 durchsetzten. Jetzt bot sich den Konsumenten die Möglichkeit, kopierte digitale Musik unter Umgehung des Handels und ohne materielles Trägermedium auszutauschen. In kurzer Zeit entstanden Musiktauschbörsen, bei denen sich Internetnutzer in allen Erdteilen unkompliziert und kostenlos mit fast jedem gewünschten Titel versorgen konnten.
Die Musikkonzerne wurden vom Erfolg der kostenlosen (und natürlich illegalen) Musiktauschbörsen regelrecht überrumpelt. Der Branchenumsatz brach weltweit zwischen 1998 und 2002 von fast 40 auf 32 Milliarden Dollar ein, 2010 lag er bei 24 Milliarden. In Deutschland sank der Musikumsatz zwischen 1998 und 2012 von 2,7 auf 1,4 Milliarden Euro (BVMI 2013: 9). Die „Majors“ wussten dem anfangs nichts als technische und juristische Abwehrmaßnahmen entgegenzusetzen. Musiktauschbörsen wurden verklagt und geschlossen (so Napster im Februar 2001). Aber dezentrale Tauschbörsen (wie Gnutella oder Kazaa) konnten juristisch nicht angegriffen werden. CDs wurden kopiergeschützt, was aber mangels eines einheitlichen Verfahrens scheiterte. Versuche, eigene legale Internetbörsen („MusicNet“, „Pressplay“) aufzubauen und damit den Musikvertrieb wieder unter Kontrolle zu bekommen, scheiterten an den gegensätzlichen Interessen der Konzerne.
Einen Durchbruch beim legalen Vertrieb von Musik im Internet gab es erst zehn Jahre später durch einen Außenseiter: Der Computerhersteller Apple brachte 2001 die erste Version eines Abspielgeräts „iPod“ auf den Markt; 2003 wurde der „iTunes Music Store“ eröffnet. Anders als in vorangegangenen eigenen Versuchen waren die fünf „Majors“ diesmal bereit, ihr komplettes Repertoire zur Verfügung zu stellen. Das ist nur dadurch zu erklären, dass sie mit dem Rücken zur Wand standen: Sie mussten den illegalen Tauschbörsen eine legale Alternative entgegenstellen. „iTunes“ wurde zum Erfolg (bis Mitte 2007 wurden drei Milliarden Lieder und 100 Millionen „iPods“ verkauft), weil erstmals ein integriertes Download- und Hardwaresystem zur Verfügung stand, das einfach zu handhaben war. Seither sind etliche andere Plattformen für digitale Musik gegründet worden (darunter von Amazon), aber Apple hat seine führende Stellung halten können.
Hoffnungen auf eine Stabilisierung des Musikmarkts erwiesen sich indessen als verfrüht. Zwar hatte es 2012 weltweit eine „schwarze Null“ beim Umsatz gegeben, aber 2013 brachte schon wieder einen Rückgang um 3,9 Prozent. Der deutsche Musikmarkt ist 2013 hingegen um 1,2 Prozent gewachsen. In den USA werden schon knapp 50 Prozent der Musikumsätze übers Internet generiert, in Schweden 44 Prozent. Deutschland liegt mit 23 Prozent erstaunlich weit hinten, aber auch hier nimmt dieser Sektor zu. Neben den Download-Plattformen à la „iTunes“ wachsen Streamingangebote („Spotyfy“, „Rhapsody“, „Deezer“ u. a.), bei denen die Musik nicht heruntergeladen, sondern gegen Gebühr direkt gehört wird.
Die internationalen Musikkonzerne haben die Digitalisierung als Katastrophe erlebt. Weltweit sind rund 40 Prozent des Umsatzes weggebrochen, in Deutschland fast die Hälfte. Von den einst fünf „Majors“ sind drei übrig geblieben: Universal, Sony und Warner. Bertelsmann hat sich 2008 aus dem Markt zurückgezogen[1], EMI wurde 2011 liquidiert und zwischen Universal und Sony aufgeteilt. Die Konzerne dominieren mit einem Umsatzanteil von 75 Prozent zwar weiterhin den Markt, sie müssen aber einen erheblichen und wachsenden Teil der Wertschöpfungskette – den Vertrieb internetbasierter Musik – branchenfremden Akteuren überlassen. Der Hauptgrund dafür ist, dass sie das Veränderungspotential des Internets falsch einschätzten, ihr altes Geschäftsmodell verteidigten und ihre Einzelinteressen nicht bündelten.
Die Digitalisierung scheint auch den Musikkonsum zu verändern. Eine Untersuchung zeigt, dass jüngere Menschen heute weniger Geld für Musik ausgeben als früher. Ein Drittel des aktuellen Musikumsatzes in Deutschland stammt von der Generation „50 plus“ (BVMI 2013: 30 f.). Womöglich gehen die Zeiten, in denen „man“ Wert auf eine gediegene persönliche Plattensammlung legte, ihrem Ende entgegen. Das würde bedeuten, dass der Tiefpunkt bei den Musikumsätzen noch nicht erreicht ist.
Das Gegenbeispiel: wissenschaftliche Journale
Neben der Musikindustrie gibt es eine zweite Medienbranche, die frühzeitig, rasch und tiefgreifend von Digitalisierung und Internet verändert worden ist: das wissenschaftliche Publikationssystem (zum Nachfolgenden ausführlich: Hanekop/Wittke 2013). Gemeint sind nicht Fachzeitschriften allgemein, sondern wissenschaftliche Texte, die in international anerkannten Journalen nach fachlicher Prüfung veröffentlicht werden (hauptsächlich im Bereich der Naturwissenschaften). Auch dieser Sektor ist weitgehend globalisiert, weil der Austausch von Wissenschaftlern untereinander international erfolgt. Der „Markt“ wird zwar stark durch nichtkommerzielle Verlage (von Universitäten und Verbänden) bedient, etwa ein Viertel aber arbeitet profitorientiert. Dieses Segment wird von wenigen großen Verlagskonzernen beherrscht: Reed Elsevier, Wolters Kluwer und Springer SBM[2] (Hanekop/Wittke 2013: 152). Es bot bis Anfang der 1990er Jahre ein wachsendes und einträgliches Geschäft.
Die Digitalisierung erfolgte auf eine Weise, die mit der in der Musikindustrie vergleichbar ist: Es bildeten sich Internetplattformen („arXiv“, „RePEc“, „SSRN“), auf denen wissenschaftliche Arbeiten kostenlos und uneingeschränkt zur Verfügung gestellt wurden („Open Access“). Wissenschaftler konnten dort ihre Forschungsergebnisse direkt publizieren und dem Fachpublikum zugänglich machen. Da auch rasch geeignete Suchprogramme zur Verfügung standen, entwickelte sich eine ernsthafte Bedrohung für das etablierte kommerzielle Geschäftsmodell.
Anfangs konnten die privaten Verlage dem ihre Kompetenz bei der Qualitätsprüfung der Texte entgegensetzen. Eine Publikation ist dem Autor und der Fachwelt erst dann von Nutzen, wenn sie nach wissenschaftlichen Kriterien geprüft und zertifiziert worden ist. Nach 2000 entstanden allerdings auch erste Open-Access-Journale, die hohe Qualität und wissenschaftliche Reputation gewannen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sahen sich die Konzerne in einer ähnlichen Lage wie die Musikindustrie nach dem Start der illegalen Musikbörsen. Allerdings reagierten sie anders.
Schon Mitte der 1990er Jahre begannen die Verlage damit, ihre gedruckten Journale – gegen Bezahlung – auch ins Internet zu stellen. Das wurde ihnen dadurch erleichtert, dass ihre Abnehmer vielfach institutionelle Einrichtungen (Bibliotheken, Forschungsinstitute) waren, die auf sie nicht verzichten konnten. Nach 2000 schufen die Verlage Portale mit komfortablen Such- und Recherchemöglichkeiten, die den Open-Acess-Angeboten überlegen waren. Diese Strategie konnte aber nur deshalb erfolgreich sein, weil die Großverlage frühzeitig ihre Konkurrenz hintanstellten und eine übergreifende Initiative („Crossref“) starteten. Über diese Plattform waren alle Aufsätze in sämtlichen Journalen abrufbar – auch die der nichtkommerziellen Verlage und Universitäten.
Seither ist es den Verlagskonzernen, allen voran Springer SBM, gelungen, auch Open-Access-Journale als Geschäftsmodell zu betreiben. Einige wurden aufgekauft (z. B. MioMedCentral 2008 von Springer SBM). Wer heute dort publizieren will, muss sich gegen eine Gebühr registrieren lassen. Auf diese Weise werden die Kosten nicht mehr von den Lesern und Bibliotheken, sondern von den Autoren bzw. deren Forschungseinrichtungen getragen. Im Ergebnis dessen wird der Markt für wissenschaftliche Publikationen weiterhin von den etablierten Verlagen beherrscht. Ihnen ist es bislang auch gelungen, branchenfremde Akteure auf Distanz zu halten. Insbesondere der US-Konzern Google versucht seit Mitte der 2000er Jahre, mit einer eigenen Suchmaschine „Google Scholar“ Fuß zu fassen und hat sich eine wichtige Position erarbeiten können. Die Platzhirsche sind allerdings nicht verdrängt worden.
Das lange Elend: die Zeitungen
Anders als in den zuvor geschilderten Branchen setzen sich Digitalisierung und Internet bei den Zeitungen langsam – seit nunmehr zwanzig Jahren – durch. Die Machtstrukturen auf diesem Markt waren bis zur Mitte der 2000er Jahre sehr stabil. Die Spitzengruppe bei den Abonnementszeitungen bildeten die WAZ-(heute: Funke-)Gruppe, die Südwest-Gruppe[3], Axel Springer, die Verlagsgruppe von Holtzbrinck und M. DuMont Schauberg (MDS). Sie stellten etwa ein Drittel der Gesamtauflage. Bei den Kaufzeitungen wiederum war Axel Springer mit 80 Prozent Marktanteil Spitzenreiter (Röper 2006: 284 und 2012: 273).
Die krisenhafte Entwicklung lässt sich seit Beginn der 1990er Jahre beobachten. Weil die Akzeptanz des Mediums, besonders beim jüngeren Publikum, sinkt, schrumpfen die Vertriebszahlen. Zwischen 1991 und 2013 ist die verkaufte Gesamtauflage der Tageszeitungen von 27,3 auf 17,5 Millionen – d. h. um 36 Prozent – zurückgegangen (BDZV 2012 und 2014-1). Die Ursachen sind in sozialen und ökonomischen Gründen zu suchen: neue Informationsmedien (erst Privatfernsehen, dann Internet), langfristige gesellschaftliche Veränderungen (Flexibilität, weniger lokale Bindungen), geringeres politisches Interesse, sinkende Einkommen und andere Faktoren spielen zusammen (Weichert/Kramp 2009: 9 ff.; Haller 2014: 54 ff., 194 ff.). Das Internet hat diese Prozesse nicht verursacht, aber beschleunigt.
Hinzu kommt seit der Jahrtausendwende ein schrumpfendes Anzeigengeschäft. Konnten sich die Abonnementszeitungen 2000 noch zu 54 Prozent aus Reklame finanzieren, so 2013 nur noch zu 37 Prozent. Die Nettowerbeerlöse der Zeitungsverlage sind zwischen 2000 und 2012 von 6,6 auf 3,2 Milliarden Euro gesunken (ZAW 2013: 21). Ein großer Teil der Rubrikenanzeigen, insbesondere Wohnungs-, Kfz- und Stellenannoncen, ist dauerhaft ins Internet abgewandert.
Die Zeitungsverlage hätten vermutlich gute Chancen gehabt, den sich entwickelnden Markt für Online-Rubrikenportale selbst in die Hand zu bekommen. Aber sie sahen nur eine unerwünschte Konkurrenz für das eigene Anzeigengeschäft. So kamen Akteure von außen zum Zuge. In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre wurden die ersten Plattformen gegründet – meist von Privatpersonen, die sich allerdings rasch an Großkonzerne anlehnen mussten.[4] Die Internetportale waren informativer, aktueller und übersichtlicher als die Anzeigenteile der Zeitungen. Seit Mitte der 2000er Jahre gingen einzelne Verlage dazu über, Rubrikenplattformen aufzukaufen.[5] Sie betreiben das Geschäft jetzt aber nicht mehr unter dem Dach ihrer Zeitungen, sondern neben und in interner Konkurrenz zu ihnen.
Etwa zeitgleich – seit der zweiten Hälfte der 1990er Jahre – entstanden die ersten Nachrichtenportale (z. B. „Spiegel Online“ 1994). Sie machten den Zeitungen das Monopol auf tagesaktuelle Lektüre streitig. Die Verlage reagierten wiederum defensiv: Sie stellten die Inhalte der gedruckten Zeitungen gratis ins Netz in der Erwartung, so die „Reichweite“ ihrer Zeitung zu vergrößern (Heimeier: 63 ff.).
Für die Verleger waren die Presseableger im Internet nur ein lästiger Kostenfaktor. Erst in jüngerer Zeit nutzen einige von ihnen die Möglichkeiten des Netzes (Hintergrundmaterial, Verlinkungen, multimediale Aufbereitung, laufende Aktualisierung) und betreiben attraktive und konkurrenzfähige Seiten. Allerdings steigen dadurch die Kosten, womit sich die Finanzierungsfrage mit neuer Schärfe stellt. Bislang werden die Onlineportale von den gedruckten Zeitungen quersubventioniert. In jüngster Zeit unternehmen die Verlage einen neuen Anlauf, um Gebühren für die Nutzung („Paid Content“) durchzusetzen. Während 2011 nur zehn Zeitungen ein Bezahlmodell eingeführt hatten, waren es im März 2014 schon 76 (BDZV 2014-2).
Allerdings: Je erfolgreicher die Website, desto stärker profiliert sie sich als Alternative zum gedruckten Blatt, besonders beim jüngeren Publikum. Von den zehn stärksten deutschen Nachrichten-Websites werden sechs durch Zeitungsverlage produziert; der Springer-Konzern steht mit „bild.de“ an der Spitze und belegt mit „welt.de“ Platz fünf (Schröder 2014). Die Nutzerzahlen der Nachrichtenportale haben in den vergangenen zwei Jahren deutlich zugenommen, während die Auflagen der Zeitungen sinken.
Die Zeitungsbranche sieht sich seit 15 bis 20 Jahren mit den Folgen von Digitalisierung und Internet konfrontiert. In dieser Zeit ist es den Verlegern nicht gelungen, die Entwicklung nachhaltig zu ihrem Vorteil zu beeinflussen. Durch Personal- und Sozialabbau sowie Preiserhöhungen konnten sie meist die Rentabilität trotz sinkender Auflagen und Werbeerlöse sichern[6]. Diese Politik kommt im Rahmen der bestehenden Strukturen an ihre Grenzen. Es zeichnen sich zwei Strategien ab, wie große Verlage auf die Herausforderung reagieren.
Die Verlagsgruppe Madsack[7] in Hannover hat im Sommer 2013 bekannt gegeben, dass sie für sämtliche ihrer 18 Zeitungen in ganz Deutschland (einschließlich Onlineauftritte) eine zentrale Mantelredaktion schaffen wird. Die Restredaktionen werden nur noch für Regionales und Lokales zuständig sein. Die Essener Funke-Gruppe erprobt seit Februar 2013 bei der „Westfälischen Rundschau“ in Dortmund das Modell einer Zeitung ohne eigene Redaktion. Die Beschäftigten wurden entlassen, das Blatt wird mit Fremdmaterial aus der Konzernzentrale und von konkurrierenden Regionalverlagen gefüllt. Die anderen überregionalen Verlagskonzerne (Südwest-Gruppe, MDS in Köln, Ippen in München, MG Pressedruck in Augsburg, Rheinische Post in Düsseldorf) werden die Beispiele Madsack und Funke aufmerksam beobachten und vermutlich ähnliche Pläne in der Schublade haben.
Das Gegenmodell hierzu wird beim Springer-Konzern erprobt. Zwischen 2009 und 2013 hat man die einst zahlreichen Regionalzeitungen verkauft und betreibt nur noch zwei überregionale Tageszeitungen sowie deren Sonntagsausgaben: „Bild“ und „Welt“. Für sie wurden zwei Großredaktionen geschaffen, in denen das Prinzip „Online to Print“ gilt: Sämtliche Texte werden für die Internetauftritte „bild.de“ und „welt.de“ verfasst und dort in regelmäßigen Abständen eingestellt. Zusätzlich werden Nebengeschäfte mit erledigt. Auch der 2013 gekaufte Fernsehsender „N 24“ wird als „Bewegtbildlieferant“ integriert (ausführlich hierzu: Hautsch 2014).
Die gedruckte Zeitung wird von einem separaten Redaktionsteam aus dem vorhandenen Material erstellt. Sie ist nur noch ein Nebenprodukt des umfassenden redaktionellen Prozesses; die Struktur würde auch ohne sie funktionieren. Ziel ist es, die Marken „Bild“ und „Die Welt“ als stabile Größen auf dem „Inhalte-Markt“ zu etablieren. Deshalb hat Springer 2013 auch für beide Portale Bezahlmodelle eingeführt und dabei viel Geld in die Hand genommen.[8] Vom Erfolg dessen hängt die gesamte Strategie ab.
Über die Zukunft der Zeitung gibt es viele Spekulationen (Bicher/Pieper 2013, Haller 2014). Sicher scheint zu sein, dass die Zahl der kleineren selbstständigen Verlage (derzeit 46) stark schrumpfen wird. Dabei spielt es auch eine Rolle, dass Großverlage mehr Geld in Onlineauftritte investieren können. Der Zentralisationsprozess des Zeitungskapitals wurde seitens der Politik durch die Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen im Juni 2013 erleichtert. Am Ende dieser Entwicklung könnten Zeitungsketten nach US-Vorbild stehen (Siepmann 2012).
Ob die gedruckte Zeitung mittelfristig durch Online-Nachrichtenportale ersetzt werden wird, oder ob sich Zeitungen daneben halten können, ist schwer zu beantworten. Dass der Verdrängungsprozess weitergehen wird, liegt aber auf der Hand. Einen Marktvorteil haben sich die Zeitungen immerhin bewahren können: die lokale Berichterstattung. Regionale oder lokale Internetportale konnten sie bislang nicht ersetzen. Ebenso blieben reine Internetzeitungen (ohne gedruckte Ausgabe) erfolglos: Die deutsche „Netzeitung“ wurde 2009 eingestellt, die US-amerikanische „The Daily“ 2012; beide waren von Pressekonzernen (MDS und Murdoch) betrieben worden.
Erst am Anfang: die Buchbranche
Der Buchmarkt ist ein Sonderfall in der deutschen Medienwirtschaft. Es gibt regulierte Preise und es fehlen Werbeeinnahmen.[9] Außerdem kann der Glücksgriff eines Verlages bei einem Titel seinen Jahresumsatz und Profit spürbar in die Höhe treiben. Deshalb spielen mittelgroße Unternehmen eine vergleichsweise bedeutende Rolle. Es gibt etwa 2.300 Buchverlage, die 2012 rund 80.000 neue Titel herausbrachten (Börsenverein 2013: 43, 80). Das heißt allerdings nicht, dass es keine mächtigen Akteure auf dem Markt gibt. Im Gegenteil: Vor dem Hintergrund der Kleinteiligkeit verleiht ein Marktanteil von 23,7 Prozent den vier größten Belletristikkonzernen (Bertelsmann, Bonnier, Holtzbrinck, Ganske) eine enorme Durchsetzungsmacht bei den Händlern (Bartholomäus 2014: 77).
Das Buch war mehr als 500 Jahre lang ein technisch weitgehend unverändertes Produkt. Mit den Hörbüchern wurde nach 1990 erstmals eine neue Form des Konsums von Literatur sichtbar. Dieser Markt ist aber 2011 geschrumpft und stagniert seither. Wirklich dramatische Veränderungen zeichnen sich erst in jüngster Zeit ab, seit die zweite Generation elektronischer Bücher („E-Bücher“) samt zugehöriger Lesegeräte („E-Reader“) auf den Markt gekommen ist, d. h. seit etwa 2010.
Digitalisierung und Internet waren allerdings schon vor dieser Zeit in der Buchbranche wirksam, zunächst beim Buchhandel. Hier hatten sich seit den 1970er Jahren große Ladenketten herausgebildet (Thalia, DBH Hugendubel, Mayersche), die stark expandierten. Trotzdem blieb der Markt kleinteilig: Die größten vier Buchhändler erreichten 2001 nur acht Prozent des Gesamtumsatzes (Schrape 2013: 123). Erste Versuche, Bücher über das Internet zu verkaufen, datieren auf Anfang der 1990er Jahre (Telebuch 1991). Die eigentliche Gründerzeit begann 1997/98 und war von Anfang an durch die Übermacht des US-Konzerns Amazon geprägt. Von Privatleuten gegründete Konkurrenten wie buecher.de und buch.de blieben klein, ebenso die Tochterfirmen von Großverlagen bol.de (Bertelsmann) und booxtra.de (Holtzbrinck, Weltbild, Springer, T-Online).
Schon 2000 zog Amazon etwa 60 Prozent aller Online-Buchumsätze an sich (Schrape 2013: 125). Die Gründe sind in der Bekanntheit des Mutterkonzerns und in einer nutzerfreundlichen Software zu suchen, aber auch darin, dass er 1997 den Pionier Telebuch samt Kundenstamm gekauft hatte. Nach dem Platzen der Dotcom-Blase 2000 wurden „bol.de“ von „buch.de“ und „booxtra.de“ von „buecher.de“ übernommen.
Der neue Vertriebsweg war den Sortimentsbuchhändlern zunächst nicht als ernsthafte Konkurrenz erschienen: Der Onlineanteil lag 2001 bei drei Prozent (Börsenverein 2002: 24 ff.). Erst in der zweiten Hälfte der 2000er Jahre investierten die großen Ketten in das Geschäft: Thalia (Douglas-Konzern) übernahm buch.de, Weltbild baute eine eigene Plattform (weltbild.de) auf und übernahm 2013 die Mehrheit bei buecher.de. Die Übermacht Amazons konnte allerdings nie mehr gefährdet werden. Ende 2012 hat der US-Konzern mit Büchern in Deutschland 1,8 Milliarden Euro umgesetzt – rund 20 Prozent des gesamten Buchumsatzes (9,6 Milliarden Euro). Die drei Konkurrenten kamen zusammen auf 560 Millionen Euro (Buchreport 2013).
Der Onlinehandel erhält einen Schub, weil das Geschäft mit elektronischen Büchern („E-Bücher“) in Schwung kommt.[10] Dies ist der zweite Sektor, auf dem Digitalisierung und Internet die Buchbranche verändern werden. Auch hier gab es Ende der 1990er Jahre die ersten Versuche. Sie scheiterten allerdings an technisch unzulänglichen Geräten und fehlenden Angeboten der Verlage. Lediglich im Wissenschaftsbereich entwickelte sich ein Markt für kommerziellen PDF-Download von Texten.
Der zweite, nunmehr offenbar erfolgreiche Anlauf erfolgte 2007/08, und wiederum war Amazon von Beginn an der Marktführer. Der Konzern orientierte sich am erfolgreichen Modell „iPod“ und „iTunes“ von Apple auf dem Musikmarkt (siehe oben). Ziel ist es, mit einem technisch reizvollen Gerät und einem umfassenden Angebot an Buchdateien einen exklusiven Markt zu schaffen, auf dem der Betreiber die Bedingungen setzt.
Auf dem deutschen Markt ist Amazons „Kindle“ seit Ende 2009 erhältlich. Parallel dazu brachte Sony seinen „Reader“ heraus, der aber wenig Interesse fand. Auch insgesamt blieb der Erfolg der E-Bücher anfangs verhalten, wenn auch wachsend. Der Durchbruch kam mit dem Weihnachtsgeschäft 2012. Seither gehen die Marktanteile stark nach oben (2011: 0,7 Prozent, 2013: ca. 6 Prozent – ohne Fach- und Bildungsbücher; Börsenverein 2013: 23).
Während beim Online-Buchhandel die etablierten Marktteilnehmer anfangs das Potential des neuen Vertriebswegs nicht erkannten und dann von einem Außenseiter überrollt wurden, war das bei den E-Büchern anders. Spätestens seit dem Markteintritt des „Kindle“ in den USA 2007 war klar, was kommt. Auch an Warnungen in den Fachmedien bestand kein Mangel (z. B. Neffe 2011). Und tatsächlich hat sich ein Konsortium aus den drei führenden Buchhändlern Bertelsmann-Clubs, Thalia und Weltbild/DBH sowie der Deutschen Telekom zusammengetan, um Amazon bei den E-Büchern Paroli zu bieten. Diese so genannte Tolino-Allianz brachte im Frühjahr 2013 ein eigenes Lesegerät auf den Markt, das technisch mit dem Amazon-Produkt gleichzieht, jedoch eine offene Plattform bietet. Es legte einen erstaunlichen Start hin: Einer Erhebung der GfK vom Ende 2013 zufolge lag der Marktanteil des „Tolino“ bei 37 Prozent, der „Kindle“ kam auf 43 Prozent (Devlin 2013). Ob die Insolvenz der Weltbild-Gruppe Ende 2013 Auswirkungen auf den „Tolino“ haben wird, muss sich zeigen.
Der Prozess einer Substitution des gedruckten Buches durch Lesedateien steht erst am Anfang und ist in seinen Ausmaßen und Auswirkungen noch nicht absehbar. Auch ist noch unklar, welche Akteure sich durchsetzen werden. Neben Amazon versucht Apple, auf dem Markt Fuß zu fassen; Buchdateien werden zunehmend auch auf Tabletrechnern und Smartphones gelesen.
Dass gedruckte Bücher mittelfristig vom Markt verdrängt werden, ist indessen keineswegs sicher. Mehr noch als bei den Zeitungen könnten hier Kulturtraditionen eine wichtige Rolle spielen. Der materielle und langfristige Besitz eines literarischen Werks hat für viele Menschen Bedeutung gegenüber dem reinen Nutzungsrecht, wie es das E-Buch bietet. Ungeachtet dessen aber wird sich die Zentralisation des Kapitals bei den Verlagen beschleunigen, weil für kleine Unternehmen schon die zusätzlichen Kosten für E-Bücher zum Problem werden dürften. Auch die Auswirkungen auf die Peripherie (Druckereien, Buchhändler, Antiquariate usw.) sind erst andeutungsweise erkennbar.
Auf der Suche nach dem Ausweg: die Akteure
Die vier geschilderten Branchen stehen beispielhaft für die gesamte Medienwirtschaft. In anderen Bereichen (Radio, Fernsehen, Magazine) sind die Auswirkungen des Internets in den Anfängen zu beobachten. Die Szenarien werden ähnlich sein.
Auf den klassischen Medienmärkten sehen sich die Verlage mit anhaltend schrumpfenden Werbe- und Vertriebserlösen konfrontiert. Eine Expansion einzelner Unternehmen ist fast nur noch durch Übernahme oder Beteiligung möglich. Für kleinere Presseverlage wächst der Druck in Richtung Verkauf an einen Konkurrenten oder Betriebsaufgabe. Auch auf der Ebene der Großkonzerne findet eine „Flurbereinigung“ statt. Springer und Holtzbrinck sind bei den Regionalblättern ausgestiegen. Gleichzeitig sind durch Aufkäufe neue bundesweite Verlagskonzerne entstanden. Die Fusion der weltweit größten Belletristikverlage Random House (Bertelsmann) und Penguin Books (Pearson) 2013 erfolgte aus ähnlichen Gründen.
Die Medienkonzerne expandieren auch in die neuen Onlinemärkte. Einige (Burda, Bertelsmann, Holtzbrinck) haben schon Mitte der 2000er Jahre damit begonnen, sich an allerlei Plattformen und Marktplätzen zu beteiligen, Startups mitzufinanzieren oder Portale in „Inkubatoren“ selbst entwickeln zu lassen. Axel Springer stieg nach 2008 ein, inzwischen haben fast alle größeren Medienkonzerne (MDS, Madsack, ProSiebenSat.1, Bauer, Funke usw.) medienferne Internetbeteiligungen im Bestand. Bei Burda liefern Digitalfirmen etwa die Hälfte des Umsatzes. Das traditionelle Mediengeschäft, d. h. Produktion und Verbreitung von Inhalten, verliert für die Großverlage an Bedeutung.
Am radikalsten setzt Axel Springer auf die Onlinekarte. Mit Ausnahme von „Bild“ und „Welt“ sowie einzelnen Magazinen wurden alle Printmedien verkauft, ebenso Radio- und Fernsehbeteiligungen. Der Konzern wurde in eine Holding mit drei Internetsparten gegliedert: Rubrikenportale, Onlinewerbung und Bezahlangebote. Zu letzteren zählen im Inland die Marken „Bild“ und „Welt“, in deren Rahmen vorrangig Webseiten und zusätzlich Zeitungen produziert werden.
Die Hersteller traditioneller Medien stehen durch Digitalisierung und Internet von zwei Seiten unter Druck. Es entwickeln sich völlig neue Formen des Medienkonsums, die die bisherigen zunehmend ersetzen. Printmedien sind schrumpfende Märkte geworden, Radio und Fernsehen werden es vermutlich bald sein. Auf den neuen Geschäftsfeldern des Internets aber sehen sich die Akteure mit der Macht der US-Konzerne konfrontiert, die einen großen Teil der Werbeerlöse und Provisionen für sich beanspruchen.
Für sie steht dabei die Verbreitung von Inhalten gar nicht im Vordergrund, sie ist eher Mittel zum Zweck. So besteht das Kerngeschäft von Apple im Verkauf von Hardware. Microsoft erzielt die meisten Profite mit dem Verkauf von Software-Lizenzen. Bei Amazon sprudeln die Profite aus dem Onlinevertrieb von Waren aller Art. Für Google (und neuerdings Facebook) wiederum steht das Werbegeschäft im Mittelpunkt. In ihren jeweiligen Sektoren können die monopolistischen US-Konzerne aufgrund riesiger Finanzmittel den technischen Vorsprung ausbauen und ihre Marktmacht verteidigen.
Am aggressivsten treten derzeit Google und Amazon auf. Google kann in Deutschland durch die Vermarktung seiner Suchmaschinen (Marktanteil ca. 97 Prozent) rund 2,5 Milliarden Euro, mehr als die Hälfte der gesamten Online-Werbeerlöse, an sich ziehen. Durch überlegene Software ist der Konzern in der Lage, auch andere Werbemärkte im Internet zu beherrschen. Für 2013 werden Werbeerlöse von 50 Milliarden US-Dollar geschätzt. Zur Absicherung seiner Machtposition dringt Google in unterschiedliche Märkte ein: von der Videoplattform „YouTube“ über „G-Mail“ und „Google News“ bis zu vernetzter Haustechnik (Scharrer 2013). Amazon (Umsatz 2013: 75 Milliarden US-Dollar) will den Vertrieb von Medien unter Kontrolle bringen und dringt hierzu ebenfalls in neue Geschäftsfelder ein (z. B. als Buchverleger oder mit dem Kauf der „Washington Post“ durch den Konzernchef Jeff Bezoz 2013).
Die vergangenen zwanzig Jahre markieren den Beginn von Digitalisierung und Internet in der Medienwirtschaft. Welche technischen Möglichkeiten die kommenden Jahren bringen werden, ist erst in Umrissen erkennbar.[11] Vieles wird auch davon abhängen, wie sich die Konsumenten der Massenmedien verhalten werden: Verschwinden gedruckte Medien mittelfristig vom Markt, werden sie ein Nischendasein fristen (wie die Vinylplatten bei Musik) oder wird es ein fruchtbares Nebeneinander geben? Nur eines ist klar: Aufhalten kann die Entwicklung niemand.
Literatur
Bartholomäus & Cie. 2014: Transaktionsmonitor Verlagswesen 2013, Synopsis der M&A-Aktivitäten der deutschen Printmedien und Analyse der Entwicklung von 2009 bis 2013, Frankfurt am Main
BDZV 2012, Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (Hg.): Die deutschen Zeitungen in Zahlen und Daten, Berlin
BDZV 2014-1: Zur wirtschaftlichen Lage der Zeitungen in Deutschland 2013. Internet: http://www.bdzv.de/markttrends-und-daten/wirtschaftliche-lage/artikel/detail/zur_wirtschaftlichen_lage_der_zeitungen_in_deutschland_2013/
BDZV 2014-2: Paid Content Angebote deutscher Zeitungen. Internet: http://www.bdzv.de/zeitungen-online/paidcontent/
Bicher, N./ Pieper, A. 2013: Zeitung unter Druck. Plädoyer für ein Kulturgut. Berlin
Börsenverein 2002, Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Buch und Buchhandel in Zahlen 2002, Frankfurt am Main
Börsenverein 2013: Buch und Buchhandel in Zahlen 2013, Frankfurt am Main
Börsenverein 2014: Branchenmonitor BUCH, Online-Newsletter, monatlich
Buchreport 2013: Vermessung eines Riesen. buchreport-express, 39. Jg., H. 6, S. 10
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[1] Bertelsmann baut seit 2008 eine neue Firma BMG Rights Management auf. Dabei handelt es sich aber um einen Musikverlag, dessen Geschäft nicht die Produktion von Musik, sondern die Verwertung von Musikrechten ist.
[2] Springer Science Business Media (SBM) mit Sitz in Berlin und Heidelberg hat nichts mit dem Medienkonzern Axel Springer zu tun. Er gehörte bis 2001 Bertelsmann, seither wechselnden Finanzinvestoren.
[3] Konzerngruppierung aus Südwestdeutscher Medienholding Stuttgart, Medien-Union Ludwigshafen und Neuer Pressegesellschaft Ulm.
[4] So wie die 1998 gestartete Scout24-Gruppe, die 2002 vom Metro-Konzern gekauft wurde, 2004 von der Deutschen Telekom und 2013 vom Finanzinvestor Hellmann & Friedmann.
[5] „Immonet“ gehört heute zu Springer und Madsack, „Immowelt“ zu Funke, Holtzbrinck und Ippen.
[6] In jüngster Zeit wurde nachgewiesen, dass die Profitraten bei Medienunternehmen allgemein und bei Zeitungsverlagen im Besonderen immer noch sehr hoch und weit über dem nationalen Durchschnitt liegen. Die 2013 an Funke verkauften Springer-Blätter erzielten Vorsteuer-Renditen (Ebitda) von durchschnittlich 18,5 Prozent (Hamann 2013: 69). Seufert belegt, dass die Presseverlage ihre Überschüsse seit 2006 sogar erhöhen konnten, weil sie in großem Umfang Stellen gestrichen haben (Seufert 2013: 32 ff.).
[7] An dem Hannoveraner Pressekonzern Madsack ist die DDVG, die Medienholding der SPD, mit 23,4 Prozent beteiligt.
[8] Springer hat 2012 für sechs Millionen Euro pro Saison die Rechte für 1,5-Minuten-Höhepunkte der Fußball-Bundesliga 2013/16 im Internet erworben.
[9] Das könnte sich demnächst ändern, wenn sich die E-Bücher durchsetzen: Auf den online angebundenen Lesegeräten ließen sich Werbeinseln platzieren und laufend aktualisieren.
[10] Dem scheinen die aktuellen Trendberechnungen für den Buchhandel zu widersprechen. Dem „Branchenmonitor BUCH“ zufolge, den die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) für den Börsenverein erstellt, haben sich von Mai 2013 bis Februar 2014 durchgehend die Barumsätze im stationären Buchhandel besser entwickelt als die der Branche insgesamt (Börsenverein 2014). Kumuliert hat das Sortiment 2013 um 0,6 Prozent zugelegt, während der Buchhandel insgesamt stagnierte. Der Börsenverein nimmt an, dass das zu Lasten des Versandbuchhandels gegangen sei. Sollten sich die Zahlen als valide herausstellen und einen Trend markieren, dann wäre das erstaunlich.
[11] Ein Stichwort heißt Konvergenz von Technik und Inhalten: Die Endgeräte werden multifunktional, die Zugriffsoptionen auf die Inhalte werden vielfältiger (Engel 2014).