Seit der Jahrhundertwende wurden bundesweit etwa 1,4 Millionen Mietwohnungen (bzw. die sie besitzenden Unternehmen) erstmals veräußert[1]. Fast immer handelte es sich um Wohnanlagen, die zuvor durch industrieverbundene oder öffentliche Wohnungsunternehmen, durch Genossenschaften, Kommunen oder den Staat direkt errichtet und bewirtschaftet worden waren. Die Erwerber waren meist international tätige Private Equity Fonds. Die relativ verlässlichen Mietzahlungen für die zumeist erneuerungsbedürftigen Wohnungen dienen ihnen als Quelle komplexer spekulativer Finanzoperationen, bei denen Steuern durch transnationale gesellschaftsrechtliche Strukturen systematisch umgangen werden. Die Folgen der Geschäftsmodelle dieser Investoren für die betroffenen Mieter, Wohnungssiedlungen und Städte haben zu zahlreichen Beschwerden, Protesten und politischen Debatten geführt.[2]
Wir sind gewohnt, diese Prozesse als marktwirtschaftliche Transformation eines zuvor öffentlich kontrollierten oder regulierten Sektors zu betrachten, als ein relativ spätes Resultat der neo-liberalen Hegemonie, die seit Thatcher die Beseitigung der öffentlichen Mietwohnraumversorgung und die Errichtung einer Gesellschaft privater Grundeigentümer zu einer ihrer Leitprojekte erhoben hatte.[3] Man kann darstellen, wie sich diese Abwicklung des ehemaligen Massenwohnungsbaus in das post-fordistische Krisenmanagement einfügt und einer „Akkumulation durch Enteignung“ (David Harvey) dient. Und zugleich kann man prüfen, inwiefern sich diese Trankaktionen in den globalen Prozess der „Finanzialisierung der Kapitalakkumulation“ (u.a. Sweezy 1997, Foster 2010) und insbesondere in die „Finanzialisierung des Immobiliensektors“ (Theurillat u.a. 2010, Holm 2011) einordnen lassen.
Dass zwischen dem Immobilien- und dem Finanzsektor enge Beziehungen bestehen, ist uns schon aufgrund der großen Bedeutung der Hypotheken für den Immobilienerwerb selbstverständlich. Freilich handelte es sich hier bis vor nicht allzu langer Zeit um national tätige, meisten sogar (Sparkassen usw.) lokale Finanzakteure mit einem ausgesprochen „konservativen“ Geschäftsgebaren. Spätestens das Platzen der Sub-Prime-Blase in den USA 2007, aber auch die Immobilienkrisen in Spanien, Irland etc., haben der Welt aber zu Bewusstsein gebracht, dass offenbar eine neue, globale Qualität im Verhältnis zwischen Finanz- und Immobilien- bzw. Wohnungsmärkten eingetreten ist. Diese neue Qualität ist von unterschiedlichen Autor/innen (u.a. Lapavitsas 2010, Aalbers 2012) als „Finanzialisierung“, als systematischer Wandel der Funktion des Finanzkapitals im Immobiliensektor, beschrieben worden.
Ein großer Teil dieser Untersuchungen konzentriert sich dabei auf die dramatischen Veränderungen im Kreditsektor für Eigenheime in den USA ab etwa der Jahrhundertwende, als mit Hilfe günstiger Zentralbankzinsen, halböffentlicher Banken und neuer Instrumente der Kreditverbriefung der so genannte „Subprime“-Mortgage-Sektor für Hauseigentümer mit geringen Einkommen geschaffen wurde. Ein anderer Diskussionsstrang beschäftigt sich mit den Wirkungen der Finanzialisierung auf die stadträumliche Entwicklung, insbesondere die Wohnungsmärkte und die Gentrifizierung. In Bezug auf den Verkauf von großen Mietwohnungsunternehmen an Finanzinvestoren in Deutschland existiert eine solche politisch-ökonomische Debatte allenfalls in Ansätzen (Holm 2010).
Der Begriff der Finanzialisierung
Der schillernde Begriff der „Finanzialisierung“ dient im Allgemeinen zur Bezeichnung eines fundamentalen Bedeutungswandels der Finanzmärkte gegenüber anderen Sektoren der Wirtschaft, wobei je nach Kontext, politischem Standpunkt oder theoretischem Ansatz sehr unterschiedliche Thesen mit diesem Begriff verbunden werden. Sehr verbreitet ist das Narrativ von der dienenden Funktion, die die Finanzsphäre für die produzierende Realökonomie – oder die Wohnungswirtschaft – gehabt haben soll, bevor sich die Finanzwelt verselbstständigte und das Kommando übernahm.
Der Begriff „Finanzialisierung“ stammt aber ursprünglich aus der marxistischen politischen Ökonomie und bezieht sich auf grundlegende Veränderungen im gesamtgesellschaftlichen Verwertungsprozess. Sweezy (1997) stellte die Finanzialisierung neben der Globalisierung und dem Monopolkapital als einen der Megatrends der aktuellen kapitalistischen Akkumulation dar. Ähnlich Epstein (2001), der eine inklusive Definition vorschlägt, wenn er Finanzialisierung als die erhöhte Bedeutung „finanzieller Motive, finanzieller Märkte, finanzieller Akteure und finanzieller Institutionen“ in der einheimischen und der Weltwirtschaft bezeichnet. Mit dieser offenen Definition wird jenseits der Orthodoxie ein weites, zum Beispiel auch betriebswirtschaftliches, soziologisches oder geografisches Forschungsfeld eröffnet. Anders als Begriffe wie „Finanzmarktkapitalismus“ oder „finanzdominiertes Akkumulationsregime“ (Demirovic/Sablowski 2012) betont „Finanzialisierung“ den fragilen Prozesscharakter und Krisenmodus der zu beschreibenden Operationen innerhalb des Finanzsektors, – und damit auch den notgedrungen provisorischen Charakter der Begriffsbildung.
Für unsere Zwecke reicht es aus, unter „Finanzialisierung“ die Transformation von investiertem oder besichertem Kapital (z.B. Eigentum oder Hypotheken an Wohnimmobilien) in Finanzanlagen zu verstehen, die relativ unabhängig von der materiellen Investition auf einem eigenen (globalen, „entbetteten“) Markt mit eigenen Institutionen („Finanzindustrie“) gehandelt werden. Dies bedeutet auch, dass sie ständig zergliedert und zu neuen „Finanzprodukten“ zusammengesetzt werden.
Vom zinstragenden Kapital zur Finanzialisierung
Die marxistischen Diskussionen zum veränderten Verhältnis des „fiktiven“ Finanzkapitals zur Wertschöpfung im „produktiven“ ersten Kapitalkreislauf können wir uns für unser Thema – die Finanzialisierung der Mietwohnungswirtschaft – weitgehend sparen. Denn es gilt als Konsens, dass die nicht selbst genutzte Wohnung zumindest überwiegend (d.h. unabhängig von der Grundrente und unter Abzug der Abzahlungen auf die Erstellungskosten und den Arbeitsaufwand für den Unterhalt) „zinstragendes Kapital“, eine „verliehene Ware“ (Brede/Kohaupt/Kujath 1975), also eine Form von Kredit darstellt, was bedeutet, dass hier kein Mehrwert geschaffen wird.
Die durch Vermietung oder Wiederverkauf zu erzielende Rendite auf das in der Wohnung vorgestreckte Kapital ist abhängig von den Verhältnissen auf dem Wohnungsmarkt. Zur Schätzung des Wiederverkaufswertes der Wohnung werden in Zukunft zu erwartende Mieten über x Jahre hochgerechnet. Diese Prognose führt dazu, dass die Wohnung wie andere Formen des Kredites zum Teil zu fiktivem Kapital[4] wird. Und damit ist die Wohnung der Form nach bereits eine „Finanzanlage“, deren „Wert“ sich aus einem Zukunftsversprechen ergibt. Die eigentliche „Finanzialisierung“ der Wohnung besteht nun darin, dass das fiktive Kapital auch unabhängig von der Wohnung gehandelt werden kann.
Die Finanzialisierung der Wohnung, so meine thesenhafte Definition, besteht nicht darin, dass sie einer ihrem Tauschwertcharakter äußerlichen Finanzlogik unterworfen wird, sondern darin, dass im Prozess der Finanzialisierung der Charakter der Wohnung als fiktives Kapital offengelegt wird und damit den Rohstoff für Konstruktion komplexer Anlageprodukte auf den Finanzmärkten liefert. In Widerspruch gerät die Finanzialisierung dabei mit dem Gebrauchswert, also mit den NutzerInnen der Wohnung, nicht aber mit einer mehrwertschaffenden Arbeitskraft.[5]
Verbriefung und spekulative Aufwertung
Um das in der Wohnung gebundene zinstragende Kapital für die Finanzmärkte zu „befreien“, sind mehrere logische Operationen nötig. Zunächst muss dafür gesorgt werden, dass das in der immobilen Ware Wohnung investierte Kapital auf dem Kapitalmarkt mobil wird. Dazu muss der Tauschwert von der Immobilie quasi abgelöst und in eine vom Standort der Immobilie unabhängige Form gebracht werden. Diesen Prozess kann man als Verbriefung bezeichnen; eine gängige Form ist die Aktiengesellschaft. Mit Immobilienaktien können Anteile an dem verbauten, zinstragenden Kapital erworben und veräußert werden, ohne dass sich am nominellen Eigentümer der Immobilie etwas ändert. Ebenso können auch die für die Finanzierung aufgenommen Kredite, die mit der Immobilie besichert sind, verbrieft und gehandelt werden. Beide Techniken spielen eine Schlüsselrolle bei der Finanzialisierung auch der deutschen Mietwohnungsunternehmen.
Durch die Verbriefung der Anteile an der Immobiliengesellschaft oder der Hypotheken wird zinstragendes Kapital in Finanzanlagen verwandelt und kann von der Finanzindustrie zu Finanzprodukten weiterverarbeitet werden, die sich anders als die zugrunde liegenden Immobilien grenzüberschreitend und mit hohem Tempo umschlagen lassen. Erwartungen auf steigende Zahlungsströme aus zukünftigen Miet- und Verkaufserlösen drücken sich dabei nicht nur in fiktiven Wertsteigerungen der Immobilien und Wohnungsunternehmen, sondern auch in fiktiven Wertsteigerungen der gehandelten Papiere aus.
Solange entsprechende Marktsituationen vorherrschen, bleiben die Preissteigerungen nicht fiktiv, sondern werden bei Mieterhöhungen und Verkäufen zu steigenden Preisen auch tatsächlich realisiert, was einerseits an der Nachfragesituation auf den Wohnungsmärkten liegt, anderseits aber auch daran, dass erhöhte Kaufpreise in erhöhte Anschaffungswerte münden, die nun zusätzlich erwirtschaftet werden müssen. Werden die steigenden Mieten und Preise gezahlt, erhöht das wiederum die Erwartungen auf zukünftige Zahlungsströme, also den Wert des fiktiven Kapitals. Da die Transaktionen zu einem überwiegenden Teil mit Krediten finanziert werden, die selber fiktives Kapital darstellen, führt dieser Prozess zu einer zusätzlichen Aufblähung der Zahlungserwartungen, aber auch der Kosten. Diese Wechselwirkung hält so lange an, bis die Immobilienkäufer die fiktive Erhöhung des Wertes nicht mehr bezahlen wollen oder können. Dann können die Immobilien plötzlich nicht mehr die Erwartungen erfüllen. Es kommt vermehrt zu Überschuldungen und bei stark „überhitzten“ Märkten zum Crash. Dieser fällt tendenziell umso extremer aus, je weniger der beschriebene Prozess der spekulativen Aufwertung durch Eingriffe in die Immobilien- und Kapitalmärkte beschränkt wird und je länger es den Nutznießern der Spekulation gelingt, dem „Finanzmarkt“ Hoffnung auf eine Realisierbarkeit der Werterwartungen zu machen.
Die Verselbständigung der Immobilienwirtschaft als Voraussetzung der Finanzialisierung
In der „wirklichen Welt“ steht dieser Finanzialisierungsmöglichkeit, die der Immobilie innewohnt, allerdings die Einbettung ihrer Gebrauchswertseite in soziale, ökonomische und territoriale Strukturen entgegen. Privatbesitzer, Unternehmen und Staaten nutzen ihre Immobilien nicht vorrangig als „zinstragendes Kapital“, sondern als Gebrauchswerte, um darin zu wohnen, zu wirtschaften, die Kosten des Wirtschaftens zu senken oder soziale Forderungen zu befriedigen. Solange die Gebäude und Grundstücke zur Erfüllung dieser Zwecke aus Sicht ihrer Eigentümer gar nicht auf dem Markt erscheinen sollen, spielt ihr fiktiver, spekulativer Wert für sie kaum eine Rolle. Bevor bestehende Wohnimmobilien im großen Stil als Besicherung von Finanzmarktprodukten fungieren können, werden sie deshalb mittels Deregulierung, Kommodifizierung und Privatisierung aus den industriellen, institutionellen oder sozialen Kontexten gelöst, die ihren Handel beschränkten.
Der Umfang des nicht unmittelbar dem Finanzkapital unterworfenen Immobiliensektors war und ist von Land zu Land verschieden. Auch bei seiner neoliberalen Auflösung gibt es große Ungleichzeitigkeiten, die u.a. auf die unterschiedlichen Verlaufsformen der Verteidigungskämpfe und die politischen Kräfteverhältnisse zurückzuführen sind. Zum Beispiel wurden die Reste eines nicht vom Finanzmarkt abhängigen Wohnungssektors in Spanien schon mit dem Beitritt zur EU weitgehend beseitigt, während dieser Prozess trotz Thatchers frühem Start in England noch immer nicht abgeschlossen erscheint und in Frankreich auch weiterhin ein bedeutender Wohnungssektor von öffentlichen Organismen kontrolliert wird.
Auch in Deutschland gab es bis in die 90er Jahre neben dem unmittelbar „zinstragenden Immobilienkapital“ einen im Vergleich zu heute bedeutenden Sektor von Immobilien, die nicht unmittelbar oder hauptsächlich der Renditeerzielung dienten. Neben dem selbst genutzten privaten Hausbesitz waren das Immobilien der öffentlichen Hand, die durch Industrie- und Dienstleistungsunternehmen selbst genutzten Grundstücke und Gebäude einschließlich der Werkswohnungen sowie die Immobilien des intermediären Sektors, vor allem die gemeinnützige Wohnungswirtschaft. In allen diesen Fällen standen nicht der Tauschwert und der Charakter als potentielle Finanzanlage, sondern die Gebrauchswertseite der Immobilien im Mittelpunkt des wirtschaftlichen Interesses[6].
Für das Kapital stellten diese Immobilien im Wesentlichen notwendige Kosten dar, auf deren Optimierung es im Zusammenhang mit den angestrebten Umsatzsteigerungen im Detail nicht so genau ankam. So wurden von Industrieunternehmen große Flächen gehortet. Die Immobilien standen mit Anschaffungswerten in den Büchern und erschienen so auch bilanziell von relativ geringem wirtschaftlichen Wert.
Spätestens in den 1990er Jahren drängten in (West-)Deutschland mehrere Faktoren auf eine Änderung dieses Verhältnisses zur Immobilie als Hilfsmittel des Kerngeschäfts: Durch die Beschäftigungskrisen seit den 1970er Jahren hatten die Wohnimmobilien ihre Bedeutung für die Versorgung der Belegschaften verloren, der Werkswohnungsbau kam zum Erliegen. Die Krisenbranchen standen unter einem wachsenden Kostensenkungs- und Verwertungsdruck, was zunächst vor allem dazu führte, Immobilien in eigene Geschäftsfelder und Unternehmen auszulagern und dort rationeller zu bewirtschaften. Aufgrund beschleunigter Innovationszyklen kam es zu rasch sich ändernden und zum Teil anspruchsvolleren Anforderungen an die Gewerbeimmobilien, die ebenfalls eine Professionalisierung des Immobiliengeschäftes beförderten. So entstand ein eigener Sektor der professionalisierten Immobilienwirtschaft, der auch neue Ausbildungswege und Methoden entwickelte. All das trug zur „Emanzipation“ der Branche von der Vormundschaft des „Produktivkapitals“ bei. Finanzierungskrisen, Shareholder Value-Orientierung und Kerngeschäft-Konzentration in den Konzernen erhöhten dann den Druck auf die Marktwertaktualisierung und schließlich die Veräußerung vieler Immobilien.
Gemäß dieser Sichtweise hat sich also nicht eine „entbettete“ Finanzwirtschaft über die Immobilien hergemacht, um sie auszuschlachten. Vielmehr hat die Ablösung des Immobiliensektors von den anderen Sektoren der „Realwirtschaft“ die immanente Entfaltung des „zinstragenden Immobilienkapitals“ zur mobilen Finanzanlage möglich gemacht und damit die latente Finanzialisierung auch der Wohnungswirtschaft eingeleitet.
Die Transformation des gemeinnützigen Sektors
Mit Hilfe von öffentlicher Wohnungsbauförderung, Steuervergünstigungen und regulativen Eingriffen in die Mietwohnungsmärkte war in Westdeutschland bis in die 1980er Jahre hinein ein Mietwohnungsbestand geschaffen worden, der nicht unmittelbar auf die Erwirtschaftung hoher Renditen, sondern auf eine für Direktinvestoren wirtschaftlich tragfähige Versorgung breiter Bevölkerungsschichten mit Wohnraum orientiert war. Vor allem die revolvierenden Fonds der sozialen Wohnungsbauförderung sowie die gemeinnützige Wohnungswirtschaft mit ihren öffentlichen, genossenschaftlichen und industriellen Akteuren bildeten einen Sektor an Wohnungsvermögen, in dem auf diese Wohnungsbestände gerichtete privatwirtschaftliche Verwertungsinteressen und der Zugriff der spekulativen Finanzmärkte relativ begrenzt waren. Die politische Ermöglichung der privaten Aneignung dieses „Gemeingutes“ durch finanzwirtschaftliche Akteure war und ist der Motor der Finanzialisierung der Wohnungswirtschaft in Deutschland. Diese vollzog sich in mehreren Phasen und bezieht sich auf unterschiedliche Gegenstände.
Seit den 1970er Jahren kam es parallel zur Krise der Vollbeschäftigung zu einer umfangreichen Legitimations- und Steuerungskrise der in den Dienst der „Fabrikgesellschaft“ gestellten „gemeinnützigen“ Wohnungswirtschaft. Aber anstatt den Wohnungsbau von den Bedürfnissen der Großindustrie zu emanzipieren, die autoritären Bauformen zu humanisieren und die Organisation der Wohnungswirtschaft zu demokratisieren, wurden diese Krisen dazu genutzt, Strukturen der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft zu zerschlagen und politische Mehrheiten für eine Agenda der Privatisierung und des Eigenheims zu organisieren. Der soziale Mietwohnungsbau verlor an Bedeutung, bis die Wohnungsnot 1988ff. eine vorübergehende Rückkehr zu hohen Fördersummen erforderlich machte.
Für den Wohnungssektor in Deutschland von großer Bedeutung war die 1989 von der Regierung Kohl durchgesetzte Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit, zu der der allergrößte Teil der damaligen unternehmerischen Wohnungswirtschaft zählte, vor allem auch die werksverbundene. Durch die Beschränkungen der Geschäftstätigkeit und der Gewinnausschüttungen bei Gewährung von Steuervorteilen verhinderte die Wohnungsgemeinnützigkeit die Vermarktung auch solcher Wohnungsunternehmen, die von ihren Eigentümern eigentlich nicht mehr zur Versorgung der Arbeitskräfte benötigt wurden. Zugleich bestand mit der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft ein eigenständiger Immobiliensektor, der von der sie kontrollierenden Industrie oder den Kommunen gesellschaftsrechtlich getrennt war, über eigenes Personal, eigene Vorstände, eigene Bilanzen etc. verfügte. Allerdings waren diese Unternehmen aufgrund der ohnehin ausgeschlossenen Immobilienveräußerung in der Regel nicht zum Zeitwert – dem „fiktiven Kapital“ – bewertet. Sie galten eher als Versorgungswerke mit geringer Einlagenverzinsung. In dem Moment aber, wo die Aussicht auf eine Beseitigung der Verwertungsbeschränkungen bestand, wurde das potentielle „fiktive Kapital“, auch „Betongold“ genannt, auf einmal sichtbar.
Trotzdem folgte auf die Beseitigung der Gemeinnützigkeit noch nicht unmittelbar eine große Verkaufswelle. Ein Grund dafür war die Wohnungsnot Anfang der 1990er Jahre. In Ostdeutschland kam neben dem hohen Sanierungsbedarf und den Problemen der Rückübereignung die gewaltige Belastung der neu ausgegründeten Unternehmen mit Staatsschulden der DDR hinzu. Die postgemeinnützigen und poststaatlichen Wohnungsunternehmen wurden noch einmal gebraucht: als Abwicklungsinstanzen für das DDR-Erbe und als Träger des sozialen Wohnungsbaus. Einige konnten den Wert ihres Immobilienbestandes durch den subventionierten Neubau und die Vollvermietung bei schnell steigenden Marktmieten erhöhen. Das stärkte die Position ihrer Geschäftsführungen, die sich nun als vollwertige kapitalistische Unternehmer sahen.
Betriebswirtschaftliche „Professionalisierung“ war angesagt. Viele Unternehmen erweiterten ihre Tätigkeitspalette um kommerzielle Bauträgergeschäfte. Das große industrieverbundene Unternehmen Veba versuchte, seine Grundstücke durch Eigenheimbauten in Mietergärten besser zu verwerten und zugleich bei den Nebenkosten besonders intensiv zuzulangen. Es wurden Firmen für die Heizkostenabrechnung und das Wärmecontracting ausgegründet, die später getrennt verkauft werden konnten. Es kam zu Umstrukturierungs- und Konzentrationsprozessen´, die zum Teil den Verschmelzungen im Industriesektor nachfolgten. Auch begannen die Wohnungsunternehmen, einen Teil ihres Bestandes als Eigentumswohnungen zu vermarkten oder an Weiterverwerter zu verschachern.
Moderne betriebswirtschaftliche Methoden, die aus dem Sektor der Gewerbeimmobilien, der Vermögensverwaltung oder der Versicherungswirtschaft stammten, hielten Einzug. Die Wohnungsbestände wurden in unterschiedlich werthaltige „Portfolien“ aufgeteilt, für die es jeweils spezifische Investitionsstrategien gab. Die früher zur puren Bestandhaltung verdammten Wohnungsverwaltungen verwandelten sich so in Immobilienholdings, die auch für Privatanleger interessant werden konnten und damit für die Privatisierung.
In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre kam es auch in etlichen SPD-geführten Kommunen zu Bestrebungen, die kommunalen Wohnungsunternehmen zu veräußern oder zumindest in privatwirtschaftliche Holdings auszulagern. In einigen bedeutenden Fällen scheiterte dies an lokalen Widerständen.
Der große Ausverkauf
Damit aus der latenten Finanzialisierung unsere heutige Realität werden konnte, musste noch eine weitere Bedingung erfüllt sein: Es musste das auf den Markt gedrängte Angebot der aus ihrem bisherigen Verwertungskontext gelösten Immobilien auf eine massive Nachfrage seitens der Finanzwirtschaft stoßen, die bereit und in der Lage war, das fiktive Kapital aufzubringen, das bei der „Aktivierung des Betongoldes“ sichtbar wurde.
Diese Nachfrage war um die Jahrhundertwende aufgrund der Globalisierung und Finanzialisierung vorhanden. Mit dem Erscheinen einer massiven Nachfrage internationaler Finanzinvestoren nach dem Crash der Dotcom-Blase und der dann einsetzenden Niedrigzinspolitik der US-Notenbank wurden die ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen zu Zielen transnationaler Finanzinvestments. Parallel zum Aufbau der Subprime-Blase in den USA kam es in Deutschland zu Wohnungsverkäufen in einem bis dahin nicht bekannten Umfang.
Zwischen 1999 und 2013 wurden in Deutschland mehr als 2,2 Mio. Mietwohnungen im Rahmen größerer Paket- oder Anteilsverkäufe gehandelt.[7] Nachdem es in den Jahren 2004-2008 zu hohen Verkaufszahlen gekommen war, kam das Transaktionsgeschehen in Folge der Finanzkrise ab 2009 weitgehend zum Erliegen. Seit 2011 ist aber bereits wieder ein deutlicher Anstieg der Mietwohnungsverkäufe festzustellen, der zunächst vor allem aus Wiederverkäufen der nur vorübergehend als Finanzinvestments gehaltenen Wohnungen bestand. Im Jahr 2012 erhöhte sich die Zahl dieser Wiederverkäufe auf mindestens 118.000 Wohneinheiten. Zugleich kam es wieder zu „Erstverkäufen“ im Umfang von mehr als 61.000 Wohneinheiten. Maßgeblich waren hier vor allem die Verkäufe von TLG Wohnen GmbH (ehemals Immobilien der Treuhandanstalt), LBBW Immobilien GmbH (ehemalige Immobilien der Landesbank Baden-Württemberg) und DKB Immobilien (ehemalige Immobilientochter der Deutschen Kreditbank DKB (BayernLB).
Abb. 1: Transaktionen 1999-2012. Quellen: IfS (2008), BBR/BBSR-Berichte, eigene Zusammenstellung 2012.
Bei 1,4-1,5 Mio. der Wohnungstransaktionen seit 1999 handelte es sich um Erstverkäufe, d.h. es wurden Unternehmen und Wohnungsbestände veräußert, die zuvor sehr langfristig orientierte Eigentümer hatten. Bis auf wenige Ausnahmen handelte es sich hierbei um die öffentliche Hand, staatseigene Banken oder andere Akteure der früheren gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, insbesondere Industrieunternehmen.
Die Hauptverantwortung für diese Verkäufe tragen Bund und Länder, die seit 1999 knapp 590 Tsd. Wohnungen veräußert haben. Davon gingen 370 Tsd. Wohnungen direkt an Privatinvestoren. Die Kommunen veräußerten im gleichen Zeitraum 385 Tsd. Wohnungen, davon 196 Tsd. an Privatinvestoren. Hinzu kommen mindestens 260 Tsd. ehemalige Werkswohnungen, die in diesem Zeitraum von den Wohnungsunternehmen direkt an Privatinvestoren verkauft wurden. Insgesamt wurde der Wohnungsbestand des ehemals öffentlich verbundenen oder gemeinnützigen Sektors seit 1999 um mindestens 900 Tsd. Wohnungen verringert. Alle diese Wohnungen wurden ursprünglich nicht als Finanz- oder Vermögensanlagen gehalten. Sie dienten vorrangig der Versorgung.
Zu einem sehr überwiegenden Teil wurden die Wohnungen an Finanzinvestoren oder Aktiengesellschaften veräußert, die die Wohnungen und Wohnungsunternehmen bzw. deren Anteile zum Teil schnell weiterhandelten. Wir können von einer Größenordnung von etwa 800.000 Wohnungstransaktionen ausgehen, die man als „Wiederverkauf“ bezeichnen kann. Allerdings ist im Bereich der Anteilsverkäufe die Abgrenzung dann schwierig, wenn nur ein Teil der Anteile veräußert wird. Würde man die zahlreichen Finanztransaktionen einbeziehen, die die Verschmelzung der übernommenen Wohnungsunternehmen auf steuersparende Eigentümervehikel begleiten oder die in der Folge im Zuge der Refinanzierung und Verbriefung der Fremdkapitalbelastungen erfolgt sind, so würden die Transaktionszahlen um ein Mehrfaches über diesen Daten liegen.
Verschiebungen im Anbietergefüge
Ungefähr im gleichen Umfang, wie der Wohnungsbestand der ehemals gemeinnützigen und öffentlich verbundenen Wohnungswirtschaft sank, stieg der Wohnungsbesitz der strikt renditeorientierten Privatunternehmen an. Wir können davon ausgehen, dass sich heute knapp 900 Tsd. Wohnungen unter der direkten Kontrolle von „Finanzinvestoren“, Wohnimmobilien-AGs, Anlage-Fonds, Insolvenzverwaltern und Abwicklungsgesellschaften befinden.
Diesen Wohnungsbestand können wir als den „direkt finanzialisierten Wohnungssektor“ bezeichnen. Er macht zwar nur 2,2 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes in Deutschland aus, aber immerhin 4,6 Prozent der vermieteten Wohnungen. Der Anteil an den Wohnungen professioneller gewerblicher Vermieter beträgt 9,8 Prozent. Der Wohnungsbestand der finanzialisierten Wohnungswirtschaft konzentriert sich dabei auf bestimmte Regionen. In NRW, wo von mindestens 320 Tsd. „finanzialisierten“ Wohnungen ausgegangen werden kann, beträgt der Anteil am professionell vermieteten Wohnungsbestand mehr als 17 Prozent und liegt damit deutlich höher als der Anteil der kommunalen Wohnungsunternehmen mit ihren 226 Tsd. Wohnungen. In Dortmund befinden sich mehr als 20 Prozent des gesamten Mietwohnungsbestandes unter der Kontrolle von Finanzinvestoren.
Vor allem in lokalen und regionalen Schwerpunkten kann der finanzialisierte Wohnungssektor also einen entscheidenden Einfluss auf die Marktangebote haben. Bislang erschienen diese Einflüsse eher als nicht bewusst gesteuerte Effekte der Finanzwirtschaft. Insoweit die großen Wohnungsanbieter im Zuge der neuen Finanzierungsbedingungen wohnungswirtschaftlich operativ handlungsfähig werden, kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie ihren Markteinfluss auch strategisch und politisch nutzen werden. Dabei könnten einige wenige Investoren wie Annington, Gagfah oder Immeo die Entwicklung in Kommunen und Stadtteilen maßgeblich bestimmen.
Von einer unmittelbar „finanzialisierten Wohnungswirtschaft“ zu sprechen ist sinnvoll, insoweit eine tatsächliche Unterordnung der ökonomischen Zweckrationalität in der Wohnungswirtschaft unter die spezifischen Systemlogiken „entbetteter“ Finanzprodukte eingetreten ist. Dabei entspricht „Finanzialisierung“ als substantiviertes Verb dem grundlegend offenen und kaum fixierbaren Prozesscharakter der eingetretenen und weiter eintretenden Veränderungen. Die permanenten Finanztransaktionen und Unternehmensrestrukturierungen entziehen sich der gewohnten statischen Beschreibung von Wohnungsunternehmen – nicht nur aufgrund ihres Tempos, sondern auch aufgrund der komplexen Vielfalt ihrer Zwischenprodukte, die sich auf sehr unterschiedlichen Maßstabsebenen der gesellschaftlichen Entwicklung zeigen.
In der finanzialisierten Wohnungswirtschaft werden alle Aspekte des Vermietungsgeschäftes von der Finanzwirtschaft dominiert. Wohnungen werden dabei aus eigenständigen (wirtschaftlichen und/oder sozialen) Zwecken dienenden Gütern in bloße Funktionen finanztechnischer Arrangements von „Finanzinvestoren“ verwandelt. Dabei sind im Zuge permanenter Umstrukturierungspreise vor allem die folgenden Aktionsebenen zu unterscheiden:
- die transnationale Optimierung der gesellschaftsrechtlichen Beteiligungsstrukturen,
- die finanzwirtschaftliche Optimierung („Financial Reengineering“) und die Refinanzierung,
- das auf hohe Erlöse, vor allem aber auf „Wertsteigerung“ des fiktiven Kapitals ausgerichtete Management der Wohnungsunternehmen während der Haltephase,
- die Neubewertung des Immobilienbesitzes und die Portfoliostrategie,
- das Reengineering der Geschäftsabläufe und der Lieferketten,
- die Bilanzpolitik und der Exit.
Die Dynamik des finanzialisierten Sektors und die Phase des Exits
Ein wesentliches Merkmal des finanzialisierten Sektors ist seine von der Entwicklung der globalen Finanzmärkte abhängige Dynamik. Diese drückt sich vor allem in der Zahl der Wiederverkäufe aus, nur bedingt in der Zahl der Erstverkäufe, die im Wesentlichen politisch bestimmt ist, auch wenn sie sich in wirtschaftliche Umbrüche einordnet.
Inzwischen haben die meisten Private-Equity-Fonds der ersten und zweiten Übernahmephase in Deutschland den vorgesehenen Ausstieg aus ihrem bisherigen finanziellen Engagement und Umfinanzierungen ihrer bisherigen Verbriefungskredite eingeleitet. An der grundsätzlichen Unterordnung der Wohnungen unter die Logik der Finanzmärkte ändern diese neuen Episoden nichts.
Mehrere Investoren nutzten das zeitweise an Immobilienanlagen in Deutschland bestehende Interesse auf den Kapitalmärkten, um ihre Unternehmensanteile an der Börse zu veräußern. Dem Desinvestment der Finanzleger der ersten Verwertungszyklen entspricht nun ein neuer Investitionszyklus, der potentiell auch auf die Wohnimmobilien selbst durchschlägt. Die Neuzusammensetzung des Anlegerkapitals kann den Immobilienplattformen eine aktivere wohnungswirtschaftliche Strategie ermöglichen, bei der bestimmte Wohnungsbestände mieterhöhungswirksam aufgewertet werden, während andere an Restverwerter verramscht oder als Lasten auf Mieter und Kommunen abgeladen werden.
Das Problem eines Mietwohnungssektors unter unmittelbarer Kontrolle internationaler Finanzmärkte bleibt der Gesellschaft für unabsehbare Zeit erhalten. Darüber hinaus haben finanzmarktorientierte „Innovationen“ längst die betriebswirtschaftliche Steuerung der gesamten Immobilienwirtschaft erfasst, und die Rahmenbedingungen auch des deutschen Wohnimmobilienmarktes sind von der Situation globalen Kapitalmärkte abhängiger geworden.
Literatur
Aalbers, Manuel B. (2012): Subprime Cities. The Political Economy of Mortgage Markets, Chichester
Brede, H. , Kohaupt B., Kujath H.-J. (1975): Ökonomische und politische Determinanten der Wohnungsversorgung, Frankfurt am Main
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR): „BBSR-Analysen KOMPAKT“
Foster, John Bellamy (2010): The Financialization of Accumulation, in: Monthly Review, Vol. 62, http://monthlyreview.org/2010/10/01/the-finfncialization-of-accumulation
Demirovic, Alex/Sablowski, Thomas (2012): Finanzdominierte Akkumulation und die Krise in Europa , in: Prokla 166
Epstein, Gerald A., ed. (2006): Financialization and the World Economy, Cheltenham
Harvey, David (2006): Limits to Capital, London/Brooklyn
Holm, Andrej (2010): Privare heißt Rauben – Zur Ökonomie von Wohnungsprivatisierungen, in: Z. Zeitschrift Marxistische Erneuerung, Nr. 83, September 2010
Holm, Andrej (2011): Wohnen als Ware, in: Widersprüche 121
Landtag NRW (2013): Abschlussbericht der Enquetekommission „Wohnungswirtschaftlicher Wandel und neue Finanzinvestoren auf den Wohnungsmärkten in NRW“ (Enquetekommission I), Drucksache 16/2299, Düsseldorf
Lapavitsas, Costas (2010): Financialisation and Capitalist Accumulation, http://se.ruc.edu.cn/upload/20101105/5516956.pdf
Theurillat, T., Corpataux, J., Crevoisier, O. (2010): Property Sector Financialization: The Case of Swiss Pension Funds (1992-2005), European Planning Stud. 18, issue 2
Sweezy, Paul M. (1997): More (or Less) on Globalization, in: Monthly Review, Vol. 49, http://monthlyreview.org/1997/09/01/more-or-less-on-globalization
[1] Zahlenangaben zu den Wohnungstransaktionen stützen sich vor allem auf die vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zeitweise herausgegebenen Reihen.
[2] Eine der politischen Folgen war die Einrichtung der Enquêtekommission „Wohnungswirtschaftlicher Wandel und neue Finanzinvestoren auf den Wohnungsmärkten in NRW“ des Landtages NRW, die zwischen 2011 und 2013 tätig war. Hier wurden die Folgen der Verkäufe an Finanzinvestoren für die Wohnungsbestände empirisch untersucht. Vor allem wurden in einer Studie erstmals die „Geschäftsmodelle“ der großen Wohnungsplattformen differenziert einer kritischen Untersuchung unterzogen.
[3] In zahlreichen Ländern kommt es seit Jahrzehnten zu einer Zurückdrängung staatlicher Interventionen und öffentlicher Investitionen in die Wohnungsmärkte. An die Stelle politischer Maßnahmen für die direkte Befriedigung des Wohnungsbedarfes, etwa durch den sozialen Wohnungsbau oder – in der armen Welt – durch die Tolerierung von Selbstbausiedlungen, ist die Unterstützung der „Marktkräfte“ und des privaten Hausbesitzes getreten. Die Finanzierung der dafür erforderlichen Hypotheken wurde seit den 80er Jahren vom explodierenden Sektor des Finanzkapitals übernommen. Dieser Sektor macht bis heute den Kernbereich aus, in dem die globale Finanzialisierung des Wohnens und ihre Zusammenbrüche erfolgen. Die Finanzialisierung des Geschosswohnungsbaus ist demgegenüber nur eine Randerscheinung, fast ein deutscher Sonderweg.
[4] „Title to land becomes, in short, a form of ficticious capital“ (Harvey 2007)
[5] Inwieweit die Wohnung als Ort der mehrwertschöpfenden Arbeit genutzt wird, ob durch die Miete Lohn abgeschöpft wird und ob bei der Nutzung der kostenpflichtige Konsum nicht nahtlos in unbezahlte Arbeit übergehen kann, sind Fragen, die wir an dieser Stelle vernachlässigen können.
[6] Immobilien dienen als Produktions- oder Handelsstandort, Werkswohnungen erhöhen die Bindung der Arbeitskräfte, eine tendenziell ausreichende Massenwohnungsversorgung ist für das fordistische Konsum- und Integrationsmodell unbedingt erforderlich.
[7] Vgl. BBSR-Analysen KOMPAKT 12/2012, „Anstieg großer Wohnungstransaktionen in 2012“