Seit einigen Jahren wird unter dem Stichwort der Sozialen Infrastruktur über neue Wege einer Sozialpolitik in den entwickelten kapitalistischen Ländern diskutiert. Ausgehend von der Annahme, dass in den reichen Ländern Westeuropas und Nordamerikas ein ausreichendes Bruttoinlandprodukt produziert wird, um allen Bewohner/inne/n ein angenehmes und sorgenfreies Leben bieten zu können, werden wachsende Armutslagen und soziale Spaltungen als überwindbare Artefakte der aktuellen Sozialpolitik angesehen (Hirsch 2003). Anstelle der individualisierten, selektiven und in seiner Wirkung beschränkten Umverteilungsmechanismen der traditionellen bzw. keynesianischen Sozialpolitik soll nun die Bereitstellung einer Sozialen Infrastruktur treten.
Verstanden wird darunter die „in der Regel kostenlose oder gegen geringes Entgelt dargebotene Bereitstellung öffentlicher, für alle gleichermaßen zugänglicher Güter und Dienstleistungen (…), die von den einzelnen nicht selbst hergestellt werden kann“ (AG links-netz 2012: 6). Konkret benannt werden die Bereiche der Gesundheitsversorgung, des Verkehrs, des Wohnens, der Bildung und der Kultur. Die Finanzierung der sozialen Infrastruktur soll grundsätzlich über Abgaben und Steuern erfolgen (AG links-netz 2012: 10 ff.).
Nicole Vrenegor und Manuel Osório haben eine erste Skizze für die Organisation des Wohnens als Soziale Infrastruktur erarbeitet und mit dem Zugang zu bezahlbarem Wohnraum, der Demokratisierung der Wohnungsverwaltung und einer Orientierung an gemeinschaftlichen Wohnformen einige Bestandteile für die Neuorganisation des Wohnens als Soziale Infrastruktur vorgeschlagen (Osório/Vrenegor 2011). Der folgende Beitrag diskutiert das Konzept „Wohnen als Soziale Infrastruktur“ anhand von vier Fragen:
- Warum ist das Wohnen ein Politikfeld für die Diskussionen um eine Soziale Infrastruktur?
- In welchem polit-ökonomischen Kräfteverhältnis muss eine Reorganisation der Wohnungsversorgung durchgesetzt werden?
- Welche Voraussetzungen hat eine Wohnungsversorgung als Soziale Infrastruktur?
- Welche sozialen Bewegungen und politischen Akteure können als Träger der gewünschten Veränderungen angesehen werden?
1. Sozialpolitische Aspekte des Wohnens
Warum ist das Wohnen ein Politikfeld für die Diskussionen um eine Soziale Infrastruktur?
Steigende Mietpreise in vielen Städten, der Ausverkauf von bisher öffentlichen Wohnungsbeständen, die Verdrängung von ärmeren Einkommensgruppen aus den Innenstädten sowie die damit einhergehenden Segregationsprozesse beschäftigen nicht nur die Stadtforschung, sondern werden aktuell auch von städtischen Protestbewegungen auf die Tagesordnung der Stadtpolitik gesetzt.
Die sozialpolitische Relevanz der Wohnungsversorgung besteht nicht nur im Kontext der Zugangschance und der Qualität einer als existentiell angesehen Grundvoraussetzung der Reproduktion, sondern darüber hinaus in den die gesellschaftliche Lage bestimmenden Wirkungen von Wohnbedingungen.
Die Wohnungsversorgung wird in einer Reihe von internationalen Abkommen und früheren Gesetzgebungen als fester Bestandteil der Daseinsvorsorge angesehen. So ist das „Recht auf Wohnen“ in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte unter Artikel 25 als Teile des Rechts auf einen angemessenen Lebensstandard verankert: „Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen …“ (Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948, Artikel 25).
Während das Recht auf Wohnung in der Verfassung der Weimarer Republik von 1918 explizit formuliert wurde[1], wird es im Grundgesetz der Bundesrepublik bis heute nicht gewährt. Mieterorganisationen, Sozialverbände und auch die Linkspartei haben in den vergangenen Jahren erfolglos nach einer grundgesetzlichen Verankerung eines Menschenrechts auf Wohnen verlangt. Eine von der Bundestagsfraktion der PDS/Linke Liste 1994 beauftragte „Alternative ExperInnenkommission Wohnen ist Menschenrecht“ definierte das „Recht auf eine angemessene Wohnung“ als Recht auf eine eigene, abgeschlossene Wohnung in ausreichender Größe. Dazu gezählt wurden auch eine intakte Infrastruktur und Möglichkeiten, am gesellschaftlichen – kulturellen, sozialen und politischen – Leben teilzunehmen. Dieses Recht solle für alle Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaften sowie Individuen gelten, unabhängig von Geschlecht, Nationalität, Alter, Konfession und Lebensweise. Die Unterbringung in Obdachlosenasylen, Heimen oder Behelfsunterkünften wurden als Möglichkeit zur Verwirklichung eines Rechts auf Wohnen explizit ausgeschlossen (Alternative ExpertInnenkommission 1994).
Neben einer solchen individuellen Versorgungsperspektive werden Fragen des Wohnens in sozialpolitischen Debatten vielfach mit dem Problem der ungleichen Raumentwicklung und den negativen Folgen einer sozialräumlichen Polarisierung verbunden. Ausgangspunkt dabei sind Annahmen über die räumlich ungleiche Verteilung städtischer Infrastrukturen und Dienstleistungsangebote sowie zu sozialen Nachbarschaftseffekten. Die Frage des Wohnortes wird dabei als wirksames Positionierungssystem im sozialen Feld verstanden. Im Kontext von Nachbarschaften mit einer hohen Konzentration an benachteiligten Haushalten und defizitärer Ausstattung wird entsprechend nicht nur von „benachteiligten“, sondern von „benachteiligenden“ Quartieren gesprochen (Häußermann/Kronauer 2009). Auch im Zuge der aktuell weltweit geführten Gentrification-Debatten wird nicht nur ein Recht auf angemessene Wohnungsversorgung, sondern eben auch ein Recht auf Nachbarschaft reklamiert (Newman/Wyly 2006).
Die Anwendbarkeit des Konzeptes der Sozialen Infrastruktur für den Bereich der Wohnungsversorgung weist einige Tücken auf. Zwar kann das Wohnen, ob seiner existentiellen Bedeutung für die Lebensgestaltung, als typisches Element der Dienstleistungen verstanden werden, die von den einzelnen nicht selbst hergestellt werden können – doch einer Bereitstellung als gleichermaßen zugängliches Gut steht nicht nur die ungleiche Verteilung von Wohnqualitäten, sondern auch die zutiefst individuelle Konsumtion des Wohnens entgegen. Manuell Castells hat schon in den 1970er Jahren auf den Widerspruch zwischen „der individuellen Aneignung von Lebensbedingungen … und der Art und Weise der kollektiven Verwaltung dieser Prozesse“ (Castells 1975: 36) hingewiesen. Unter den Bedingungen der fordistischen Wohlfahrtsregime konnte dieser Widerspruch nicht gelöst werden, doch auch die Diskussion um eine Soziale Infrastruktur und grundsätzlich neuer Formen der Sozialpolitik wird sich diesem Problem stellen müssen.
2. Stellung der Wohnungsversorgung in der kapitalistischen Ökonomie
In welchem polit-ökonomischen Kräfteverhältnis muss eine Reorganisation der Wohnungsversorgung durchgesetzt werden?
Schon der verbreitete Begriff des Wohnungsmarktes deutet auf eine Organisation der Wohnungsversorgung unter den Bedingungen der kapitalistischen Ökonomie. Wie andere Waren unterliegen der Wohnungsbau und die Wohnungsbewirtschaftung dabei vor allem ökonomischen Rationalitäten. Daraus können einige grundsätzliche Überlegungen abgeleitet werden, die für die Einschätzung der aktuellen Entwicklungen in den Städten, aber auch für die Formulierung von Alternativen für eine soziale Wohnungsversorgung von zentraler Bedeutung sind.
Der Doppelcharakter von Waren, zugleich Träger von Gebrauchs- und Tauschwerten zu sein, trifft auch für die Wohnungsversorgung zu. Während der Gebrauchswert (die Nützlichkeit eines Dings macht es zum Gebrauchswert) Aspekte wie die Größe, Qualität und Ausstattung einer Wohnung umfasst – drückt sich der Tauschwert in den Verkaufspreisen bzw. den Gewinnspannen der Wohnungsvermietung aus. Damit ist ein zentrales Konfliktfeld in marktförmig organisierten Wohnungsversorgungssystemen benannt. Während Mieter/innen vor allem an einer Verbesserung der Gebrauchsqualitäten ihrer Wohnungen interessiert sind, orientieren sich ökonomisch rational handelnde Eigentümer/innen an der Maximierung der Mieteinnahmen bzw. Verkaufspreise. Insbesondere die Aspekte der Verteilungsgerechtigkeit der Wohnungsversorgung werden unter den Bedingungen der Verwertungslogik strikt den Marktmechanismen unterworfen und stehen sozialen Versorgungsprinzipien entgegen.
Auch wenn die Wohnungsversorgung ganz offensichtlich den Prinzipien der kapitalistischen Ökonomie unterworfen ist, leitet sich der Wert einer Immobilie nicht aus dem Produktionspreis, also der zu ihrer Erstellung gesellschaftlich notwendigen Arbeit (Marx 1893: 53) ab, sondern wird wesentlich von externen Bewertungsfaktoren wie der Lage, der Zuordnung zu einem spezifischen Wohnungsmarktsegment oder der Knappheit des Angebots bestimmt. Die erwirtschafteten Überschüsse aus Wohnungshandel und -vermietung wurden daher in der marxistischen Ökonomie auch nicht als Mehrwert angesehen, sondern der Sphäre der Zirkulation bzw. des gesellschaftlichen Konsumtionsfonds zugeordnet (Belina 2010: 10). Schon Marx machte auf die eigentümliche Weise der Wertzirkulation von Immobilien aufmerksam: „Gewisse Waren können der Natur ihres Gebrauchswertes nach immer nur als fixes Kapital verliehen werden, wie Häuser, Schiffe, Maschinen usw. Aber alles verliehene Kapital, welches immer seine Form und wie die Rückzahlung durch die Natur des Gebrauchswertes modifiziert sein mag, ist immer nur die besondere Form des Geldkapitals. Denn was hier verliehen wird, ist immer eine bestimmte Geldsumme, und auf diese Summe wird dann auch der Zins berechnet.“ (Marx 1894: 356)
Aus einer ökonomischen Perspektive stellen sich Immobilien demnach als zinstragendes Kapital – vergleichbar mit einer Finanzanlage – dar: „Die Verzinsung ist es, die sich der Hauseigentümer von der Wohnungsvermietung erhofft und die ihn deshalb zum Bau oder Kauf des Hauses veranlasst hat. Die Höhe dieses Zinses ist von zwei Faktoren abhängig: von der Größe des vorgeschossenen Kapitals und von dem Zinssatz, der auf dem Wohnungsmarkt erzielt werden kann.“ (Brede/Kohaupt/Kujath 1975: 25)
Diese Zinsökonomie des Wohnungsmarktes hat enorme Folgen, denn in einem solcherart organisierten Wohnungsbau konkurrieren Investitionen in den Neubau und Erhalt von Wohnungen immer mit anderen Anlageoptionen (Sparbuch, Aktien, Schiffscontainer etc.) und erst wenn die durchschnittliche Verzinsung höher als in anderen Bereichen ist, lohnt sich eine Investition in den Wohnungsmarkt. Aber auch innerhalb des Wohnungsmarktes weisen verschiedene Teilmärkte unterschiedliche Gewinnaussichten auf, so dass in der Tendenz v.a. in die profitablen Bereiche der Wohnungsversorgung investiert wird. Preiswerte Mietwohnungsbestände gehören in der Regel nicht dazu. Aus der ökonomischen Struktur der Grundrenten heraus kann erklärt werden, warum es einen systematischen Mangel an preiswerten Wohnungsgelegenheiten gibt.
Unter den Bedingungen der Globalisierung und des finanzmarktdominierten Akkumulationsregimes (Chesnais 2004) verändern sich jedoch die ökonomischen Grundlagen der Immobilienwirtschaft grundlegend und unter dem Stichwort der Finanzialisierung wird ein Übergang von einer zinsbasierten Renten- zu einer finanzmarktorientierten Renditeökonomie diskutiert (Heeg 2010, Heeg/Holm 2012). Statt der kreditfinanzierten Projekte traditioneller Immobilienentwickler und Wohnungsbauunternehmen werden Wohnungsmärkte zunehmend direkt von Finanzmarktakteuren bestimmt, die auf die Wohnungs- und Immobilienmärkte drängen. Dieser Übergang zur Finanzialisierung der Immobilienwirtschaft lässt sich als Umkehr der bisherigen Funktionsbeziehungen zwischen dem Finanzmarktbereich und dem Immobiliensektor beschreiben: Finanzmärkte stehen nicht mehr länger im Dienst der Realökonomie, sondern zielen direkt auf einen Renditesteigerung von Finanzanlagen (Huffschmid 2007). Das frühere Mittel der Finanzierung von Projekten verwandelte sich so in den Selbstzweck des anlagesuchenden Kapitals (Heeg 2011: 181 f.).
Banken wie UBS und globale Finanzdienstleister wie Morgan Stanley erwarben 1a-Immobilien wie das Atlantic-Haus oder den Astra-Turm in Hamburg, Investmentgesellschaften wie Cerberus, Blackstone und Fortress kauften deutschlandweit Wohnungen, und der Bestand institutioneller Anleger/innen wird mittlerweile auf etwa 850.000 Wohnungen geschätzt (Claßen u.a. 2010). Insbesondere der Verkauf von Wohnungen aus der öffentlichen Hand und die Privatisierungen ganzer Wohnungsbaugesellschaften haben eine öffentliche Debatte um die Verwertungsstrategien und Investitionsmotive der neuen Eigentümer/innen ausgelöst, die regelmäßig unmittelbar mit dem Finanzmarktsektor verbunden sind (Holm 2010).
Michael Hardt und Toni Negri diskutieren in ihren Texten zu den veränderten Produktionsverhältnissen der Wissensgesellschaft städtische Räume als „Reservoir des Gemeinsamen“ (Hardt/Negri 2010: 110) und sehen in ihnen die Grundlage der (biopolitischen) Produktionsbeziehungen. Mit dem Übergang von der Industrie- zur Wissensökonomie verschiebe sich – so Hardt und Negri – der Stellenwert der Immobilienwirtschaft im Kontext der kapitalistischen Ökonomie. „Während die Industriefabrik also Profit generiert, weil ihre Produktivität vom Kooperations- und Kommandoschema des Kapitalisten abhängt, generiert die Metropole in erster Linie Grundrente, denn sie ist die einzige Möglichkeit, wie das Kapital des autonom geschaffenen Reichtums habhaft werden kann.“ (Hardt/Negri 2010: 110).
Aus dieser Perspektive hat sich die Funktion der kapitalistisch organisierten Wohnungsversorgung von einem Teil des gesellschaftlichen Konsumtionsfonds in das Zentrum der Profitrealisierung verschoben. Wenn die Wohnungsversorgung für das kapitalistische Akkumulationsregime nicht mehr vorrangig der Sicherung von allgemeinen Reproduktionsbedingungen dient, sondern unmittelbar der Anlagesphäre von Finanzmarktinvestitionen zugeordnet wird, werden sich die Widersprüche zwischen Gebrauchswert- und Tauschwertorientierungen ebenso verschärfen wie die Tendenzen der ungleichen Raumentwicklung.
Konzepte und Forderungen, die Wohnungsversorgung als Teil einer durchzusetzenden Sozialen Infrastruktur anzusehen, stehen vor der Herausforderung, mit dem aktuellen Modus der kapitalistischen Urbanisierung zu brechen.
Die Konflikte rund um die Wohnungsversorgung wirken jedoch nicht einfach aus ihrer ökonomischen Logik heraus, sondern sind politisch administrativ eingebettet. Jede wohnungspolitische Reform steht daher auch vor der Aufgabe, die bestehenden Rahmenbedingungen des politisch-administrativen Systems zu verändern und die Interessenblöcke des aktuellen Verwertungsregimes aufzubrechen.
Das Wohnungswesen ist ein hochkomplexes System, das nur im Zusammenspiel verschiedener Akteure funktioniert. So setzt ein städtischer Wohnungsmarkt die Kooperation von Grundeigentümer/inne/n, finanzierenden Banken, Architekt/inn/en und Stadtplaner/inne/n, der Bauwirtschaft und in der Regel der Stadtverwaltungen voraus. Politische und administrative Rahmenbedingungen wie etwa die Steuergesetzgebung, das Bau- und Mietrecht, Denkmalschutzbestimmungen und Förderprogramme haben einen wesentlichen Einfluss auf die Investitionsaktivitäten.
All die benannten Akteursgruppen haben ein gemeinsames Interesse an der Bodenverwertung der Stadt und müssen sich auf ein gemeinsam geteiltes Programm des Wohnungsbaus einigen. Die dominierende Orientierung auf die Errichtung von Eigenheimen an den Stadträndern in den 1960er und 1970er Jahren steht ebenso wie die Hinwendung zu Stadterneuerungsprogrammen in den 1980er und 1990er Jahren für die Konstitution solcher Interessenblöcke (siehe Bodenschatz 1987: 10). Aus einer politikwissenschaftlichen Perspektive können wir in Anlehnung an die städtischen Wachstumskoalitionen (Logan/Molotch 1987) von lokalen Immobilien-Verwertungs-Koalitionen sprechen. Während das Interesse von Eigentümer/inne/n, Banken und der Bauwirtschaft v.a. wirtschaftlich begründet werden kann, ist die aktive Rolle von Stadtregierungen vor allem über Strukturen der Klientelpolitik und eine zunehmend unternehmerische Orientierung von Stadtpolitiken (Harvey 1989; Brenner/Theodore 2002) zu erklären.
Eine Durchsetzung von neuen Formen der Sozialpolitik in Gestalt einer Sozialen Infrastruktur steht daher nicht nur vor der Herausforderung einer Dekommodifizierung der Wohnungsversorgung, sondern wird in hohen Maße von einer Neukonstitution stadtpolitischer Interessenskoalitionen abhängen. Letztendlich wird jede Form einer anderen Wohnungspolitik nur gelingen, wenn bestehende Interessensblöcke aufgespalten und neue stadtpolitische Koalitionen gebildet werden können. Eine Strategie für eine als Soziale Infrastruktur organisierte Wohnungsversorgung muss neben konzeptionellen Gedanken vor allem Perspektiven für neue Bündnisse entwickeln. Ob dieses Coalition-Building im vorliegenden Fall, Teile der Eigentümerstruktur, der Verwaltungen, der Architektenschaft oder der Bauwirtschaft umfassen könnte, bleibt zu diskutieren.
3. Regulationsansätze für eine Wohnungsversorgung als soziale Infrastruktur
Welche Voraussetzungen hat eine Wohnungsversorgung als Soziale Infrastruktur?
Ganz allgemein lässt sich das Programm einer sozial orientierten Organisation der Wohnungsversorgung als Dekommodifizierung und Vergesellschaftung beschreiben. Im Zusammenhang mit den Verdrängungsdynamiken im Zuge von Aufwertungsprozessen haben Neil Smith und Peter Williams bereits Ende der 1980er Jahre formuliert: „Langfristig ist die Dekommodifizierung der Wohnungsversorgung die einzige Verteidigung gegen Gentrification (…). Anständige Wohnungen und Nachbarschaften sollten ein Recht und kein Privileg sein. Natürlich ist dies nicht mit einer Reihe von Reformen zu erreichen; vielmehr wird es politische Umwälzungen brauchen, die tiefgreifender sein werden, als die sozialen und räumlichen Veränderungen, wie wir sie heute kennen.” (Williams/Smith 1986: 222)
Die Dekommodifizierung, also das Herauslösen der Wohnungsversorgung aus den Marktlogiken, kann dabei als Ziel und Maßstab für die Bewertung wohnungspolitischer Programme und Regelungen verstanden werden.
Ein zweiter Aspekt einer sozial orientierten Stadtpolitik kann mit dem Stichwort der Vergesellschaftung umrissen werden. Gemeint sind damit zunächst vor allem die Entmachtung der beschriebenen Immobilien-Verwertungs-Koalitionen und eine Re-Politisierung der Stadtpolitik im Sinne einer gemeinsamen und öffentlichen Debatte und Entscheidung über gemeinsame und öffentliche Belange.
Obwohl die Geschichte der Wohnungspolitik relativ reich an zum Teil tief einschneidenden Steuerungsversuchen durch den Staat ist, gibt es bisher nur wenige Ansätze für die hier skizzierte Dekommodifizierung.
Die Geschichte der Wohnungspolitik lässt sich als dauerhafter Versuch beschrieben, den Tauschwert-Gebrauchswert-Antagonismus durch eine Reihe von gesetzlichen und administrativen Rahmenbedingungen (Mietrecht, Baurecht, Wohngeld etc.) zu regulieren (Heinelt u.a. 2004) – aufgehoben werden kann er nicht. Für die aktuellen Diskussionen zur Stadtentwicklung ist das insofern von Bedeutung, weil sich Wohnungspolitik in dieser Perspektive nicht als moderierbares Politikfeld mit Vorteilsoptionen für alle Seiten verstehen lässt. Mieter/innen werden sich immer auch noch bessere und also gebrauchswertere Wohnungen vorstellen können und Eigentümer/innen werden sich – eine ökonomische Rationalität ihres Handels unterstellt – immer an einer Steigerung der Einnahmen orientieren. Eingriffe in den Wohnungsmarkt sind also immer eine Balance von widersprüchlichen Interessen und damit Ausdruck von Machtverhältnissen in den Städten.
Ganz grundsätzlich lassen sich drei zentrale Steuerungsmedien für einen staatlichen bzw. kommunalen Eingriff in die Wohnungsversorgung benennen: Geld, Recht und Eigentum (siehe Holm 2006).
Geld umfasst als Steuerungsinstrument im Bereich der Wohnungsversorgung insbesondere Subjekt- und Objektförderungen sowie finanzielle Förderinstrumente zur Unterstützung bestimmter Wohnungsanbieter. Neben dem Wohngeld zählten in der Vergangenheit insbesondere die Förderprogramme des Sozialen Wohnungsbaus zu den zentralen Instrumenten der Wohnungspolitik. Durch die Übernahme der unrentierlichen Kosten wurden dabei zeitlich begrenzt preiswerte Wohnungen sichergestellt und durch Belegungsbindungen aus den Vergabeprinzipien der Wohnungsmärkte herausgelöst. Die strikte Ausrichtung der bundesdeutschen Förderprogramme vom 2. Wohnungsbaugesetz (2. WoBauG von 1956) bis zum Wohnraumfördergesetz (WoFG von 2002) auf die Eigentumsförderung und ihre Ausgestaltung als Übergangsintervention in Marktmechanismen führten zu der Situation, dass selbst zu 100 Prozent geförderte Wohnungen nach Ablauf der Bindungsfristen wieder in den Wohnungsmarkt zurückgeführt werden. Der österreichische Wohnungswissenschaftler Christian Donner bezeichnete die bundesdeutschen Fördersystematik zu Recht als Programme einer „sozialen Zwischennutzung“ (Donner 2000: 200). Bei aller Kritik an den traditionellen Programmen des Sozialen Wohnungsbaus ist vor dem Hintergrund der Liberalisierung und Mittelkürzungen im Bereich der Wohnungspolitik eine Diskussion über Perspektiven eines Neuen Sozialen Wohnungsbaus überfällig. Insbesondere die Erstellung von Wohnbauten erfordert – selbst bei einem vollständigen Verzicht auf jegliche Gewinne – einen Mitteleinsatz, der insbesondere von Haushalten mit mittleren und geringen Einkommen nicht selbst getragen werden kann. Jedwede Suche nach Konzepten für eine soziale Wohnungsversorgung ist daher untrennbar mit der Frage der (öffentlichen) Finanzierung verbunden.
Recht bezieht sich als Steuerungsinstrument auf meist zivilrechtliche und hoheitliche Regulationsmechanismen, bei denen beispielsweise durch die Ausgestaltung des Mietrechts, des Baurechts und des Städtebaurechts in Form von Festlegungen, Auflagen und Genehmigungsvorbehalten auch soziale Ziele durchgesetzt werden sollen. Die auch stadtpolitischen Auseinandersetzungen um die Ausgestaltung der gesetzlichen Regulationsinstrumente verweisen unmittelbar auf die widersprüchlichen Interessenkonstellationen im Bereich der Wohnungsversorgung. Die Umsetzung von städtebaulichen Satzungen (z.B. von Sanierungs- und Milieuschutzgebieten) zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Städten zeigt, dass die sozialen Effekte der rechtlichen Instrumente wesentlich von den politischen Vorgaben für die Verwaltungen abhängen. Insbesondere in den Satzungsbereichen des Besonderen Städtebaurechts konnten in der Vergangenheit zumindest zeitweilig Mitbestimmungsmöglichkeiten für Mieter/innen und Mietobergrenzen durchgesetzt werden, die weit über das übliche Regulationsmaß des Wohnungsmarktes hinausgingen. In der Regel wurden dabei die Genehmigungen für Modernisierungsmaßnahmen an Auflagen und eine individuelle Zustimmung durch die Bewohner/innen gekoppelt, die als partielle Verschiebung der Machtkonstellation zwischen Eigentümer/inne/n und Mieter/inne/n angesehen werden können. Die Verlagerung von baulichen und sozialpolitischen Aspekten auf eine letztendlich zivilrechtliche Vertragsebene (Vereinbarung zwischen Mieter/inne/n und Eigentümer/inne/n) kam in der Praxis jedoch vor allem den Haushalten mit einer hohen Ausstattung an sozialem und kulturellem Kapital zu Gute (Holm 2002).
Eigentum kann in Gestalt des Eigentums an Grundstücken und öffentlichen Wohnungsbeständen als Steuerungsinstrument genutzt werden. So kann beispielsweise die privilegierte Vergabe von öffentlichen Grundstücken an ausgewählte Bauträger mit den Auflagen zur Erstellung eines preiswerten (Miet)Wohnungsbaus genutzt werden. Kommunale und andere öffentliche Wohnungsbestände können über entsprechende Vorgaben für die Bewirtschaftungs- und Vergabepraxis zur sozialen Wohnungsversorgung benachteiligter Haushalte beitragen. Auch hier weisen die aktuellen Trends der Privatisierung und Ökonomisierung jedoch auf eine Abkehr von einer sozialen Stadtpolitik.
Alle drei klassischen Steuerungsmedien der Wohnungspolitik sind grundsätzlich auf eine Marktlogik ausgerichtet und allenfalls in der Lage, die Verwertungsorientierung zeitweise und lokal begrenzt einzuhegen. Dennoch können die administrativen Steuerungsmöglichkeiten eine wichtige Rolle bei der Durchsetzung von Konzepten der Sozialen Infrastruktur spielen. Förderprogramme sollten künftig ausschließlich für Wohnungsprojekte mit einer dauerhaften Sozialbindung vergeben und zur Ausweitung solcher Bestände als revolvierende Fonds organisiert werden. Rechtliche Auflagen können insbesondere dazu genutzt werden, die Verwertungsmöglichkeiten weniger attraktiv zu machen, damit nicht-profit-orientierten Bauträgern überhaupt den Zugang zu Bauland und Wohnungsbeständen eröffnet wird. Öffentliche Liegenschaften und Wohnungsbestände bieten eine geeignete Plattform, um Pilotprojekte für eine Wohnungsversorgung als Soziale Infrastruktur zu erzwingen, da sie in ihrer eigentumsrechtlichen Zuordnung als Teil des politisch-administrativen Systems unmittelbar den politischen Willenbildungsprozessen unterworfen werden können.
In einer weitergehenden Perspektive kann und sollte Vergesellschaftung auch als die Übernahme der Verfügungsgewalt von Wohnungen in eine Bewohner-Selbstverwaltung verstanden werden. Modelle für solche Selbstverwaltungsstrukturen gibt es bisher in der Bundesrepublik nur in den gesellschaftlichen Nischen von Wohnprojekten (wie z.B. dem Mietshäuser Syndikat), die durch ein hohes Maß an kultureller und sozialer Exklusivität gekennzeichnet sind (Horlitz 2012). Hier gilt es, verallgemeinerbare Perspektiven zu entwickeln. In der Praxis einer sozial orientierten Stadtpolitik werden Dekommodifizierung und Vergesellschaftung nicht auf einen Schlag durchsetzbar sein. Als Maßstab des eigenen Handelns bieten sie jedoch eine sinnvolle Orientierung bei der Formulierung von Forderungen und Vorschlägen und Programmen.
4. Von der kollektiven Konsumtion zur sozialen Infrastruktur
Welche sozialen Bewegungen und politischen Akteure können als Träger der gewünschten Veränderungen angesehen werden?
Die Durchsetzung einer Wohnungsversorgung als Soziale Infrastruktur steht vor drei zentralen Aufgaben: der grundsätzlichen Organisation der Wohnungsversorgung jenseits von Marktlogiken, der Etablierung einer neuen und durchsetzungsfähigen Interessens-Koalition und der Erarbeitung von konkreten Modellen und Konzepten von Mitbestimmungs- und Selbstverwaltungsstrukturen im Wohnungsbereich.
Grundlage für alle drei Bereiche ist ein Bruch mit der derzeit hegemonialen Konzeption der Wohnungsversorgung als Wohnungsmarkt. Das Grundprinzip aller Vorstellungen einer sozialen Infrastruktur ist die „Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen und Güter“ (links-netz 2012). In den politisierten Debatten der Stadtforschung in den 1960er und 1970er Jahren wurde dafür der Begriff der kollektiven Konsumtion geprägt. Mit dem Begriff wurden all jene Funktionen der individuellen und gesellschaftlichen Reproduktion zusammengefasst, die letztlich nur durch allgemein gesellschaftliche Organisationsformen gewährleistet werden können. So sind eine Reihe städtischer Ressourcen und Einrichtungen – denken wir nur an die netzgebundenen Infrastrukturen, den städtischen Nahverkehr oder die Abfallbeseitigung – schlichtweg ohne eine gemeinsame, kollaborative und vielfach öffentliche Organisation nicht zu gewährleisten (siehe Saunders 1987: 170 ff.).
Die Gewährleistung, Ausstattung und der Zugang zu solchen städtischen Infrastrukturen sind seit Beginn der Urbanisierung umkämpft und waren lange Zeit das zentrale Thema städtischer sozialer Mobilisierungen. Manuel Castells beschrieb in den 1970er Jahren den gewaltigen Ausbau eines lokalen Staatsapparates, der die Widersprüche in den Städten zu regulieren und zu überwinden versuchte, die Konflikte jedoch nie wirklich einzudämmen vermochte (Castells 1975). Insbesondere für die Hochphasen der fordistischen Planungseuphorie beschrieb er eine regelrechte Selbstverständlichkeit von staatlich und lokalstaatlich organisierten Infrastrukturen in den Städten, die städtische Konflikte von Auseinandersetzungen mit Marktakteuren in die Sphäre der staatlichen Regulation verlagerte. Die kollektive Konsumtion stellte das zentrale städtische Konfliktfeld dar und brachte insbesondere in den hochentwickelten kapitalistischen Gesellschaften neue Konflikte hervor, weil das allgegenwärtige Wohlfahrtsversprechen nicht eingelöst werden konnte. Die stetig wachsenden „kollektiven Bedürfnisse“ waren letztendlich für kapitalistische Investitionen nicht rentabel: „Der kollektive Konsum (Wohnung, Lebensstandard, Verkehr usw.) wird damit zugleich unumgängliches Element, ständiger Gegenstand von Forderungen und defizitärer Sektor in einer kapitalistischen Wirtschaft.“ (Castells 1975: 34)
Soziale Bewegungen heute stehen erst einmal vor der Aufgabe, den gesellschaftlichen Anspruch auf eine öffentliche Verantwortung für Infrastrukturen in den gesellschaftlichen Diskursen überhaupt zu (re)etablieren. Die aktuell in vielen Städten erstarkenden Proteste gegen Mietsteigerungen, Verdrängung und Privatisierung von kommunalen Wohnungsbeständen (Unger 2006; Holm 2011) eröffnen im Feld der Wohnungspolitik erstmals seit vielen Jahren die Chancen für einen solchen Perspektivwechsel. In einer für diesen Zusammenhang ermutigenden Umfrage beispielsweise antworteten fast 60 Prozent der Befragten auf die Frage „Sollte der Staat eingreifen, um den Anstieg der Mieten in Großstädten zu begrenzen …?“ mit „Ja“. (infratest-dimap 2012)
Doch eine Einsicht in die notwendige Intervention des Staates ist noch kein Votum für eine Soziale Infrastruktur, und Ansätze in eine solche Richtung werden sich auch nicht auf der Ebene einer allgemeinen gesellschaftlichen Diskussion durchsetzen lassen, sondern nur aus der Dynamik konkreter stadtpolitischer Auseinandersetzungen. Historisch können beispielsweise die Hausbesetzungsbewegungen der 1980er und 1990er Jahre als Prototypen angesehen werden, in denen starke lokale Bewegungen neue Formen der Organisation der Wohnungsversorgung durchsetzten. Sowohl die West-Berliner Häuserkämpfe 1980/81 als auch die Nachwendehausbesetzungen in vielen ostdeutschen Städten haben im Windschatten der staatlichen Legalisierungs- und Beschwichtigungsstrategien eine Reihe von selbstverwalteten Hausprojekten hervorgebracht, die dauerhaft den Marktlogiken entzogen sind (Holm/Kuhn 2011). Aktuell werden Forderungen nach einer dauerhaften Dekommodifizierungsperspektive vor allem im Kontext von Anti-Privatisierungskämpfen und von Protesten gegen Mietsteigerungen im Sozialen Wohnungsbau erhoben. So hat sich aus den Mobilisierungen gegen den Verkauf der Freiburger Wohnungsbaugesellschaft von 2006 inzwischen eine Initiative entwickelt, die mit einer bürgerschaftlichen Sperrminorität an der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft eine dauerhafte Kontrolle der öffentlichen Wohnungsbestände durchzusetzen versucht (Klus u.a. 2007). Auch in den Protesten von Sozialmieter/inne/n in Berlin Kreuzberg wird neben einem sofortigen Mietenmoratorium eine Kommunalisierungsperspektive für die Bestände des Sozialen Wohnungsbaus gefordert (Kotti & Co 2012). Ebenfalls in Berlin fordert ein breiter Initiativkreis aus den Bereichen der Kultur, der Stadtplanung und Architektur eine Umkehr der Liegenschaftspolitik und schlägt vor, öffentliche Baugrundstücke künftig nicht mehr zu verkaufen, sondern ausschließlich über langfristige Pachtverträge zu vergeben. Damit wird die Hoffnung verbunden, eine abschreckende Wirkung auf profitorientierte Investitionen zu erzielen und erweiterte Spielräume für non-profit-orientierte Bauträger zu schaffen (Initiative Stadt neu denken 2011). Im Rahmen des Hamburger Recht-auf-Stadt-Netzwerkes wurde die Forderung nach einer generellen Mietbegrenzung erhoben (Mietenwahnsinn stoppen! 2011) und über Modelle einer entsprechende Bewirtschaftung diskutiert (Kuhnert 2011).
Auf der Ebene der konkreten Organisation von Finanzierung, Errichtung und Verwaltung einer sozialen Wohnungsversorgung gibt es bisher in der Bundesrepublik nur projektbezogene Erfahrungen, wie etwa in den ca. 85 selbstverwalteten Hausprojekten des Mietshäuser Syndikats (Mietshäuser Syndikat 2011). Im Unterschied zu Modellen in anderen Ländern, wie etwa den US-amerikanischen Limited Equity Cooperatives und Community Land Trusts bleiben die Konzepte für eine marktferne Form der Wohnungsversorgung bisher auf Einzelprojekte beschränkt (Horlitz 2012), und eine Diskussion über die Vergesellschaftung der Projekterfahrungen steht ebenso aus, wie die Erarbeitung von generellen Finanzierungskonzepten.
Die wohnungspolitischen Diskussionen und Experimente, die als Konzepte des Wohnens als Soziale Infrastruktur angesehen werden können, beziehen sich zurzeit auf den Kontext lokaler Mietproteste oder einzelner Projekte. Eine Debatte um allgemeingültige Konzepte einer sozialen Organisation der Wohnungsversorgung wird durch den ausgeprägten kommunalpolitischen Bias der Wohnungspolitik ebenso beschränkt wie durch die Struktur der vielfach stadtteilbezogenen Mobilisierungen. Während Konzepte der sozialen Infrastruktur z.B. im Gesundheitsbereich auch auf einer gesamtgesellschaftlichen Ebene entwickelt werden, werden die Forderungen der meisten Wohnungs- und Mietproteste überwiegend an die kommunale Ebenen adressiert. Ob der aktuelle Bewegungszyklus städtischer Proteste Verschiebungen in Richtung einer Sozialen Infrastruktur voranbringen kann, wird wesentlich von der Fähigkeit der daran beteiligten Gruppen und Initiativen abhängen, die derzeit fragmentierten Diskussions- und Mobilisierungsstrukturen zu überwinden und Foren des Gemeinsamen zu entwickeln.
Literatur
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* Geringfügig gekürzter und überarbeiteter Beitrag aus www.links-netz.de.
[1] Unter § 155 der Verfassung der Weimarer Republik hieß es: „Die Verteilung und Nutzung des Bodens wird von Staats wegen in einer Weise überwacht, die Mißbrauch verhütet und dem Ziele zustrebt, jedem Deutschen eine gesunde Wohnung und allen deutschen Familien, besonders den kinderreichen, eine ihren Bedürfnissen entsprechende Wohn- und Wirtschaftsheimstätte zu sichern.“