Fast zwei Jahrzehnte lang haben verschiedene Landesregierungen in Hessen versucht, die Nassauische Heimstätte (NH) zu verkaufen. Die zuletzt von der Hessischen Landesregierung aus CDU und FDP betriebenen Verkaufsabsichten der NH mit ihren knapp über 60.000 Wohnungen ist Mitte 2012 ebenfalls gescheitert. Die konfliktreichen Auseinandersetzungen um diese Wohnungsbaugesellschaft illustrieren den Niedergang des sozialen Wohnungsbaus ebenso wie die offene Befürwortung des Rückzugs der öffentlichen Hand aus der Wohnungsversorgung durch CDU, FDP und Grüne, so wie den Wankelmut der SPD in dieser Frage.
Rückblick: Nassauische Heimstätte und veränderte Wohnungspolitik
Die 1922 gegründete Wohnungsbaugesellschaft soll nach ihren Statuten die kostengünstige Wohnungsversorgung breiter Schichten der Bevölkerung sicherstellen. Sie ist ein Kind der Reformbewegung im Wohnungsbau nach dem Ersten Weltkrieg in den 1920er Jahren und hat beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem in Frankfurt eine sehr wichtige Rolle gespielt. Sie ist jahrzehntelang ein Instrument von Land und Kommunen gewesen, um über Subventionen im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus „Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung“ zur Verfügung zu stellen, so wie es in den 1950er Jahren im Zweiten Wohnungsbaugesetz festgeschrieben worden ist. Die NH gehört heute zu 56 Prozent dem Land Hessen, zu 31 Prozent der Stadt Frankfurt und zu 7 Prozent der Stadt Wiesbaden.
Wie sehr sich die Wohnungspolitik und der Umgang mit öffentlichen Wohnungsbeständen in den letzten 30 Jahren verändert haben wird deutlich, wenn man sich daran erinnert, dass die NH noch Mitte der 1980er Jahre mit Hilfe des Landes Hessen in Frankfurt-Sachsenhausen die so genannte Heimatsiedlung aus den 1920er Jahren mit 1.054 Wohnungen von der insolventen Neuen Heimat aufgekauft hatte.[1] Der Verkauf an die NH erfolgte gegen den Willen vieler Mieter, die es für besser hielten, die Siedlung durch eine eigens zu gründende Genossenschaft in Eigenregie zu übernehmen. Schon damals regte sich Widerstand dagegen, immer wieder mit Entscheidungen konfrontiert zu werden, auf die sie als Mieter keinen Einfluss haben. Das galt nicht nur für Verkaufspläne, sondern auch für nicht oder sehr spät durchgeführte Instandsetzungsmaßnahmen an den Häusern der Siedlung.
Der Kaufpreis für die Siedlung von umgerechnet rund 40 Millionen Euro war damals von der Hessischen Landesregierung mit etwa 20 Millionen bezuschusst worden, um Belegungsrechte für das Frankfurter Wohnungsamt zu sichern. Heute dagegen wird von Landesregierungen nicht mehr der Ankauf von Wohnungen in Betracht gezogen, um die Versorgung mit preiswertem Wohnraum zu sichern, sondern es werden Verkaufspläne ganzer Siedlungen oder kompletter Wohnungsbaugesellschaften umgesetzt, so wie in Dresden und Berlin, um die Löcher in den öffentlichen Haushalten zu stopfen. Das ist gegenüber früher eine Kehrtwende in der Wohnungspolitik um 180° und das geschieht, obwohl in den letzten Jahrzehnten die Reallöhne stagnierten und sich die Zahl der Menschen, die auf eine preiswerte Wohnung angewiesen sind, seitdem deutlich erhöht und nicht verringert hat.
Der Niedergang des Sozialen Wohnungsbaus wird begleitet von einer latenten Diffamierung jener Menschen, die Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein haben, der zum Bezug einer mietpreisgebundenen Wohnung berechtigt. Sie sind, um den Rückzug des Staates aus der Wohnungsbauförderung politisch leichter durchsetzen zu können, zu einer Randgruppe degradiert worden. Der Mangel an Wohnungen, die noch einer Mietpreisbindung unterliegen und das langjährige Einfrieren der Einkommensgrenzen haben dazu geführt, dass nicht mehr die so genannten breiten Schichten der Bevölkerung, wie einmal politisch gefordert, versorgt werden.
Seit vielen Jahren werden über das Wohnungsamt nicht nur in Frankfurt ausschließlich Familien versorgt, die ganz besonders große Probleme, in vielen Fällen nicht nur mit ihrer Einkommenssituation, haben. Das hat auch zur Folge, dass die Spannungen in den Siedlungen unter den Mietern wachsen, und es somit deutlich schwerer geworden ist, diese für ein gemeinsames Anliegen zu mobilisieren. Die Frankfurter Rundschau (FR) zitierte 1997 den Vorsitzenden des Mietervereins der Heimatsiedlung in Frankfurt-Sachsenhausen mit den Worten: „Das frühere Wir-Gefühl […] weicht einer zunehmenden Anonymisierung, zwischen alten und neuen Bewohnern gibt es kaum Kontakte. Früher hat man sich gekümmert. Die neuen Nachbarn stellen sich aber nicht einmal vor. […] Von den durch das Wohnungsamt zugewiesenen Mietern glaubt jeder, das sind potentielle Abstauber.“[2]
Privatisierungspläne
Wie wichtig aber gerade der Zusammenhalt von Mietern ist, zeigte sich bereits 1995, als die ersten Privatisierungspläne im Zusammenhang mit der NH vor dem Hintergrund von Defiziten im Frankfurter Stadthaushalt diskutiert wurden. Die rot-grüne Stadtregierung unter Federführung des grünen Kämmerers Tom Koenigs wollte damals die Anteile Frankfurts an das Land Hessen veräußern. Als das nicht zu dem gewünschten Preis gelang, wollte Koenigs es nicht ‚definitiv ausschließen’, auch mit einem privaten Interessenten über einen Kauf der städtischen Anteile zu verhandeln.[3] An der Basis der SPD begann sich aber sofort Widerstand zu regen. Hier zeigte sich bereits, dass der politische Druck von unten entscheidend ist, ob es in Zukunft zum Verkauf der NH kommen würde oder nicht.
Zwei Jahre später fehlte der notwendige Druck von unten, so dass 1997 die rot-grüne Stadtregierung dem Verkauf der MAVEST, einer Frankfurter Wohnungsbaugesellschaft mit 1.800 Wohnungen, an eine private Tochter der Hessischen Landesbank ungestraft zustimmen konnte, um Löcher im städtischen Haushalt zu stopfen.[4] Auch hier waren die Mieter deswegen zu Recht beunruhigt, aber anders als bei den Verkaufsplänen der NH regte sich kein Widerstand, weil es keinen Mieterverein gab, der in der Lage gewesen wäre, Widerstand zu organisieren.
Einige Jahre später folgte 2004 der nächste Versuch, diesmal initiiert von der Landesregierung, den Haushalt mit Einnahmen aus dem Verkauf einer Wohnungsbaugesellschaft zu sanieren. Um den Erlös zu steigern und politischen Widerstand zu vermeiden, wurde die NH 2004 gezwungen, die Landesanteile an der Wohnstadt Kassel mit ihren 22.000 Wohnungen zu einem überhöhten Preis zu übernehmen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) warnte im November 2004 vor den Folgen des schlechten Geschäfts für die NH: „Die NH muss in den nächsten 10 Jahren 5.000 Quartiere verkaufen, um das Geschäft finanzieren zu können. Die jährliche Zinsbelastung durch die Wohnstadt-Übernahme wurde in der Sitzung dem Vernehmen nach mit 7,5 Millionen Euro angegeben.“[5]
Schon zwei Jahre zuvor hatte es Meldungen gegeben, nach denen die NH in ihrer Bilanz große Verluste ausweisen musste; für 2003 waren das 12,4 Millionen Euro, die mittels Rücklagen, die eigentlich für die Bauunterhaltung vorgesehen waren, ausgeglichen wurden.[6] Die von der Landesregierung gesteuerte Geschäftspolitik der NH ist damit mehrfach zu Lasten der Mieter gegangen. Notwendige Instandsetzungen blieben aus, was neben dem geringeren Wohnwert auch höhere Nebenkosten zur Folge hatte, weil z.B. alte Fenster, Hauseingangstüren und Heizungsanlagen nicht ausgetauscht worden sind.
Ein Jahr später, im Oktober 2005, sollte auf Betreiben des Hessischen Finanzministeriums der Gesellschaftervertrag der NH so verändert werden, dass das Veto-Recht der Stadt Frankfurt – als zweitem großen Anteilseigner – ausgehebelt wird. Der Versuch scheiterte. Anfang 2006 lehnte die Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung im Römer dieses Ansinnen ab, gegen die Stimmen von CDU und FDP.
Die Landesregierung wählte nach der Absage der Frankfurter Stadtverordneten einen anderen Weg, um ihren Einfluss auf die NH dennoch deutlich zu erhöhen. Der Aufsichtsrat wurde 2006 von 24 auf 21 Sitze verkleinert, der Sitz der Stadt Wiesbaden fiel damit weg. Das Land Hessen hatte jetzt 11 der 21 Sitze, Frankfurt 3; 7 Sitze werden von den Arbeitnehmervertretern besetzt. Die Landesregierung hatte sich damit eine absolute Mehrheit im Aufsichtsrat verschafft. Noch im gleichen Jahr verdichteten sich Meldungen, dass der Verkauf der NH von der Landesregierung intensiv vorbereitet werde. Nach der Kommunalwahl von 2005, die in Frankfurt zu einer schwarz-grünen Koalition führte, berichtete die FAZ im Mai 2006 von den Zugeständnissen der Grünen im Koalitionsvertrag gegenüber der CDU: „Demnach gilt der Passus im schwarz-grünen Koalitionsvertrag, wonach Anteile an städtischen Wohnungsbaugesellschaften nicht veräußert werden dürfen, nicht für die NH.“[7]
Die inzwischen im Abwehrkampf gegen Privatisierungsabsichten erfahrenen Mieter der NH beschlossen auf einer Veranstaltung der Farbechten-LINKEN Fraktion im Ortsbeirat in Frankfurt-Rödelheim unter dem Titel Heuschrecken in der Wohnung? im Oktober 2006 spontan die Gründung einer gemeinsamen Interessensvertretung.[8]
Täuschungsmanöver
Die Hessische Landesregierung versuchte angesichts der angespannten Situation einen anderen Weg zu gehen, um die Gefahr einer offenen Konfrontation zu verringern. Zwei Schritte, die diesem Ziel dienen, wurden immer wieder diskutiert. Der erste Schritt sah so aus, dass die Stadt Frankfurt ihren Anteil von 31 Prozent an das Land Hessen verkauft, mit dem Erlös der NH möglichst viele Wohnungen abkauft und in den Besitz der ABG Frankfurt Holding, der städtischen Wohnungsbaugesellschaft, überführt. Der Chef der ABG, Frank Junker, hatte dazu bereits seine Zustimmung signalisiert.[9] Der zweite Schritt sollte dann der Verkauf der übrigen Bestände der NH an die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) sein, in deren Besitz sich seit dem Jahr 2000 bereits die Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft Hessen (GWH) befindet, die allein in Frankfurt über rund 12.000 Wohnungen verfügt.
Bereits der erste Schritte, der Verkauf von Gesellschaftsanteilen und der anschließende Ankauf von Wohnungen durch die Stadt Frankfurt, birgt reichlich Zündstoff. Die Einnahmen würden bei weitem nicht ausreichen, um alle Wohnungen der NH in Frankfurt aufzukaufen, weil der Wert der Liegenschaften infolge des großen Drucks auf dem Wohnungsmarkt hier sehr hoch ist, auch wenn der z.T. schlechte bauliche Zustand oder die manchmal schlechte Lage zunächst etwas anderes vermuten lassen. Nur zwischen 5.000 und 8.000 der etwa 16.000 Wohnungen der NH in Frankfurt ließen sich nach ersten Spekulationen auf diesem Weg sichern.[10] Die restlichen Wohnungen, die nicht in das Eigentum der ABG Frankfurt Holding übergingen, würden bei der NH verbleiben, um dann an die Helaba veräußert zu werden. Deren Aufgabe ist es dann, die NH zusammen mit GWH zu einem geeigneten Zeitpunkt an die Börse zu bringen oder an einen Dritten weiter zu verkaufen.
Im Februar 2007 ist der bisher letzte Versuch, die GWH an die Börse zu bringen, von der Landesbank abgebrochen worden, weil die Übernahme der NH ein Jahr zuvor misslungen war. Die Landesregierung beschränkt sich seitdem darauf, über die GWH von der NH in ganz Hessen verstreute Wohnungsbestände in kleineren Kommunen – wie die 62 Wohnungen in Gelnhausen oder die 18 Wohnungen in Bad Nauheim – aufzukaufen.
Neben dem politischen Druck spielten zu diesem Zeitpunkt die veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen und die enttäuschten Erwartungen von Großanlegern eine Rolle, denen es nicht gelang, zweistellige Renditen aus den bereits erworbenen Wohnungsbeständen herauszuschlagen. Die Zinsen waren gestiegen und der Weiterverkauf einzelner Wohnungen blieb weit hinter den selbstgesteckten Zielen zurück. Der ehemalige sozialdemokratische Finanzminister Peer Steinbrück war außerdem 2006 mit seinem Versuch gescheitert, auch für Wohnimmobilien so genannte REIT-Immobilienfonds in Deutschland einzuführen. Deren Gewinne sind steuerfrei, wenn die Einnahmen mehrheitlich aus Mieteinnahmen stammen und fast vollständig an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Ein Steuerspar- und Profitmodell, das wie ein Treibsatz für die weitere Privatisierung von öffentlichen Wohnungsbeständen gewirkt hätte.
Anfang März 2010 kündigte die Geschäftsführung der NH an, 7.500 von damals noch 63.000 Wohnungen aus dem Bestand der Gesellschaft zu verkaufen. Gleichzeitig sollten 150 der damals noch rund 800 Arbeitsplätze in der Wohnungsverwaltung gestrichen werden. Beide Maßnahmen sollten helfen, das Geschäftsergebnis der hoch verschuldeten Wohnungsbaugesellschaft zu verbessern.
In Frankfurt standen mit diesen Plänen zunächst 164 Wohnungen von insgesamt 327 in der Siedlung Westhausen zum Verkauf. Die Geschäftsführung stritt zwar einen Zusammenhang mit der Geschäftslage ab, doch die NH hatte bereits in den letzten Jahren versucht, sich durch Wohnungsverkäufe etwas Luft zu verschaffen: Der Erlös aus dem Verkauf sollte direkt die Bilanz aufbessern und die Gesellschaft von notwendigen Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten entbinden. Der Verkauf war außerdem von vielen Kommunalpolitikern politisch erwünscht, weil mit der Umwandlung von Miet- in Wohneigentum der Mittelstand verstärkt an die Stadt gebunden werden sollte. So besitzt die NH bis heute viele Liegenschaften in sehr attraktiven und damit entsprechend teuren Stadtteilen Frankfurts.
Die Bewohner der Siedlung in Westhausen waren zu Recht verunsichert. Zwar wurden zunächst nur leer stehende Gebäude zum Verkauf angeboten, doch die Geschäftspraktiken der NH sind rauh und unterscheiden sich nicht von denen eines privaten Hausbesitzers. Erst im Oktober 2009 war bekannt geworden, dass gegenüber 1.000 Mietparteien in Frankfurt nicht gerechtfertigte Mieterhöhungen erhoben worden waren. Erst als sich der Mieterschutzverein Frankfurt der Sache annahm, kündigte Jens Duffner, Sprecher der NH, an, dass das Unternehmen sämtliche Mieterhöhungen „zurücknehmen und neu berechnen“ werde.[11]
Im Januar 2010 stellte sich dann heraus, dass die NH bei Mietern, die die überhöhte Miete bereits einmal überwiesen hatten, auf der Mieterhöhung bestehen wollte. Die NH berief sich auf das Mietrecht, das die Möglichkeit bietet, die erhöhte Mietüberweisung als Zustimmung des Mieters zur neuen Miethöhe zu werten.[12] Die NH hat sich in diesem Konflikt wie ein privater Hausbesitzer verhalten, der die Verunsicherung seiner Mieter, die keinen Konflikt wollen und ihre Rechte nicht kennen, zum eigenen Vorteil ausnutzt. Die schlechte Bilanz der NH und die Erwartungen der Landesregierung auf höhere Einnahmen setzten die Geschäftsführung erheblich unter Druck. Um dem zu diesem Zeitpunkt bereits geplanten Verkauf näher zu kommen, sollte die Braut durch eine verbesserte Bilanz aufgehübscht werden.
Fazit
Nur zwei Jahre später erfolgte 2012 der vorerst letzte Versuch, die NH zu privatisieren. Die Erfahrung, dass die eigenen Interessen nicht berücksichtigt werden, die ständige Verunsicherung durch Verkaufspläne und die einschlägigen Erfahrungen mit dem potenziellen Käufer Deutsche Annington, die große Wohnungsbestände aus öffentlicher Hand schon vor Jahren übernommen hat, sowie die besonders in den letzten Jahren deutlich verschärfte Situation auf dem Wohnungsmarkt, die nicht nur durch steigende Mieten, sondern auch durch den rapiden Wegfall von immer mehr mietpreisgebundenen Sozialwohnungen charakterisiert ist, haben 2012, auch ohne Mieterdemonstrationen oder andere öffentlichkeitswirksame Aktionen, Mietervereine, Gewerkschaften, SPD, LINKE und diesmal sogar die Grünen auf den Plan gerufen. In Interviews, Pressemitteilungen, auf Plakaten und in Veranstaltungen wurden die Verkaufspläne scharf kritisiert.
Binnen weniger Wochen sind 12.500 Unterschriften gesammelt worden und die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der NH[13] erklärten die Verkaufspläne zu einem politischen Himmelfahrtskommando und erinnerten an den erfolgreichen Bürgerentscheid in Freiburg gegen den Verkauf der städtischen Wohnungen. Die Freiburger Bürger waren 2006 gegen die Verkaufspläne des kommunalen Wohnungsbestandes durch ihren grünen OB Salomon auf die Barrikaden gegangen. Dieser musste sich im November 2006 einem Bürgerentscheid beugen. Die Initiative ‚Wohnen ist ein Menschenrecht’ mobilisierte 59.211 Bürger der Stadt, von denen 70,5 Prozent gegen die Privatisierung stimmten.
Der Rückzug der Landesregierung angesichts des Protestes von Mietern bis hin zu Bürgermeistern bedeutet nicht, dass damit automatisch alles beim Alten bleibt und auf der Grundlage sogar Verbesserungen für die Mieter durchzusetzen wären. Das Modell der Landesregierung, also der Verkauf von möglichst vielen Wohnungen in Frankfurt an die städtische Wohnungsbaugesellschaft und der Verkauf des verbleibenden Restes an die Helaba, birgt erhebliche Gefahren.
Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit verkauft die GWH, die sich bereit im Eigentum der Helaba befindet, seit Jahren ihre eigenen Wohnungsbestände wann und wo immer das möglich ist. Es handelt sich dabei zum überwiegenden Teil um Sozialwohnungen, die aus der Mietpreisbindung entlassen worden sind.[14] Der von ihr beauftragte Makler, Wolfram Hundeshagen, wirbt damit, dass er über einen reichen Erfahrungsschatz im Umgang mit dem besonderen Mieterklientel in diesen Wohnungen hat. „Die behutsame Umsetzung aller Prozesse unter Berücksichtigung der damit verbundenen Unsicherheiten und Ängste ist für mich die Voraussetzung für eine erfolgreiche Privatisierung.“[15]
Der Unmut über rasant steigende Mieten und den eklatanten Mangel an bezahlbarem Wohnraum ist in den Ballungszentren inzwischen mit den Händen zu greifen. Das heißt nicht, dass eine Mieterbewegung in Sicht wäre, die diesen Unmut auf die Straße trägt und damit sichtbar macht. Aber es gibt eine Vielzahl von kleinen Initiativen, die sich aus Anlass von konkreten Konflikten gebildet haben. Sie stellen das Potential dar, aus dem so etwas wie eine kritische Masse entstehen kann. Das geschieht aber nicht von allein, politische Organisationen sind nötig, um diese Initiativen zu unterstützen und zusammenzuführen.
[1] Frankfurter Rundschau, 10.07.1997.
[2] Frankfurter Rundschau, 10.07.1997
[3] Frankfurter Rundschau, 13.12.1995.
[4] Frankfurter Rundschau, 29.12.1997.
[5] Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.11.2004.
[6] www.baunetz.de, Seite 4, 01.06.2006.
[7] Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.06.2006.
[8] Frankfurter Rundschau, 09.10.2006.
[9] Frankfurter Rundschau, 29.05.2006.
[10] Frankfurter Rundschau, 29.05.2006.
[11] Frankfurter Rundschau, 22.10.2009.
[12] Frankfurter Rundschau, 20.01.2010.
[13] Presseerklärung vom 22.12.2011.
[14] Frankfurter Rundschau, 06.01.2012.
[15] www.hundeshagen-immobilien.de.