Meinen Artikel „Occupy Democracy“[1] beendete ich mit der Befürchtung, der Staat werde gegen Proteste immer wieder machtvoll vorgehen. Das Auftreten der das staatliche Gewaltmonopol repräsentierenden Polizei bei den diesjährigen Protesten gegen das europäische Krisenregime konnte folglich kaum verwundern. Aber das Ausmaß, in dem Grund- und Menschenrechte am 1. Juni 2013 in Frankfurt bei den Blockupy-Protesten verletzt wurden, muss bei aller nüchternen Analyse der Machtverhältnisse dann doch erstaunen. Eine Großdemonstration ist kurz nach ihrem Start polizeilich verhindert worden. Die inhaltlichen Auseinandersetzungen, die die Öffentlichkeit erreichenden Kundgebungen, die beabsichtigten gemeinsamen Planungen eines europäischen Protests konnten nicht stattfinden. Ein Demonstrationszug durch die Frankfurter Innenstadt war unmöglich. Über neun Stunden waren ca. 1.000 Demonstrierende unmittelbar von der Polizei eingekesselt, die anderen Teilnehmenden waren sozusagen psychisch mit festgesetzt. Wie hätten sie einen Teil ihres gemeinsamen Zuges einfach alleine der Polizeigewalt überlassen können? Der von einem breiten Bündnis getragenen Demonstration war das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit entzogen.
Frankfurter Kessel
Im Jahr 2012 hatte die Stadt Frankfurt zunächst alle Demonstrationen im Zeitraum vom 16. bis 19. Mai 2012 verboten, also die Demonstrationen, die aus dem Kontext des Blockupy-Bündnisses angemeldet wurden, wie auch alle anderen Demonstrationen, die an diesen Tagen in der Stadt angemeldet worden waren. Das Verwaltungsgericht hatte der Klage von Blockupy insofern nachgegeben, als es das Verbot der Großdemonstration am Samstag aufhob. Diese Demonstration verlief friedlich, wie allseits berichtet wurde. Das Bündnis von Blockupy meldete auch dieses Jahr wieder Versammlungen in der Stadt Frankfurt an. Immerhin konnte der Streit um ein Camp, von öffentlicher Aufmerksamkeit und Protest begleitet, diesmal so geführt werden, dass ein Camp auf dem Rebstockgelände möglich wurde. Auch die Großdemonstration wurde vom Ordnungsamt der Stadt nicht gänzlich verboten, sondern „nur“ mit Auflagen bedacht. Neben weiteren zu beklagenden Auflagen, wollte die Stadt den Demonstrationszug nur weit außerhalb der City, am Main entlang ziehen lassen. Sie argumentierte, jede Nähe zur EZB gefährde die öffentliche Sicherheit, zumindest dann, wenn der Demozug in „Wurfweite“ an dem Gebäude vorbeiziehe. Die Klage des Anmelders hatte insoweit Erfolg, wie auch das Gericht befand, dass die Gefahr nicht konkret belegt sei. Das Gericht entschied, der Demozug könne seinen gewünschten Weg gehen.
So suchten Ordnungsamt und Polizei nach anderen Wegen, ihre Vorstellungen durchzusetzen. Alle Zeichen sprechen dafür, dass sie eine Einkesselung neben dem Schauspielhaus geplant hatten. Eine halbe Stunde nach Aufbruch der Demo drangen martialisch ausgerüstete Polizeieinheiten kurz hinter der Spitze der Demonstration und weitere Einheiten hinter dem antikapitalistischen Block in die Demo ein. Minuten zuvor waren zwei Böller geflogen. Diese hätten so schnell keinen solchen polizeilichen Einsatz auslösen können. Das massive Polizeiaufgebot stand bereit, und kurz zuvor war dieser Teil der Demonstration polizeilich eng begleitet worden. Zynisch muss jedem anmuten, der nur ein wenig Verständnis für Demonstrationen und die sie tragenden Bündnisse hat, dass die Polizei meinte, die anderen Demonstrierenden könnten ja ihre Demonstration fortsetzen. Sie wolle ja „nur“ die Personen dieses Blocks durchsuchen und durch eine Personenkontrolle schleusen. Letztlich blieb der Kessel über neun Stunden aufrecht erhalten, bis alle Personen abgeführt, der Lautsprecherwagen demoliert und weggefahren waren. Von fast 1.000 Personen wurden die Personalien festgestellt.
Behauptet wurde, die Demonstrierenden hätten sich „bewaffnet“ und „vermummt“. Es ging nicht um Waffen, mit denen Angriffe ausgeführt werden sollten, sondern um eine „Schutzbewaffnung“, also Gegenstände, die vor Angriffen schützen sollen – um „passive Bewaffnung“. Das Problem beginnt somit schon beim Versammlungsgesetz selbst. In § 17 a heißt es:
(1) Es ist verboten, bei öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel, Aufzügen oder sonstigen öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel oder auf dem Weg dorthin Schutzwaffen oder Gegenstände, die als Schutzwaffen geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, Vollstreckungsmaßnahmen eines Trägers von Hoheitsbefugnissen abzuwehren, mit sich zu führen.
(2) Es ist auch verboten,
1. an derartigen Veranstaltungen in einer Aufmachung, die geeignet und den Umständen nach darauf gerichtet ist, die Feststellung der Identität zu verhindern, teilzunehmen oder den Weg zu derartigen Veranstaltungen in einer solchen Aufmachung zurückzulegen.
2. bei derartigen Veranstaltungen oder auf dem Weg dorthin Gegenstände mit sich zu führen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern.
(3) Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn es sich um Veranstaltungen im Sinne des § 17 (Gottesdienste, kirchliche Prozessionen …, Anm. d. Verf.) handelt. Die zuständige Behörde kann weitere Ausnahmen von den Verboten der Absätze 1 und 2 zulassen, wenn eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht zu besorgen ist.
(4) Die zuständige Behörde kann zur Durchsetzung der Verbote der Absätze 1 und 2 Anordnungen treffen. Sie kann insbesondere Personen, die diesen Verboten zuwiderhandeln, von der Veranstaltung ausschließen.
Dieser Paragraph ist ein gutes Beispiel für die Vorwärtsverrechtlichung und die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, die der Polizei eine grundrechtswidrige Definitionshoheit geben[2]. Kurz nach dem 1. Juni zählte die Polizei die gefährlichen „Waffen“ auf, die sie in dem Block gefunden hatte: Sonnenbrillen, Schirme … Am Tag vorher hatte es geregnet, überall waren Schirme zu sehen. Muss man in Zukunft befürchten, deswegen einer Straftat angeklagt zu werden? Darf man keine Sonnenbrillen mehr zu einer Demonstration mitnehmen? Erst wenn die Polizei unterstellt, dass „Gegenstände dazu bestimmt“ sind, „Vollstreckungsmaßnahmen eines Trägers von Hoheitsbefugnissen abzuwehren“, werden sie zu verbotenen Gegenständen. Aber keiner kann wissen, wann eine solche Definition zutrifft. Einige Demonstrierende hatten „Bücher“ dabei, Platten, auf denen Buchtitel oder Parolen standen, z.B. „Die einen haben Kapital, wir anderen lesen es“ oder „Öl – Upton Sinclair“, ein Buch, das im Manesse-Verlag neu aufgelegt wurde und als „Schlüsselroman über die Tyrannei des Raubtierkapitalismus“ beworben wird. Vielleicht hätten diese Bücher gegen Schlagstockeinsätze etwas schützen können, Waffen zum Angriff auf die Europäische Zentralbank sind es jedenfalls nicht.
Die Schirme, den Europäischen Rettungsschirm symbolisierend, eng beieinander getragen, könnten auch die Wirkung haben, dass ein möglicher polizeilicher Hubschrauber nicht gesehen hätte, was darunter getan wurde. Aber gibt es eine Pflicht der Demonstrierenden, der Polizei die Rundum-Überwachung zu ermöglichen? Tatsächlich erfolgen die Videoaufnahmen der Polizei oft rechtswidrig.
Es scheint so, als wären Demonstrierende den rechtswidrigen Übergriffen der Polizei immer erneut ausgeliefert. Angefangen mit dem Brokdorf-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von 1985, das erst das Grundrecht in seiner zentralen Bedeutung für die Demokratie erfasst, stellen Gerichte immer wieder fest, dass polizeiliche Maßnahmen rechtswidrig waren. Demonstrationen sind prinzipiell staatsfrei, es gehört zu den grundlegenden Rechten der Bürger, sich an der politischen Willensbildung zu beteiligen. Der Schutz der Versammlungsfreiheit muss erhalten bleiben, wenn nicht die Versammlung insgesamt einen „gewalttätigen oder aufrührerischen Verlauf“ nimmt. 1986 stellte das Verwaltungsgericht Hamburg fest, dass der so genannte „Hamburger Kessel“ rechtswidrig war (12 VG 2442/86). Die Polizei hatte eine entstehende Versammlung in eine Ecke getrieben und über Stunden eingekesselt. Die Polizei argumentierte, sie hätte eine Auflösungsverfügung „durch schlüssiges Verhalten, nämlich durch die Einschließung, erlassen. Sie glaubte, Teilnehmer hätten sich passiv bewaffnet, z. B. durch wetterfeste Kleidung, und ein milderes Mittel hätte sie nicht gefunden. Das Verwaltungsgericht urteilte klar und eindeutig, dass ein solches Vorgehen gegen eine Versammlung rechtswidrig ist. „Das pauschale Vorgehen der Beklagten, ohne Rücksicht darauf, ob sie friedliche oder störende Teilnehmer vor sich hatte, wurde der Bedeutung der Versammlungsfreiheit nicht gerecht.“ „Eingriffe in die Versammlungsfreiheit sind Eingriffe in ein für die Demokratie konstitutives Grundrecht …“ Die Kläger erstritten damals vor Zivilgerichten ein Schmerzensgeld von 200,- DM. Wer aber glaubt, seitdem hätte sich die Polizei an diese Maßgabe gehalten, irrt gewaltig. Immer wieder sind Demonstrierende eingekesselt worden, der Münchner Kessel, der Göttinger Kessel, der Braunschweiger Kessel, der Mainzer Kessel, der Dortmunder Kessel[3] und diverse Kessel im Wendland folgten. Die Kläger konnten nachträglich die Rechtswidrigkeit feststellen lassen, die mickrigen Schmerzensgelder führen aber zu keiner Veränderung des polizeilichen Handelns.
Um also mögliche „Gewalttäter“, wie von der Polizei behauptet, aus der Demonstration herauszuhalten, war der Kessel rechtswidrig und unverhältnismäßig. Der Eindruck entsteht, dass gerade das breite Bündnis von Antikapitalisten bis zu den Gewerkschaften und bürgerlichen Gruppen von Polizei und der hinter ihr stehenden Politik als Gefahr für die Stadt Frankfurt wahrgenommen wurde.
Mehr als neun Stunden wurde der Kessel aufrecht erhalten. Am Anfang flogen zwei oder drei Farbbeutel, ansonsten nahm dieser Block von „gewaltbereiten und vermummten Straftätern“ – wie die Polizei behauptete – diese Provokation hin und führte damit der Öffentlichkeit vor, wie gewalttätig die vermummte Polizei und die hinter ihr stehende Politik sind. Nach fast sechs Stunden begann die Polizei, in den Kessel einzudringen und führte die Personen unter Anwendung schmerzhafter Polizeigriffe ab. Verletzte blieben auf der Straße liegen und mussten von Sanitätern behandelt werden.
Viele Verletzte gab es aber auch in dem von der Polizei als friedlich definierten ausgesperrten Teil der Demonstration. Die Polizei stürmte mit Gewalt in diesen Teil der Demonstration und bedrängte die Teilnehmenden. Davon, dass eine Demonstration prinzipiell „staatsfrei“ ist (Brokdorf-Beschluss), war nichts zu spüren. Der Schlagstock wurde eingesetzt, Pfefferspray wurde wahllos in die Menge gespritzt. Kinder, Frauen, Männer, Alte und Junge, Journalisten, die ihrer öffentlichen Aufgabe der Berichterstattung nachgingen, wurden verletzt. Die Demo-Sanitäter berichteten später von geschätzten 320 Verletzten. „Dazu kommen noch alle, die sich selbst helfen konnten oder die im Chaos keinerlei Behandlung erfuhren.“
Polizeiliche Waffen
Die bis zu den Zähnen bewaffnete, mit Schutzkleidung ausgerüstete und unkenntliche Polizei setzte gegenüber den Demonstrierenden ihre Waffen ohne Bedenken ein. Zu den die körperliche Unversehrtheit verletzenden Griffen, den Demütigungen beim Abführen, kommt hinzu, dass die Polizei sofort zu Schlagstock und der neuen Abstandswaffe „Pfefferspray“ griff. Pfefferspray wurde vor einigen Jahren eingeführt, da es als „milderes“ Mittel den Einsatz der Schusswaffe häufiger überflüssig machen sollte. Der Einsatz von Pfefferspray kann jedoch potentiell immer auch tödlich enden. Diese Gefährlichkeit leugnet die Polizei jedoch und verharmlost den Einsatz. In Frankfurt haben wir einen 13-Jährigen gesehen, der bei seiner ersten Demonstration von Pfefferspray verletzt wurde[4]. Er war einerseits fertig, andererseits empört und schrie seine Wut, nachdem die schlimmsten Wirkungen verklungen waren, der Polizei entgegen. Sein Vater fragte sich, wie er seinem Sohn noch eine politische Perspektive vermitteln solle.
Der Rückgriff auf und der selbstverständliche Einsatz von Abstandswaffen ist ein Rückfall in das Konzept der Bekämpfung von Bürgern, die für ihre Rechte eintreten. Es gab Zeiten, in denen die Auseinandersetzungen auf Demonstrationen stärker von Kommunikation geprägt waren. Das waren Zeiten, in denen die Abstandswaffen zumindest nur eine geringe Rolle spielten. In den 1950er Jahren fiel die Entscheidung, den Gebrauch der Schusswaffe bei Demonstrationen auszuschließen[5] – auch danach ist die Schusswaffe im Kontext von Versammlungen immer wieder gezogen worden. Nach den Zeiten des Einsatzes von Wasserwerfern mit und ohne CS-Gas und dem Angriff mit Hubschraubern, etwa in Brokdorf, entstand in den 1980er/1990er Jahren eine Orientierung an Gespräch und Konfliktlösung. Nun lässt die relativ neue Ausrüstung mit dem individuell verfügbaren Pfefferspray die Polizei jedoch leicht davon Gebrauch machen, obwohl auch dies eine latent tödliche Waffe ist. Dieser Gebrauch verstärkt die Orientierung an einer Art Aufstands-Bekämpfung entlang von Frontlinien. Inzwischen wird sogar verstärkt nach einer weitereren Abstandswaffe gerufen, den Gummigeschossen. In einem Interview mit Prof. Michael Knape (Direktor beim Polizeipräsidenten Berlin) betont dieser dagegen die ganz andere Orientierung und Ausbildung der Polizei: „Aber die Polizei ist ganz anders ausgebildet: Wir wollen beweissichere Festnahmen erzielen. Dabei wenden wir Taktiken an, die wir in besonderer Weise trainiert haben, um an die Täter heranzukommen, möglicherweise auch im Schutze von Wasserwerfern. Distanzwaffen helfen nur, Menschenmengen, eher unter notstandsähnlichen Gesichtspunkten, zu zerstreuen. Aber selbst der Einsatz von Wasserwerfern ist nicht ungefährlich, man denke nur an Wasserstöße und die Verletzungsmöglichkeiten von Personen im Kopfbereich. Die Beimischung von CN ist immer nur ultima ratio.“[6]
Diese Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten waren auch in Frankfurt massiv präsent. Sie drangen aber allenfalls in die Demo vor, um Abwehr und Gewalttätigkeiten hervorzulocken und wurden gerade nicht gemäß ihren Aufgaben eingesetzt. Nun ist das Vorgehen dieser Einheiten oft auch nicht unproblematisch. Ihre Maßnahmen treffen längst nicht immer Straftäter, Festnahmen erfolgen oft genug ohne Beweise. Mit ihrem Eindringen in eine Demonstration verletzten sie deren Integrität und rufen Auseinandersetzungen hervor oder verstärken sie, wie in Rostock beim Protest gegen den G8-Gipfel zu beobachten war. Auch diese Einheiten gehen oft unverhältnismäßig vor, weil sie die ihnen im Weg stehenden Demonstrierenden angreifen.
Der in Frankfurt erfolgte Angriff auf die Demonstration insgesamt ist als politischer Angriff auf ein Grundrecht zu werten. Die Verantwortung für diesen Einsatz ist im politischen Betrieb zu suchen. Die Polizei muss sich allerdings auch fragen lassen, wieso sie sich so rechtswidrig einsetzen lässt.
Das breite Bündnis und Aktionen Zivilen Ungehorsams
Zu den Protesten von Blockupy gehörten auch die vielen Proteste und Aktionen Zivilen Ungehorsams am Freitag, dem Tag vor der Großdemonstration. In gewisser Weise ist es erstaunlich, dass sich die Polizei angesichts dieser vielfältigen und kreativen Proteste eher zurückhielt. In den frühen Morgenstunden hatte sie die Europäische Zentral Bank (EZB) weiträumig abgeriegelt. Die Demonstrierenden nahmen diese Blockade auf, umringten die polizeiliche Bankenmauer und sperrten die Korridore zum Eurotower. Bunt, kreativ, voller Selbstbewusstsein und zugleich mit viel Wissen und Kompetenz setzten die Demonstrierenden den Protest in der Stadt fort. Vor der Deutschen Bank wurde auf Töpfen gegen Hunger-Spekulationen geklopft. Statt echter flogen symbolische Pflastersteine aus Kunststoff, die an den Scheiben hafteten, sie aber nicht beschädigten, auf die Scheiben einer Immobilienfirma. Vor wechselnden Geschäften in der Einkaufsstraße erinnerten sie daran, dass die billigen Klamotten in Bangladesch beim Feuer in einer Fabrik mit dem Leben bezahlt wurden und alltäglich von menschenverachtenden Produktionsbedingungen begleitet sind.
Es ist ein breites Bündnis, das den Protest von Blockupy trägt. Gerade dies scheint den Herrschenden Angst zu machen. Die sich andeutende Krise verstärkt in Teilen der Gesellschaft die Rufe nach Ruhe und Ordnung, aus der die eigene Sicherheit erwachsen soll. Diesmal jedoch traf das Vorgehen der Polizei auch nachträglich und in der bürgerlichen Presse auf Unverständnis und Protest.
Blockupy selbst resümierte: „Repression und Polizeigewalt sollen Stärke demonstrieren, aber in Wahrheit decken sie die Nervosität der herrschenden Krisenpolitik auf, die sich immer weniger demokratisch legitimieren lässt und immer mehr autoritär durchgesetzt werden muss. Der Widerstand gegen die sozialen Folgen der Krisenpolitik, gegen die Verelendung und die Hoffnungslosigkeit, in die dadurch Millionen Menschen gestürzt wurden, und der Widerstand gegen die Beschneidung demokratischer Rechte sind nicht voneinander zu trennen, sondern gehören unmittelbar zusammen. Sie wollen Kapitalismus ohne Demokratie, wir wollen Demokratie ohne Kapitalismus[7].“
[1] Elke Steven, Occupy Democracy. Zur Bedeutung des Versammlungsrechts, in: Z 93, März 2013, S. 149-154
[2] Norbert Pütter, Wolf-Dieter Narr, Heiner Busch, Bekämpfungs-Recht und Rechtsstaat. Vorwärtsverrechtlichung in gebremsten Bahnen? In: Bürgerrechte & Polizei/CILIP 82 (3/2005)
[3] Siehe: Müller-Heidelberg, Till: Kein Kraut gewachsen gegen vorsätzlich rechtswidriges Handeln der Polizei? Die Polizeistrategie der Einkesselung. In: Müller-Heidelberg, Till u.a.: Grundrechte-Report 2007
[4] Das Komitee für Grundrechte und Demokratie hat während der Protesttage eine Demonstrationsbeobachtung organisiert und wird noch ausführlich berichten.
[5] Noch 1952 setzte die Polizei Schusswaffen in einer Demonstration gegen die bundesdeutsche Wiederbewaffnung ein. Philipp Müller wurde dabei getötet, zwei weitere Demonstrierende wurden durch die Polizeikugeln schwer verletzt.
[6] Interview mit Prof. Michael Knape zu Abstandswaffen, speziell Gummigeschossen, In: Deutsche Polizei 7/2012.
[7] Erklärung des Blockupy Koordinierungskreises vom 5.6.2013.