Das Friedensgebot des Grundgesetzes
Schon in seiner Präambel verpflichtet das Grundgesetz (GG) alle deutsche staatliche Gewalt kategorisch auf den Frieden in der Welt.[2] Darüber hinaus verbietet Art. 26 GG jedwede Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, worunter insbesondere die Führung eines Angriffskrieges fällt – für solche Zwecke dürfen deutsche Streitkräfte demnach unter gar keinen Umständen Verwendung finden. Ein weiteres, ganz besonders wichtiges Element des verfassungsrechtlichen Friedensgebotes stellt die in Art. 25 GG normierte Bindung aller staatlichen Organe an die allgemeinen Regeln des Völkerrechts dar, die zum Bestandteil des Bundesrechts erklärt sind und Priorität vor den innerstaatlichen Gesetzen besitzen. Zugleich erzeugen jene völkerrechtlichen Regeln Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes und binden somit auch alle Angehörigen der Bundeswehr, vom einfachen Soldaten bis zum höchsten General, strikt an das Völkerrecht – und damit zugleich an das Angriffskriegsverbot. Dass Friedenswahrung und -sicherung in Europa und der Welt den fundamentalen Daseinszweck der deutschen Streitkräfte zu bilden haben, folgt wiederum aus Artikel 24 GG, der festlegt, dass der Bund sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen kann und zu diesem Zwecke in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen wird, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern.
Weitere im Hinblick auf das Friedensgebot relevante Grundgesetzbestimmungen finden sich in Art. 9, der den Gedanken der Völkerverständigung betont und somit jede kriegsverherrlichende Propaganda inkriminiert, in Art. 20, der das Demokratiegebot verankert sowie die Staatsgewalt samt und sonders an Recht und Gesetz bindet und nicht zuletzt auch in Art. 23, der die Bundesrepublik Deutschland dazu verpflichtet, an der europäischen Einigung im Rahmen der Europäischen Union mitzuwirken.
Die vorstehend aufgeführten Grundgesetznormen begrenzen den verfassungsrechtlich erlaubten Gebrauch deutscher Streitkräfte zwingend auf die im Völkerrecht vorgesehenen Fälle. Dies betrifft zum einen, wie das Bundesverfassungsgericht in seiner fundamentalen Entscheidung vom 12. Juli 1994[3] dargelegt hat, den Einsatz der Bundeswehr im Rahmen und nach den Regeln von Systemen gegenseitiger kollektiver Sicherheit. Zum anderen füllte das Leipziger Bundesverwaltungsgericht mit seinem Beschluß vom 21. Juni 2005[4] schlußendlich die jahrzehntelang offengelassene Interpretationslücke betreffend den im Artikel 87a des Grundgesetzes normierten Verteidigungsauftrag der deutschen Streitkräfte, indem es ein für allemal eindeutig, umfassend und zugleich erschöpfend klarstellt, wie dieser zu verstehen ist. Der entscheidende Passus im Urteil der Bundesverwaltungsrichter hinsichtlich der Reichweite des Verteidigungsbegriffs im Grundgesetz lautet: „Da der Normtext des Art. 87a Abs. 1 und 2 GG von ‚Verteidigung’, jedoch – anders als die zunächst vorgeschlagene Fassung – nicht von ‚Landesverteidigung’ spricht und da zudem der verfassungsändernde Gesetzgeber bei Verabschiedung der Regelung im Jahre 1968 auch einen Einsatz im Rahmen eines NATO-Bündnisfalles als verfassungsrechtlich zulässig ansah, ist davon auszugehen, dass ‚Verteidigung’ alles das umfassen soll, was nach dem geltenden Völkerrecht zum Selbstverteidigungsrecht nach Art. 51 der Charta der Vereinten Nationen (UN-Charta), der die Bundesrepublik Deutschland wirksam beigetreten ist, zu rechnen ist.“ Denn, so die Richter, „Art. 51 UN-Charta gewährleistet und begrenzt in diesem Artikel für jeden Staat das – auch völkergewohnheitsrechtlich allgemein anerkannte – Recht zur ‚individuellen’ und zur ‚kollektiven Selbstverteidigung’ gegen einen ‚bewaffneten Angriff’, wobei das Recht zur ‚kollektiven Selbstverteidigung’ den Einsatz von militärischer Gewalt – über den Verteidigungsbegriff des Art. 115a GG hinausgehend – auch im Wege einer erbetenen Nothilfe zugunsten eines von einem Dritten angegriffenen Staates zulässt (z.B. ‚Bündnisfall’).“ Mit seinem höchstrichterlichen Urteilsspruch widerlegt das Bundesverwaltungsgericht die in der sicherheitspolitischen Diskussion häufig vorgetragene Auffassung, das Grundgesetz begrenze den Einsatz der Bundeswehr auf die Verteidigung des Territoriums der Bundesrepublik Deutschland sowie des NATO-Vertragsgebiets. Stattdessen definieren die Bundesverwaltungsrichter einen weiten Verteidigungsbegriff, der alles umfasst, was die UN-Charta erlaubt – zugleich beschränken sie jenen aber eben auch strikt auf deren Bestimmungen!
„Transformation“ der Bundeswehr
Angesichts der höchstrichterlichen Rechtsprechung muß der unmittelbar nach dem Ende des Kalten Krieges begonnene Reform- und Transformationsprozeß, dem das deutsche Militär unterzogen wird, zu erheblichen Zweifeln Anlaß geben. Gemäß der Devise, dass „Waffen ja, schießen nein“ eigentlich ohnehin keinen Sinn mache[5] und Frieden durchaus auch mit aller Gewalt geschaffen werden müsse – denn für den Brunnenbau hätten wir ja schließlich das THW[6] – tritt mittlerweile das strategische Ziel des strukturellen Umbaus immer klarer hervor: nämlich die Kriegführungsfähigkeit der Bundeswehr zu steigern[7] – mindestens 10.000 SoldatInnen sollen zukünftig zeitgleich dauerhaft in zwei Auslandseinsätzen und einer Marinemission eingesetzt werden können. Zugleich spiegelt sich der sicherheitspolitische Paradigmenwechsel weg von der Defensive und hin zur Offensive auch in den systematischen Rüstungsbeschaffungsprogrammen[8] zur Optimierung globaler Interventions- und Angriffsfähigkeit wider. Leuchtturmprojekte in dieser Hinsicht stellen die Entwicklung und Beschaffung von Satelliten (SAR-Lupe) und Drohnen (Global Hawk, Euro Hawk), von Langstreckentransportflugzeugen (Airbus A400M), Kampf- und Transporthubschraubern (Tiger, NH-90), gepanzerten Gefechtsfahrzeugen (Schützenpanzer Puma, GTK Boxer), Kampfflugzeugen (Eurofighter), Marschflugkörpern (Taurus), Flug- und Raketenabwehrsystemen (MEADS), Über- und Unterwasserkampfschiffen (Korvetten K 130, K 131, Fregatte F 125, U-Boot Typ 212a) bis hin zu modernster Kampfausstattung für die Infanterie („Infanterist der Zukunft – Erweitertes System [IdZES]“) dar.
Diese militärstrategischen Ambitionen lassen sich selbstredend nicht umsonst realisieren, sondern erfordern erhebliche finanzielle Anstrengungen. Es vermag daher kaum zu überraschen, dass von den großspurig angekündigten Sparmaßnahmen im sogenannten Verteidigungshaushalt keine Rede mehr sein kann.[9] Im Gegenteil: Während der 44. Finanzplan des Bundes 2010 bis 2014[10] dessen schrittweise Reduktion vorsah, summieren sich die nunmehr geplanten Mehrkosten für Militär und Rüstung im 45. Finanzplan des Bundes 2011 bis 2015[11] auf knapp auf 8,7 Mrd. Euro.[12] Für das Jahr 2012 waren im Entwurf des Bundeshaushalts im Einzelplan des Bundesministeriums der Verteidigung Ausgaben in Höhe von rd. 31,7 Mrd. Euro veranschlagt,[13] das ist mehr als in der Hochphase des Kalten Krieges – von Friedensdividende kann längst keine Rede mehr sein.
Phraseologisch verbrämt wird die neue deutsche Sicherheitspolitik im offiziellen Jargon des Bundesministeriums der Verteidigung mit Parolen wie jener, dass „von der Nation fortan erwartet“ werde, „vermehrt internationale Verantwortung zu übernehmen“ und dass es „ehrenvoll [sei], in deutscher Uniform für eine bessere, gerechtere, freiere und sichere Welt einzutreten.“[14] Doch tritt hinter der propagandistischen Fassade unverblümt nackte Macht- und Interessenpolitik hervor, wenn der amtierende Verteidigungsminister Thomas de Maizière verlauten lässt: „Wohlstand erfordert Verantwortung“[15] und: „Wir haben ein nationales Interesse am Zugang zu Wasser, zu Lande und in der Luft.“[16] Im Klartext heißt das: Es geht um die Durchsetzung der Globalisierung mit militärischen Gewaltmitteln, vulgo: Wirtschaftskrieg für die Profitinteressen der heimischen Produzenten.
Eine gewisse Ehrlichkeit diesbezüglich hatte zuvor schon mit Deutschlands ehemaligem Kriegsminister „Dr.“ von und zu Guttenberg Einzug gehalten, als dieser Ende Januar 2010 am Rande des Weltwirtschaftsgipfels im schweizerischen Davos völlig unverhohlen aussprach, worum es beim Bundeswehreinsatz am Hindukusch in Wahrheit geht, nämlich dass man „auch das Thema Afghanistan … im energiepolitischen Kontext sehen (müsse). Die Stabilität dieses Landes habe große Auswirkungen auf die gesamte Region, die für die Gewinnung und die Weiterleitung von Energierohstoffen eine große Rolle spiele.“[17] Darüber hinaus bekannte der forsche Freiherr wenig später, am 12. Februar 2010, im Fernsehsender „PHOENIX“, dass die im Afghanistankontext so häufig beschworene Menschenrechtsfrage lediglich etwas für die Galerie ist, indem er „selbstkritisch“ anmerkte: „… haben wir nicht Gründe nachgeschoben, um in schwierigen Momenten auch mal eine Anerkennung unserer Bevölkerung zu bekommen? Natürlich ist es unbestreitbar wichtig, dass man Kindern hilft, dass man Frauen hilft in ihren Rechten und all jenen. … Aber das waren Gründe, die nachgeschoben wurden. Der eigentliche Grund damals war, diesen Rückzugsraum zu verhindern … .“[18]
Noch unverblümter hatte wenig später, im Mai 2010, der damalige Bundespräsident Horst Köhler nach seiner dem deutschen Feldlager von Mazār-i Scharif abgestatteten Stippvisite zum Ausdruck gebracht, warum Deutschland den Krieg am Hindukusch in Wahrheit führt, nämlich weil „ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen.“[19] Mit kaum zu überbietendem Zynismus stammelte das deutsche Staatsoberhaupt anschließend dem Interviewer von „Deutschlandradio Kultur“ ins Mikrophon, dass es in Afghanistan auch weiterhin „sozusagen Todesfälle geben“ wird in den Reihen der Bundeswehr, denn „man muss auch um diesen Preis – sozusagen seine am Ende Interessen wahren – mir fällt das schwer, das so zu sagen, aber ich halte es für unvermeidlich, dass wir dieser Realität ins Auge blicken.“[20]
In all diesen Aussagen aus Minister- und Präsidentenmund zeigt sich die strategische „neokoloniale“ Neurorientierung. Dass dies keineswegs lediglich Zufall oder Unbeholfenheit geschuldet ist, zeigt ein Blick in die derzeit gültigen konzeptionellen sicherheitspolitischen Grundlagendokumente, deren einschlägige Ausführungen vollkommen mit den zitierten Einlassungen korrespondieren. So heißt es bereits im „Weißbuch der Bundesregierung zur Sicherheitspolitik und Zukunft der Bundeswehr“ aus dem Jahr 2006, dass „die Sicherheitspolitik Deutschlands von … dem Ziel geleitet wird, die Interessen unseres Landes zu wahren“, worunter insbesondere fällt, „den freien und ungehinderten Welthandel als Grundlage unseres Wohlstands zu fördern“.[21] Und laut den aktuellen „Verteidigungspolitischen Richtlinien (VPR)“ vom Mai 2011 gehört es zu den deutschen Sicherheitsinteressen, nicht nur ganz allgemein „außen- und sicherheitspolitische Positionen nachhaltig und glaubwürdig zu vertreten und einzulösen“, was immer unter diesem „Container-Begriff“ zu verstehen sein mag, sondern auch ganz konkret „einen freien und ungehinderten Welthandel sowie den freien Zugang zur Hohen See und zu natürlichen Ressourcen zu ermöglichen.“[22]
Entgrenzter Bundeswehrauftrag
Mit ihren neokolonialistischen bis -imperialistischen Konnotationen kontrastieren derartige Programmaussagen auffällig mit den Vorgaben aus höchstrichterlichem Munde, denn in seinem schon genannten Urteilsspruch hatte das Bundesverwaltungsgericht besonders herausgestrichen, dass „der Einsatz der Bundeswehr ‚zur Verteidigung’ mithin stets nur als Abwehr gegen einen ‚militärischen Angriff’ (‚armed attack’ nach Art. 51 UN-Charta) erlaubt [ist], jedoch nicht zur Verfolgung, Durchsetzung und Sicherung ökonomischer oder politischer Interessen.“ In Anbetracht dessen drängt sich die Frage nachgerade auf, inwieweit die Sicherheitspolitik dieser Republik den Boden des Grundgesetzes nicht längst verlassen hat. Ohnehin sucht man sowohl im Weißbuch 2006 als auch in den VPR 2011 nach dem in der Satzung der Vereinten Nationen kodifizierten Gewaltverbot in den internationalen Beziehungen ebenso vergebens wie nach dem dort verankerten Interventionsverbot – in den derzeit gültigen sicherheitspolitischen Grundlagendokumenten dieser Republik werden diese für das Völkerrecht konstitutiven Normen offenbar keinerlei Erwähnung für wert befunden. Indes lautet der Schlüsselbegriff zum Verständnis der Entwicklung, welche die Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland genommen hat: Entgrenzung – und diese manifestiert sich sowohl geographisch als auch inhaltlich im Spektrum der Optionen, die für unterschiedlichste Einsätze deutscher Streitkräfte eröffnet wurden. Diese reichen von der „präventiven Selbstverteidigung“ über die „antizipatorische Nothilfe für Bündnispartner“, den Mißbrauch im Rahmen einer „reformulierten Responsibility to Protect“, die Aufgabenpriorisierung im Rahmen „internationaler Konfliktverhütung“ bis hin zur zügellosen Nutzung der „Bundeswehr als Instrument der Außenpolitik“.[23]
Wie prekär sich diese Situation, in der eine enthemmte Sicherheitspolitik der Berliner Republik ihre verfassungsrechtlichen Fesseln weitgehend abgestreift hat,[24] darstellt, hat man offenbar auch in den Reihen der „Strategic Community“ bemerkt. Einer der Hauptprotagonisten nicht nur der Partei, sondern insbesondere auch einer Politik des organisierten Menschenrechtsbellizismus, Winfried Nachtwei von Bündnis90/Die Grünen, fordert daher, dass „[d]er erweiterte Bundeswehrauftrag … endlich seinen Niederschlag im Grundgesetz finden [sollte].“[25] Denn es sei „[e]in Unding …, dass sich die jetzige Einsatzrealität aus dem Grundgesetz nur unter Zuhilfenahme des Urteils des Bundesverfassungsgerichts von 1994 erschließen lässt.“[26] Und daher hält jener habituelle Vorzeigebellizist[27] eine Grundgesetzänderung für notwendig, dergestalt, dass Art. 87a durch folgende Bestimmung „präzisiert“[28] werden sollte: „Bewaffnete Streitkräfte dürfen außerhalb der Landes- und Bündnisverteidigung nur eingesetzt werden zur Gewalteindämmung und internationalen Rechtsdurchsetzung im Dienste kollektiver Sicherheit und im Rahmen des UN-System.“[29]
Man merkt die Absicht und man ist verstimmt, obendrein, wenn Nachtwei sein Publikum rhetorisch geschickt hinters Licht zu führen versucht, indem er Schalmeientöne von Frieden statt Krieg säuselt, denn ihm zufolge „[ist d]ieser erweiterte Bundeswehrauftrag … abgeleitet aus dem Friedensgebot des Grundgesetzes und der UN-Charta. Er ist allgemein eine Absage an eine schleichende Rehabilitierung des Krieges und konkret ein Trennungsstrich zu Militärinterventionen für partikulare (Macht)Interessen.“[30] Genau das ist er eben nicht, denn eine derart dehnbare Formulierung würde auch noch die letzten verfassungsrechtlichen Bremsen beseitigen und weltweiten Kreuzzügen zur Durchsetzung der Globalisierung mit Militärgewalt unter dem Vorwand der „humanitären Intervention“ oder der „Responsibility to Protect“ Tür und Tor sperrangelweit öffnen. Wäre es jenem Grundgesetzverbieger in spe indessen tatsächlich um den Weltfrieden und das Völkerrecht zu tun, dann hätte die schlichte Konditionierung genügt, derzufolge bewaffnete deutsche Streitkräfte außerhalb der Landes- und Bündnisverteidigung ausschließlich im Rahmen und nach den Regeln der Satzung der Vereinten Nationen eingesetzt werden dürfen – und in letzter sind eben völkerrechtliche Mißgeburten wie die „humanitäre Intervention“ oder die „Responsibility to Protect“ gerade nicht enthalten. Ob eine derartige verfassungsrechtliche Präzisierung, die sämtliche internationalen Bundeswehreinsätze eng an die UN-Charta binden und somit tatsächlich lediglich eine Präzisierung darstellen würde, angesichts des eingangs dargelegten grundgesetzlichen Normennexus in Verbindung mit der ebenfalls aufgezeigten höchstrichterlichen Rechtsprechung überhaupt nötig wäre, mag dahinstehen. Allemal jedoch gilt, dass es, anstatt die Verfassung für Angriffskriege zurechtzubiegen, viel wichtiger wäre, das grundgesetzliche Friedensgebot zu stärken, unter anderem dadurch, dass die Legislative endlich den Auftrag des Verfassungsgebers erfüllt und friedensstörende Handlungen mittels einer dringend notwendigen Novellierung des § 80 StGB unter Strafe stellt.
Novellierung des § 80 StGB
Eine solche neugefasste Strafrechtsnorm, die den aus Art. 26 Abs. 1 Satz 2 resultierenden verbindlichen Verfassungsauftrag erfüllt, müsste wie folgt beschaffen sein:[31]
Zuallererst darf nicht mehr lediglich der Angriffskrieg strafrechtlich inkriminiert sein, sondern, entsprechend der grundgesetzlichen Vorgabe, sämtliche friedensstörenden Handlungen. Dementsprechend müsste der erste Absatz einer den Friedensverrat betreffenden novellierten Strafrechtsnorm folgendermaßen lauten:
StGB § 80 Störung des Staaten- und Völkerfriedens
(1) Wer vorsätzlich eine Handlung vornimmt, die gegen die in Kapitel I Artikel 1 und Artikel 2 ihrer Satzung kodifizierten Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen verstößt und dadurch eine Gefahr für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit herbeiführt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
Hervorzuheben ist, dass diese Regelung nicht nur friedensstörende Handlungen inkriminiert, die das Verhältnis von Staaten als Völkerrechtssubjekten im internationalen System betreffen, sondern darüber hinaus auch die Möglichkeit eröffnet, Handlungen zu bestrafen, durch die beispielsweise soziale, soziokulturelle oder auch ethnisch-religiös fundierte Konfliktlagen innerhalb von Staaten in friedensstörender Weise von außen politisch instrumentalisiert werden.
Im nächsten Schritt gilt es, den Komplex der friedensstörenden Handlungen im Sinne des verfassungsrechtlich normierten Bestimmtheitsgebotes (Art. 103 GG Abs. 2) so konkret und zugleich so umfassend wie möglich zu umschreiben. Demgemäß wäre der Absatz 2 des novellierten § 80 StGB wie folgt zu formulieren:
(2) Zu den friedensstörenden Handlungen im Sinne dieser Regelung zählen insbesondere:
1. Handlungen, die der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen aufgrund seiner aus Artikel 39 der Satzung der Vereinten Nationen resultierenden Kompetenzen als Bedrohung oder Bruch des Friedens oder als Angriffshandlung qualifiziert hat,
2. jegliche Androhung oder Anwendung militärischer Gewalt, die nicht im Rahmen und nach den Regeln der Satzung der Vereinten Nationen (Kapitel VII Artikel 42 und Artikel 51) erfolgt,
3. sämtliche Handlungen, die den Tatbestand der Aggression gemäß der Entschließung 3314 (XXIX) der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 14. Dezember 1974 erfüllen,
4. sämtliche Handlungen, welche die im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 1. Juli 2002 inkriminierten Tatbestände (Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Aggressionsverbrechen) erfüllen,
5. sämtliche Handlungen, welche durch das deutsche Völkerstrafgesetzbuch unter Strafe gestellt sind, sowie
6. sämtliche Handlungen, welche durch die Fortentwicklung des Völkerrechts zukünftig als friedensstörende Handlungen inkriminiert werden, ab dem rechtskräftigen Inkrafttreten der entsprechenden völkerrechtlichen Vereinbarungen.
Im dritten Schritt ist die Spannbreite der friedensstörenden Handlung zu definieren. Dementsprechend müsste es im neuen § 80 Absatz 3 StGB heißen:
(3) Als friedensstörende Handlung im Sinne dieser Regelung gilt nicht nur deren Auslösung und Durchführung, sondern auch deren Planung, Vorbereitung, Unterstützung oder Förderung sowie die Beteiligung an einer solchen Handlung.
Schließlich bleibt noch der mögliche Täterkreis abzugrenzen, der den vorstehend dargelegten Tatbestand zu verwirklichen vermag. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass beginnend mit dem Nürnberger Strafgerichtshof über den „Verhaltenskodex zu politisch-militärischen Aspekten der Sicherheit“[32] und das Römische Statut bis hin zum deutschen Völkerstrafgesetzbuch Schritt für Schritt die individuelle Zurechenbarkeit völkerrechtlicher Delikte verfestigt wurde und somit bloßes Handeln auf Befehl keinen Schuldhinderungsgrund mehr konstituieren kann. Es darf eben nicht mehr nur darum gehen, ausschließlich staatliche, politische, wirtschaftliche und militärische Führungspersonen wegen friedensstörender Handlungen zur Rechenschaft zu ziehen, sondern es gilt sicherzustellen, dass jeder und jede Tatbeteiligte entsprechend seiner oder ihrer individuell zurechenbaren Verantwortlichkeit von der Strafrechtsnorm des § 80 StGB erfaßt wird. Erst dadurch können die innerhalb der Institutionen agierenden Personen wirksam zu Widerständigkeit gegen ihre Inanspruchnahme zu illegalen friedensstörenden Zwecken angehalten werden. Daher wäre Absatz 4 des geänderten § 80 StGB wie folgt zu fassen:
(4) Der vorliegenden Regelung unterliegen alle deutschen Staatsangehörigen und darüber hinaus sämtliche Bewohner/-innen des Bundesgebietes entsprechend ihrem jeweiligen Tatbeitrag und ihrer individuellen Verantwortlichkeit, die durch ein ordentliches Gericht festzustellen sind.
Hätte die von der politischen Klasse dieser Republik phasenweise ins Werk gesetzte Politik des Angriffskrieges die Novellierung der strafgesetzlichen Friedensverratsnorm gemäß dem hier dargelegtem Muster zur Folge, so fände sich jene Erkenntnis bestätigt, die Immanuel Kant in seinem Traktat zum „Ewigen Frieden“ schon 1795 gewonnen hatte, nämlich: „Das moralisch Böse hat die von seiner Natur unabtrennliche Eigenschaft, dass es in seinen Absichten (vornehmlich gegen andere Gleichgesinnte) sich selbst zuwider und zerstörend ist und so dem (moralischen) Prinzip des Guten, wenngleich durch langsame Fortschritte Platz macht.“[33] Im Hinblick auf die notwendige Voraussetzung, dem Prinzip des Guten zum Durchbruch zu verhelfen, verweist der große Rechtsgelehrte aus Königsberg auf den „wackere[n], alle durch Arglist und Gewalt vorgezeichneten Wege abschneidende[n] Rechtsgrundsatz“,[34] der da lautet: „Fiat iustitia, pereat mundus, das heißt zu deutsch: ‚Es herrsche Gerechtigkeit, die Schelme in der Welt mögen auch insgesamt darüber zugrunde gehen‘, …“[35] Gerechtigkeit schafft Frieden, lautet also die Maxime, die Kant indessen keinesfalls als Freibrief mißverstanden wissen will, „sein eigenes Recht mit der größten Strenge zu benutzen“[36], also etwa hemmungslos mit aller (Militär-)Gewalt Frieden schaffen zu wollen. Ganz im Gegenteil kommt es ihm darauf an, dass die Mächtigen der Welt keinem Menschen die ihm zukommenden Rechte verweigern dürfen, denn, wie er bereits zuvor in seinen Vorlesungen über Ethik konstatiert hatte: „Wenn nie eine Handlung der Gütigkeit ausgeübt, aber stets das Recht anderer Menschen unverletzt geblieben wäre, so würde gewiß kein großes Elend in der Welt sein.“[37] Die „vorzüglichsten“ Voraussetzungen, dies zu gewährleisten, bilden einerseits „eine nach reinen Rechtsprinzipien eingerichtete innere Verfassung des Staats“,[38] andererseits die „Vereinigung desselben mit anderen benachbarten oder auch entfernten Staaten zu einer (einem allgemeinen Staat analogischen) gesetzlichen Ausgleichung ihrer Streitigkeiten“[39] – wem bei der Lektüre dieser im wahrsten Sinn des Wortes richtungsweisenden Erkenntnisse das deutsche Grundgesetz mit seinem Friedensgebot, der friedenstiftende europäische Einigungsprozess oder auch die Friedensordnung der Vereinten Nationen in den Sinn geraten, der mag den genialen Königsberger Philosophen wohl recht verstanden haben.
Dipl. Päd. Jürgen Rose ist mittlerweile als Oberstleutnant aus dem Dienst in der glorreichen Bundeswehr ausgeschieden und daher nicht länger gezwungen, aus disziplinarrechtlichen Gründen darauf hinzuweisen, dass er in diesem Beitrag nur seine persönlichen Auffassungen darlegt.
[1] Vom damaligen Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Helmut Willmann, im Wegweiser für die Traditionspflege im Heer vom 1. Dezember 1999 offiziell festgelegter Schlachtruf der Panzergrenadiertruppe, der sinngemäß bedeutet: „Ran an den Feind, drauf auf den Feind, hinweg über den Feind“; siehe Bundesministerium der Verteidigung – Fü H I 1 (Hrsg.): Wegweiser für die Traditionspflege im Heer – Az 35-31-01 vom 1. Dezember 1999, Bonn (Abschrift ohne Anlagen); http://web.archive.org/web/20060217021329/http://www.muendener-pioniere-kurhessenkaserne.de/traditionspflege.htm; siehe dazu auch Anonym: Schlachtrufe in der Bundeswehr; http://de.wikipedia.org/wiki/Schlachtrufe_in_der_Bundeswehr#Heer.
[2] Vgl. Deiseroth, Dieter: Das Friedensgebot des Grundgesetzes und der UN-Charta aus juristischer Sicht, in: Becker, Peter/Braun, Reiner/Deiseroth, Dieter (Hrsg.): Frieden durch Recht?, Berlin 2010, S. 41.
[3] Bundesverfassungsgericht: Urteil des Zweiten Senats vom 12. Juli 1994 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. und 20. April 1994 – 2 BvE 3/92, 5/93, 7/93, 8/93 – BVerfGE 90, 286 – Bundeswehreinsatz; http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv090286.html.
[4] Bundesverwaltungsgericht: Urteil des 2. Wehrdienstsenats vom 21. Juni 2005 – BVerwG 2 WD 12.04; http://vdw-ev.de/publikationen/Urteil.pdf.
[5] Vgl. Wosnek, Horst H.: Das Ziel eines Militäreinsatzes ist der Friede danach. Deutschlands Politiker müssen sich intensiver mit den Bundeswehreinsätzen beschäftigen. Das Primat der Politik ist heute wichtiger denn je, in: Zeit Online vom 24. Juni 2011, S. 2; http://www.zeit.de/politik/deutschland/2011-06/bundeswehr-aufgaben-politik.
[6] Ebd.
[7] Vgl. Stache, Christian: Kriegsvorbereitung am Schreibtisch. Die Ergebnisse der Reformprojekte für die „Neuausrichtung der Bundeswehr“, IMI-Analyse 2011/036, Tübingen, 31.10.2011, S. 5; http://www.imi-online.de/2002.php ?id=2367.
[8] Vgl. hierzu die sehr informative Übersicht von Henken, Lühr: „Einsatzbereit – jederzeit – weltweit“ Zum Umbau der Bundeswehr in eine global agierende Interventionsarmee. Teil I: Das Arsenal der Kriegstreiber in: junge Welt, 4. Mai 2011; http://www.jungewelt.de/2011/0504/045.php sowie ders.: Teures Töten. Hintergrund zum Umbau der Bundeswehr in eine global agierende Interventionsarmee. Teil II und Schluß: Die Kosten der Neustrukturierung, in: junge Welt, 5. Mai 2011; http://www.jungewelt.de/2011/0505/003.php.
[9] Vgl. Wagner, Jürgen: Realsatire Bundeswehr-Umbau: Sparzwang entpuppt sich als Erhöhung des Militärhaushalts, IMI-Standpunkt 2011/033, Tübingen, 7. Juli 2011; http://www.imi-online.de/2002.php?id=2320 sowie ders.: Etikettenschwindel Sparvorgabe. Der Bundeswehr-Umbau soll die Truppe effizienter, nicht billiger machen, in: graswurzelrevolution 361 september 2011; http://www.graswurzel.net/361/bw.shtml.
[10] Vgl. Deutscher Bundestag (Hrsg.): Unterrichtung durch die Bundesregierung – Finanzplan des Bundes 2010 bis 2014, Drucksache 17/2501, Berlin 13.08.2010, S. 21; http://dip.bundestag.de/btd/17/025/1702501.pdf.
[11] Vgl. Deutscher Bundestag (Hrsg.): Unterrichtung durch die Bundesregierung – Finanzplan des Bundes 2011 bis 2015, Drucksache 17/6601, Berlin 12.08.2011; http://dip.bundestag.de/btd/ 17/066/1706601.pdf.
[12] Vgl. Deutscher Bundestag (Hrsg.): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Tobias Lindner, Omid Nouripour, Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sparbeitrag des Verteidigungshaushaltes, Drucksache 17/7293, Berlin 11.10.2011, S. 1; http://dip. bundestag.de/btd/17/072/1707293.pdf.
[13] Vgl. Deutscher Bundestag (Hrsg.): Unterrichtung durch die Bundesregierung – Finanzplan des Bundes 2011 bis 2015, a.a.O., S. 20.
[14]Maizière, Thomas de: Neuausrichtung der Bundeswehr. Rede des Bundesministers der Verteidigung, Berlin, 18. Mai 2011, S. 3; http://www.bmvg.de/resource/resource/MzEzNTM4MmUzMzMyMmUzMTM1MzMyZTM2MzEzMDMwMzAzMDMwMzAzMDY3NmY2Nzc3NzQ2MjcyNzgyMDIwMjAyMDIw/BM%20Rede%2018.05.2011.pdf.
[15] Ebd., S. 10.
[16] Ebd., S. 7.
[17] Norbert Lossau: „Beleidigte Leberwurst“. Guttenberg und Brüderle zanken sich in Davos, in: Die Welt, 31. Januar 2010; http://www.welt.de/wirtschaft/article6046680/Guttenberg-und-Bruederle-zanken-sich-in-Davos.html. Siehe von und zu Guttenberg an anderer Stelle nahezu gleichlautend in: „Das ist noch mal eine echte Chance“. Wozu sind wir am Hindukusch? Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg über veraltete Kriegsziele, seine neue Strategie und die Hoffnung auf die Afghanistankonferenz. In: Die Zeit, Hamburg, Nr. 5, 28. Januar 2010, S. 2; http://www.zeit.de/2010/05/Interview-Guttenberg.
[18] Zit. nach Grüne Friedensinitiative, 16. Februar 2010; http://blog.gruene-friedensinitiative.de/?p=126. Im Originalton: Guttenberg, Karl-Theodor zu: Diskussionsrunde „Deutschland im Krieg?”. Phoenix, 66. Forum Pariser Platz, 12. Februar 2010; http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2010/02/12/drk_20100212_1907_a3249873.mp3.
[19]Köhler, Horst: Mehr Respekt für deutsche Soldaten in Afghanistan. Bundespräsident fordert Diskurs in der Gesellschaft. Horst Köhler im Gespräch mit Christopher Ricke, Deutschlandradio Kultur, 22. Mai 2010; http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/interview/1188780/ sowie im Originalton: http://ondemand-mp3.dradio. de/file/dradio/2010/05/22/drk_20100522_0751_c6f918db.mp3.
[20] Ebd.
[21]Bundesministerium der Verteidigung (Hrsg.): Weißbuch 2006 zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr, Berlin 2006, S. 23; http://www.bmvg.de/resource/resource/MzEzNTM4MmUzMzMyMmUzMTM 1MzMyZTM2MzEzMDMwMzAzMDMwMzAzMDY3NmE2ODY1NmQ2NzY4MzEyMDIwMjAyMDIw/WB_2006_dt_mB.pdf. Komplett umfaßt der Interessenkatalog:
· Recht und Freiheit, Demokratie, Sicherheit und Wohlfahrt für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes zu bewahren und sie vor Gefährdungen zu schützen,
· die Souveränität und die Unversehrtheit des deutschen Staatsgebietes zu sichern,
· regionalen Krisen und Konflikten, die Deutschlands Sicherheit beeinträchtigen können, wenn möglich vorzubeugen und zur Krisenbewältigung beizutragen, globalen Herausforderungen, vor allem der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus und die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen, zu begegnen,
· zur Achtung der Menschenrechte und Stärkung der internationalen Ordnung auf der Grundlage des Völkerrechts beizutragen,
· den freien und ungehinderten Welthandel als Grundlage unseres Wohlstands zu fördern und dabei die Kluft zwischen armen und reichen Weltregionen überwinden zu helfen.
[22]Bundesministerium der Verteidigung (Hrsg.): Verteidigungspolitische Richtlinien, Berlin 2011, S. 5; http://www.bmvg.de/resource/resource/MzEzNTM4MmUzMzMyMmUzMTM1MzMyZTM2MzEzMDMwMzAzMDMwMzAzMDY3NmY2ODMyNzU3OTY4NjIyMDIwMjAyMDIw/ Verteidigungspolitische%20Richtlinien %20(27.05.11) .pdf. Die vollständige Liste lautet:
· Krisen und Konflikte zu verhindern, vorbeugend einzudämmen und zu bewältigen, die die Sicherheit Deutschlands und seiner Verbündeten beeinträchtigen;
· außen- und sicherheitspolitische Positionen nachhaltig und glaubwürdig zu vertreten und einzulösen;
· die transatlantische und europäische Sicherheit und Partnerschaft zu stärken;
· für die internationale Geltung der Menschenrechte und der demokratischen Grundsätze einzutreten, das weltweite Respektieren des Völkerrechts zu fördern und die Kluft zwischen armen und reichen Weltregionen zu reduzieren;
· einen freien und ungehinderten Welthandel sowie den freien Zugang zur Hohen See und zu natürlichen Ressourcen zu ermöglichen.
[23] Vgl. hierzu ausführlicher Jaberg, Sabine: Wehe, wehe, wehe, wenn ich auf das Ende sehe … Zur Begründung eines friedenswissenschaftlichen Standpunkts zum Norm-Empirie-Problem bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr, in: dies./Biehl, Heiko/Mohrmann, Günter/Tomforde, Maren: Auslandseinsätze der Bundeswehr. Sozialwissenschaftliche Analysen, Diagnosen und Perspektiven, Sozialwissenschaftliche Schriften, Heft 47, Berlin 2009, S. 302ff.
[24] Vgl. ebd., S. 302.
[25]Nachtwei, Winfried: Die Auslandseinsätze im Rückblick – Was wir für die Zukunft lernen sollen. Vortrag von Winfried Nachtwei, MdB a.D., bei der Nürnberger Sicherheitstagung 2011 (Veranstalter: Friedrich-Naumann- und Thomas-Dehler-Stiftung, Nürnberger Zeitung, Deutscher Bundeswehrverband, Clausewitz-Gesellschaft, Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik, Verband der Reservisten der Bundeswehr, Deutsche Atlantische Gesellschaft in Kooperation mit AK Bundeswehr und Wirtschaft Bayern; Tagungsleitung: Hildebrecht Braun, MdB a.D., Edgar Trost, Generalleutnant a.D.) am 24. Juni 2011: „Die Bundeswehr im Auslandseinsatz – politische Verantwortung und militärische Führung“ (gegenüber dem gesprochenen Wort ergänzte Fassung), S. 9; http://www. nachtwei.de/downloads/rede/20110624_vortrag-sicherheitstagung-N.pdf.
[26] Ebd.
[27] Anläßlich seines o. g. Vortrages brüstete er sich gar in dieser Pose mit den Worten: „Von 1994 bis 2009 war ich als Mitglied des Bundestages und des Verteidigungsausschusses intensiv an allen Entscheidungsprozessen zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr beteiligt. Nach meinen freiwilligen Ausstieg aus dem Bundestag fühle ich mich weiter in Mitverantwortung. Denn ich gehöre ja zu denjenigen, die uns Afghanistan eingebrockt haben.“ (Nachtwei, Winfried: a. a.O., S. 1).
[28] Ebd.
[29] Ebd.
[30] Ebd.
[31] Vgl. hierzu Rose, Jürgen: Ernstfall Angriffskrieg. Frieden schaffen mit aller Gewalt?, Hannover 2009, S. 252ff. sowie in ders.: Friedensverrat und Strafgesetzbuch, in: Becker, Peter/Braun, Reiner/Deiseroth, Dieter (Hrsg.): a.a.O., S. 293–301.
[32] Treffen der Staats- und Regierungschefs der Teilnehmerstaaten der KSZE am 5. und 6. Dezember 1994 in Budapest – Budapester Dokument 1994 „Der Weg zu echter Partnerschaft in einem neuen Zeitalter“ – Gipfelerklärung von Budapest, IV. Verhaltenskodex zu politisch-militärischen Aspekten der Sicherheit, in: Auswärtiges Amt, Referat Öffentlichkeitsarbeit (Hrsg.): Von der KSZE zur OSZE. Grundlagen, Dokumente und Texte zum deutschen Beitrag 1993-1997, Bonn 1998, S. 267f.
Dort wird in den Paragraphen 30 und 31 stipuliert:
„30. Jeder Teilnehmerstaat wird die Angehörigen seiner Streitkräfte mit dem humanitären Völkerrecht und den geltenden Regeln, Übereinkommen und Verpflichtungen für bewaffnete Konflikte vertraut machen und gewährleisten, dass sich die Angehörigen der Streitkräfte der Tatsache bewußt sind, dass sie nach dem innerstaatlichen und dem Völkerrecht für ihre Handlungen individuell verantwortlich sind.
31. Die Teilnehmerstaaten werden gewährleisten, dass die mit Befehlsgewalt ausgestatteten Angehörigen der Streitkräfte diese im Einklang mit dem einschlägigen innerstaatlichen Recht ausüben und dass ihnen bewußt gemacht wird, dass sie nach diesem Recht für die unrechtmäßige Ausübung ihrer Befehlsgewalt zur Verantwortung gezogen werden können und dass Befehle, die gegen das innerstaatliche Recht und das Völkerrecht verstoßen, nicht erteilt werden. Die Verantwortung der Vorgesetzten entbindet die Untergebenen nicht von ihrer individuellen Verantwortung.“
[33]Kant, Immanuel: Zum ewigen Frieden (1795), in: Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Kant’s gesammelte Schriften, Band VIII, Berlin und Leipzig 1923, S. 379; http://www.archive.org/details/kantsge sammeltes08imma.
[34]Ebd., S. 378f.
[35]Ebd., S. 378.
[36]Ebd., S. 378.
[37] Zit. in Vorländer, Karl: Immanuel Kant: der Mann und das Werk, Hamburg 19923, S. 306. Vgl. auch Menzer, Paul (Hrsg.): Eine Vorlesung Kants über Ethik im Auftrage der Kantgesellschaft, Berlin 1924, S. 245. Umfassender noch hat sich Kant über die Pflicht zur Gerechtigkeit laut der von Georg Ludwig Collins im Wintersemester 1784/85 gefertigten Mitschrift von dessen Vorlesungen über Moralphilosophie geäußert: „Wenn wir uns einen Menschen vorstellen, der nur nach Recht und nicht nach Gütigkeit handelt, so kann dieser Mensch immer sein Herz vor jedem andren verschliessen, er kann gleichgültig seyn gegen sein elendes und jämmerliches Schicksahl, wenn er aber nur gewissenhaft ist in Beobachtung seiner schuldigen Pflichten gegen jedermann, wenn er nur jedes Menschen sein Recht als ein heiliges und hochachtungswürdiges Stück, das der Regierer der Welt den Menschen gegeben hat, hält; wenn er keinem Menschen nicht das geringste umsonst giebt, aber auch darin pünktlich ist, dass er ihm nichts entzieht, so handelt er recht, und wenn alle so handeln möchten, wenn alle keine Handlung der Liebe und Gütigkeit ausüben möchten, aber das Recht jedes Menschen unverletzt ließen, denn wäre kein Elend in der Welt, ausser nur ein solches / Elend was nicht aus der Verletzung anderer entspringt, z. E. Krankheiten und Unglücksfälle“; Collins, Georg Ludwig: Moralphilosophie nach den akad: Vorlesungen des Herrn Prof: Kant. Königsberg im Wintersemester 1784 und 1785, in: Akademie der Wissenschaften der DDR (Hrsg.): Kant’s gesammelte Schriften, Band XXVII, Berlin 1974, S. 415; http://www.archive.org/details/ kantsgesammeltes271imma.
[38] Kant, Immanuel: Zum ewigen Frieden (1795), a.a.O., S. 379.
[39] Ebd.