Als im Frühjahr 2002 der Medienkonzern Kirch zusammenbrach, war rasch klar, dass dieses Ereignis die deutsche Medienwirtschaft verändern würde.[1] Inzwischen hat sich gezeigt, dass die Insolvenz nur ein besonders spektakulärer Teil eines umfassenderen Vorgangs war. Seit dem Sommer vergangenen Jahres werden die Geschäftsfelder unter den Spitzenkonzernen der Medienwirtschaft neu aufgeteilt.
Konzerne geben Geschäftsfelder auf
Um die Bedeutung der Vorgänge darzustellen seien die wichtigsten Vorgänge stichwortartig genannt.
Der Bertelsmann-Konzern steigt aus dem Zeitungsgeschäft aus. Die Berliner Blätter (Berliner Zeitung, Berliner Kurier) sind im November 2002 an den Holtzbrinck-Verlag verkauft worden, für die Sächsischen Zeitung und die Dresdner Morgenpost wird noch ein Käufer gesucht (die WAZ-Gruppe ist im Gespräch). Der Berliner Deal ist allerdings vom Kartellamt verboten worden; Holtzbrinck bemüht sich um eine Ministererlaubnis.
Bertelsmann ist aus dem elektronischen Handel ausgestiegen und fährt das Internetgeschäft stark zurück. Verschiedene Firmen (BOL, Pixelpark, Andsold u.a.) sind verkauft oder liquidiert worden.
Bertelsmann gibt das Geschäftsfeld Fachverlage auf, obwohl der Konzern dort Marktführer ist. Für die Gruppe BertelsmannSpringer werden Verkaufsverhandlungen geführt, die bis Ende Mai 2003 abgeschlossen sein sollen.
Immer wieder gibt es Gerüchte, dass auch ein Verkauf der Bertelsmann Music Group (die Nummer drei weltweit) oder die Fusion mit einem Konkurrenten zu erwarten sei.
Der Springer-Konzern ist aus dem Buchgeschäft ausgestiegen. Die drittgrößte deutsche Buchgruppe, Ullstein-Heyne-List, ist im Februar 2003 an Random House (Bertelsmann) verkauft worden.
Springer hat das Fernsehgeschäft aufgegeben. Vier Produktionsgesellschaften sind im März 2003 an die NDR-Tochter „Studio Hamburg“ verkauft worden, die Beteiligung an der Sendergruppe ProSiebenSat.1 (13,5 Prozent) soll verkauft werden, sobald das Börsenklima besser ist.
Springer gibt sein Engagement bei Kundenzeitschriften auf. Die Mehrheit am Yukom-Verlag ist im März 2003 an Burda verkauft worden.
Die Holtzbrinck-Gruppe ist aus dem Rundfunkgeschäft ausgestiegen. Im November 2002 sind zwölf Beteiligungen an Radiosendern und 47,3 Prozent des Fernsehsenders n-tv an Bertelsmann verkauft worden.
Holtzbrinck ist aus dem Geschäft mit Schulbüchern und weitgehend mit Fachbüchern ausgestiegen. Die Schulbuchsparte „Das Bildungshaus“ wurde an den Konkurrenten Westermann (Südwestdeutsche Medienholding) verkauft, die Wissenschaftsverlage gingen an Reed Elsevier.
Zu alldem kommt der Zusammenbruch des Kirch-Imperiums, das bis zum Frühjahr vergangenen Jahres der zweitgrößte deutsche Medienkonzern war. Ende 2002 und im ersten Quartal 2003 ist geklärt worden, an wen die wichtigsten Unternehmensteile verkauft werden:
Kirch hatte 40,03 Prozent der Anteile am Springer-Konzern besessen. Diese Aktien sind im Dezember 2002 von der Deutschen Bank (an die sie verpfändet waren) angeeignet worden. Zehn Prozent davon wurden an die Springer-Witwe Friede weitergereicht (die jetzt 55 Prozent hält), der Rest soll bei besseren Kursen verkauft werden.
Die Agentur für Sportrechtehandel KirchSport (jetzt „Infront“) ist im November 2002 vom Geschäftsführer Günter Netzer (mit internationalen Finanziers im Hintergrund) übernommen worden.
Die Plattform für Abonnentenfernsehen Premiere ist mehrheitlich von der Frankfurter Investmentfirma „Permira“ sowie von Gläubigerbanken und Managern übernommen worden.
Die werbefinanzierten Fernsehsender Pro Sieben, Sat.1, Kabel 1 und N 24 sind von dem US-Milliardär Haim Saban übernommen worden. Er hat auch die Kirch’sche Filmbibliothek (mit 18.000 Spielfilmen und 41.000 Serienstunden die größte Europas) gekauft.
In der zweiten Liga spielen sich ähnliche Vorgänge ab. Die FAZ-Gruppe, die sich ab 1998 zum Medienkonzern mausern wollte, muss ein Geschäftsfeld nach dem anderen wieder räumen: drei Anzeigenblätter sind eingestellt worden, ebenso die Business-Radio-Kette mit drei Sendern; die Anteile an der Buchhandelskette Habel sind verkauft worden, für die Buchverlage DVA, Kösel und Manesse wird noch ein Interessent gesucht. Der Süddeutsche Verlag hat im Januar 2003 seine Regionalzeitungen (Frankenpost u.a.) verkauft, möchte seine Fachverlagsgruppe Hüthing los werden und musste im Dezember 2002 den Einstieg eines Konkurrenten – der Südwestdeutschen Medienholding – mit 18,75 Prozent hinnehmen.
Ein Teil dieser „Portfoliobereinigungen“ ist auf die Folgen der Werbe- und Medienkrise zurückzuführen, die Ende 2000 eingesetzt und ihren Tiefpunkt immer noch nicht erreicht hat. Das gilt insbesondere für die Verlagsgruppen rund um große überregionale Zeitungen (FAZ, SZ) oder um die Wirtschaftspresse (Holtzbrinck). Für die Vorgänge in der ehemaligen Kirch-Gruppe, bei Bertelsmann und Springer genügt diese Erklärung aber nicht.
Findet ein Strategiewechsel statt?
Es wird inzwischen offen ausgesprochen, dass die Medienkonzernen sich von der Strategie des „integrierten Medienkonzerns“, die bis vor kurzem noch als allgemein anerkanntes Credo galt, wieder verabschieden.[2] „Konzentration auf die Kernkompetenzen“ heißt die neue unternehmerische Tugend. Wenn das stimmt und nicht nur die ideologische Verbrämung von Notoperationen ist, dann vollzieht das große Medienkapital einen Strategiewechsel von erheblicher Tragweite. Aber stimmt es denn? Zur Beantwortung der Frage ist es sinnvoll, sich die Unternehmensstrukturen an der Spitze der Branche anzusehen, wie sie zu Beginn der Welle von Verschiebungen bestanden haben.
Geschäftsfelder der zehn größten Medienkonzerne im Frühjahr 2002 nach Umsatz-Rangfolge
Bertelsmann
- Zeitungen (Gruner Jahr; 6 Titel)
- Zeitschriften (Gruner Jahr; 37 dt. Titel)
- Fachinformationen (BertelsmannSpringer)
- Bücher (Random House, Buchklubs)
- Fernsehen (RTL-Group; 4 dt. Sender)
- Radio (RTL-Group; 9 Sender)
- Filmproduktion (Trebitsch, Grundy u.a.)
- Entertainment (BMG, Freemantle)
- Rechtehandel (Ufa Sports)
- Elektronische Medien (BOL, Pixelpark u.a.)
- Presse (Springer)
- Werbefernsehen (ProSiebenSat.1, DSF)
- Abofernsehen (Premiere)
- Filmproduktion (Janus, NDF u.a.)
- Entertainment (Constantin, Taurus, Formel 1 u.a.)
- Rechtehandel (KirchSport, Filmbibliothek)
- Kino (mehrere Betriebe)
- Agenturen (ddp)
- Zeitungen (BILD, Welt und 19 weitere Titel)
- Zeitschriften (21 dt. Titel)
- Bücher (Ullstein-Heyne-List)
- Fernsehen (11,5 Prozent ProSiebenSat.1, 11,3 Prozent Hamburg 1)
- Radio (18 Sender)
- Filmproduktion (4 Studios)
- Elektronische Medien (Booxtra, Webseek u.a.)
- Zeitungen (Tagesspiegel, Zeit, Handelsblatt u.a.)
- Zeitschriften (Wirtschaftswoche u.a.)
- Bücher (Rowohlt, Fischer u.a.)
- Fernsehen (49,2 Prozent n-tv)
- Radio (14 Sender)
- Elektronische Medien (networXs, Xipolis u.a.)
- Agenturen (vwd, Prognos)
- Zeitungen (WAZ, NRZ u.a.)
- Zeitschriften (Gong, TV direkt u.a.)
- Fernsehen (6,6 Prozent RTL)
- Radio (3 Sender)
- Elektronische Medien (CityWeb NRW)
- Zeitungen (Volksstimme Magdeburg)
- Zeitschriften (37 dt. Titel, Romanreihen und Comics)
- Fernsehen (32,2 Prozent RTL 2)
- Radio (25 Prozent Radio Hamburg)
- Zeitungen (SVZ, NNN)
- Zeitschriften (19 dt. Titel, 40 Prozent Verlag Milchstraße)
- Fernsehen (2,1 Prozent RTL 2)
- Radio (12 Sender)
- Filmproduktion (Focus TV)
- Elektronische Medien (TomorrowFocus, JustBooks u.a.)
Südwest-Medienholding (SWMH)
- Zeitungen (Rheinpfalz, Stuttgt. Zeitung u.a.)
- Zeitschriften (Metropolitan, Walhalla u.a.)
- Bücher (Westermann-Gruppe)
- Radio (Regenbogen, TON u.a.)
- Zeitungen (SZ, Münchner Merkur u.a.)
- Zeitschriften (Hüthing-Fachverlage u.a.)
- Bücher (Hüthing-Fachverlage)
- Radio (Radio Gong u.a.)
- Filmproduktion (Süddeutsche TV)
- Elektronische Medien (SV Online, Compumedia)
- Zeitungen (FAZ, FNP u.a., drei Anzeigenblätter)
- Zeitschriften (FAZ-Verlag)
- Bücher (DVA, Kösel, Manesse)
- Radio (FAZ-Business-Radio, FFH)
- Elektronische Medien (FAZ Electronic Media)
In dem Bemühen, möglichst viele Geschäftsfelder zu besetzen, zeigte sich die erwähnte Strategie des „integrierten Medienkonzerns“. Sie hatte sich in den Neunzigerjahren fast zum Zauberwort der Medienbranche, zum Patentrezept für den Bau von Gelddruckmaschinen entwickelt. Leo Kirch hat schon sehr früh sein Unternehmen daran ausgerichtet und sämtliche Stufen der Produktion und Verbreitung seiner Produkte im Konzern vereint: vom Filmstudio über Kinos und Fernsehsender, Videoproduktion und Rechtehandel bis zur Entwicklung technischer Geräte (Decoder). Auch sein verbissenes Bemühen, eine Kapitalmehrheit beim Springer-Konzern zu erreichen (was ihm nicht gelungen ist), hat er so begründet.
Der „integrierte Medienkonzern“
Theoretisch formuliert wurde dieses Konzept erstmals von dem US-amerikanischen Kommunikationswissenschaftler Ben Bagdikian. Er hat seine Vision am Beispiel einer „Giant Corporation“ dargestellt.[3] Auf heutige Verhältnisse fortgeschrieben hieße das: Der Medienkonzern kauft die Rechte an einem Artikel. Stößt der Artikel auf Zustimmung, wird er zum Buch ausgeweitet, das im konzerneigenen Verlag erscheint. Der Autor wird in den Zeitschriften, Rundfunk- und Fernsehsendern des Konzerns vorgestellt und interviewt, sodass auch das Buch ein Bestseller wird. Deshalb wird es zum Drehbuch umgearbeitet, in konzerneigenen Studios verfilmt und – mit entsprechender publizistischer Begleitung – in die Kinos des Konzerns gebracht. Er wird dort zum Renner. Der „Giant“-Musikverlag bringt die Filmmusik als CD heraus, der Interpret macht dank der Titelgeschichten in den Zeitschriften und der Interviews in den Fernsehsendern des Konzerns eine Blitzkarriere. In den konzerneigenen Radiosendern wird der Titel dauernd gespielt, weshalb die Platte sich bestens verkauft. Der Film wird durch die Verwertungskette der „Giant“-Fernsehsender genudelt (zuerst im Pay-TV, danach im Premium-Free-TV, schließlich als Wiederholung im Billigkanal) und als DVD und Videokassette angeboten. Die Rechtehandelsfirma der „Giant Corporation“ verkauft die Lizenz für den Film in der ganzen Welt, denn seine ausländischen Zeitschriften und Fernsehsender haben das Terrain schon vorbereitet. Während der ganzen Zeit werden Buch und Film mit diversen Internetseiten begleitet und mit Online-Zusatzangeboten unterfüttert. Die konzerneigene Entertainmentfirma produziert Merchandising-Artikel, organisiert Lesungen und Fanclubs. Derweil schreibt der Autor längst an seinem neuen Bestseller, der natürlich wieder im Verlag der „Giant Company“ erscheinen wird...[4]
Es ist verständlich, dass ein solches Szenario für Konzernchefs verführerisch klingt. Das Zauberwort in diesem Zusammenhang heißt „Synergieeffekte“. Durch die Synchronisierung und Verknüpfung der verschiedenen Produktionsstufen und Mediensparten sollte ein Maximum an Profit erzielt bzw. eine möglichst gute Kosten-Nutzen-Rate verwirklicht werden. In etlichen der weltweit größten Medienunternehmen ist die Politik an diesem Muster ausgerichtet worden. Die spektakulärsten Beispiele sind AOL/Time-Warner und Vivendi-Universal – zwei Mediengiganten, die es in ihrer derzeitigen Form nur gibt, weil mit ihnen integrierte Medienkonzerne geschaffen werden sollten.
- Im Sommer 2000 kaufte der Internetkonzern AOL den Medienkonzern Time-Warner für 166 Milliarden Dollar. Ziel der AOL-Strategen Steve Case und Robert Pittman war es, mit dem Riesen AOL/Time-Warner durch die Verknüpfung von traditionellen und elektronischen Medien neue Dimensionen der Profiterzielung zu erschließen.
- In Frankreich wandelte der Präsident des ehemaligen Energieversorgers CGE, Jean-Marie Messier, den Konzern binnen drei Jahren in den drittgrößten Medienkonzern der Erde um: Vivendi-Universal. Das geschah über eine Kette immer größerer Firmenkäufe. Allein die beiden letzten (Universal Studios und Universal Music, USA Networks) im Sommer/Herbst 2000 kosteten 42 Milliarden Dollar. Ziel auch hier: der integrierte Medienkonzern.
- Das gleiche Konzept beflügelte den Vorstandsvorsitzenden von Bertelsmann, Thomas Middelhoff, der Case und Messier zu seinen engen Freunden zählte. Er musste nicht viel dazu kaufen, denn sein Konzern war schon auf fast allen Medienmärkten aktiv. Middelhoffs Ziel war es, die verschiedenen Sparten unter eine unternehmerische Strategie zu zwingen und den Konzern an die Börse zu bringen.
Die Euphorie dauerte nur kurz. Schon das Jahr 2002 brachte ein abruptes Ende der Experimente und den (jeweils dick vergoldeten) Abschied für seine Protagonisten. Im Juni/Juli wurden kurz hintereinander Pittman, Messier und Middelhoff in die Wüste geschickt, im Januar 2003 folgte ihnen Steve Case. Eine Stufe darunter sah es in Deutschland ähnlich aus. Bei Springer hatte der Vorstandsvorsitzende Gustav Fischer eine vergleichbare Linie vertreten und seinem Konzern 2001 den ersten Verlustabschluss seiner Geschichte beschert. Er wurde Anfang 2002 abgelöst.
Finanziell ist das Ergebnis so, dass AOL/TW in 2002 einen Verlust von 92 Milliarden Euro verkraften musste, Vivendi Universal hat 23 Milliarden Euro verbrannt und ist nur knapp der Insolvenz entkommen. Da nehmen sich Springers 198 Millionen Euro Verlust in 2001 schon fast bescheiden aus. Von der Holtzbrinck-Gruppe werden ebenfalls finanzielle Probleme kolportiert; eine Bestätigung dafür gibt es nicht. Der Süddeutsche Verlag und die FAZ-Gruppe befinden sich in Schwierigkeiten. Bertelsmann hat das Jahr 2002 zwar insgesamt mit Profit überstanden, aber auch dort hat ein Teil der Geschäftsfelder rote Zahlen geschrieben. Leo Kirchs Konzern ist zusammengebrochen.
Ist das alles auf die Strategie des Integrierten Medienkonzerns zurückzuführen? Wenn ja, dann hätte dieses vor kurzem noch weltweit anerkannte Konzept ein selten schnelles Ende gefunden. Aber womöglich ist es nur Zufall, dass die Unternehmensabstürze zeitgleich erfolgt sind. Vielleicht gibt es für jedes Einzelbeispiel besondere Gründe. Sollte das der Fall sein, dann wäre über kurz oder lang mit einer Renaissance des Integrationskonzepts zu rechnen, andernfalls eher nicht.
Konjunkturelle oder strukturelle Medienkrise?
Der integrierte Medienkonzern erlebte seine Blüte zeitgleich mit der überschäumenden Börsen- und Internetkonjunktur seit 1998. In Deutschland war der „Neue Markt“ das Synonym für die Goldgräberstimmung.[5] Als die Blase Ende 2000 platzte, zeigte sich, dass die Erwartungen an das neue Medium überzogen und die Aktien überbewertet waren. Hierin liegt die Ursache für die horrenden Verluste bei AOL/TW und VU. Die Transaktionen waren nicht in bar, sondern größtenteils durch Aktientausch bezahlt worden. Inzwischen sind die Papiere nur noch einen Bruchteil des Kaufpreises wert, und entsprechend hoch sind die Abschreibungen in den Jahresabschlüssen. Um sie bezahlen zu können, sind AOL/TW und VU dabei, einen Teil der eingekauften Firmen wieder loszuschlagen – mit gewaltigen Verlusten freilich. Auch in Deutschland ist eine Reihe von Medienfirmen durch überteuert eingekaufte Beteiligungen in den Abgrund gerissen worden. Das betrifft vor allem Entertainmentkonzerne wie EM.TV, Kinowelt, Helkon, Advanced Medien, Das Werk und andere.
Für die Probleme der deutschen Medienkonzerne spielt aber auch die Konjunkturflaute seit 2001 eine Rolle. Sie ist mit einem Rückgang der Werbeeinnahmen verbunden: Die entsprechenden Erlöse sind 2001 um 6,3 Prozent und 2002 um 4,4 Prozent gesunken, im Januar und Februar 2003 um weitere 0,6 bzw. 2,1 Prozent (jeweils im Vergleich zum Vorjahreszeitraum).[6] Besonders hart betroffen waren die Zeitungen, und hier wieder am stärksten die großen überregionalen, sowie die Wirtschaftspresse. Deswegen sind z.B. der Süddeutsche Verlag und die FAZ-Gruppe in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Auch der Holtzbrinck-Konzern leidet darunter, denn er betreibt nicht nur Zeitungen, sondern ist mit der „Verlagsgruppe Handelsblatt“ Marktführer bei den Wirtschaftsmedien.
Leo Kirch war gewillt, in Deutschland das digitale Abonnentenfernsehen durchzusetzen – um jeden Preis, offenbar selbst um den des eigenen Untergangs. Wider alle unternehmerische Vernunft hat er mit überteuerten Filmeinkäufen und Beteiligungen (Formel 1) Lasten übernommen, die sein Konzern nicht tragen konnte. „Premiere“ hat die angestrebten Abonnentenzahlen nicht erreicht und stattdessen über vier Milliarden Euro Verluste produziert, im Jahr 2001 allein 800 Millionen.
Weshalb hat ein Unternehmer mit Leo Kirchs Erfahrungen so lange auf dieses Pferd gesetzt? An seinem Beispiel lässt sich zeigen, dass die jeweiligen Sonderfaktoren mit der Strategie des intergrierten Medienkonzerns verknüpft sind. Für Leo Kirch war „Premiere“ ein wesentliches Element dieser Strategie. Das Abonnentenfernsehen war eine zusätzliche eigenständige Form der Distribution von Medieninhalten, und er hatte nach dem Ausstieg von Bertelsmann 1999 das Monopol dafür.
Sein Problem war, dass daraus kein wirtschaftlicher Erfolg wurde. Das lag zum Teil an der starken Konkurrenz[7], zu einem guten Teil aber auch daran, dass er kein ausreichend anziehendes Programmangebot lieferte. Dabei hatte er den größten Vorrat Europas an Film- und Sportübertragungsrechten angesammelt. Aber für Leo Kirch war Abonnentenfernsehen in erster Linie eine Möglichkeit, die Verwertungskette für seine Übertragungsrechte zu verlängern. Er wollte möglichst alle attraktiven Filme und Sportereignisse zuerst – gegen Bezahlung – bei Premiere zeigen und sie anschließend durch die verschiedenen Qualitätsstufen seiner freien Fernsehsender laufen lassen. Das konnte unter den Bedingungen des deutschen Fernsehmarktes nicht funktionieren.
Zumindest im Falle Kirch hängt das Scheitern seiner Unternehmensstrategie mit dem Streben nach Integration zusammen. Dass das Management der Konzerne Bertelsmann und Springer seit dem Sturz Middelhoffs und Fischers zurück rudert und ganze Geschäftsfelder wieder abstößt, spricht ebenfalls dafür, dass die Gründe mehr als nur konjunkturbedingt sind.
Vertikale und horizontale Integrationsmodelle
Integration kann vertikal und horizontal erfolgen. Die vertikale Integration meint die Zusammenfassung möglichst vieler Stufen von Produktion und Distribution der Medieninhalte (z.B. bei einer Zeitung von der Redaktion über Satz und Druck bis zum Träger), die horizontale will möglichst viele unterschiedliche Mediensparten unter einem Dach und unter einer Profitstrategie vereinigen (Print, Funk, Internet, Entertainment usw.).
Das Beispiel zeigt schon, dass die vertikale Integration nichts neues ist. Sie bietet einer Konzernführung die Sicherheit, in zentralen Funktionen (z.B. Druck) nicht vom Markt abhängig zu sein, sie erleichtert es, Veröffentlichungsrechte hin und her zu schieben usw. Der Kirch-Konzern war in seinen wesentlichen Teilen nach diesem Konzept aufgebaut. Die „Verwertungskette“ (vom Filmstudio über das Kino, das Abonnentenfernsehen, die werbefinanzierten Sender unterschiedlichen Niveaus bis zur Videoproduktion und dem Weiterverkauf der Übertragungsrechte) war der Inbegriff davon. Andere Medienunternehmen haben die vertikale Integration in den vergangenen Jahrzehnten aber auch abgebaut, in der jüngsten Vergangenheit unter dem Schlagwort des „Outsourcing“ sogar beschleunigt.
Beim integrierten Medienkonzern, wie er in den Neunzigerjahren propagiert worden ist, war denn auch vorwiegend von der horizontalen Integration die Rede, d.h. von dem Streben nach Besetzung so vieler Geschäftsfelder wie möglich. Aber auch hier liegen die praktischen Ergebnisse weit unter den Erwartungen. Das dürfte mit Besonderheiten des Produkts Medien zu tun haben.
1. Medien sind – anders als Industrieprodukte – von vielfältigen Inputs abhängig und brauchen dafür unterschiedliche Quellen. Die Produktionslogik von Schriftstellern, Redakteuren, Regisseuren, Fotografen, Programmierern usw. lässt sich nicht vollständig in ein Unternehmen integrieren. Es bestehen Foren und Netze für den Austausch von Informationen und Inhalten, deren Nutzung für die Qualität wichtig ist.
2. Etliche Vorteile der Integration sind durch die technische Entwicklung fraglich geworden. Wenn ein Medienprodukt (z.B. ein Film) für andere Medien (z.B. TV-Magazinsendung, Zeitschriften, Websites) aufbereitet werden soll, dann war das vor der Digitalisierung am besten unter dem Dach eines Konzerns möglich, der produzierte und die Verwertung steuerte. Heute sind die Inhalte technisch beliebig manipulierbar und reproduzierbar, und es stellen sich höchstens noch urheberrechtliche Fragen.
3. Inhalte an sich stellen noch keinen Wert dar. Entscheidend ist die Vermarktung. Weil die Lebenszyklen von Inhalten immer kürzer werden, muss das Recycling rasch erfolgen. Hierin lag das Hauptproblem der Kirch’schen Verwertungskette, denn sie war zwangsläufig auf längere Zeit angelegt. In den letzten Jahren funktionierte sie immer schlechter. Aber auch die horizontale Integration hat ihre Tücken. Das musste wiederum Leo Kirch erfahren, als er im Sommer 2001 versuchte, die Bundesligaausstrahlung auf Sat.1 („ran“) von 18.30 auf 20.15 Uhr zu verlegen, um die Attraktivität der Direktübertragung auf „Premiere“ zu steigern. Proteste der Zuschauer zwangen den Konzern binnen weniger Wochen zum Rückzug.
4. Der vermutlich wichtigste Gesichtspunkt: Die Unterschiede zwischen den einzelnen Medien sind größer als von den Visionären des integrierten Medienkonzerns angenommen. In allen der oben genannten Negativbeispiele (AOL/TW, VU, Bertelsmann, Kirch, Springer, Holtzbrinck) wurden und werden die gleichen Phänomene geschildert: Die gekauften Unternehmensbereiche sind am Markt wenig erfolgreich, weil im Mutterkonzern die Kompetenz für eine innovative Strategie fehlt, die Reibungsverluste beim Zusammenwirken mit anderen Unternehmensteilen sind größer als mögliche Synergieeffekte, und der Versuch, eine zentrale Profitstrategie durchzusetzen, stößt auf Widerstand und Obstruktion. Nach wie vor lassen sich anspruchsvollere Redakteure ungern vorschreiben, welches Buch oder welchen Film sie gut zu finden haben, oder welche Musik sie im Radio laufen lassen müssen.
Eine überholte Strategie?
Es gibt noch einen anderen Umstand, der die Vermutung nahe legt, die Integrationsstrategie könnte nicht nur vorübergehend, sondern längerfristig gescheitert sein[8]. Denn nicht alle deutschen Medienkonzerne haben in den beiden vergangenen Jahren Verluste erlitten.
Die zehn größten deutschen Medienkonzerne
Bertelsmann
20,0
Kirch-Gruppe (insolv.)
4,0
Springer
2,9
Holtzbrinck
2,3
WAZ-Gruppe
1,9
Bauer Media
1,7
SWMH
1,5
Burda Media
1,4
Süddeutscher Verlag
0,8
FAZ-Gruppe
0,7
Quelle: Horizont-Magazin, Juli 2002
Unter den zehn größten deutschen Medienkonzernen sind vier (WAZ, Bauer, SWMH und Burda), die die Werbekrise bislang erstaunlich gut gemeistert haben. Der Bauer-Verlag steht sogar so blendend da, dass er sich die Übernahme der Kirch’schen Fernsehsender und Filmbibliothek zugetraut hat (er ist erst im letzten Moment ausgestiegen und hat Haim Saban das Feld überlassen). Die SWMH ist beim Süddeutschen Verlag eingestiegen, und die WAZ-Gruppe war an einem Einstieg bei Springer (durch Übernahme der Kirch-Aktien) ebenso interessiert wie am Kauf der Bertelsmann-Zeitungen in Sachsen. Für beide spielte das dafür erforderliche Geld keine Rolle.
Der Unterschied zwischen diesen vier Konzernen und den anderen genannten könnte darin liegen, dass sie weitgehend auf ihr Kerngeschäft konzentriert geblieben sind (Zeitungen bei WAZ und SWMH, Zeitschriften bei Bauer und Burda). Die anderen sechs haben versucht, sich in zusätzlichen Mediensparten festzusetzen und dort neue Geschäftsfelder zu erschließen. Sie haben dabei zum Teil eine beachtliche Bandbreite erreicht, aber nirgends ist es ihnen gelungen, die gekauften Firmen zum Erfolg zu führen. Bertelsmanns Zeitungsgeschäft (man ist dort erst 1990 eingestiegen) war ebenso verlustreich wie Springers Ausflug in die Belletristik oder in die Filmproduktion, der Süddeutsche Verlag stöhnt unter der Last seiner 1999 zugekauften Fachverlage, Holtzbrinck mag die Verluste bei n-tv nicht mehr tragen, und die FAZ-Gruppe hat den Ausflug ins Radio- und Buchgeschäft teuer bezahlt.
Ähnliches gilt fürs Internet. Auch hier bestand bei den Großverlagen die Meinung, es genüge, erfolgreiche Firmen aufzukaufen oder einfach eine Agentur zu gründen, um beim Goldgraben mitmachen zu können. Inzwischen sind die Onlinekapazitäten wieder auf einen Bruchteil der ursprünglichen Größe eingedampft worden, viele Betriebe wurden liquidiert und vermutlich tausende Spezialisten entlassen. Bertelsmann hat allein mit seinem Engagement bei der Internetagentur Pixelpark 63 Millionen Euro verpulvert. Die Firma ist binnen eineinhalb Jahren von 1200 auf unter hundert Beschäftige verkleinert worden und kämpft um ihre Existenz.
Für dieses massenhafte Debakel reicht als Erklärung der Verweis auf das Platzen der Dotcom-Blase nicht aus. Denn man kann mit dem Internet durchaus Erfolge erzielen. Inzwischen gehört mehr als die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland zu den Nutzern dieses Mediums (Anfang 1999 waren es noch 13 Prozent); Tendenz weiter steigend. Aber bei den Zugangsdiensten findet man nicht die Bertelsmann & Co an der Spitze, sondern andere, meist US-amerikanische Spezialanbieter. Marktführer ist T-Online, danach folgen – mit rasanten Zuwachsraten – die Suchmaschine Google, die Auktionsplattform Ebay und der Onlinehändler Amazon. Alle drei arbeiten inzwischen mit Profit. Den deutschen Medienunternehmen ist es bisher nicht gelungen, ein erfolgsträchtiges Geschäftsmodell für das Internet zu entwickeln.
Noch mehr Macht für wenige
Allem Anschein nach ist die Idee eines integrierten Medienkonzerns wenig tragfähig. Das bedeutet nicht, dass es nicht weiterhin Versuche der Großverlage geben wird, ihre unterschiedlichen Medien in eine zentrale Strategie zu binden und „Synergieeffekte“ in Profit umzumünzen. Das genannte Beispiel „Deutschland sucht den Superstar“ hat das ebenso gezeigt wie die flächendeckende (Musik, Zeitschriften, TV, Video) Nutzung des Elvis-Presley-Jubiläums in vergangenen Jahr durch den Bertelsmann-Konzern. Aber was bedeutet es, wenn die Medienkonzerne jetzt von dieser Strategie wieder Abschied nehmen, „Randaktivitäten“ abstoßen und sich auf ihr „Kerngeschäft“ konzentrieren?
Das Ergebnis wird nicht selten eine weitere Machtzusammenballung auf den Einzelmärkten sein. Das gilt überall dort, wo die „Randaktivitäten“ von einem anderen großen Medienkonzern gekauft werden. Wegen des Umfangs der zu bewegenden Summen kann das meistens gar nicht anders sein. Am deutlichsten zeichnet sich das auf dem Buch- und Zeitungsmarkt ab, wo – die kartellrechtliche Genehmigung vorausgesetzt – die Stellung von Bertelsmann bzw. Holtzbrinck erheblich gestärkt würde.
Die Insolvenz des Kirch-Imperiums hatte zu einer historischen Sonderentwicklung geführt. Dort ist erhebliche wirtschaftliche und publizistische Macht zerfallen, was die seltene Chance zu einer medienpolitischen Neuorientierung geboten hätte. Es erwies sich aber rasch, dass hierzu kein politischer Wille bestand. Gesetzesnovellen wie das 2002 verabschiedete Landesmediengesetz NRW zeigen vielmehr, dass die regierenden Parteien die Konzentration von Medienmacht eher fördern als ihr etwas entgegen zu setzen.
Angesichts der realen Machtverhältnisse und der zu bewegenden Summen wäre es deshalb schwer vorstellbar gewesen, eine nicht rein profitorientierte Lösung durchzusetzen. Dass eine solche aber nie auch nur angesprochen worden ist – auch nicht von Gewerkschaftsseite – war erstaunlich. Modelle einer Stiftung, die den insolventen Konzern unter öffentlicher Kontrolle hätte weiterführen können, wären eine Erörterung wert gewesen. Selbst die (sicher sehr fragwürdige) Idee eines Verlegerfonds (WAZ, Bauer & Co.) zur Übernahme von KirchMedia, wie sie zu Beginn der Insolvenz von Regierungsseite lanciert worden war, ist nie ernsthaft erwogen worden.
So gesehen muss man schon froh sein, dass die Kirch’schen Fernsehsender nicht von Rupert Murdoch und Silvio Berlusconi übernommen worden sind. Die Gefahr hat im Sommer 2002 bestanden, und rechtlich wäre dem nichts entgegenzusetzen gewesen (anders als in den meisten europäischen Ländern und den USA).
Die Gefahr ist aber auch noch nicht vorbei. Die Frankfurter Investmentgesellschaft Permira, die die Mehrheit am Abofernsehen Premiere gekauft hat, ist kein Medienunternehmen. Sie beschafft und verwaltet Finanzanlagen für ausländische (meist US-amerikanische) Investment- und Pensionsfonds. Man versichert bei Permira zwar, dass es sich um ein langfristiges Investment handele, aber das Management ist seinen Anteilseignern für die Rentabilität der Anlagen verantwortlich. Es gibt keine rechtliche Handhabe, mit der ein Weiterverkauf an wen auch immer verhindert werden könnte – höchstens das Kartellrecht.
Das gleiche gilt für Haim Saban. Die Übernahme der Sendergruppe ProSiebenSat.1 durch ihn bedeutet zunächst einmal, dass die Strukturen auf dem deutschen Fernsehmarkt erhalten bleiben: zwei gleich starke private Senderfamilien und der öffentlich-rechtliche Block. Eine Übernahme durch den Bauer-Verlag (die zeitweise schon sicher zu sein schien) wäre in dieser Hinsicht problematischer gewesen. Auch Saban hat seine erfolgreichsten Geschäfte in der Form getätigt, dass er Medienbetriebe billig gekauft und nach einigen Jahren weiterverkauft hat. Zuletzt ist ihm das gemeinsam mit Rupert Murdoch bei Fox Family gelungen. Die beiden haben den Sender kurz vor dem Ende des Börsenhype überteuert an Disney verschoben. Sabans Beziehungen zu dem US-australischen Medienherrscher bestehen auch heute noch.
Durch den Verkauf der Kirch-Hinterlassenschaft sind neue Eigentumsstrukturen in der deutschen Medienwirtschaft etabliert worden. Bislang sind die deutschen Verlage – auch die größten – patriarchalisch strukturiert. Selbst dort, wo sie als Aktiengesellschaften organisiert sind (Bertelsmann und Springer) liegen sie fest in der Hand der Eigentümerfamilien. Alle anderen sind ohnehin Personengesellschaften. Mit dem Einstieg von Saban und Permira tritt das internationale Finanzkapital auf den Plan.[9] Diese Eigentümer haben zum Produkt der gekauften Unternehmen keine Beziehung. Sie werden keine Skrupel beim Umgang mit ihrem neuen Eigentum haben: weder bei den Inhalten noch bei der Personalpolitik oder dem profitablen Weiterverkauf an wen auch immer. Problematisch ist das deshalb, weil Medien direkte politische Wirkungen haben und für das gesellschaftliche Klima von großer Bedeutung sind.
Es besteht gewiss kein Grund, guten alten Zeiten nachzutrauern – schon gar nicht dem reaktionären Gewerkschaftsfeind und politischen Dunkelmann Leo Kirch. Der hat mit seiner abenteuerlichen Geschäftspolitik mindestens 2000 Arbeitsplätze vernichtet. Aber die Gefahren, die mit dem Auftritt internationaler Finanziers verbunden sind, sollten zumindest ernst genommen werden. Sie treffen zusammen mit sich verstärkenden Trends zur Kommerzialisierung und Trivialisierung der Medieninhalte: Abbau von Qualität in der Berichterstattung, Zunahme rein werbefinanzierter Medien, Vermischung von Journalismus und PR, Hinnahme von Schleichwerbung.
Um so notwendiger wäre es, dass die Medienpolitik ihrer Aufgabe gerecht würde und sich um die Machtstrukturen und die inhaltliche Unabhängigkeit der Medien kümmerte. Aber dazu müsste man sich mit mächtigen Kapitalgruppen anlegen, und das kommt in Deutschland derzeit nicht in Frage. Medienpolitik wird vorrangig als Standortpolitik verstanden und betrieben. Damit schwinden im Konfliktfall die Hemmungen, den „eigenen“ Medienkonzernen Schwierigkeiten bei Fusionen und Kooperationen zu bereiten. Die Finanzhilfe der Bayerischen Staatsregierung und der Bayerischen Landesbank für den Kirch-Konzern war ein beklemmendes Beispiel dafür.
[1] Vgl. hierzu meinen Beitrag „Kirch und die Folgen“, in: Z 50, Juni 2002, S. 87 ff.
[2] Vgl. beispielhaft Lutz Meier u.a., Medienkonzerne: Galerie der Gestrandeten, in: Financial Times Deutschland, 31.7.02. Zum selben Thema: Im Strudel des Strukturwandels, in: horizont, 20.12.02.
[3] Ben Bagdikian, „The Lords of the Global Village“ in: The Nation, 12.6.1989; zit.n. Marie-Luise Kiefer, „Kirch-Insolvenz: Ende einer ökonomischen Vision?“, in: Media Perspektiven 10/2002, S. 494.
[4] In Ansätzen war dergleichen im ersten Quartal 2003 bei der Show „Deutschland sucht den Superstar“ zu beobachten. Allein die Werbeeinnahmen der beteiligten Fernsehsender RTL und Vox (beide Bertelsmann) haben mehr als zwanzig Millionen Euro betragen. Zweistellige Millionenbeträge hat der Bertelsmann-Konzern auch mit dem Verkauf der Musik, von Merchandising-Artikeln, Werbebannern auf den Internetseiten der „Superstars“ sowie Telefongebühren von Anrufern verdient. Die Tochterfirma Mohn-Media hat ein „DSDS“-Magazin mit 1,4 Millionen Auflage an die Kioske gebracht. Bertelsmanns Musikkonzern BMG konnte von der Show-CD, von Single-Auskoppelungen und von der Sieger-CD jeweils mehr als eine Million Stück absetzen, die Klicks bei RTL-Newmedia sind von zwei Millionen im November 2002 auf 44 Millionen in Februar 2003 gestiegen, die Bertelsmann-Tochter Freemantle hat mit der Ausrichtung der Shows verdient. Insgesamt werden die Einnahmen des Bertelsmann-Konzerns aus dem „Event“ auf mehr als hundert Millionen Euro geschätzt.
[5] Vgl. als Beispiel: Roland Deiser, Germany’s New Media Market Bonanza, in: The Business of Film, Cannes 2000, Special Issue, Mai 2000.
[6] Zahlen nach A.C.Nielsen. Erfasst sind nur bundesweite Anzeigen, nicht regionale und lokale.
[7] Anders als in England, Frankreich oder Spanien, wo Abofernsehen besser läuft, gibt es hierzulande ein reiches Angebot an frei empfangbaren Sendern: 23 private und 14 öffentliche-rechtliche Programme kämpfen um Zuschaueranteile, hinzu kommen österreichische und Schweizer Kanäle.
[8] Nur der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, dass der integrierte Medienkonzern einen Vorläufer im Industriebereich hatte. In den 1970-er- und 80-er Jahren waren dort Konglomerate in Mode. Das Paradebeispiel ist Daimler-Benz unter seinem damaligen Vorstandsvorsitzenden Edzard Reuter. Dort wollte man sich vom Autohersteller zum Produzenten von Flugzeugen, Kraftwerken, Militärelektronik, Bahntechnik und Haushaltsgeräten aufschwingen. Der Traum vom Technologiekonzern war rasch vorbei – aus Gründen, die an die heutige Lage bei den Medienkonzernen erinnern (fehlende flächendeckende Kompetenz, Reibungsverluste).
[9] Auch Kirchs Technikfirma Beta Research (wo unter anderen die Digitaldecoder „d-box“ hergestellt worden sind) ist an einen Finanzinvestor, die „Betali-Holding“ in Leipzig, verkauft worden.