„War Without End? The Left Responds!“ – Im Zentrum der 21. Socialist Scholars Conference (14. – 16. März) in New York stand – wie kaum verwunderlich – der Krieg gegen den Irak. Die jährliche Konferenz gilt als eines der wichtigsten Treffen von sozialistischen Intellektuellen und Aktivisten in den Vereinigten Staaten. Mit über 200 Rednern auf 70 Podien und mit rund 1.500 Besuchern ist es wohl auch eines der größten. Bis vor zwei Jahren wurde die Konferenz in den Gebäuden der City University New York (CUNY) ausgetragen, seit dem letzten Jahr findet sie nun in der traditionsreichen Uni Cooper Union in Greenwich Village Manhattan statt.
Hatte es bei vorherigen Kriegen (namentlich dem Kosovo- und dem Afghanistan-Krieg) Differenzen bei der Bewertung gegeben, war man sich diesmal in der Ablehnung des Irakkrieges einig. Das eröffnende Plenum mit Bill Fletcher, Rania Masri, Phyllis Nennis, Leslie Cagan und Tariq Ali hatte den Charakter einer (durchaus kämpferischen) Kundgebung gegen die Kriegspolitik der Bush-Administration. Leslie Cagan, die bereits mitverantwortlich für große Demonstrationen gegen den Vietnam-Krieg war und nun mit „United for Peace and Justice“ eine der Hauptorganisatorinnen der US-amerikanischen Friedensdemonstrationen ist, betonte noch einmal, das neue beim Irakkrieg sei gewesen, dass sich bereits vor Beginn des Krieges eine breite Friedensbewegung gebildet habe.
Kontrovers wurde auf der Konferenz vor allem über den Israel/Palästina-Konflikt diskutiert. Während einige Redner einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Irakkrieg und dem Nahost-Konflikt postulierten (so vor allem Rania Masri: „Bush und Scharon sprechen die gleiche Sprache, also ist es der gleiche Krieg.“) und daraus die Forderung nach einer unmittelbaren Verquickung beider Themen in der Friedensbewegung ableiteten, gab es doch auch differenziertere Betrachtungen, die jenseits von simplen pro-palästinensischen Statements der Komplexität des Konflikts eher gerecht wurden (z.B. Barbara Epstein, die vor allzu einseitiger Parteiname warnte).
Auffallend war, dass die Friedensfrage in Amerika in sehr starker Weise zusammen mit der Demokratiefrage diskutiert wird. Die regressive Außenpolitik wurde stets im Zusammenhang mit der regressiven Innenpolitik, dem „Patriot Act“, der zunehmenden Repression und dem Abbau demokratischer Grundrechte gesehen und in einigen Panels (z.B. „The Encroaching Police State“; „Repression in America: U.S. Fundamentalism at Home and Abroad“) explizit analysiert. Fragen zur Strategie der Friedensbewegung, den Chancen eines breiten pluralistischen Protestes und dem Umgang mit Gewalt auf Demonstrationen wurden ebenfalls ausführlich diskutiert. So forderte etwa Barbara Epstein eine stärkere Politisierung und Erweiterung der Proteste über die tagespolitische Frage des Irakkrieges hinaus.
Sehr gut besucht waren vor allem die Panels zu neuen Imperialismustheorien. Das mag teilweise an den Rednern gelegen haben (u.a. Leo Panitch, Peter Gowan, Bob Jessop und David Harvey), sicher aber auch daran, dass ein großes Interesse besteht, die gegenwärtigen Kriegsentwicklungen in einen systematischen und theoretischen Kontext zu stellen. Verschieden wurde in diesem Zusammenhang die Bedeutung des Erdöls bewertet. Michael Klare vom Hampshire College etwa meinte, das Öl sei der entscheidende „Schmierstoff des neuen Imperialismus“ und wies dem Interesse am irakischen Öl die zentrale Rolle als eigentlichem Kriegsgrund zu. Andere (so z.B. Leo Panitch) hingegen relativierten diese Einschätzung zugunsten eines weiter gefassten Begriffs von internationaler Vorherrschaft. Das Erdöl spiele zwar eine Rolle, jedoch mehr als Nebeneffekt denn als letzter Grund.
Wenn der Irakkrieg auch das politische Klima der Konferenz dominierte, gab es dennoch auch viele Panels zu anderen Themen: so zu marxistischer Theorie – „The Hegelian-Marxian Dialectic and the Transcendence of Capitalism“, „Rethinking T.W. Adorno“, zu Globalisierungskritik – „The Global Justice Movement: Strategies for Action and Theory“, „Report from Porto Allegre“ und zur sozialen Frage – „The Anti-Sweatshop Movement“, „Labor & National Healthcare: Getting There from Here“.
Das „Closing Plenary“ am Sonntag schließlich war ganz überschattet von Bushs Ankündigung, am Montag komme ein „Moment der Wahrheit“. Die Redebeiträge waren daher noch einmal kämpferisch und forderten dazu auf, auch nach Kriegsbeginn weiter zu protestieren. Im Anschluss an die Konferenz folgten einige Redner und Teilnehmer einer kleinen spontanen Demonstration mit anschließender Mahnwache.