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Auf der Suche nach Klassenbewusstsein? Dann raus aus der Fabrik!

von Sabrina Apicella
März 2023

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Im Jahr 1984 treffen in einem walisischen Dorf Schwule und Lesben auf die streikenden örtlichen Bergarbeiterfamilien. Die Unterschiede zwischen den Menschen, die hier aufeinandertreffen, könnten kaum größer sein und zeigen sich bereits im Auftreten deutlich. Und doch werden sie sowohl den Streik wie auch eine Demonstration in London ein Stück weit zusammen bestreiten. Wer mehr erfahren möchte über diesen historischen Vorgang, dem*der sei der Film „Pride“ aus dem Jahr 2014 empfohlen. Er wirft auch eine Frage auf: Wie kommen Menschen in Kämpfen zusammen, entgegen ihrer Differenzen und der Hürden, die sich sowohl von außen als auch innerhalb dieser Bewegungen stellen? Wieso kamen und kommen Menschen zusammen, mit der Idee, dass sie Verschlechterungen ihrer (Arbeits-)Situation nicht hinnehmen müssen und dem Selbstbewusstsein, dass sie eine bessere Idee davon haben als ihre Chefs, wie die Zukunft aussehen soll?

Wer mit dieser Frage befasst ist, landet schnell in der Diskussion zum Klassenbewusstsein, die ein kleines Revival erlebt (Pein 2022). Dabei herrscht keine Einigkeit in der Definition des Begriffs Klassenbewusstsein, wenn er überhaupt verwendet wird. Vielmehr dominieren im Moment zwei Positionen: Eine könnte aus meiner Sicht als Objektivismus bezeichnet werden, bei dem explizit oder implizit allein Beschäftigte in bestimmten, industrieförmigen Tätigkeiten als Träger des Klassenbewusstseins angesehen werden. Dies können Arbeiter*innen aus Industrien wie dem Braunkohleabbau oder der Automobilindustrie sein, die klassischerweise in den Gewerkschaften organisiert waren und sind. Oder es wird geschaut auf Industriezweige wie die Logistik oder auf Tech-Worker, die gerade wegen der (im Vergleich zu den oben genannten Branchen) unterschiedlichen Zusammensetzung der Beschäftigten als Nachfolger*innen der klassischen Industriearbeiter*innen gesehen werden.

Die zweite Position würde ich als positivistische bezeichnen, insofern sie nahe an Beschäftigten einzelner Branchen forscht, diese befragt und in dem Bewusstsein, den Einstellungen der Befragten etwa einfache Dichotomien zwischen Oben und Unten oder aber rassistische Ressentiments identifiziert, von denen auf ein allgemeines Arbeiter*innenbewusstsein geschlossen wird.

So begrüßenswert die neuere Popularität des Begriffs des Klassenbewusstseins ist, so sehr fehlt es dabei an einer gemeinsamen theoretischen Diskussion, die die Ebenen eines solchen theoretischen Konzepts gesellschaftstheoretisch wie empirisch – und damit zusammenhängend auch methodisch – verknüpft und klärt. Hierzu muss nicht nur der Mensch heraus aus dem Bereich der engen Fabrik, sondern auch die Diskussion. Um dieses Argument zu entwickeln, stütze ich mich auf meinen eigenen Beitrag zu Streikmotiven und Klassenbewusstsein in der Belegschaft bei Amazon1 und möchte einen Vorschlag zur theoretischen Fundierung des Begriffs vorstellen – um auf dieser Grundlage den Objektivismus und Positivismus der aktuellen Forschung zu überwinden.1

Eine Lanze für das Klassenbewusstsein

Wer sich für die Schnittstelle von Klassenstruktur, Bewusstsein und Klassenhandeln interessiert, ist beim Begriff des Klassenbewusstseins genau richtig. Laut Marx entsteht Klassenbewusstsein in der kämpferischen Auseinandersetzung der Menschen mit ihrer objektiven gesellschaftlichen Lage, in einem Sich-bewusst-Werden der eigenen sozioökonomischen Stellung (vgl. Dörre 2008: 788; MEW 4: 482). Insofern schließt der Begriff des Klassenbewusstseins die These einer Verankerung von Bewusstseinsformen in ihrer materiellen Basis, d.h. den gesellschaftlichen Verhältnissen, ein. Demnach kommt es durch den Kapitalismus im doppeltem Sinne zu einer Verelendung der arbeitenden Klasse: materiell, also ohne Perspektive, individuellen Reichtum zu bilden, sowie psychisch und physisch durch die wachsende Entfremdung und Homogenisierung der Arbeit, die alle anderen historischen Unterschiede zwischen den Menschen aufhebt und somit eine objektive Gleichheit zwischen der überwiegenden Zahl aller Menschen herstellt, was zusammen mit der Entwicklung der Produktivkräfte die Grundlage für die Überwindung von Hierarchien, Unterdrückung und Unfreiheit sei. Prominent vertrat Georg Lukács diese Annahme, vor mittlerweile 100 Jahren in „Geschichte und Klassenbewusstsein“ (1923), dass das Sich-bewusst-Werden nicht durch unmittelbare Gewissheit und Anschauung entsteht, sondern durch eine kämpferisch tätige Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit, die erst die Einsicht in die historische Gemachtheit und Überwindbarkeit der gesellschaftlichen Verhältnisse ermöglicht.

Die oben dargelegte Marxsche Analyse von Klassenbewusstsein besticht bis heute. Immer wieder bestätigten Untersuchungen, dass es einen Zusammenhang zwischen Produktionsprozessen, Entfremdung der Arbeiter*innen und Herausbildung von Klassenbewusstsein gibt. So betonte z.B. Michael Burawoy (1979) vor dem Hintergrund seiner Studie, dass der Arbeitsplatz der primäre und zentrale Ort zur Herausbildung von Klassenbewusstsein sei. Auch neuere Untersuchungen unterstreichen die Bedeutung der Erfahrungen im Arbeitsprozess für die Herausbildung von Klassenbewusstsein (Dörre et al. 2013; Butollo et al. 2018; Ikeler/Crocker 2018). Ihr Verdienst ist: Sie stellen die Erfahrung entfremdeter Arbeit im Sinne von körperlichem und psychischem Verschleiß, Arbeitsdruck und Unterordnung unter eine (für Beschäftigte nicht nachvollziehbare) Autorität in den Vordergrund.

Wahr ist jedoch auch, dass die Marxschen Annahmen zur Herausbildung von Klassenbewusstsein spätestens gegen Ende des 19. Jahrhunderts deutliche „empirische Anomalien“ aufwiesen, die seine theoretische Untermauerung infrage stellen. Denn weder ist eine allgemeine Verelendung eingetreten, noch haben sich die gesellschaftlichen Arbeitsbedingungen in der Weise homogenisiert, wie von Marx und Engels und später Lukács angenommen.

Ciao Verelendung. Hi Utopie

Zwar kann die Entfremdung durch den Arbeitsprozess zu einem negativen Klassenbewusstsein führen, also zu einer kollektiven Ablehnung gesellschaftlicher Verhältnisse. Doch eine rein negative Bestimmung des Klassenbewusstseins greift zu kurz. So kann nicht erklärt werden, woraus jene Vorstellung resultieren könnte, dass die Entfremdung sich aufheben ließe und das durch sie erzeugte Leid überwindbar sei (Wagner 1976: 95). Nehmen wir diesen Einwand gegen den (bis heute populären) verelendungstheoretischen Gehalt der Klassenbewusstseinsanalyse ernst, so führt dies zu einer kritischen Erweiterung seiner negativen Bestimmung. Der Blick schwenkt von einem rein antagonistischen Klassenbewusstsein hin zu Erfahrungen, in denen jenseits der Erwerbsarbeitssphäre, also unter kapitalistischen Verhältnissen insgesamt, Alternativen zum Status Quo aufscheinen.

Die Bedeutung von Utopien für die Entstehung von Klassenbewusstsein ist umstritten, die Diskussion darum aufschlussreich. Michael Mann fasst in seiner viel zitierten Definition aus den 1970er Jahren das Klassenbewusstsein noch folgenderweise: „(...) Klassenidentität – das Verständnis von sich selbst als Teil der Arbeiterklasse, die gemeinsam mit anderen Arbeiter*innen eine besondere Rolle im Produktionsprozess spielt (...) Klassenopposition – die Wahrnehmung der Kapitalist*in und ihrer Agent*innen als dauerhafte Gegner*innen von dir selbst (...) Klassentotalität – die Akzeptanz der beiden vorherigen Elemente als bestimmende Merkmale (a) der gesamten sozialen Position von Personen und (b) der gesamten Gesellschaft, in der man lebt. Schließlich kommt die Vorstellung einer alternativen Gesellschaft, ein Ziel, auf das man sich im Kampf mit der Gegner*in zubewegt.“ (Mann 1973: 13; Übers. d. Autorin, Hervorh. i. Orig.)

Aktuellere Studien hingehen verhalten sich zurückhaltender bis ablehnend gegenüber Manns Idee einer alternativen Gesellschaft. So lauten die Bedenken in einer psychologischen Studie zum Klassenbewusstsein, dass es heute viele Utopien gäbe und mit der Entscheidung für eine davon zu stark die Werte der Forscher*innen in das Modell zur Untersuchung von Klassenbewusstsein eingeführt würden (vgl. Keefer et al. 2015: 257).

Gleichzeitig ist das allein auf den Status und die Bewusstseinsrelevanz der (industriellen) Erwerbsarbeit zielende Verständnis des Klassenbewusstseins aber auch selbst mit mehreren Einwänden konfrontiert, die – so meine Hoffnung – eine kritische Erweiterung fordern.

Moralische Ökonomie

Der erste Einwand bezieht sich auf moralische Ökonomien als Quelle von klassenbewusstem Handeln und Denken. Diese moralische Ökonomie kann einerseits in Reaktionen auf Veränderungen der gesellschaftlichen Reproduktion im Übergang vom Fordismus zum Postfordismus entstehen. Damit soll der Fordismus nicht romantisiert werden. Sicherlich hatte der fordistische Klassenkompromiss negative Seiten – den Zwang zur entfremdeten Lohnarbeit, seine Gründung auf massive Differenzen wie die Hausfrauisierung, die massive Ausbeutung von Mensch und Natur, koloniale wie imperiale Gebaren und Rassismus –, die sich bis hinein in gewerkschaftliche Mobilisierungen und Strukturen zogen (Birke 2007; Röttger 2010; Bojadžijev 2012; Federici 2015). Arbeiter*innenbewegungen haben aber in den Industriestaaten auch bedeutende Errungenschaften erstritten. So spielen die seit dem 19. Jahrhundert erkämpften Gewerkschaften eine wichtige gesellschaftspolitische, moralische und auf betrieblicher Ebene organisierende Funktion. In Deutschland konnte ein hohes Niveau an tarifvertraglicher Bindung erreicht werden. Doch heute kommt es vielfach zu Erosionsprozessen bzw. bilden sich in einigen EU-Ländern „Mehr-Welten-Systeme“ (Dörre 2016; Schroeder 2016), in denen nur noch Segmente der Lohnarbeiterschaft von den Errungenschaften profitieren. Dies sind typischerweise wesentliche Teile der Belegschaften in den fordistischen Industrien. Hieraus folgt – mit Blick auf eine klassenbewusste Subjektivität –, dass insbesondere jene, die die Vorteile des fordistischen Arrangements noch kennen, jedoch schwinden sehen, mit politischer Abwehr reagieren. Für sie vermittelt die Gewerkschaft als wirtschafts- und gesellschaftspolitische Institution entweder kooperativ oder konfliktorientiert zwischen den Interessen von Arbeiter*innen und Kapital (vgl. Müller-Jentsch 2008: 63f.). Lehnen Unternehmen wie Amazon Verhandlungen mit Gewerkschaften ab und verweigern sie den Abschluss von Tarifverträgen, dann werden vor dem Hintergrund eines einseitig aufgekündigten sozialen Kompromisses Streiks zu einem probaten Mittel, moralisch-ökonomischen Orientierungen Gehör zu verschaffen. Gemäß des Erbes des Fordismus stehen Gewinnbeteiligung der Arbeiter*innen, soziale Gerechtigkeit und der Ausgleich von sozialer Ungleichheit, Chancengleichheit als Mittel des Aufstiegs, Mitbestimmung und Tarifbindung mit Gewerkschaften als Interessensorgane im Bewusstseinsmittelpunkt solcher Klassenauseinandersetzungen.

Ein solcher externer, also nicht unmittelbar in den betrieblichen Arbeitsverhältnissen begründeter Einfluss auf das Entstehen von Klassenbewusstsein kann außerdem bei migrantischen Arbeiter*innen vermutet werden. Zumindest ist dies historisch für die Süditaliener*innen in der Automobilindustrie in Norditalien und für Gastarbeiter*innen, die in den 1970er Jahren in Deutschland an Streiks teilnahmen, dokumentiert, von denen angenommen wurde, dass sie durch nicht-kapitalistische Vergesellschaftungsformen beispielsweise in der Subsistenzwirtschaft geprägt waren und dieser Erfahrungshintergrund zu den Protesten in den Fabriken beitrug. Eine migrantische moralische Ökonomie würde zielen auf eine politische Organisationsmacht durch die Verankerung in linken Organisationen oder Parteien in der früheren Heimat, deren Arbeit in der neuen Heimat fortführt wird, wahrscheinlich auch auf starke familiäre Fürsorge und familiären Kollektivismus, mit ihren Vor- und Nachteilen.

Die Opposition gegen Unternehmen der Logistik durch migrantische Arbeitende kann im Sinne einer solchen aus dem Herkunftsland mitgebrachten „moralischen Ökonomie“ nach Thompson (1966) verstanden werden. Die Idee einer moralischen Ökonomie war schon bei Marx angelegt, der mit Blick auf vorkapitalistische Dorfgemeinschaften (die er aus der Ferne analysierte) auf Formen der solidarischen Ökonomie hinwies. Die tragen in sich den Kern einer freieren und kooperativeren Gesellschaft, auch wenn die Armut überwunden werden müsste, um diese dauerhaft fruchtbar werden zu lassen. Thompsons Studien zur moralischen Ökonomie verwiesen darauf, dass es im Kontext der sogenannten Hungeraufstände des 18. Jahrhunderts in England eine nicht-kapitalistische kulturelle Mentalität gegeben hat, die auf Werten wie Gerechtigkeit und Gegenseitigkeit basierte und Logiken des Marktes widersprach. Auch spätere Forschungen bestätigen die Herausbildung eines Klassenbewusstseins aus vorkapitalistischen Formen der Vergesellschaftung (vgl. Scott 1976). Im Falle der hier behandelten Streiks bei Amazon geht es jedoch nicht um gut organisierte Hungeraufstände oder um die Abwehr einer Ökonomisierung von Commons wie Land (im Prozess der formellen Subsumtion bzw. Landnahme, wie sie Thompson [1971] und Scott [1976] herausgearbeitet haben). Vielmehr handelt es sich um eine moralische Reaktion auf die zunehmende reelle Subsumtion der Verkaufsarbeit und Unterdrückung jeder Form von Kollektivität durch die individuelle Zeiterfassung und künstliche Konkurrenz bei der Messung der Arbeitsproduktivität.

Postfordistische Subjektivierung und Commons

Der zweite Einwand gegen ein allein auf Antagonismus basiertes Klassenbewusstsein verweist darauf, dass die reelle Subsumtion der lebendigen Arbeit, die sich in der Figur der fordistischen Massenarbeiter*in verdichtet, heutzutage nicht mehr bestimmend ist als dominantes Moment der Subjektivierung von Menschen. Gesellschaftlich dominant ist laut Hardt und Negri die Produktion außerhalb reell subsumierter Tätigkeiten, womit sie – unter dem aus Marx’ „Grundrissen“ aufgenommenen Begriff General Intellect – immaterielle Arbeit meinen, die Symbole, Affekte und Beziehungen herstelle (Hardt/Negri 2003; vgl. Virno 2005). Ähnlich argumentieren Studien zur Subjektivierung von Arbeit (Kratzer et al. 2003). Die in diesem Zusammenhang wohl am meisten zitierten Vertreter sind Boltanski und Chiapello mit ihrer These vom „Arbeitskraftunternehmer“ (Boltanski/Chiapello 2003; vgl. Voß/Pongratz 1998) und Bröckling mit dem „unternehmerischen Selbst“ (Bröckling 2016). Diese Arbeiten zeigen den schmalen Grat zwischen herrschaftsförmigem Denken und Handeln und der Emanzipation von der Fabrikarbeit auf. Autonomie und Gestaltungsmöglichkeiten der Beherrschten nehmen zu, während die Herrschenden an Souveränität und Unentbehrlichkeit einbüßen – weswegen Hardt und Negri davon ausgehen, dass diese Entwicklungen Potenziale für eine Art des spontanen und elementaren Kommunismus bereitstellen (Hardt/Negri 2003: 305). Im Gegensatz zum Entfremdungstopos der Klassenbewusstseinstheorie besteht hier die Utopie in der Zurückweisung der kapitalistischen Kontrolle durch die eigenständige Weiterführung der Produktion durch Commons. Selbst wenn man gegenüber der Allgemeingültigkeit dieses Ansatzes skeptisch sein kann, so erlaubt er doch, alternative, solidarische, queer-feministische, ökologische und internationalistische Ideen und Praxen einzubeziehen, deren neue Subjektformen sich positiv auf Klassenbewusstsein und -handeln auswirken könnten. Zumal die reelle Subsumierbarkeit von Dienstleistungsarbeiten umstritten ist (vgl. Baumol 2012) und sich aus den Eigenheiten solcher Tätigkeiten bedeutsame Unterschiede zur industriellen Tätigkeit ergeben, die in der objektivistischen Position unterschlagen werden. Dieses Argument wird in den folgenden Abschnitten weiter beleuchtet.

Fürsorge in der gesellschaftlichen Reproduktion

Ein dritter Einwand gegen die objektivistische, industriell-zentrierte Herleitung von Klassenbewusstsein erfolgt durch feministische* Beiträge, die die Besonderheit der bezahlten Reproduktionsarbeit2 im Kontext der Tertiärisierung der Wirtschaft aufzeigen. Sorgearbeit wird zunehmend bezahlt verrichtet und deren Überführung in die Welt der Erwerbsarbeit kann beobachtet werden (Bsp. Kindererziehung, Schulbildung, Gesundheits- und Pflegetätigkeiten oder soziale Arbeit). Dadurch rücken Erfahrungen in die Lohnarbeitswelt, deren Charakteristika sich deutlich von der naturbeherrschenden Arbeit in den Fabriken unterscheiden. Sorgearbeit ermögliche als Erwerbsarbeit einen anderen, nicht entfremdeten Zugang zum Austausch mit der Natur, wenn emotionale, empathische, fürsorgliche und (im formell subsumierten Zustand) schwer quantifizierbare Tätigkeiten im Vordergrund der Arbeit stehen. Sie berücksichtige die Verwundbarkeit und Kontingenz des Lebens (Aulenbacher et al. 2015: 68). Insbesondere die Arbeit im Haushalt, in der Familie, an sich selbst und anderen, wie beispielsweise Kindern, Alten, Kranken, aber auch Freund*innen und Geliebten, oder das Verhältnis zur Natur sind darin angesprochen, die die besondere Qualität dieses Arbeitsbereiches, die Beziehungen der Menschen zueinander und zur Natur verdeutlichen (vgl. Haug 2011; Winker 2015).

Am Beispiel des Wandels der Pflegearbeit wurde die ambivalente Aufwertung dieses genuin reproduktiven Berufes durch Professionalisierung und eine fortschreitende Trennung jener affektiven, empathisch-fürsorglichen Aspekte von der rationalisierbaren, medizinisch-technischen und quantifizierbaren Seite herausgestellt (Dück 2018). Auch Sorgearbeit ist folglich nicht vollständig gefeit gegen den Versuch der reellen Subsumtion.3Die im Moment ausgetragenen Kämpfe der Pfleger*innen gegen die Folgen profitförmiger Reorganisation der Reproduktion zeigen deutlich die kapitalistische Landnahme in diesem Bereich (Haubner 2013; Artus et al. 2017). Und sie legen offen, dass der Bruch mit dem „Ethos fürsorglicher Praxis“ (Senghaas-Knobloch 2008) im Postfordismus zu erheblichen Widerständen, sichtbaren Interessenkonflikten und kollektiven Mobilisierungsprozessen führt (Aulenbacher 2009).

Im Sinne einer solchen Reorganisation der Erwerbs- und Reproduktionsarbeit können die neuen Charakteristika der Arbeit (Verantwortung, Fürsorge, Affekt und dialogische Kooperationen) potenziell einen Gegenpol bilden, an dem sich Alternativen zur reell subsumierten und entfremdeten Verausgabung in den Fabriken ausrichten könnten. Die Annahme einer veränderten Subjektivierung unterstreichen die empirischen Ergebnisse einer Studie zu sozio-ökonomischen Transformationspotenziale innerhalb der deutschen Bevölkerung (Eversberg 2020). Darin findet Eversberg ein größeres Veränderungsbedürfnis unter Beschäftigten in Dienstleistungsberufen sowie in einer sozial-ökonomisch prekären Gruppe mit Schwerpunkt manueller Tätigkeiten und niedriger Ausbildung. Übertragen auf die Fragestellung hier wäre bei letzterer Gruppe die Quelle potenziell klassenbewusster Mentalitäten die drohende psychische und materielle Verelendung in ihren Tätigkeiten, bei ersterer Veränderungen der gesellschaftlichen Produktion.

Dieses Argument kann noch dahin ergänzt werden, dass nicht nur die Arbeit in der Industrie massiv zurückgegangen ist, sondern die Reproduktionssphäre in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen hat, da die Zeit außerhalb der Erwerbsarbeit stetig zugenommen hat. Aus Daten der OECD geht hervor, dass die durchschnittliche Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden von 2011 (1.750 Stunden pro Jahr) bis 2018 (1.734 Stunden jährlich) gesunken ist (OECD 2020a), was längere Entwicklungen bestätigt (OECD 2019). In Deutschland waren es 2011 durchschnittlich 1.393 Stunden pro Jahr und 2018 etwa 1.363 Stunden jährlich (OECD 2020a), also deutlich weniger als der OECD-Durchschnitt. Laut OECD verwenden Vollzeitbeschäftigte in Deutschland durchschnittlich 15,6 Stunden auf Grundbedürfnisse wie Essen, Schlafen und Freizeitaktivitäten (Treffen mit Freunden und Familie, Hobbys, Spiele, Computer, Fernsehen etc.), gegenüber einem Durchschnitt, der in den OECD-Ländern zwischen 14 und 16,6 Stunden liegt (OECD 2020b: 158). Daher prägt die Zeit außerhalb der Lohnarbeit als Bezugsrahmen die Sichtweise der gesellschaftlichen Wirklichkeit und muss als Erfahrungs- sowie Vermittlungsraum von Gedanken, Emotionen und Verhaltensweisen für das Klassenbewusstsein berücksichtigt werden.

Neue Sensibilität als Folge des Rückgangs an industrieller und reell subsumierter Produktion

Im Anschluss an die Kritische Theorie lässt sich argumentieren, dass in der Sphäre der Reproduktion vor dem Hintergrund von Erfahrungen der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung, wie sie beispielsweise von feministischen, anti-autoritären oder migrantischen Kämpfen und in alternativen Räumen gemacht wurden, neue Bewusstseinsformen jenseits der Mauern der Fabrik entstehen. In Anlehnung an Marcuses Essay „Versuch über die Befreiung“ (1969) soll dieses Bewusstsein hier umfassend „neue Sensibilität“ genannt werden. Die neue Sensibilität entwickle sich in Prozessen oppositionellen Handelns und in solchen Räumen, die sich dem Status quo verweigern. Sensibilität meint dabei eine weitgehend individuelle Erlebnisform und basiert psychologisch auf Empathie. Somit kann sie auch als spontane empathische Stellungnahme zum Naturganzen verstanden werden (Schultz 2018). Marcuse stellt der neuen Sensibilität das Gefühl der Obszönität als Reaktion auf jegliche Verletzungen von Rechten gegenüber. Er hatte dabei in Reaktion auf das Jahr 1968 vor allem die Hippiebewegung, Anti-Kriegs-Proteste, die Bürgerrechtsbewegung sowie die Aufstände von Gettobewohner*innen in den USA vor Augen. Obszönität oder Scham sind nach Marcuse Quellen kritischen Bewusstseins, die er im frühen Sozialisationsprozess verortet, in dem Kinder und Jugendliche lernen, auf egoistische Interessen und Triebe zu verzichten und gesellschaftliche Normen zu übernehmen – also eher ein kognitiver Prozess, auf den jedoch bei Verletzung der Normen auch emotional reagiert werden kann (ebd.). Daraus ergibt sich ein im Vergleich zum „doppelt freien Lohnarbeiter“ eher vermitteltes Entstehen des Bewusstseins – nicht durch das eigene Elend oder die Ungerechtigkeit in der Produktionssphäre, sondern durch das Mitgefühl für andere.

Interessant ist Marcuses Ansatz in dem hier untersuchten Kontext aus zwei Gründen: Erstens drückt sich laut Marcuse in der neuen Sensibilität eine menschlich-feminine* Umgangsweise aus, eine gegenseitige Fürsorge, eine Zähmung zwischenmenschlicher Konkurrenz und eine Form zärtlicher Schönheit. Dieser Umgang unter den Menschen und zur Natur sei – und hierin zeigt sich die potenzielle Bedeutung für die Streiks – in der männlich dominierten Sphäre der Lohnarbeit durch die Notwendigkeit zur Naturbeherrschung und das Privateigentum an Produktionsmitteln verstellt, quasi abgespalten. Zweitens ist es laut Marcuse gegen Ende der 1960er Jahre aufgrund der Produktivkraftentwicklung erstmals möglich geworden, Armut objektiv zu überwinden, wodurch die neue Sensibilität in den Vordergrund treten konnte. Damit ist gemeint, dass einerseits der Anteil der Lohnarbeitszeit im Leben abnimmt und andererseits nicht-reell subsumierbare Lohnarbeit an Bedeutung zunimmt. So entstehen jenseits der Erwerbsarbeitssphäre neue emotionale wie kognitive Denkstrukturen, die auf Verallgemeinerung der entsprechenden Verzärtelung und Moral drängen und auf Ungerechtigkeit mit Handlungsmotivation reagieren.

Ein Blick zurück nach vorn

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass deutlich zu trennen ist zwischen Denkansätzen, die das Klassenbewusstsein allein negativ-antagonistisch aus der Erwerbsarbeitssphäre ableiten, und solchen, die positiv-utopistisch annehmen, dass es auch in der Reproduktionssphäre entstehen könnte, so wie hier vertreten. Dieser Artikel argumentiert optimistisch, dass es in der Gesellschaft zwei Hauptquellen für Klassenbewusstsein gibt. Einerseits einen weiterhin bestehenden Ursprung in der kapitalistischen Produktion mit relativer und absoluter Verelendung. Andererseits ein Aufscheinen aus (nicht-kapitalistisch reell subsumierten) Reproduktions- und Interaktionsformen. In letzteren entstehen zunehmend ‚freie’, gleichberechtigtere und fürsorgliche Formen von Kooperation, Verstand, Affekt und Empathie zur Herstellung eines immateriellen Produkts oder eines gesellschaftlichen Subjekts. Auf ihrer Grundlage bildet sich ein allgemeines Moralurteil heraus, das in der Konfrontation mit der Wirklichkeit und den Folgen der kapitalistischen Produktionsweise politisches Handeln hervorrufen kann. Während also die Menschen von der entfremdeten Fabrikarbeit abgestoßen werden, zieht es sie potenziell hin zu jenen Sphären, in denen Gleichheit im postfordistisch-moralisch-ökonomischen Sinne, Fürsorge, Selbstbestimmung im migrantisch moralisch-ökonomischen oder aber reproduktiven Sinne, Mitgefühl und Sensibilität gegenüber Ungerechtigkeit und Kooperation herrschen.

In meinen empirischen Studien zum Klassenbewusstsein in Amazon-Belegschaften (Apicella 2021) zeigten sich beide Formen von Klassenbewusstsein: Einmal als negatives, antagonistisches. Dieses hat außerdem einen wesentlichen Einfluss für Denken und Handeln der Amazon-Beschäftigten, etwa in Bezug auf Streikmotive. Wenn überhaupt, dann legt das starke Motiv der Streikenden, in die Gewerkschaft zu vertrauen, nahe, dass die postfordistische moralische Ökonomie hier zum Tragen kommt. Gleichwohl ließ sich ein utopisches Klassenbewusstsein auch empirisch aufzeigen, sich hieran jedoch noch keine Handlungsrichtung festmachen, die sich mit gewerkschaftlichem Tun verbinden würde. Vermutlich werden Menschen weiter in den Konflikt mit Amazons Arbeitsregime geraten, wenn dieses ihren egalitär-kollektivistischen Einstellungs- und Handlungsmustern diametral entgegensteht.

Auf Grundlage meiner Studienergebnisse müsste also weiter diskutiert werden, durch welche politischen Begrifflichkeiten die verschiedenen Quellen und Formen von Klassenbewusstsein integrierbar sind, in ihrer negativen wie positiven Ausrichtung. Hier sehe ich die Möglichkeit und Verantwortung zur Theorie- und Forschungsarbeit, die gesellschaftliche Entwicklungen mit Einfluss auf kritisches Bewusstsein aufzugreifen – und diese empirisch überprüfbar zu machen. Hierzu müssten allerdings klare Thesen aufstellt, theoriegeleitet nach Einstellungen geforscht und diese mit Handlungsweisen verbunden werden. Begriffliche wie konzeptuelle Ankerpunkte für beide Richtungen des Klassenbewusstseins könnten Ansprüche an Gerechtigkeit sein, aber auch die an Gleichheit, Fürsorge, Kooperation und Freiheit, die in bestimmten betrieblichen Strukturen wie Arbeitsprozessen verletzt werden. Mit ihrer materiellen Verankerung würde der positivistische Zugang zum Klassenbewusstsein verstellt. Klassenbewusstsein würde gleichzeitig untersuchbar und inhaltlich sehr deutlich neu abgesteckt, anders als in der objektivistischen Analyse.

Auf der Grundlage der Ergebnisse so angelegter Studien können dann Fragen geklärt werden wie: Kann man vorpolitisches Bewusstsein erfassen, das Vergesellschaftungsformen in sich birgt, die Klassenbewusstsein inhaltlich mit ausmachen, und wenn ja wie? Und werden diese wirklich handlungsrelevant?

Darin steckt gleichwohl eine Aufgabe nicht nur für linke Wissenschaft, sondern auch eine Hoffnung wie eine Gefahr für eine gesellschaftliche Linke. Hoffnung, insofern das gesuchte (Klassen-)Bewusstsein da ist: Personen nehmen Stellung, sind sensibel gegenüber Ungerechtigkeit und schämen sich, wenn sie diese erleben, selbst oder bei Anderen. Es gibt auch eine Affinität zu einem gesellschaftlichen Wandel und starke moralisch-ökonomische Reaktionen. So wie es der eingangs zitierte Film „Pride“ und viele andere Arbeitskämpfe zeigen. Gefahr, da, solange sich dieses Bewusstsein nicht mit linker Theorie und Praxis verbindet, es leicht zu „kapern“ ist. Aufgabe der Linken ist daher auch, dieses Feld klarer abzustecken. Passiert dies nicht, so haben uns die Unfähigkeit zu linkem Protest im Kontext der Corona-Pandemie und den Querdenken-Protesten und zuletzt in Reaktion auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine gezeigt, so entsteht Sprach- und Tatenlosigkeit und schlechtestenfalls werden diese Menschen Teil politisch-regressiver Bewegungen. Schließlich ist nicht nur hoffnungs-, sondern auch reizvoll, die hier leistbare politische Utopiearbeit fortzusetzen, so wie sie schon Marx angelegt hatte in seinem Ansatz zum Klassenbewusstsein, der eine Gesellschaft des kollektiven Eigentums an Produktionsmitteln und der klassenlosen Gesellschaft erträumte.

Von links bedarf es also einmal der Bestimmung von Theorie und einer klaren Besetzung des Klassenbewusstseins mit linken Prinzipien als ihre Grundlage. Und Strukturen, die daran arbeiten und weiter experimentieren, seien sie in queer-feministischen Gruppen in Solidarität mit den Frauen und queeren Menschen im Iran, in Klimaprotesten, in kollektiven Betrieben oder Wohnprojekten in Stadt und Land. Dann könnte sich negatives Klassenbewusstsein gegen die Fabrik öffnen in Richtung einer Utopie, genauer einer Utopie, die weder autoritär noch neoliberal gekapert werden kann.

Literatur

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Thompson, Edward P. (1966): The Making of the English Working Class. New York.

Thompson, Edward P. (1971): The Moral Economy of the English Crowd in the 18th Century. In: Past & Present (50), 76-136.

Virno, Paolo (2005): Grammatik der Multitude. Die Engel und der General Intellect. Wien.

Voß, G. Günter/Pongratz, Hans J. (1998): Der Arbeitskraftunternehmer: Eine Neue Grundform der Ware Arbeitskraft? In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 50 (1), 131-158.

Wagner, Wolf (1976): Verelendungstheorie: Die hilflose Kapitalismuskritik. Frankfurt am Main.

Winker, Gabriele (2015): Care Revolution: Schritte in eine solidarische Gesellschaft. Bielefeld.

* Wir setzen mit diesem Beitrag die in Z 132 begonnene Diskussion über Lohnabhängigenbewußtsein fort, zu der auch in den nächsten Heften Beiträge erscheinen werden (Anm. der Red.).

1 Herzlichen Dank an den VSA Verlag für die freundliche Erlaubnis, hier eine geänderte Version eines Kapitels in „Das Prinzip Amazon“ (2021) abdrucken zu dürfen. Für die hilfreichen Kommentare und gemeinsame Diskussion danke ich Helmuth Hildeband.

2 Reproduktionsarbeit umfasst jene Tätigkeiten, die der Mensch aufwenden muss, um arbeiten zu können. Diese ist am Gebrauchswert, nicht am Tauschwert orientiert, ist für den Kapitalverwertungsprozess unabdingbar und findet vorrangig in der Familie statt: Sie schließt Ernährung, Erziehung und Bildung von Kindern und Jugendlichen als neue Arbeitskräfte, die Reproduktion der eigenen Arbeitsfähigkeit und/oder diejenige von anderen Erwerbspersonen sowie die Versorgung unterstützungsbedürftiger Menschen ein (vgl. Winker 2015: 17f.).

3 Auch wenn es sich bei reproduktiver wie Sorgearbeit um einen stark vermachteten Bereich handelt (Hochschild 1983), schmälert diese Feststellung nicht den besonderen Charakter der Arbeit, der sich scheinbar nur schwer, nämlich unter erheblichem Protest und mit Schaden am Menschen, dem Kapital unterordnen lässt.