Wo entsteht der Wert?

Vorbemerkung der Redaktion zur Diskussion um die Wertauffassung von Michael Heinrich und der sog. Neuen Marx-Lektüre in Z 125 – Z132.

Die sogenannte Neue Marx-Lektüre geht davon aus, dass Arbeitsprodukte erst im Austausch Werteigenschaft annehmen und dies aus dem Marxschen Kapital und seinen Vorarbeiten abzuleiten sei.

- Barbara Lietz und Winfried Schwarz hatten in Z 125 und Z 126 diese von Michael Heinrich vertretene Auffassung als Fehlinterpretation zurückgewiesen. Vgl. dies., „Wert, Austausch und Neue Marx-Lektüre. Zugleich Anmerkungen zu Marx‘ Werttheorie 1867-1872“, in Z 125, März 2021, S. 112-125, und Z 126, Juni 2021, S. 129-141.

In die gleiche Richtung argumentierten in Z 127 und 128 Stephan Krüger, Georg Quaas und Fred Moseley:

- Stephan Krüger „Wert, Wertgröße und Wertgesetz. Ergänzend-modifizierende Anmerkungen zum Beitrag von Barbara Lietz und Winfried Schwarz Z 125/126“, in Z 127 (Sept. 2021, S. 122-130);

- Georg Quaas „Arbeitszeit und Wert in der ökonomischen Theorie von Karl Marx“, in Z 128 (Dezember 2021, S. 75-81);

- Fred Moseley, Die Fehldeutung der Marxschen Wert- und Preistheorie. Kritik an Heinrichs Neuer Marx-Lektüre anlässlich des Beitrags von Barbara Lietz und Winfried Schwarz in Z 125/126“, in: ebd., S. 82-94.

In einer Replik auf Lietz/Schwarz wies Michael Heinrich den Vorwurf zurück, die Bildung von Wert und abstrakt menschlicher Arbeit allein durch den Austausch zu begründen und die Produktion zu ignorieren. Gleichwohl sei es keine Fehlinterpretation, die besondere Rolle des Austauschs zu betonen. Es gelte der Marx’sche Satz, dass nur der Austausch die Reduktion der konkreten Arbeiten auf abstrakte Arbeit, und damit auf Wert, vollziehe.

- Sh. Michael Heinrich, „Wertgegenständlichkeit, abstrakt menschliche Arbeit und Austausch. Eine Replik auf die Kritik von Barbara Lietz und Winfried Schwarz in Z 125 und 126“, in: Z 129, März 2022, S. 140-156.

Barbara Lietz und Winfried Schwarz unterstrichen demgegenüber in Z 130, dass Wert und abstrakt menschliche Arbeit nicht erst aus dem Austausch resultieren. Der Wert ergebe sich aus Produktion und Austausch im Sinne der Einheit von Wertbildung in der Produktion und Wertform im Austausch:

- Dies, „Wert und abstrakt menschliche Arbeit in Produktion und Austausch. Anmerkungen zu Michael Heinrichs Replik in Z 129 auf unsere Kritik in Z 125/126“, in Z 130, Juni 2022, S. 81-92.

- Kommentare zur Debatte erschienen in Z 130 (Juni 2022) von Herbert Rünzi („Zu Lietz / Schwarz [Z 125 und 126] und Heinrich [Z 129]“, S. 145-148), und Klaus Müller („Wert, Preis und Arbeitszeit – einige Ergänzungen“, S. 149-159).

- Paula Rauhalas Überblick zu der um 1960 in der DDR geführten Debatte über die Messbarkeit des Arbeitswerts gehört ebenfalls in diesen Kontext: „Unbewusste Verwandtschaft . Neue Marx-Lektüre und die DDR-Debatte über die Messbarkeit des Arbeitswerts“, Z 130, S. 69-80.

Michael Heinrich antwortete in Z132, dass ein Produkt erst durch erfolgreichen Austausch zu Ware werde. Wert sei ebenso wie die Reduktion der Privatarbeiten auf gleiche menschliche Arbeit nicht Voraussetzung, sondern Ergebnis des Austauschs. Die Vorstellung vom fertigen Wert vor der Zirkulation mache diese zu einem bloßen Anhängsel und unterschätze die Vermittlungsverhältnisse des Marktes.

- Michael Heinrich, „Wertgegenständlichkeit, abstrakt menschliche Arbeit und Austausch – Fortsetzung. Zur Antwort von Barbara Lietz und Winfried Schwarz in Z 130 auf meine Replik in Z 129“, in: Z 132, Dezember 2022, S. 138-144.

Dieter Wolf hatte Lietz/Schwarz vorgeworfen, die einfache mit der kapitalistischen Warenzirkulation zu vermischen. Die mit der einfachen Warenzirkulation vorgenommene Erklärung der einfachen gesellschaftlichen Formen würde von ihnen mit der Entscheidung verwechselt, ob sie zuerst in der kapitalistischen Produktion entstehen oder zuerst und ausschließlich in der kapitalistischen Warenzirkulation.

- Dieter Wolf, „Lietz’ und Schwarz’ massiver Eingriff in Marx’ Werttheorie. Eine falsche Begründung einer prinzipiell richtigen Auffassung“, in: Z 131, September 2022, S. 112-127.

- Kritische Kommentare zu Wolf kamen in Z 132 von Barbara Lietz / Winfried Schwarz („Massive Ungereimtheiten in Dieter Wolfs Kritik in Z 131“, S. 171-178), Klaus Müller („Woher kommt der Wert?“, S 178-180) und Herbert Rünzi („Merkwürdige Marx-Interpretation“, S. 180-183).

Die Redaktion hat diese Debatte in der Zeitschrift zumindest vorerst abgeschlossen – die entscheidenden Argumente in der Kritik an Michael Heinrichs Wertauffassung und in seinen beiden Repliken sind u.E. gefallen. Weiterem Diskussionsbedarf soll mit dieser Rubrik Rechnung getragen werden.