Buchbesprechungen

Der Leipziger Arbeiterverein

von Marga Beyer zu Wolfgang Schröder
Dezember 2010

Wolfgang Schröder, Leipzig – die Wiege der deutschen Arbeiterbewegung, Wurzeln und werden des Arbeiterbildungsvereins 1848/49 bis 1878/81, Karl Dietz Verlag, Berlin 2010, 480 S., Abb., 29,90 Euro.

Die heutige geschichtsinteressierte Leserschaft in Leipzig ist zu beneiden. Zwar gab es bereits in den vergangenen Jahrzehnten eine stattliche Anzahl von Untersuchungen von demokratischen und Arbeiterbewegungen, die dieses sächsische Zentralgebiet berührten. Doch wird mit diesem Band das Wissen über Leipzig als eine bedeutende Geburtsstadt der Arbeiterbewegung erweitert. Wolfgang Schröder legt erstmalig im Rahmen der Rosa-Luxemburg-Stiftung eine durchgehende Studie zu den Anfängen der sächsischen Arbeiterbewegung mit Zentrum Leipzig vor.

Anhand einer Vielzahl von z.T. neu aufgefundenen und bearbeiteten Dokumenten untersucht der Verf. die Wurzeln und das Werden des Arbeiterbildungsvereins nicht nur chronologisch von 1848/49 bis 1878/81, sondern vor allem inhaltlich. Die Arbeit zeigt die ersten Organisationsversuche der Arbeiter im Bund der Kommunisten über den Niedergang in der nachrevolutionären Zeit der 50er und anfänglich 60er Jahre bis zum Wiederaufleben erneuter Organisationen etwa in der Mitte der 60er Jahre des 19. Jahrhundert. Die zielstrebigen Bemühungen solcher hervorragender Aktivisten der Arbeiterbewegung wie August Bebel, Wilhelm Liebknecht, Julius Vahlteich, Wilhelm Fritsche und anderer werden anschaulich dargestellt. Marxisten standen jahrzehntelang an der Spitze des Parteibildungsprozesses, der schließlich über Arbeiterbildungs- und Lesevereine zur „Eisenacher Partei“ (1869) und zur SDAP im Jahre 1875 führte.

Nach der Parteigründung blieben die Arbeiterbildungsvereine, manchmal unter verändertem Namen, in ihrer Eigenständigkeit erhalten. Proletarisches Zusammenwirken, politische Bildung, Gedankenaustausch und Diskussionen, auch geselliges Zusammensein, an dem auch die Frauen teilnahmen, standen im Mittelpunkt, ebenso Probleme des internationalen Geschehens. Ein hervorhebenswerter Aspekt ist in diesem Zusammenhang auch die disziplinierte und aufopferungsvolle „Selbstfinanzierung“ der Arbeiterbewegung durch die erbrachten Beiträge für Mitgliedschaften und für die Teilnahme an Kursen und Veranstaltungen, die von den Arbeitern von ihren schwer erarbeiteten Löhnen gezahlt wurden.

Der Band umfasst eine ausführliche Darlegung über die historische Entwicklung der Leipziger Arbeiterbewegung (311 Seiten) und eine Dokumentation einschließlich einer „Kleinen Chronik“ (1827-1879). Die in vielen Fällen zum ersten Mal publizierten Dokumente (ca. 140 Seiten), sind für jeden Historiker und an der Geschichte der Arbeiterbewegung Interessierten von besonderem Wert.

Marga Beyer