Lateinamerika – Krise neoliberaler Hegemonie?

Lateinamerika im Übergang – Standortbestimmungen

September 2005

Mehr*[1] als in anderen Weltregionen erscheint der neoliberale Diskurs (samt seinem Washingtoner und New Yorker Wall Street-Souffleuren) im heutigen Lateinamerika in vielen Ländern und bei unterschiedlichen gesellschaftlichen Sektoren diskreditiert. Neben der relativen ökonomischen Erfolglosigkeit und einem noch stärkeren sozialen Polarisierungsschub, die unter seiner Ägide zu verzeichnen waren, sind es zuletzt die scharfen bellizistischen Akzentsetzungen von Seiten „des Imperiums“ gewesen, die eine ohnehin latente Anti-US-Haltung in Lateinamerika konsolidiert und manifester gemacht haben. Die marktradikalen Maximen und ordnungspolitischen Orientierungspunkte des sogenannten „Washington-Consensus“[1][2] haben an Glaubwürdigkeit eingebüßt. Dies war gelegentlich mit Regierungswechseln in verschiedenen Formen, zum Teil mit sozialen Turbulenzen und heftigen internen Auseinandersetzungen verbunden. Aber ein neues, gangbares und allgemein akzeptiertes Entwicklungsmodell zeichnet sich gegenwärtig nicht ab. In dieser Situation des Übergangs, die ein „nicht mehr“ und ein „noch nicht“ gleichermaßen einschließt, sind Standortbestimmungen und theoretisch angeleitete Orientierungshilfen besonders nützlich. Vielleicht ist es nicht ganz zufällig, wenn in einer solchen historischen Umbruchsituation der sonst kärglich bestückte Markt sozialwissenschaftlicher Fachpublikationen über Lateinamerika mit einigen Veröffentlichungen aufwartet, die diesem Suchbedürfnis – auf unterschiedliche Art und Weise – entgegenkommen.

Soziale Bewegungen in Lateinamerika

Bei der ersten Publikation[2][3] handelt es sich um einen von jüngeren WissenschaftlerInnen herausgegebenen Sammelband über Soziale Bewegungen in Lateinamerika. Wie der Titel schon andeutet geht es in den meisten Beiträgen um die Frage, in welchem Maße die unterschiedlichen Bewegungen Ausdruck des Rückzugs des Neoliberalismus sind bzw. inwiefern diese Bewegungen als Hauptakteure im Delegitimierungsprozess neoliberaler Herrschaftsformen gelten können. Diese allgemeine Fragestellung möchten die Herausgeber vor allem unter dem Gesichtspunkt der mobilisierenden Funktion des Kampfes um Bürgerschaft und um die „Konstruktion von öffentlichen Räumen, in denen cultural politics betrieben“ (11) wird, stellen, da insbesondere durch diese Momente die entscheidenden Unterschiede zwischen den Bewegungen der 70er und 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts zu den heutigen zu charakterisieren seien.

Zunächst betonen die HerausgeberInnen, dass im deutschsprachigen Raum eine adäquate Beachtung und theoretische Interpretation des Aufschwungs sozialer Bewegungen in Lateinamerika seit der zweiten Hälfte der 90er Jahre weitgehend fehlt. Die neuen Charakteristika des jüngsten Aufstiegszyklus sozialer Bewegungen (Betonung sozialer und ökonomischer „Bürgerschaft“, Besetzung neuer kulturell-öffentlicher Räume, starke Präsenz ländlicher und indigener Protestbewegungen, Ansätze transnationaler Formen von Bewegung z.B. in Gestalt der Anti-ALCA-Bewegung)[3][4] möchten sie unter dem theoretischen Gesichtspunkt der „Cultural Studies“, d.h. der Untersuchung von emanzipatorischen Potentialen in der Populärkultur erforschen, da dieser Aspekt zu gering in der bisherigen Bewegungsforschung über Lateinamerika vertreten sei. In der Diskussion der schon im Titel auftauchenden Hauptkomplexe: Neoliberalismus, Autonomie, Widerstand, nach denen die einzelnen Beiträge auch geordnet sind, betonen die Autoren zu Recht, dass in den Forderungen nach Autonomie insofern eine Ambivalenz mitschwinge, als gerade viele Elemente des neoliberalen Diskurses damit völlig kompatibel sind und/oder im Laufe der politischen Entwicklung in diesem Sinne transformiert bzw. deformiert wurden. Da bei ihrer Fragestellung das Verhältnis von Subjektivierungsprozessen, Herrschaftsformen und sozialen Bewegungen im Zentrum steht, kann es nicht verwundern, dass sie und weitere Autoren des Bandes sich immer wieder – zum Teil in unterschiedlicher Weise – auf das Foucaultsche Konzept der „Gouvernementalität“ berufen. Ob dadurch den in der neoliberalen Phase gründlich verwandelten sozialen Verhältnissen ausreichend Rechnung getragen wird, scheinen die Autoren selbst zu bezweifeln, da die Entfaltung gegenhegemonialer Projekte seitens kollektiver Akteure sich dem Denkansatz Foucaults entzieht; zu Recht betonen die Herausgeber auch, dass die bei Hardt/Negri[4][5] und Holloway[5][6] vorhandene unvermittelte Entgegensetzung von Herrschaft und Widerstand kaum weiterführende Lösungsmöglichkeiten für die aufgeworfene Fragestellung enthält (26). So gelangen die HerausgeberInnen am Ende ihrer Einleitung zu der nüchternen Feststellung, dass ebenso wie die Ambivalenzen im Begriff der „Autonomie“ und des „Widerstands“ auch die Potentiale sozialer Bewegungen nicht von vorne herein und dauerhaft eindeutig dem emanzipatorischen Pol zuzuordnen seien, wenngleich die ihnen tendenziell innewohnenden Implikationen für Demokratisierungsprozesse und eine anti-neoliberale Politik keinesfalls übersehen werden dürfen.

In einem programmatischen Aufsatz von Sonja Alvarez, Evelina Dagnino und Arturo Escobar stellen die VerfasserInnen zunächst fest, dass die „Cultural Studies“ den sozialen Bewegungen als einem wichtigen Aspekt kultureller Produktion nicht genügend Bedeutung zugemessen hätten. Die enge Verflechtung des Kulturellen, Politischen und Materiellen in den politischen Aktionen und Bewegungen legt es den Autoren zufolge nahe, die kulturelle Politik sozialer Bewegungen zu untersuchen. „Cultural Politics“ sind nicht nur orientiert an sozialen Ungleichheiten und dem Kampf gegen sie, sondern definieren auch Gruppen, Individuen mit Macht, Subjektivitäten und Identitäten, da nur so die Frage der Akzeptierung oder der Bekämpfung dominanter Machtverhältnisse sinnvoll untersucht werden kann (35f.). Die kulturelle Politik sozialer Bewegungen knüpft in der Regel an vorhandenen kulturellen Praktiken an und stellt sich aber auch zunehmend in einen „bedeutungsvollen Kontrast zur dominanten Kultur“ (37). Ihre schließlichen Rückwirkungen auf die „politische Kultur“ eines Landes werden – den Autoren zufolge – oft zu den Hauptzielen sozialer Bewegungen. Jenseits aller Wandlungen der wirtschaftspolitischen Orientierungen in den langen Hauptphasen der Entwicklung ist ein dauerhafter Grundzug der politischen Kultur vor allem in dem „tief verwurzelten sozialen Autoritarismus“ und der „exklusionistischen Organisation lateinamerikanischer Gesellschaften und Kulturen“ (39) zu sehen. Die Bewegungen der letzten zwei Jahrzehnte versuchen diese Elemente politischer Kultur zu hinterfragen und alternativ zu definieren (39).

Im Weiteren plädieren die VerfasserInnen für eine Rekonzeptualisierung des „Politischen“ in der Bewegungsforschung für Lateinamerika. Ein wesentlich breiterer Politikbegriff (als bloß politische Institutionen umfassend) sowie eine Wirksamkeit sozialer Bewegungen in den Bereich der Diskurse hinein zeigt die Spannweite dessen, was gemeint ist, andererseits aber auch zugleich die Implikationen für eine tiefergehende Untersuchung des Wandels von „politischen Kulturen“ und für eine über das bloße „institutional engineering“ hinausgehende Demokratisierung. Dass dabei soziale Bewegungen eine vorrangige Rolle zu spielen vermögen – auch wenn ihre Ambivalenzen und Schwächen in Rechnung gestellt werden (48ff.) –, verdeutlicht dieser Beitrag auf überzeugende Art und Weise.

Während Bettina Reis in ihrem Beitrag über Kolumbien einerseits die Phasen des neoliberalen Umbaus, der zunehmenden sozialen Konflikte und der Militarisierung der Gesellschaft beschreibt, andererseits die verschiedenen – hierdurch gehemmten – Reaktionen sozialer Bewegungen (Gewerkschaften, Campesino-Bewegung, Indígenas etc.) skizziert, fragt Stefanie Kron im ähnlich gelagerten Fall Guatemalas, warum die soziale Bewegung in diesem Land eines langandauernden Bürgerkriegs und einer fast ungehemmten Macht der wirtschaftlichen und militärischen Oligarchie relativ schwach und passiv bleiben musste. In der Militarisierung der Gesellschaft und einer totalisierenden, kolonialen Raumkonzeption „faschistischer Prägung“ sieht sie die entscheidenden Gründe hierfür; in der „Rekonstruktion“ der indigenen comunidades nimmt sie ein gegenhegemoniales Konzept wahr, das auf lokaler Vergemeinschaftung und postnationalen Elementen einerseits beruht, das aber andererseits auch die Anrufung des nationalen Staates bei den Prozessen der Aneignung der Geschichte und der Erinnerung, die ihrerseits emanzipationsförderlich wirken können, einschließt. In der Analyse der chilenischen Frauenbewegung, vor allem nach Ende der Diktatur (1990) kommt Verónica Schild zu dem Ergebnis, dass durch Integration und Absorption vieler RepräsentantInnen der antidiktatorischen Frauenbewegung und durch Institutionalisierung im politischen und universitären Bereich eine Integration der gesellschaftskritischen Impulse stattgefunden habe, und die Frauenbewegung in Chile überwiegend zu einem Element der neoliberalen Gesellschaft geworden sei.

Der andere Beitrag über Chile ist der indigenen Bewegung der Mapuche, den vor allem im Süden Chiles lebenden araukanischen Ureinwohnern gewidmet. Unter Zuhilfenahme sozialtheoretischer Konzepte des Raumes und des von Gemeinschaften ausgehenden Widerstandes rekonstruiert Olaf Kaltmeier die historischen Etappen der Mapuche-Bewegung als jeweilige „widerständige Antworten“ auf bestimmte Stufen der kapitalistischen Modernisierung und Herrschaft (125). Die Revitalisierung einer neuen Mapuche-Bewegung in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre sieht Kaltmeier nicht nur durch die ökonomischen Zwänge und Bedrohungen einer verstärkten Weltmarkteinbindung (mit entsprechenden Enteignungsgesetzen) bedingt, sondern auch in einer „profunden Re-Konstruktion von Identität“ begründet, wobei „Rekonstruktion als hybride Mischung von aktueller Konstruktion und teils bewusster teils unbewusster Erinnerung und Wiederverwendung früherer Formen verstanden“ (131) wird. Den hohen Grad staatlicher Repression der gegenwärtigen chilenischen Regierung gegenüber den Kämpfen der Mapuche sieht der Verf. vor allem durch ihre Forderung nach Autonomie und Anerkennung kultureller Identität und zweitens durch die – wegen der Auseinandersetzung mit den Forstkonzernen – bedrohten Grundpfeiler des chilenischen Exportmodells begründet (137).

Im Beitrag über Brasilien befasst sich Bernhard Leubolt mit dem Beteiligungshaushalt in Porto Alegre und stellt dessen Entstehung und Entfaltung in den Kontext der sozialen Bewegungen seit der Militärdiktatur, sieht aber die Bewegungen – insbesondere unter der Lula-Regierung – dem ständigen „Widerspruch zwischen Autonomie und Teilhabe“ (149) ausgesetzt. Die Entwicklung der mexikanischen Frauenbewegung in ihren wesentlichen Stadien und diskursiven Elementen bildet den Gegenstand der Analyse von Elisabeth Tuider, wobei sie deren Ausdifferenzierung mit den Foucaultschen Konzepten der Gouvernementalität und der Selbsttechnologien beschreibt, welche ihrer Auffassung nach die Ambivalenz zwischen „Unterwerfung und der Ermächtigung oder des Widerstands“ (159) zu fassen vermögen.

In ihrer Analyse „neuer sozialer Bewegungen“ in Argentinien nach der großen Krise (2001/02) geht Martina Blank im – hierzulande üblich gewordenen – engen Anschluss an die Publikationen von „Colectivo Situaciones“[6][7] einem „neuen sozialen Protagonismus“ nach, wobei dieser durch „Territorialität und Autonomie“ charakterisiert sein soll. Es stellen sich dabei allerdings die Fragen, ob und in welchem Ausmaße territoriale Bezüge von sozialen Bewegungen wirklich neu sind (wenn z.B. an die Stadtteilbewegungen der 1980er Jahre gedacht wird) und in welchem Ausmaß und welcher Dauerhaftigkeit die Postulate der Autonomie aufrechterhalten werden konnten. Es scheint so, dass die Entwicklung seit Kirchners Regierungsantritt (Mitte 2003) mit dem von Martina Blank gezeichneten Bild nicht mehr viel gemein hat.

In dem Artikel über Venezuela beleuchtet Dario Azzellini einige wichtige Hintergründe und Momente des „bolivarianischen Prozesses“; dabei beschreibt er einmal die wichtigsten Aktivitäten der Opposition gegen die Chávez-Regierung und zum zweiten die neuen Maßnahmen der Regierung bezüglich der Agrarreform, der Neustrukturierung des Erdölsektors, und der Stadtteilhilfsprogramme der Regierung. Zwar erwähnt er die klientelistischen und paternalistischen Elemente des „bolivarianischen Prozesses“ (207), hält sich aber ansonsten mit Chávez-kritischen Kommentaren sehr zurück. Die Frage, inwieweit von Personen und von besonderen Konstellation unabhängige, autonome und dauerhafte Organisationsstrukturen von Segmenten der Unterklassen geschaffen werden konnten, ist sicher auch heute noch nicht eindeutig zu beantworten.

Simón Ramírez Voltaire geht den neuesten Entwicklungen in Bolivien unter dem Gesichtspunkt des Legitimitätsverfalls des traditionellen Parteiensystems und des Aufschwungs verschiedener sozialer Bewegungen (der Cocaleros, d.h. der Coca-Bauern, der Anti-Privatisierungsbewegung, der indigenen und neuerdings auch wieder der gewerkschaftlichen Bewegung) nach. Er hebt die demokratisierenden Wirkungen dieser Bewegungen hervor, da sie auf zwei Kernprobleme der bolivianischen Gesellschaft zielen. Einerseits gilt ihr Kampf dem „exkludierenden Rassismus“ der weißen Oligarchie und andererseits präsentieren diese Bewegungen positive Vorschläge für Alternativen zum postkolonialen Staat. Zu Recht betont Ramírez Voltaire gegenüber dem Mainstream institutionalistischer und modernisierungstheoretischer Autoren, dass die neuen Bewegungen keineswegs als unorganisiert, irrational und archaisch anzusehen seien. Auch die ansatzweise Sozialstrukturanalyse der unterschiedlichen Bewegungen, die sich vielfach im Endeffekt überschneiden, können als gelungen und innovativ gelten. Es fällt allerdings auf, dass die gelegentlichen rassistischen Erklärungen der kleineren indigenistisch orientierten Partei („Indigenische Bewegung Patchakuti“, MIP) nicht erwähnt werden.

Stefan Thimmel fragt, warum in Uruguay kaum eine besondere Präsenz sozialer Bewegungen zu beobachten ist, obwohl es starke Mobilisierungen gegen die Militärdiktatur gegeben hat. Er sieht dies im erheblichen Gewicht eines korporatistischen Parteiensystems begründet, ohne aber dessen Funktionieren näher zu erörtern. Die hohe nationale und ethnische Homogenität sowie die früh erreichten sozialstaatlichen Sicherungen sind seiner Ansicht nach die Basis für die Dominanz des Parteiensystems über die sozialen Bewegungen. Letztere artikulieren sich gegenwärtig überwiegend über die – zur Regierung gelangten – Frente Amplio.

Jens Kastner untersucht die politischen und kulturellen Resonanzen der zapatistischen Bewegung und möchte daraus theoretische Schlussfolgerungen für die Bewegungsforschung gewinnen. Zwar bewahrt er eine gewisse Distanz zu den glaubensfestesten Äußerungen der Zapatisten-Bewunderer (den Zapatismus zum Forschungsobjekt zu machen, hieße nach John Holloway, den Zapatistas Gewalt anzutun), doch bemüht er sich andererseits, die Minderung des politischen Einflusses der zapatistischen Bewegung mit den bekannten Hinweisen auf ein anderes Politikverständnis und die Bedeutung der Diskursebene zu relativieren. In der Frage des nationalweiten Einflusses des Zapatismus schleichen sich inkohärente Äußerungen ein (254). So sehr Vieles richtig zu sein scheint, was über die Bedeutung des Zapatismus für die mexikanische Politik ausgeführt wird (hohe Relevanz des zapatistischen Aufstands für den Demokratisierungsprozess in Mexiko, wichtige Anstöße für den Beginn einer globalisierungskritischen, transnationalen Bewegung etc.), eine nachvollziehbare Begründung für den Nachweis einer nach wie vor erfolgreichen politischen Orientierung scheint nicht gelungen zu sein. Der bloße Verweis aufs Experimentieren und die bekannten Slogans der Zapatisten („fragend schreiten wir voran“ oder „befehlend gehorchen wir“ etc.) waren gewiss vor zehn Jahren durchaus sympathisch; wenn dies aber heute noch als funktionales Äquivalent für eine Theorie der Politik ausgegeben wird, so ist das kaum nachzuvollziehen. Bei Kastner wird nicht deutlich, inwieweit die zapatistische Bewegung und ihr Diskurs tatsächlich und dauerhaft eine neue transnationale „cultural politics“ angestoßen hat. Aussagen wie die, dass „die indigenen Protestbewegung im Lateinamerika der späten neunziger Jahre (v.a. in Ekuador und Bolivien) [...] zapatistisch inspiriert“ seien und, dass „so verschiedene Bewegungen wie die städtische Erhebung, die in Argentinien 2001 zum Sturz des Präsidenten De la Rua führte, als zapatistisch beeinflusst anzusehen“ (257) seien, erscheinen aus chronologischen und sachlichen Gründen als fragwürdig.

Intellektuelle und Politik

Das Verhältnis von Intellektuellen und Politik in Lateinamerika wird in dem von Hofmeister und Mansilla herausgegebenen Band[7][8], der aus einer Tagung der Konrad-Adenauer-Stiftung 2002 in Rio de Janeiro hervorgegangen ist, angesprochen.

Üblicherweise geht man davon aus, dass gerade in Lateinamerika der Einfluss von Intellektuellen auf die Politik – im Vergleich zu anderen Weltregionen – überdurchschnittlich hoch ist. Der Band, der überwiegend lateinamerikanische Autoren zu Wort kommen lässt, zeigt, dass dieses Klischee sich in Auflösung befindet, da einmal – gerade im Schub neoliberaler Politik- und Herrschaftsformen – der universelle Intellektuelle kritischer Provenienz heute tendenziell durch den technokratischen Experten, der die Pläne der Regierung umsetzt, substituiert wird und zweitens dadurch, dass große Teile der Intelligenz/der Intellektuellen eine stärker systemkonforme Haltung zeigen im Vergleich zu der Periode der 1960er und 70er Jahre. H.C.F. Mansilla beschreibt, wie im Prozess der Modernisierung und Globalisierung der klassische sinn- und wertproduzierende Intellektuelle immer mehr durch technokratische, spezialisierte und professionalisierte Angehörige der Intelligenz ersetzt worden ist. In der Beurteilung dieser Tendenz, die häufig mit einer Übernahme neoliberaler Orientierungen verbunden war, scheint Mansilla zu schwanken: einerseits geißelt er die „opportunistische Akzeptanz“ dieser neuen Wende der Intellektuellen, die den „stillschweigenden [...] Verzicht auf die klassisch progressistische Vorstellung von Gleichheit und Solidarität einschließt“ (21), andererseits lobt er die positive Rolle der veränderten, neuen Intellektuellen beim Übergangsprozess zur Demokratie (32).

Rogelio Hernández Rodríguez geht es in erster Linie um eine scharfe Abrechnung mit Linksintellektuellen bzw. marxistischen Sozialwissenschaftlern und Schriftstellern in Lateinamerika während der 1960er und 70er Jahre. Dabei kommt es zu grotesken Überzeichnungen, so z.B. der, dass „die intellektuelle chilenische Linke“ indirekt für die „Militärdiktatur und Repression“ verantwortlich gemacht wird (47) und, dass viele Intellektuelle weniger wegen der Militärregimes ihr Land verlassen mussten, sondern weil sie „an liberales und demokratisches Denken glaubten“ und dies in den von Marxisten monopolisierten Universitäten nicht toleriert wurde (46f.). Dagegen schneiden die osteuropäischen Intellektuellen, mit denen sich Hernández Rodríguez im zweiten Teil seiner Ausführungen befasst, relativ gut ab, da sie am systemtransformierenden Wandel in unterschiedlichen Formen beteiligt waren.

In dem Beitrag von Edmundo Urrutia über die guatemaltekischen Intellektuellen und ihr Verhältnis zur Politik wird ein guter Überblick über die letzten fünfzig Jahre der Geschichte dieses Landes gegeben und gezeigt, dass – je nach politischen Verhältnissen – in Zeiten eines demokratischen Aufschwungs die (überwiegend linken) Intellektuellen nahe an die politischen Schaltstellen heranrückten, während in den Perioden der Diktatur und des Bürgerkriegs (mehr oder minder durchgehend von Anfang der 1960er bis Mitte der 90er Jahre) die Intellektuellen verfolgt, marginalisiert oder ins Exil getrieben wurden. Trotz partieller Demokratisierung und trotz des Friedensprozesses seit Mitte der 1990er Jahre hat sich an dieser Randstellung bis heute nach Auffassung von Urrutia nicht viel geändert, außer, dass sich nun eine Minderheit von ehemals linken Intellektuellen „in den Staatsapparat eingefügt“ (95) hat und Regierungen mit autoritärer Tradition unterstützt. Ein besonderes Augenmerk schenkt der Autor zu Recht der Frage, wie sich die Intellektuellen mit der die Mehrheit der Landesbevölkerung stellenden Indígenas in ihrem Entwurf zur Gesellschaftsveränderung auseinandergesetzt haben.

Entgegen dem Titel („Einige Hypothesen zur Beziehung zwischen den Intellektuellen und der Politik in Venezuela“) ist in dem Artikel von Alfredo Ramos Jiménez wenig von Hypothesen, mehr aber von apodiktischen Urteilen zu finden. Da er einleitend von der großen Rolle der Intellektuellen für den Demokratisierungsprozess in einer von Kommunikationsmedien zunehmend bestimmten Gesellschaft spricht, kann bei der Diagnose, dass die „bolivarianische Revolution“ eine „Revolution ohne Intellektuelle“ (103) sei, nur die Schlussfolgerung gezogen werden, dass irgendwo Defekte (bei der Demokratisierung, den Intellektuellen, den Kommunikationsmedien oder der bolivarianischen Revolution) bestehen. Für den Verfasser ist die Sache einfach und klar: Da „das Wort [...] von nun an Monopol des Anführers der Bewegung“ (109) geworden war, scheint es nach Ramos Jiménez plausibel, dass „es unter den denkenden Intellektuellen nur äußerst wenige Verteidiger der Revolution von Chávez“ (104) gibt. Wenngleich es zutrifft, dass zum Populismus und Neopopulismus ein gewisser Anti-Intellektualismus gehört, bleibt doch vieles unerörtert, zum Beispiel warum die progressiven Intellektuellen sich mit der antidemokratischen Rechten so leicht „in einen Topf werfen lassen“, wie die realen Veränderungen unter der Regierung Chávez inzwischen zu beurteilen sind etc. Die Auffassung, „dass sich letztlich nichts geändert hat und alles beim Alten geblieben ist“ (105), scheint nicht nur allzu simpel, sondern auch abwegig zu sein. Fernando Uricoechea Corena skizziert mit weitem Bogen in die Geschichte „den“ kolumbianischen Intellektuellen als überwiegend apolitisch, konservativ, staatsnah – ein Befund, der sich erst im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts zugunsten des Hinzutretens eines – immer noch minoritären – Typs des engagierten, kritischen Intellektuellen zu modifizieren begonnen hat. In einem generellen Kontext der Geringschätzung von Intellektuellen in Bolivien schildert Omar Chávez Zamorano, wie im Laufe der 1940er Jahre über die Begründung linker und nationalistischer Parteien politische Intellektuelle Einfluss auf die Politik gewannen, um den Preis der „Unterordnung der intellektuellen Aktivität unter politisches Handeln“ (136). In dem zwischen 1940 und 1980 vorherrschenden „revolutionären Modell“ der Beziehungen zwischen Intellektuellen und Politik war dieses Quelle der Inspiration, Erkenntnis und des Einflussgewinns für die Intellektuellen. Die revolutionäre Orientierung wurde aber zugunsten des Engagements für Regierungsfähigkeit im Kontext der neoliberalen Umstrukturierungen der 80er Jahre aufgeben. Dass dieser Wechsel von nicht wenigen Intellektuellen recht geräuschlos, unreflektiert und opportunistisch vorgenommen wurde, geißelt der Verfasser scharf: „Sie (diese Intellektuellen) liefen von der Seite der Revolutionäre auf die Seite der geltenden Ordnung über, ohne über ihre Vergangenheit Rechenschaft abzulegen und ohne ihre Haltung der Gesellschaft gegenüber zu erklären. Mit der gleichen Leichtigkeit, mit der sie sich der marxistischen Hoffnung hingegeben hatten, glaubten sie nun an die Versprechungen der Demokratie.“ (146). Nach dem dieses Modell seit Ende der 90er Jahre an Glaubwürdigkeit eingebüßt hatte und speziell indigene Bewegungen und Parteien einen Aufschwung erlebten, zog ein Teil der Intellektuellen sich aus der Politik zurück, ein anderer Teil, die „neuen Intellektuellen“, schürt nach Auffassung Chávez’ einen „Krieg der ethnischen Nationalismen“ (155), ohne allerdings mit den neuen Bewegungen stärker verbunden zu sein.

Alfredo Jocelyn-Holt Letelier sieht die chilenischen Intellektuellen in den letzten 40 Jahren fast immer in den Zentren der Macht, obwohl es in der politischen Orientierung bekanntlich jähe Wendungen gegeben hat. Er versucht dieses Phänomen nicht nur dadurch zu erklären, dass es eher linke und eher konservative Intellektuelle gibt, sondern vor allem weil er – entgegen der herrschenden Lesart – den dem politischen Handeln und Eingreifen zugrunde liegenden Prozess als relativ kontinuierlichen Modernisierungsprozess begreift, der so auch „Wendungen“ und „Bekehrungen“ von Intellektuellen, aus einem Lager ins entgegengesetzte zu wechseln, leichter plausibel zu machen vermag und nicht die sozialpsychologisch getönten Thesen vom „kollektiven Verrat“ der Intellektuellen bemühen muss. So originell dieser Ansatz zunächst erscheinen mag und so sehr er auch interessante und kritische Teileinsichten zutage fördert, er kann verschiedene politische Vermittlungen und insbesondere die Tatsache nicht erklären, dass es Wendeprozesse vor allem in einer Richtung, nämlich von Links nach Rechts, gegeben hat. Dies konstatiert auch der Autor recht deutlich und mit kritischem Unterton, ohne es aber hegemonietheoretisch ausreichend erklären zu können. Hugo Quiroga, der sich mit dem Verhältnis von Politik und Intellektuellen in Argentinien befasst, sieht, dass die jeweilige historische Periode ein stets anderes Verhältnis dieser beiden Elemente zueinander hervorgebracht hat. Er erkennt, dass die großen nationalen Volksbewegungen der 20er und 40er Jahre (Radikalismus und Peronismus) in einem sehr distanzierten Verhältnis zu den Intellektuellen bzw. diese zu der herrschenden Politik standen. Diese Distanz oder „Spaltung zwischen Intellektuellen und Volk“ (192), aber auch zwischen Intellektuellen und Staat, sollte sich – bis auf wenige kurze Phasen in der politischen Geschichte – regelmäßig reproduzieren. Versuche, diese Kluft zu verringern, wie zum Beispiel zeitweise unter der Präsidentschaft von Alfonsín, scheiterten immer wieder. Mit der enormen Bedeutungssteigerung der Massenmedien scheint Quiroga zu Folge der klassische Intellektuelle in der Öffentlichkeit immer weniger vorzukommen; Experten, Technokraten und Spezialisten können aber die Aufgabe eines solchen kritischen Intellektuellen nicht übernehmen. Stefan Hollensteiner vergleicht in einem sehr materialreichen und interessanten Beitrag die unterschiedliche Entwicklung linker Intellektueller in Argentinien und Brasilien während der letzten dreißig Jahre. Obwohl von ähnlichen theoretischen und politischen Positionen ausgehend und mit ähnlichen diktatorischen Regimes zeitweilig konfrontiert, haben sie sich im Übergangsprozess zur Demokratie durchaus differenziert entwickelt. Während heute die argentinischen Intellektuellen eher eine politische Randlage einnehmen, ist die Präsenz der Intellektuellen in Brasilien in den Regierungen, der Verwaltung, den Medien etc. wesentlich höher zu veranschlagen. Dies führt Hollensteiner nicht überwiegend auf einen theoretischen Kurswechsel (von revolutionären und marxistischen zur reformistischen/liberalen Positionen, eine Veränderung, die – kaum erstaunlich in einer Publikation der Konrad Adenauer Stiftung – mit einem Reifeprozess gleich gesetzt wird), sondern auf größere gesellschaftliche Kontexte, historische Traditionen, auf die Dauer und Art des demokratischen Übergangsprozesses und vor allem auf innerorganisatorische Unterschiede der jeweiligen Intellektuellen-Gruppen zurück. „Je autonomieorientierter das Selbstverständnis von Intellektuellen ist und ihre Organisation Zirkelmuster beibehält, desto schwerer tun sie sich mit den Regeln des politischen Spiels um Macht; je technokratischer ihr Selbstverständnis und institutionalisierter ihre Kollektive sind, desto leichter.“ (223)

Im letzten Beitrag vergleicht die brasilianische Soziologin Maria Susana Arrosa Soares die Ergebnisse des Seminars aus dem Jahre 2002 mit denen einer analogen Veranstaltung zwanzig Jahre zuvor und hebt hervor, dass es immer schwieriger werde angesichts der Technokratisierung der früheren Intellektuellenfunktionen einen angemessenen Begriff von den Tätigkeiten und Funktionen der Intellektuellen heute zu finden. Ihre Konklusion fällt herb, aber realistisch aus: „Seit den 1980er Jahren schwindet schrittweise das für die 1960er Jahre musterhafte Bild des lateinamerikanischen Intellektuellen als kritisches Gewissen der Gesellschaft oder das für die 1970er kennzeichnende des Revolutionärs, um dem der Logik des Möglichen angepassten und pragmatischen Intellektuellen Raum zu schaffen, der vor dem Vormarsch des Neoliberalismus und dem Versagen des Sozialismus resigniert. Die durch den schrittweisen Bedeutungsverlust der universalistischen und verpflichteten Intellektuellen hinterlassene Leere kann nun durch die ‚Kommunikatoren des Überflüssigen’ eingenommen werden, denen es mehr um Unterhaltung geht als darum, das Nachdenken, die gedankliche Auseinandersetzungen mit Kritik und Analyse der Wirklichkeit zu fördern.“ (234 f).

Krise des Neoliberalismus?

Hans-Jürgen Burchardt[8][9] zufolge befindet sich der Neoliberalismus weltweit in einer tiefen Krise, die sein baldiges Ende wahrscheinlich erscheinen lässt; aber auch seine Kritiker bewegen sich auf dem Holzweg, da sie über alle theoretischen und sonstigen Detailkritiken die Frage nach „ernsthaften Alternativen“ vernachlässigen. Durch Bestandsaufnahme und Prüfung von Zukunftsentwürfen, die sich als Alternative anbieten, will der Verfasser eine adäquate Anleitung zu einer Politik in der Phase der Zeitenwende an die Hand geben (11).

In dieser Absicht hat der Verfasser eine Fülle von Einzelbeiträgen, die ein breites Themenspektrum umfassen, zusammengetragen: neben einem historischen Rückblick auf das sozialistische Experiment in der Sowjetunion, steht ein historischer Überblicksartikel über die Entwicklung in Lateinamerika im 19. und 20. Jahrhundert, zwei – sehr kenntnisreiche – Kapitel sind Kuba gewidmet, in zweien setzt er sich mit Theoretikern auseinander, die sich mit Globalisierung befassen (u.a. Pierre Bourdieu). Schließlich geht er auf die Diskussion über Staat, Zivilgesellschaft, Demokratie und Armutsbekämpfung in der Dritten Welt ein. Am Ende skizziert er – durchaus originell – Konturen einer postkapitalistischen Gesellschaft, die sich durch Marktwirtschaft, Demokratie und relativ egalitäre Verhältnisse hinsichtlich der Chancen der Gesellschaftsmitglieder auszeichnen soll.

Diese Beiträge sind überwiegend informativ, auf breitem Studium der Sekundärliteratur beruhend und überdies gut lesbar. Man muss nicht immer mit den Bewertungen, den Tatsachenbehauptungen und Formulierungen im Einzelnen einverstanden sein, um diese aus recht divergierenden Problemzusammenhängen stammenden Artikel als anregend zu empfinden.

Ein Kapitel ist der „Bolivarianischen Revolution“ in Venezuela gewidmet, einem Kampfplatz widerstreitender Analysen und Bewertungen. Burchardt fragt, ob diese mit Hugo Chávez verbundene Politik eine Alternative zum Neoliberalismus bilde. Während der historische Hintergrund des Aufstiegs von Chávez kenntnisreich geschildert und die Intentionen seiner Politik, vor allem der Sozialpolitik, zutreffend skizziert werden, kritisiert der Verfasser die Art der Umsetzung seiner Politik. In Übereinstimmung mit anderen Beobachtern hebt er vor allem die „politische Volatilität“, die institutionelle Inkohärenz, neue Korruptionselemente sowie die paternalistischen Momente in den staatlich-zivilen Beziehungen hervor (209). Dies sind zum Teil zweifellos neuralgische Aspekte der „Bolivarianischen Revolution“, über deren Ausmaß und Bedeutung sich intensiv streiten lässt. Erstaunlich ist aber, dass der Verfasser aus diesen Punkten einige apodiktische Urteile ableitet, die nur verständlich werden, wenn a) die Erwartungen an die von Chávez ausgelösten Prozesse besonders hoch sind oder wenn b) man die vorherige Periode doch günstiger bewertet als sie zunächst geschildert worden ist. Zum Beispiel beklagt der Verfasser gelegentlich die Chávez zugeschriebene politische Polarisierung und faktische und potentielle Destabilisierung des Landes (208, 215, 219), als ob die Stabilität oder die vorherige Demokratie des „Punto Fijo“-Systems[9][10], einem nur formell demokratischen, aber in Wahrheit auf Aufteilung der Macht zwischen zwei Parteien beruhenden, im Kern antidemokratischen System, vorbildlich gewesen sei. Gerade aus der ökonomischen Logik dieses Systems resultierte die seit den 1980er Jahren extrem wachsende Polarisierung auf sozio-ökonomischer Ebene. Im Kern kann Burchardt nicht verstehen, warum es überhaupt zur Konterrevolution, Polarisierung und Putschversuch gegenüber Chávez kommen konnte, ist doch seiner Lesart zufolge alles, was Chávez gemacht hat und machen möchte, nichts Neues, sondern nur die Steigerung des Alten. Entsprechend ratlos bemerkt er: „Das Abstruse ist allerdings, daß dieser Konterrevolution zu keinem Zeitpunkt eine wirkliche Revolution vorausging“ (214). „Der Chavismus ist keine Alternative zum alten Regime, sondern vielmehr sein krisenhafter Höhepunkt“ (217). Man fragt sich, warum die Vertreter des alten Regimes und einige konservative Regierungen, vor allem die USA-Regierung, sich so sehr aufregen, wenn doch letztlich alles, was von Chávez kommt, als pure Schaumschlägerei zu bewerten ist. „Bizarr sind Vermutungen darüber, dass Chávez mit seinen Verlautbarungen den USA ein Dorn im Auge sei, was letztere gelegentlich zu destabilisierenden Aktionen verführt. Nüchtern betrachtet hat sich Chávez selbst zum treuesten Vasallen der Vereinigten Staaten gemacht: Denn mit der von ihm weiter vorangetriebenen Erdölabhängigkeit Venezuelas hängt das Überleben seines Regimes weniger von nordamerikanischen Konspirationen, sondern vom Goodwill seines größten Abnehmers ab.“ (215) Abgesehen davon, dass die vielfältigen Diversifizierungsbemühungen im Erdölabsatz, Chávez’ Rolle bei der Revitalisierung OPEC und anderes völlig übersehen wird, hätte der Autor fragen müssen, wie und in welchen zeitlichen Dimensionen eine Abkehr von der Rentenökonomie überhaupt durchführbar ist. Auch fällt die gelegentliche Inkohärenz in der Argumentation auf. Wenn Chávez nur krisenhafter Höhepunkt des alten Regimes wäre, dann passt „dass wirklich Neue“ schlecht dazu, und, „dass es ihm gelungen ist, den Armen nicht nur eine Stimme, Würde, Hoffnung und ein neues Selbstwertgefühl zu geben, sondern all dies auch noch politisch zu mobilisieren.“ (218). Einerseits geht Chávez zu weit (in dem allzu radikalen Vorgehen bei der Agrarreform, in der von ihm willentlich betriebenen Spaltung der venezolanischen Gesellschaft, die eine Steuerreform unmöglich macht etc.), andererseits ist er nicht revolutionär genug, da er die Rentenökonomie nicht antastet, das „liberalste Investitionsgesetz der Region“ (215) verabschiedet hat etc. Auch die Fakten geraten gelegentlich durcheinander. Wenn behauptet wird, dass das Steueraufkommen Venezuelas bis heute mit 20 Prozent des BIP das geringste der Region sei (215), so müsste der Autor einmal nach Guatemala, Mexiko, Honduras oder anderen Ländern des lateinamerikanischen Subkontinents schauen, wo diese Quote wesentlich niedriger liegt. Mit der Frage, ob sich aus den von Chávez angestoßenen Prozessen eine gesellschaftsverändernde Potenz entwickeln könnte, auch auf der Ebene der sozialen Bewegungen, neue Verhältnisse über Gesetzesänderungen, neue Institutionen wie z.B. den sich um Gesundheits- und Bildungsversorgung der Ärmsten kümmernden „misiones“ in den Stadtvierteln[10][11] ist B. nicht wirklich nachgegangen. Für ihn ist der Ausgang bereits klar: „Dieser kann über einen Prozess der Deinstitutionalisierung zweifelsohne zu einem Erstarken von Autoritarismus und Nationalismus führen. Fällt aber mit Venezuela eine für lange Zeit als stabil geltende Demokratie als erstes in diese Richtung, würde das Land zum Sinnbild dafür werden, wie die Ignoranz und der Egoismus nationaler Eliten gegenüber der sozialen Frage, die Inkompetenz, Macht- und Raffgier der neuen Heilsversprecher, der soziale Sprengstoff der neoliberalen Anpassung und auch die fehlende Bereitschaft der internationalen Gemeinschaft zu konstruktiver Zusammenarbeit das demokratische Regime zerbröseln ließen.“ (220f.). Die „alten Eliten“ und die „neuen Heilsversprecher“ sind also gleich übel, moralisch zu verurteilen; dies ist dann aber doch etwas wenig und man fragt sich, wo der gesellschaftskritische Ansatz, der sonst weite Teile des Buches durchzieht, hier geblieben ist.

Bei allen Meriten des Buches als ganzem ist abschließend zu fragen, ob dessen Titel gerechtfertigt ist und ob die – alle Beiträge – zusammenhaltende These von Niedergang des Neoliberalismus wirklich dargelegt oder bewiesen wurde. Mit dem zweifellos zutreffenden Hinweis des Verfassers, dass zwischen Neoliberalismus und Kapitalismus zu unterscheiden sei und letzterer noch über große Expansions- und Dynamikpotentiale verfüge (271ff.), ist die große „Zeitenwende“ ja schon auf eine „Veränderung des spezifischen Regulationsregimes des Kapitalismus“ (272) eingedampft. Aber ob auch diese vergleichsweise geringe Veränderung eher ein Wunsch des Verfassers (und seiner Leser) oder eine in der aktuellen Wirklichkeit enthaltene Tendenz ist, diese Frage nach einem eventuellen Niedergang neoliberaler Hegemonie ist in dem Buch nicht überzeugend beantwortet worden, ja vielleicht zu selten wirklich thematisiert worden.

Politik und Kultur Lateinamerikas

Das von Martina Kaller-Dietrich, Barbara Potthast und Hans Werner Tobler herausgegebene Sammelwerk[11][12] enthält eine Reihe von thematisch weit streuenden Beiträgen, die „einen Mittelweg zwischen allgemeiner Orientierung und der Diskussion besonders interessierender Spezialfragen“ (7) einschlagen. Allen Beiträgen ist aber eine strukturgeschichtliche Betrachtungsweise gemeinsam. Während Renate Pieper die langfristigen externen und internen Ursachen der Unabhängigkeitsentwicklung in Lateinamerika kenntnisreich resümiert, konzentriert sich der Beitrag von Hans-Jürgen Puhle auf die politische Entwicklung des Subkontinents im 20. Jahrhundert. Seiner Ansicht nach ist die Durchsetzung unterschiedlicher politisch-ökonomischer Orientierungen nicht so sehr auf das Gegensatzpaar von Reform versus Revolution als vielmehr auf die beiden entgegengesetzten Pole: Demokratie versus Diktatur zu beziehen. Die wichtigsten Phasen der politischen Entwicklung sieht er in der jeweiligen Dominanz „radikaler“ (linksliberaler) Parteien (1920-1940), der „national-populistischen“ Regime (1940-1960), der „autoritär-diktatorischen“ (1960-1980) sowie der Regime der „defekten Demokratie“, wie sie seit dieser Zeit bis heute dominieren. Erstaunt ist der Leser, wenn er belehrt wird, dass die „Radikale Partei“ in Argentinien (UCR) keine Beziehungen zu Unterschichten suchte (35), was z.B. den Forschungen von D. Rock[12][13] eindeutig zuwiderläuft. Da die Herausbildung autoritär-diktatorischer Regime seit den 60er Jahren nicht auf die Zuspitzung von Widersprüchen und die Engpässe des Akkumulationsregimes, sondern darauf zurückgeführt wird, dass „die alten, mehr oder weniger demokratischen Regime abgewirtschaftet hatten“ (37) und die neoliberale Wende von Paz Estenssoro 1985 in Bolivien und dessen „neoliberale Reformen“ im Jahre 2004 „als mit großem und bis heute anhaltendem Erfolg“ (39) gefeiert werden, liegt dem entweder eine „unterkomplexe“ Analyse oder ein zu großer Abstand zwischen Beitragsabfassung und Publikationszeitpunkt zugrunde. Inwiefern die sogenannten „defizitären Demokratien“ nach 1980 mit der neoliberalen Orientierung (die Puhle offenbar für empfehlenswert hält, 41) zusammenhängen, wird nicht weiter thematisiert. In diese etwas simplistische Logik passt es, wenn Puhle erklärt, dass er die Krisen in Kolumbien und Argentinien „für mittelfristig reversibel hält und für bearbeitbar durch angemessene Politik und ernsthaft daran arbeitende Eliten“ (41).

Nach einer knappen Skizze unterschiedlicher Gewaltmuster in Lateinamerika (Caudillo-Kämpfe nach der Unabhängigkeit, bäuerliche Aufstandsgewalt, Guerillabewegungen, staatliche Gewalt von Militärregimes, sozial diffuse Alltagsgewalt heute) durch Hans Werner Tobler versucht Walther L. Bernecker einen Abriss der wirtschaftlichen Entwicklung im 19. und 20. Jahrhundert zu geben (55-75). Dabei argumentiert er gegen eine missverstandene oder verzerrt dargestellte Dependenztheorie insofern, als die Außenwirtschaftsbeziehungen Lateinamerikas im 19. Jahrhundert „weder ausschließlich negativ als Hauptverursacher der lateinamerikanischen Unterentwicklung noch ausschließlich positiv als reine Modernisierungselemente von ansonsten entwicklungsunfähigen Nationalwirtschaften betrachten werden“ können (63). Eine solche Dichotomisierung ist fragwürdig, da sie gerade nicht die einseitigen Modernisierungs- und Wachstumsprozesse hervorhebt, die keine nachhaltige, autonome und endogene Entwicklungsfähigkeit schufen und damit Elemente der Unterentwicklung vorbereiteten. Nach der Skizze der einzelnen Entwicklungsetappen und der differierenden wirtschaftspolitischen Orientierungen erwähnt er am Ende die letzte Etappe unter neoliberalen Vorzeichen; er konstatiert eine „weitgehende Enttäuschung“ mit den „marktwirtschaftlichen Wirtschaftsreformen“ (72), ohne die Gründe dafür auch nur ansatzweise zu analysieren. Stattdessen gibt er den sybillinisch klingenden Rat: „Die Arbeitsmärkte müssen stärker dereguliert werden, um das Anwachsen der informellen Beschäftigung einzudämmen.“ (73) Übersetzt man informelle Beschäftigung mit deregulierter Beschäftigung, wird der vom Zeitgeist geprägte Pleonasmus deutlich.

Silke Hensel analysiert sehr informativ die Zusammenhänge von Bevölkerungsentwicklung und Migration in verschiedenen Perioden der lateinamerikanischen Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert. Bemerkenswert ist, dass gerade in jenen Staaten des „Südkegels“ (Argentinien, Chile und Uruguay), wo die Einwanderungs- und gleichzeitig die Bevölkerungszuwachsrate bis ca. 1930 am höchsten waren, seit Beginn der 50er Jahre die Geburtenrate (und damit die Bevölkerungszuwachsrate) relativ gering anstieg (83). Interessant ist ebenso, dass fast parallel zu der Beschleunigung des ökonomischen Wachstums generell das Tempo der Urbanisierung sich gleichfalls erhöhte (84f.). Migrationsprozesse als hochkomplexe Vorgänge werden auf verschiedene Ebenen (Makro-, Meso-, Mikroebene) zurückgeführt, wobei die Verfasserin den jeweiligen staatlichen Politiken und den Einwanderernetzwerken in den Empfangsländern eine besondere Bedeutung zuweist. Die empirisch reichhaltige und theoretisch anspruchsvolle Sichtweise verbindet die Verfasserin mit der Präsentation wichtiger Informationen.

Komplementär zu diesem Beitrag lässt sich der Artikel von Barbara Potthast über die Urbanisierung und den sozialen Wandel lesen. In der Schilderung einiger herausragender Fälle von „Metropolisierungsprozessen“ (Buenos Aires, São Paulo, Mexiko-Stadt etc.) unterscheidet sie solche, die eher auf Einwanderung von außen oder auf Binnenwanderungsprozessen beruhen. Parallel zum Urbanisierungsprozess und in ihm sich konkretisierender Veränderungen der vormals überwiegend agrarisch bestimmten Sozialstrukturen (Aufkommen städtischer Mittelschichten, Entstehung von Arbeitervierteln, Arbeiterbewegungen, Ausweitung weiblicher Erwerbstätigkeit) kommt es zu stärkeren Differenzierungen auch räumlicher Art in den großen, aber auch mittleren Städten Lateinamerikas. Einen Höhepunkt dieses Prozesses sieht die Verfasserin in den Entwicklungstendenzen der „Mega-Cities“ des 21. Jahrhunderts in Lateinamerika, wo die Tendenz zu abgeschlossenen Vierteln der Superreichen, aber auch der gehobenen Mittelschichten einerseits und der fast „staatsfreien“ Marginalvierteln andererseits besonders ins Auge sticht.

Im Beitrag von Bernd Hausberger werden die unterschiedlichen Suchprozesse nach verschiedenen Identitätsvorstellungen Lateinamerikas von sich selbst thematisiert, wobei im 20. Jahrhundert die Selbstdarstellungen, die Elemente der soziokulturellen Realität erfassten, zunehmend an Gewicht gewonnen haben. Die Abgrenzung gegen außen, vor allem gegenüber den übermächtigen USA, ist auch Gegenstand des Beitrags von Wolfgang Dietrich. Dabei werden nicht nur die Formverwandlungen der US-Herrschaft (von stärker militärischer bis hin zu stärker wirtschaftlich ausgerichteter Dominanzformen) untersucht, sondern vor allem auch die unterschiedlichen wirtschaftlichen und politischen Integrationsprojekte kritisch durchgegangen. Dietrich sieht den Mercosur als „emanzipatorisches Gegenstück zur panamerikanistischen NAFTA und besonders zur FTAA“ (146) an, ohne allerdings zu negieren, dass das geplante Freihandelsabkommen zwischen EU und Mercosur bislang jedenfalls ebenfalls als ein neoliberales Projekt zu betrachten ist. Ob sich durch die Häufung und Stärkung von Mitte-Links-Regierungen (Lula, Kirchner u.a.) daraus etwas grundsätzlich Anderes entwickeln könnte, wird nur sehr knapp thematisiert.

Stephan Scheuzger analysiert sachkundig und subtil die lange Vorgeschichte der gegenwärtigen indigenen Bewegungen (koloniale Unterwerfung der Urbevölkerung, Nach-Unabhängigkeitsphase und die Liberalisierungsgesetze mit der Konsequenz der tendenziellen Auflösung von Indianergemeinschaften, Indigenismus als spezifische, ambivalente Ideologie der Aufwertung, aber gleichzeitiger nationaler Einschmelzung indigener Bevölkerungsteile zum Mestizentum etc.), um dann einige Ursachen des Aufschwungs indigener Bewegungen seit den 70er und 80er Jahren zu identifizieren: weitere sozio-ökonomische Degradierung indigener Bevölkerungsteile, Verstärkung der Migrations- und Lernprozesse wachsender Gruppen von Indígenas, Rückzug des neoliberalen Staates aus der Verantwortung, Nutzung der verbesserten Artikulationsmöglichkeiten im Kontext von Redemokratisierungsprozessen etc. Am Ende werden die Forderungen der indigenen Bewegungen verallgemeinert zusammengefasst und eine überzeugende Gesamtbewertung des politischen Erfolgs indigener Bewegungen vor allem während der letzten zehn bis fünfzehn Jahre angeboten: „Letztlich ging es den meisten neueren indigenen Bewegungen um die Herstellung einer Gleichheit in der Differenz, die Anerkennung indigener Verschiedenheit in der Nation. Die Anliegen indigener Organisationen können insgesamt durchaus als Anspruch auf eine effektive gesellschaftliche Partizipation gelesen werden [...] Erfolgreich waren Bewegungen, die es verstanden, Allianzen mit nicht-indigenen Organisationen zu schließen, ihre Anliegen mit denen anderer Sektoren der Zivilgesellschaft zu verbinden und sich mit den nationalen und internationalen Diskussionen über Demokratisierung, Globalisierung, Menschenrechte oder Ökologie in Beziehung zu setzen; Bewegungen, die das Allgemeine in den besonderen Anliegen der Indigenen darzustellen und einzubringen vermochten.“ (169f.)

Gerhard Kruip entwirft eine Landkarte der religiösen und kirchlichen Tendenzen Lateinamerikas, bei der eine Bestandsaufnahme der „Theologie der Befreiung“ und ihrer aktuellen Herausforderungen im Mittelpunkt stehen. Auf diese reagiert die Befreiungstheologie und die aus ihr resultierende Praxis mit „Pluralisierungsprozessen [...], die zum Verlust von Konturen, gleichzeitig aber zu mehr Lebensnähe und größerer Flexibilität und Diversität in der Entwicklung neuer Ansätze geführt haben“ (179). Das Engagement für „die Armen“ oder neuerdings für „die Ausgeschlossenen“ bezieht sich zunehmend auch auf ethnische, kulturelle und Gender-Dimensionen. Dies geschieht im Kontext eines wachsenden kirchlichen Pluralismus vor allem durch das starke Aufkommen evangelikaler Strömungen (z.B. der Pfingstkirche), deren Angebote mittlerweile von Kruip und anderen Autoren nicht mehr eindeutig als US-gesteuert und konservativ interpretiert, sondern eher als Ausdruck eines konfessionsübergreifenden weltweiten Retraditionalisierungstrends begriffen wird. An zwei Fallstudien (Bolivien und Mexiko) demonstriert er, dass die politische Bedeutung der katholischen Kirche trotz der Zunahme von Konkurrenzkirchen und trotz des Modernisierungs- und Säkularisierungsprozesses nach wie vor als vergleichsweise hoch einzustufen ist.

Im Beitrag von Ursula Prutsch werden die populistischen Herrschaftsmethoden von G. Vargas im Brasilien der 30er und 40er und von Juan Domingo Perón und Evita Perón in den 40er und 50er Jahren in Argentinien material- und kenntnisreich beschrieben und anschließend miteinander verglichen. Der Schwerpunkt der Analyse liegt auf den medialen Mechanismen, auf der Mythenbildung, den Inszenierungen usw. Die Frage indes, auf welche Bedürfnisse diese stießen und warum sie so erfolgreich sein konnten und ebenso die Frage, welche sozialstrukturelle Konstellation diesen populistischen Herrschaftsformen und Bewegungen zugrunde lagen, tritt dabei leider fast völlig in den Hintergrund.

Das „transmediale“ Verhältnis von Film und Literatur in Lateinamerika, nicht nur in ihren wechselseitigen inhaltlichen Beeinflussungen, sondern auch bezüglich des Austausches literarischer und filmischer Techniken ist Gegenstand des interessanten Artikels von Claudius Armbruster. Er zeigt u.a., dass lateinamerikanische Romane und Filme häufig erst durch eine Neubearbeitung seitens ausländischer Regisseure weltweit bekannt geworden sind. Der Austauschprozess vollzieht sich nicht nur zwischen den unterschiedlichen Medien, sondern auch zwischen einheimischen und ausländischen Erzählern bzw. Filmemachern, so dass man bei manchen Filmberichten etc. die unterschiedlichen Elemente eines hybriden Kulturprodukts kaum noch zurückverfolgen kann. Armbruster ist der Auffassung, dass diese Form von kommerzgesteuerter Internationalisierung und Globalisierung zu einer „literatura light“ führen könne, die zunehmend von massenmedialen Möglichkeiten und Chancen bestimmt wird.

Trotz der auf den ersten Blick verblüffenden Heterogenität der Beiträge kann der Sammelband als sehr gut gelungen gelten, da er wichtige Themen entweder einer gerafften historischen Längsschnittbetrachtung unterzieht oder eher gegenwartsnahe Phänomene konzise und systematisch behandelt. Dies gilt auch für die anderen, zuvor genannten Titel, die ebenfalls überwiegend informative Überblicke zu aktuellen (teilweise auch historisch relevanten) Gesellschaftsbereichen und Politikfeldern enthalten. Vielleicht hätte insgesamt die Zuspitzung der ökonomischen und politischen Konflikte nach einer Periode neoliberaler Politik – außer im Sammelband über „Soziale Bewegungen“ – eine stärkere Gewichtung verdient. Dennoch können die vorgestellten Arbeiten sowohl für „Einsteiger“ wie auch für „Lateinamerika-Kenner“ als lohnende Lektüre empfohlen werden.

*[14] Besprechung von: Kaltmeier, Olaf/Jens Kastner/Elisabeth Tuider (Hg.): Neoliberalismus - Autonomie - Widerstand. Soziale Bewegungen in Lateinamerika, Münster: Westfälisches Dampfboot, 2004, 278 S., 24,80 €; Hofmeister, Wilhelm/H.C.F. Mansilla (Hg.) (2004): Die Entzauberung des kritischen Geistes. Intellektuelle und Politik in Lateinamerika, Bielefeld: transcript Verlag, 240 S., kart., 23,80 €; Burchardt, Hans-Jürgen: Zeitenwende. Politik nach dem Neoliberalismus, Stuttgart: Schmetterling Verlag, 2004, 319 S., € 16,80; Kaller-Dietrich, Martina/Barbara Potthast/Hans Werner Tobler (Hg.): Lateinamerika. Geschichte und Gesellschaft im 19. und 20. Jahrhundert, Wien: Promedia 2004, Edition Weltregionen, 223 S., 24,90 €.

[1][15] So wurde die politische Leitlinie für Lateinamerika seit Ende der 80er Jahre bezeichnet. Sie beinhaltet die Marktöffnung, Liberalisierung der Preise, Flexibilisierung des Arbeitsrechts, Privatisierung von Staatsbetrieben etc.

[2][16] Kaltmeier u.a. (s. o.)

[3][17] Gegenbewegung gegen die von den USA vorangetriebene lateinamerikanische Freihandelszone (FTAA oder ALCA).

[4][18] Hardt, M./A. Negri (2002): Empire. Die neue Weltordnung, Frankfurt/M.

[5][19] Holloway, J. (2004)2: Die Welt verändern, ohne die Macht zu übernehmen, Münster.

[6][20] Dies ist eine Gruppe von Intellektuellen und Studierenden aus Buenos Aires, die zahlreiche Schriften zur gesellschaftlich-politischen Situation Argentiniens verfassten und dem Ansatz von John Holloway bzw. der Zapatisten nahe stehen.

[7][21] Hofmeister/Mansilla (s. o.)

[8][22] Burchardt (s. o.)

[9][23] Benannt nach dem Ort, wo der Pakt für diese Art „Demokratie“ geschlossen wurde.

[10][24] Siehe hierzu z.B.: Dick Parker (2005): Chávez and the search for an alternative to neoliberalism, in: Latin American Perspectives, Vol. 32, No. 2 (March), S. 39ff.

[11][25] Kaller-Dietrich/Potthast/Tobler (s. o.)

[12][26] David Rock (1975): Radical populism and the conservative elite, 1912-1930, in: Ders. (Hg.): Argentina in the twentieth century, London, S. 66-87

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