„Das Kapital" und sein Gegenstand – Globalität und Vielfalt des modernen Kapitalismus

Die geschichtliche Tendenz der Akkumulation

Karl Marx und das 20./21. Jahrhundert

von Jürgen Leibiger
September 2017

Marx’ Kritik der politischen Ökonomie im ersten Band des „Kapitals“ mündet in der vielleicht wirkungsmächtigsten sozialwissenschaftlichen Vorhersage, die ein Wirtschaftswissenschaftler je getroffen hat. Sie betrifft das Schicksal der kapitalistischen Produktionsweise.

„Mit der beständig abnehmenden Zahl der Kapitalmagnaten … wächst die Masse des Elends, des Drucks, der Knechtschaft, der Entartung, der Ausbeutung, aber auch die Empörung der stets anschwellenden und durch den Mechanismus des kapitalistischen Produktionsprozesses selbst geschulten, vereinten und organisierten Arbeiterklasse. Das Kapitalmonopol wird zur Fessel der Produktionsweise, die mit und unter ihm aufgeblüht ist. Die Zentralisation der Produktionsmittel und die Vergesellschaftung der Arbeit erreichen einen Punkt, wo sie unverträglich werden mit ihrer kapitalistischen Hülle. Sie wird gesprengt. Die Stunde des kapitalistischen Privateigentums schlägt. Die Expropriateurs werden expropriiert.“[1][1]

Die Wirkungsmacht dieser Aussage ist kaum zu bestreiten, bildete sie doch die wichtigste theoretische und weltanschauliche Grundlage der Arbeiterbewegung sowie des implodierten sozialistischen Staatensystems im 20. Jahrhundert. Und im Großen und Ganzen hat sich vieles davon bestätigt. Das Bruttoanlagevermögen zum Beispiel wuchs in Deutschland seit 1850 bis heute auf fast das 40-fache.[2][2] Dieser so enorm gewachsene Reichtum befindet sich zu großen Teilen nach wie vor in privatkapitalistischem Besitz, während die Lohnabhängigen weitgehend von ihm ausgeschlossen sind. Zwar stieg deren Realeinkommen beträchtlich, aber das gilt gleichermaßen für die Produktionsmitteleigentümer. Auch die politische Geschichte gab Marx zunächst Recht. Wenige Jahrzehnte nach seinem Tod explodierten im „Zeitalter der Extreme“ (Eric Hobsbawm) die sozialen Widersprüche, und auf einem Drittel der Erde wurden die Expropriateure expropriiert.

Heute, 150 Jahre nach Marx’ Prognose, scheint wieder alles beim Alten zu sein. Die kapitalistische Produktionsweise dominiert, Konzentration und Zentralisation des Kapitals und des Reichtums auf der einen Seite sind extrem hoch, während auf der anderen Seite die Einkommen eines Großteils der abhängig Beschäftigten stagnieren und die Schicht der Armen, Prekären und Abgehängten wächst. Zuhauf erscheinen Publikationen über wachsende soziale Ungleichheit – wenn auch nicht in der Produktion, so doch zumindest in der Verteilung – und stehen sogar auf Bestsellerlisten. Autoren wie Thomas Piketty werden zu Pop-Ökonomen stilisiert, und einer der jüngsten Nobelpreise für Ökonomie ging an Angus Daeton, einen ausgewiesenen Forscher auf diesem Gebiet. Selbst die IWF-Chefin Christine Lagarde äußert sich besorgt über die wachsende Ungleichverteilung, und in den Feuilletons der bürgerlichen Blätter erscheinen Essays über die Gefahren für das bestehende Wirtschaftssystem. Nicht wenige der heutigen Anhänger von Marx sehen darin die umfassende Bestätigung seiner Akkumulationstheorie und beschwören erneut das baldige Ende des Kapitalismus.

Aber die Fakten lassen sich auch anders lesen. Schon Antonio Gramsci bezeichnete seinerzeit die russische Oktoberrevolution als eine „Revolution gegen das (Marxsche – J.L.) ‚Kapital’ “. Und obgleich sich wichtige Seiten der Marxschen Prognose bewahrheitet haben, folgten andere Elemente jahrzehntelang anderen als der vermuteten Tendenz, und über nahezu die Hälfte des vorigen Jahrhunderts hinweg ging die Ungleichheit zurück. Simon Kuznets hatte schon in den 1950er Jahren starke Argumente für seine Vermutung, dass die Ungleichheit in den hochentwickelten Ländern – er untersuchte die USA, Großbritannien und Deutschland – zunächst wuchs, dann aber wieder zurückging.[3][3] Zwar blieb der Fortschritt janusköpfig und selbst seine Segnungen verteilten sich höchst asymmetrisch, aber es war Fortschritt und das Gros der Arbeiter erlebte und empfand das durchaus auch so. Und ob oder inwieweit die kapitalistische Hülle sich nicht mehr mit dem Grad der Vergesellschaftung der Arbeit vereinbaren lässt und zu einer „Fessel“ wird, ist angesichts der Produktivkräfte, die dieses System trotz seiner Krisen und Verwerfungen hervorbringt, durchaus diskutabel. Die Produktivität wuchs zuletzt zwar langsamer als in der Rekonstruktionsperiode nach dem Zweiten Weltkrieg, aber im Vergleich zu Marx’ Zeiten eher schneller: In den fünfzig Jahren seit seiner Geburt bis zur Veröffentlichung des „Kapitals“ wuchs die Pro-Kopf-Produktion Englands – seinem bevorzugten Forschungsfeld – auf etwa das Eineinhalbfache, sie verdreifachte sich jedoch in den letzten fünfzig Jahren bis heute, während sich die Expropriation der Expropriateure im ehemals sozialistischen Lager diesbezüglich als Fehlschlag erwies. Die Krise des Systems ist unübersehbar, und eine ihrer Wurzeln liegt zweifellos in seinen von Marx analysierten inneren Widersprüchen. Heute wirken jedoch auch Widersprüche, die „quer“ zum Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit liegen, die Welt ist wesentlich komplexer und differenzierter als das England des 19. Jahrhunderts, und die einfachen Formeln, mit denen die in den Kinderschuhen steckende Arbeiterbewegung mobilisiert werden konnte, ziehen nicht mehr.

Gründlich, wie er war, fügte Marx seiner Analyse hinzu, das allgemeine Gesetz der Akkumulation werde wie jedes andere Gesetz auch „in seiner Verwirklichung durch mannigfache Umstände modifiziert…“.[4][4] Seine Formulierung bezüglich des tendenziellen Falls der Profitrate greift auch hier: „Es müssen gegenwirkende Einflüsse im Spiel sein, welche die Wirkung des allgemeinen Gesetzes durchkreuzen und aufheben und ihm nur den Charakter einer Tendenz geben …“[5][5] Diese Umstände sind es, welche die von ihm postulierte historische Tendenz der Akkumulation zeitweilig fast bis zur Unkenntlichkeit modifizierten.[6][6] Dabei geht es nicht um das Kapital im Allgemeinen, sondern um die komplexen und widersprüchlichen Wechselwirkungen von ökonomischen und politischen Faktoren, oder, um es mehr theoretisch zu formulieren, um die Dialektik von Basis und Überbau und die reale Bewegung des Kräfteverhältnisses der sozialen Klassen sowie die daraus resultierende historisch tatsächlich verwirklichte Bewegung der Akkumulation des Kapitals.

Die von Marx in den Mittelpunkt seiner Gesetzesableitung gestellten wirtschaftlichen Prozesse müssen dazu einer historisch konkreten Analyse unterworfen werden. Sofern es künftige Entwicklungen betraf, waren einige dieser Umstände kaum voraussehbar, aber wesentliche theoretische Elemente finden sich bei ihm durchaus. Er maß ihnen seinerzeit aber wohl nicht die Bedeutung bei, die sie dann im 20. Jahrhundert tatsächlich haben sollten. Andere Umstände wären, hätte er den ursprünglichen Plan seines Werks verwirklichen können, möglicherweise in den Teilen über den Staat und die Weltmarktkrisen behandelt worden. Es sei aber auch darauf verwiesen, dass neben dem „esoterischen“ Marx, der das innere Wesen des Kapitals enthüllte, auch ein „exoterischer“ Marx existierte, der politische Wünsche und Ziele mit der Wirklichkeit und ihren Tendenzen vermischte und über seine ökonomische Analyse gelegentlich politisch hinausschoss.[7][7]

1. Die Entwicklung der Lage der Arbeiterklasse

Nach Marx verschlechtert sich die Lage der Arbeiterklasse unabhängig davon, wie sich ihr Lohn verändert, weil ihre Stellung als abhängige und ausgebeutete Klasse davon unberührt bliebe. Trotzdem kreisen große Teile des Kapitels, in dem er das allgemeine Gesetz der Akkumulation behandelte, nicht um diese Abhängigkeit und Entfremdung, sondern um die Frage der Lohnentwicklung als Funktion der Kapitalakkumulation. Und es wäre natürlich absurd, die Frage der Entwicklung der Lage der Arbeiterklasse behandeln zu wollen, ohne die Entwicklung jener Größe zu beachten, von der ihre Reproduktion zuallererst abhängig ist. Gemessen daran hat es statt Verelendung und Klassenpolarisation über lange Zeiten hinweg eine absolute wie auch eine relative Verbesserung der Lage gegeben. Die Reallöhne stiegen und ihr Anteil am Volkseinkommen erhöhte sich vor allem in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis Mitte der 1970er Jahre (vgl. Abbildungen 1 und 2).

Aber schon vorher reduzierte sich die Arbeitszeit dramatisch, und trotz steigender Arbeitsintensität verbesserte sich der Gesundheitszustand der Lohnabhängigen, und die Lebenserwartung erhöhte sich. Dem Kapital wurden bedeutende wirtschaftsdemokratische und politische Rechte abgerungen. Würden in die Analyse der Lage der Arbeiterklasse die heute üblichen Indikatoren (Einkommen und Vermögen, Beschäftigung, Wohnverhältnisse, Gesundheit und Bildung, soziale Inklusion, Umweltqualität, Möglichkeiten bürgerschaftlichen Engagements, persönliche Sicherheit usw.) einbezogen, so gäbe es zwar ein differenziertes Bild, aber der Vergleich zu Marx’ Zeiten fiele bezüglich der meisten Indikatoren zugunsten der Gegenwart aus.

Jüngst hat auch Thomas Piketty gezeigt, dass die Ungleichheit in der Verteilung von Einkommen und Vermögen geschichtlich nicht durchgängig zunahm, sondern vielmehr eine U-förmige Entwicklung aufweist (Abbildungen 3 und 4). Sie erreichte um den Ersten Weltkrieg herum einen Höhepunkt, um sich dann bis Mitte der 1970er Jahre zu verringern. Seitdem erhöhte sie sich wieder.

Natürlich beziehen sich Pikettys Daten nicht direkt auf die Lage der Arbeiterklasse, und seine Erklärung, in der Produktionsverhältnisse und soziale Kämpfe überhaupt keine Rolle spielen, hat wenig bis nichts mit dem Marxschen „Kapital“ zu tun. Die Kennziffer der Ungleichheit in der personellen Einkommens- und Vermögensverteilung vermag die Klassenlage nicht zu erfassen. Und in gewisser Weise kann das auch für die Lohnquote gesagt werden, weil Arbeiter auch Vermögenseinkommen und Kapitaleigner auch Lohneinkommen beziehen können. Eine Tendenz der Verteilung spiegeln sie jedoch durchaus wider. Stefan Krügers Berechnungen der Ausbeutungsrate für die Bundesrepublik seit 1950 oder die von Michael Roberts für die USA bestätigen das (Abbildungen 5 und 6).[8][8]

Mehrwertrate BRD/D

nach Stefan Krüger

Die Arbeiter haben heute mehr als nur ihre Ketten zu verlieren, und völlig zu Recht wird die Entwicklung der letzten drei, vier Jahrzehnte als soziales und politisches Rollback oder „regressive Moderne“ (Oliver Nachtwey) charakterisiert, als ein erfolgreicher Angriff des Kapitals auf soziale Errungenschaften der subalternen Klassen im 20. Jahrhundert. Also: Welche modifizierenden Umstände wurden wirksam?

Einflüsse auf die Lohnbewegung

(1) Marx betrachtete die Lohnhöhe als eine von Umfang und Energie der Akkumulation abhängige Größe. Steigender Umfang erhöhe die Nachfrage nach Arbeitskräften und die Löhne bis zu einem gewissen Punkt, bevor ein – in heutigen Worten – Profitsqueeze eintrete, die Akkumulation einen Rückschlag empfange und die Nachfrage nach Arbeitskräften und dementsprechend die Löhne wieder sänken. Die steigende organische Zusammensetzung des Kapitals führe zudem dazu, dass die Akkumulation tendenziell höheren Umfang haben müsse, um eine bestimmte Beschäftigung zu schaffen. In dieser Erklärung fehlen verschiedene Momente der Lohnbewegung, auf die Marx an anderen Stellen einging, die er aber im „Tendenz-Kapitel“ nicht als entgegenwirkende Faktoren behandelte.

Zu einem ersten Moment: Das Kapital kann nur in dem Maße wachsen, wie sich die Wertsumme der Waren in der Zirkulationssphäre tatsächlich realisieren lässt. Entfernt sich die Kapitalakkumulation zu weit von der zahlungsfähigen Nachfrage, kommt es also zu Überakkumulation und Überproduktion, wird sie in der Krise wieder zurückgeworfen; Kapital wird vernichtet. Eine Zeitlang mag die Konsumgüternachfrage der Kapitaleigentümer und des Staates (Beispiel Rüstungskonjunktur) oder – wird nur ein Land betrachtet – der Export eine zu geringe Nachfrage nach Lohngütern ausgleichen. Die aus den Löhnen resultierende Nachfrage macht jedoch den größten Teil der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage aus. Der Fordismus des 20. Jahrhunderts ist deshalb dadurch gekennzeichnet, dass sich Löhne lange Zeit ähnlich wie die Produktivität entwickelten.

Zweitens: Die Reproduktionsaufwendungen der Arbeitskraft sind abhängig von der Masse an Gütern, die dafür erforderlich sind und dem gesellschaftlich durchschnittlichen Aufwand zur Reproduktion ihrer einzelnen Exemplare. Die Entwicklung der Produktivkräfte wirkt also widersprüchlich: wertsenkend, soweit die Produktivität steigt, wertsteigernd, soweit sie mehr und neue Lohngüter erforderlich macht. Letzterer Aspekt verbirgt sich hinter Marx Formulierung vom „historisch-moralischen Moment“ der Bestimmung des Werts der Arbeitskraft. Der langfristige Anstieg der Reallöhne signalisiert einen steigenden Wert, wobei er nicht mit dem Grad der Kompliziertheit der Arbeit und ihrer Intensität Schritt hielt. Das heißt, der Mehrwert steigt nicht durch den sinkenden Wert der Arbeitskraft, sondern durch Erhöhung ihrer wertschöpfenden Potenz und die Verdichtung des Arbeitstags. Als der erste Band des „Kapital“ geschrieben wurde, hatte die zweite industrielle Revolution noch nicht eingesetzt. Die Neuerungen in der Elektrotechnik, in der Chemie und im Verkehrswesen erforderten ganz andere Arbeitskräfte, als sie von Marx vorgefunden und beschrieben worden waren. Diese Entwicklung war mit verelendeten, unwissenden und degradierten Arbeitern nicht machbar. Der neue Typ des Lohnarbeiters, der Facharbeiter, war hochgebildet und selbstbewusst und verfügte teilweise sogar über Hochschulbildung. Teile der Arbeiterklasse gehörten nicht länger zur „Unterschicht“, sondern wurden Bestandteil der so genannten Mittelschicht. Die zur Reproduktion der Arbeitskraft erforderliche Breite und Menge der Lohngüter hatte sich im Vergleich zu Marx’ Zeiten stark erhöht.

Ein drittes Moment ist die soziale Absicherung der Reproduktion der Arbeitskraft. Mit den Sozialversicherungssystemen, der Ablösung des familien- und kinderbasierten Systems durch öffentliche und private Versicherungen war das Sparen, also Vermögensbildung auch durch die Arbeiter verbunden. Das deutsche Umlagesystem führte zu sozialem Anspruchsvermögen; in Ländern mit privat finanzierten Versicherungen kommt es zur Bildung von Geldvermögen auch bei Arbeitern in einem zu Marx Zeiten undenkbaren Ausmaß. In den USA gehören die privaten, betrieblichen und öffentlichen Rentenkassen inzwischen zu den größten Vermögensverwaltern und Finanzunternehmen überhaupt.

Stärke und Organisationskraft der Arbeiterbewegung

(2) Die Entwicklung der Arbeiterbewegung, ihre Stärke und Organisationskraft ist von diesem Wandel in den Arbeitsinhalten und den Reproduktionserfordernissen nicht zu trennen. Schon die Reduzierung der Arbeitszeit und der Kinderarbeit war nicht primär das Werk einsichtiger Kapitalisten und ihrer politischen Interessenvertreter, sondern signalisierte eine neue Stärke der Arbeiterklasse. Diese entfaltete sich im 20. Jahrhundert noch mehr als dies im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts der Fall gewesen war. In den beiden Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg explodierte der gewerkschaftliche und parteipolitische Organisationsgrad der Arbeiter. Das heißt, die Arbeiterklasse hatte auch die Kraft, die neuen Erfordernisse ihrer Reproduktion geltend zu machen. Dies geschah, noch bevor mit dem sozialistischen Lager ein Systemwettbewerb begann, der dann nach dem Zweiten Weltkrieg freilich eine bedeutende Rolle spielte. Allerdings sollte auch nicht unterschätzt werden, dass die Bourgeoisie schon viel früher auf das „Gespenst des Kommunismus“ reagierte. Die Einführung einer Sozialversicherung durch die Regierung Bismarck beruhte nicht allein auf der Einsicht in die neuen Erfordernisse der Reproduktion, sondern war auch eine Reaktion auf die „gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialisten“, wie es in der Gesetzespräambel des „Sozialistengesetzes“ formuliert wurde. Dieses Damoklesschwert von Revolution und Sozialismus spielte fortan keine geringe Rolle für das Handeln der Kapitalvertreter in der Auseinandersetzung mit der Arbeit.

Zunahme staatlicher Funktionen

(3) Seit der Veröffentlichung des „Kapital“ wurde der Staat immer stärker zu einem zentralen Element des gesamtwirtschaftlichen Reproduktionsprozesses, und zwar sowohl der Reproduktion der Arbeitskräfte wie der des Kapitals. Die Staatsquote, das Verhältnis der Staatsausgaben zum Bruttoinlandsprodukt, lag zu Marx und Engels Zeiten kaum über 10 Prozent, heute liegt dieser Wert international zwischen 30 und 50 Prozent, teilweise noch darüber. Die wachsende Bedeutung des Staates ist zum einen auf zunehmende Vergesellschaftung der Arbeit und wachsende Bedeutung allgemeiner Reproduktionsbedingungen zurückzuführen, worauf noch zurückzukommen sein wird. Zum anderen ergaben sich wachsende Anforderungen an die Reproduktion der Arbeitskraft im Bereich von Bildung, Kultur, Gesundheit usw. Manche dieser Erfordernisse verlangen von vornherein staatliche Aktivitäten, andere könnten zwar privat finanziert werden, sind dann jedoch teurer und erhöhten den Wert der Arbeitskraft stärker. Die Unterschiede können anhand der privaten Systeme in den USA und der öffentlichen Systeme in Europa besichtigt werden und erklären teilweise auch die Lohnunterschiede zwischen diesen Ländern. Aber selbst in den USA konnte auf staatliche Formen der Reproduktion der Arbeitskraft nicht gänzlich verzichtet werden.

Die Erweiterung der Funktionalitäten des Staates erzwang ab dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts umfassende Reformen der Staatsfinanzen mit neuen Steuern und Abgaben sowie Tarifen; es entwickelte sich der moderne Steuerstaat. Eine wesentliche Neuerung war neben der Einführung der Erbschaftsteuer die Anwendung progressiver Einkommensteuertarife, das heißt die überdurchschnittliche Besteuerung höherer Einkommen. Marx und Engels hatten im „Kommunistischen Manifest“ die Errichtung einer progressiven Steuer als eine der ersten Maßnahmen nach einer siegreichen proletarischen Revolution gefordert; nun sah sich die Bourgeoisie selbst dazu gezwungen. Nach Piketty ist diese Steuer neben der Zerstörung von Vermögen in den Weltkriegen ein Grund dafür, dass die Einkommens- und Vermögenspolarisierung im 20. Jahrhundert zunächst nicht weiter stieg, sondern sogar sank, weil die Ungleichheit der verfügbaren Einkommen infolge der Steuerprogression und der Transferzahlungen niedriger als die der Bruttoeinkommen ist.

Internationalisierung von Produktion und Kapital

(4) Hinzu kam, dass sich im 20. Jahrhundert mit der Internationalisierung von Produktion und Kapital neue Territorien der Ausbeutung auftaten. Damit erhöhte sich zwar einerseits die Konkurrenz unter den Arbeitern im internationalen Maßstab. Andererseits kann damit der binnenwirtschaftliche Druck steigender Löhne auf die Kapitalverwertung kompensiert werden. Die Arbeiterklasse und vor allem ihr bestbezahltes Segment, die so genannte Arbeiteraristokratie, partizipierten von dieser Entwicklung. Die Verelendungstendenz wurde teilweise in die „dritte Welt“ ausgelagert und die billigen Arbeitskräfte und Rohstoffe dieser Länder stützten die Kapitalverwertung der Mutterländer des Kapitals auch unter den Bedingungen dort steigender Reallöhne.

Neoliberale Offensive

(5) Die Verringerung der Ungleichheit innerhalb der Kernländer des Kapitalismus wurde in den 1970er Jahren gestoppt und es kam zu einer erneuten scharfen Trendänderung in der Bewegung der Lohnquote und der Ausbeutungsrate. Es begann die Erosion der Mittelschicht, die Senkung ihrer Aufwärts- und die Verstärkung der Abwärtsmobilität ihrer unteren Ränder. Kern einer Erklärung dafür ist die Veränderung der objektiven Bedingungen der Reproduktion von Arbeit und Kapital in Wechselwirkung mit ihrem Kräfteverhältnis. War die Arbeiterklasse, die die Hauptlast der beiden Weltkriege getragen hatte und moralisch gestärkt aus ihnen hervorging, nach 1945 stärker und einflussreicher geworden, so veränderte sich die Situation mit dem Auslaufen der Rekonstruktionsperiode. Die Entwicklung der Produktivkräfte führte zu einer weitreichenden Umstrukturierung der Wirtschaft, in der die traditionellen industriellen Hochburgen der Arbeiterklasse geschleift wurden. Ihre zunehmende Segmentierung und der Aufstieg der Dienstleistungs- sowie der Informations- und Kommunikationswirtschaft mit veränderten Arbeitsinhalten und Organisationsformen der Produktion, die den gewerkschaftlichen Einfluss erschweren, sowie die stärkere Ausdifferenzierung von Lebensweise und Habitus der abhängig Beschäftigten veränderten das Kräfteverhältnis zwischen Kapital und Arbeit. Die neoliberale Wende, die in den 1970er Jahren in allen hochentwickelten Ländern begann, war Ausdruck dieser neuen Verhältnisse und untermauerte sie.

Durch die Weltkriege hatte sich die Zunahme der internationalen Arbeitsteilung und der Internationalisierung des Kapitals zunächst nicht nur verlangsamt, sondern war teilweise zurückgeworfen worden. Mit den 50er/60er Jahren beschleunigten sie sich erneut; es kam zu einer verstärkten Globalisierung. Sie ermöglichte es dem Kapital, den sozialen und Lohnforderungen sowie den Anforderungen der Staatsfinanzierung im Zuge der Standortkonkurrenz partiell auszuweichen. Der Zusammenbruch des sozialistischen Ostblocks und die zunehmende Einbeziehung der Entwicklungsländer in die Kapitalreproduktion verstärkten diesen Prozess. Der Übergang von nicht wenigen dieser Länder in den Status von Schwellenländern und ernstzunehmende wirtschaftliche Konkurrenten verschärfte auch die internationale Konkurrenz der Arbeiter. Produktionsverlagerungen und Warenimporte setzten die Arbeiterklasse und ihre Organisationen in den hochentwickelten Ländern unter Druck und verminderte ihre Verhandlungsmacht gegenüber dem Kapital und dessen politischen Institutionen.

Es ist eine bittere Ironie der Geschichte, dass trotz der wachsenden, intensiven Einbeziehung der Arbeiter der ehemals „dritten Welt“ in den Kreislauf der globalen Ausbeutung das vielleicht viel ernstere Problem die Exklusion eines großen Teils der dort nach wie vor wachsenden Bevölkerung aus diesen reproduktiven Zusammenhängen besteht. Dieser Teil bildet eine gigantische Reservearmee der globalen Kapitalverwertung. Sie ist trotz ihres Elends nicht Teil jener Arbeiterklasse, die, wie Marx schrieb, durch den „Mechanismus des kapitalistischen Produktionsprozess selbst geschult, vereint und organisiert“ ist. Sie gleicht eher jener landlosen Bevölkerung in der Entstehungszeit des Kapitalismus, die erst die Landstraßen und dann die Armen- und Arbeitshäuser bevölkerte. Eine Milliarde absolut Arme, die mit weniger als 1,95 Dollar pro Kopf und Tag am physischen Existenzminimum – oder sogar darunter – leben, 800 Millionen Hungernde, 8 Millionen jährlich an Unterernährung oder Mangel Sterbende, 210 Millionen registrierte Arbeitslose (ganz zu schweigen von den nicht registrierten), über 60 Millionen Flüchtlinge. Das Land und die Ressourcen, die ihre Ernährung und Reproduktion sichern könnten, verlieren sie durch Kriege, Landnahme oder Klimaschäden, und ihre Empörung, sofern sie nicht überhaupt blind ist oder politisch missbraucht wird, zielt zumeist auf Inklusion in die kapitalistische Reproduktion.

2. Konzentration und Zentralisation des Kapitals[9][9]

Marx ging von einer Klassenpolarisierung aus. „Je ein Kapitalist schlägt viele tot“ schrieb er und glaubte, die Zahl der Kapitalmagnaten nehme ab. Er zeigte auch entgegenwirkende Ursachen auf und erwähnte zum Beispiel, dass mit der Akkumulation die Anzahl der Kapitalisten wachsen und sich eine „Zersplitterung des Gesamtkapitals in viele individuelle Kapitale“ vollziehen könne.[10][10] Als historische Tendenz würden aber letztlich die Konzentration und Zentralisation des Kapitals auf der einen und die Proletarisierung auf der anderen Seite dominieren. Alle „übrigen Klassen verkommen und (gehen) mit der großen Industrie unter.“ Deshalb gehe es schließlich um „Expropriation weniger Usurpatoren durch die Volksmasse.“[11][11]

Und in der Tat kam es um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zu einer Welle an Fusionen und anderen Verflechtungsbewegungen, und Lenin konstatierte einen Wandel von der Konkurrenz zum Monopol. Zum typischen Herrscher der Welt werde „nunmehr das Finanzkapital, das besonders beweglich und elastisch, national wie international besonders losgelöst ist, das sich besonders leicht konzentriert und bereits besonders stark konzentriert hat, so dass buchstäblich einige hundert Milliardäre und Millionäre die Geschicke der ganzen Welt in ihren Händen halten.“[12][12] Auch in der bürgerlichen Ökonomie wird das Phänomen theoretisch und praktisch registriert; in den USA wurde in Form des Sherman-Acts ein erstes Anti-Kartell-Gesetz verabschiedet. Und vielfach neigten marxistische Wirtschaftswissenschaftler zu einer Art Extrapolation jenes Trends, an dessen Ende nur wenige Großkapitale und Oligarchen und womöglich nur wenige Monopole, die Ablösung der Konkurrenz durch das Monopol stünden.

Der Trend setzte sich jedoch nicht mit der anfänglichen Wucht fort und wurde in der weiteren Geschichte durch das Gewicht entgegenwirkender Faktoren modifiziert und teilweise gebrochen. Die Konkurrenz wurde keineswegs außer Kraft gesetzt und bestehende Monopolstellungen wurden immer wieder aufgehoben.

Die Zahl der Fusionen – in Abbildung 7 das Beispiel der USA – schwankte stark und verminderte sich zeitweise drastisch.[13][13] Würden die von dem deutschen Wirtschaftshistoriker Walter G. Hoffmann in den 1950er Jahren ermittelten Zahlen des Wachstums der Konzentration im verarbeitenden Gewerbe Deutschlands seit dem Ende des 19. Jahrhunderts extrapoliert, gäbe es in der Tat längst nur noch ein einziges Großunternehmen. In Wirklichkeit stieg die Zahl der Unternehmen jedoch weiterhin an (Abbildung 8).

Das Fusionskarussell der jüngsten Jahrzehnte fußt auch auf der Existenz einer großen Zahl von Unternehmen, die durch andere Unternehmen vereinnahmt werden können. Selbst während der jüngsten Konzentrations- und Zentralisationswelle wurde der Bestand an kleinen und mittleren Unternehmen (KMU = Unternehmen mit bis zu 249 Beschäftigten) nicht nennenswert beeinträchtigt; teilweise wächst er sogar weiter. In Europa sind zwei Drittel aller Beschäftigten nach wie vor in KMU tätig, sie erbringen über der Hälfte der Wertschöpfung. In Deutschland spielen die KMU eine etwas geringere, aber durchaus bedeutende Rolle; etwa 63 Prozent aller Erwerbstätigen sind in KMU beschäftigt, die einen Anteil an der Wertschöpfung von um die 55 Prozent haben.[14][14] Der Konzentrationsgrad der deutschen Wirtschaft – gemessen am Anteil der größten Konzerne am deutschen Markt – ist in den letzten Jahren bis auf den Finanzbereich nicht nennenswert gestiegen und in manchen Segmenten vollziehen sich sogar De-Konzentrationsbewegungen. (Abb. 9 und 10).

Allerdings erzählen diese Zahlen nicht die ganze Geschichte. In wichtigen Wirtschaftszweigen weisen oft einige wenige Großkonzerne eine absolut beherrschende Stellung auf; sie operieren in der Marktform von Oligopolen. Und würde die Untersuchung statt auf Einzelunternehmen auf Unternehmensverbünde bezogen, änderte sich dieses Bild. Von den 3,6 Millionen Unternehmen gehören 115.000 zu Unternehmensgruppen, in denen etwa zwei Drittel aller in Unternehmen beschäftigten Erwerbstätigen arbeiten, die nahezu drei Viertel des Umsatzes aller Unternehmen realisieren.[15][15]

Die Frage der wirtschaftlichen Beherrschung von Unternehmen außerhalb solcher Verbünde, die sich über ökonomische und politische Formen einer spezifischen Subsumtion vollzieht, das heißt, die Frage nicht nach der Marktform, sondern nach dem Monopol als einem spezifischen Produktionsverhältnis, ist mit diesen Zahlen allein gar nicht zu beantworten.

Trotzdem bleibt die Frage, warum sich ein so breiter und wirtschaftlich durchaus auch erfolgreicher unternehmerischer Mittelstand entwickeln konnte und nicht längst von ein paar Monopolen oder Oligopolen eliminiert wurde. Weshalb kam es historisch nicht durchgängig zu einer Vereinheitlichung und Polarisierung, sondern zu einer sehr differenzierten Kapitalstruktur? Warum vollzog sich die Monopolisierung der Wirtschaft im 20. Jahrhundert nicht primär in jener Form der Konzentration und Zentralisation, wie sie Marx beschrieben hatte? Und schließlich: Was sind die Ursachen des sich in jüngster Zeit international wieder extrem beschleunigenden Konzentrations- und Zentralisationsprozesses?

Produktinnovationen und Unternehmensgründungen

(1) Die Entwicklung der Produktivkräfte manifestierte sich nicht nur in Form der von Marx in den Mittelpunkt gestellten Verbesserung von Produktionsmitteln und in Prozessinnovationen, sondern auch in der erheblichen Verbreiterung der Konsumgüterproduktion. Im vergangenen Jahrhundert entstand eine Vielzahl neuer Wirtschaftszweige auf der Grundlage von Produktinnovationen und Unternehmensgründungen. Nicht selten ging die Entwicklung von zunächst kleinen Unternehmen aus. Immer wieder kam und kommt es zur Abstoßung von Unternehmensteilen, zu Outsourcing und Verschlankung oder zur Konzentration auf das Kerngeschäft, weil Größenvorteile in manchen Fällen nicht existieren oder zu gering ausfallen. Und daraus entstehen zwar oft, aber keineswegs immer abhängige Unternehmen. Die Anzahl der Einzelkapitale sank also keineswegs, und selbst in der jüngsten Zeit mit ihren Fusionswellen stieg sie, nur unterbrochen durch die krisenbedingte Insolvenzwelle im Jahr 2008, weiter an. Neue Unternehmen und Konzerne relativierten die einmal errungene Stellung älterer Monopole, verdrängten sie aus angestammten Machtstellungen oder pulverisierten sie sogar. Beispielhaft seien der Aufstieg der Kraftfahrzeug- oder der Luftfahrtindustrie und die Erosion der Dominanz der alten Schwerindustrie genannt. In der jüngsten Geschichte wiederholte sich das im Bereich der Informations- und Kommunikationsindustrie. Seit den 1960er Jahren überholte der Dienstleistungssektor die traditionelle Industrie. Und angesichts der Stellung, die das etablierte Bankkapital im 20. Jahrhundert errungen hatte, war es eigentlich kaum vorstellbar, dass neue Finanzinstitute in den Finanzmarkt vordringen könnten. Tatsächlich aber bildete sich ein Bereich von Schattenbanken heraus, der diese dominierende Stellung untergrub und keineswegs nur als Anhängsel alten Bankkapitals existiert. Der Vermögensverwalter Blackrock wurde 1995 gegründet und verwaltet heute ein Vermögen von nahezu 5 Billionen US-Dollar, mehr als jedes andere Finanzinstitut weltweit. Er kam fast aus dem Nichts und verdrängte traditionsreiche Bankkonzerne, deren Monopolstellung unabänderlich schien, aus ihrer einflussreichen Position.

Internationalisierung und Globalisierung

(2) Auch das Wachstum des Weltmarktes, die Internationalisierung der Produktion, die Globalisierung der Wirtschaft und wachsende Bedeutung des Kapitals der Schwellenländer relativierten die Monopolstellung der Konzerne der alten Zentren des Kapitalismus. Beispielhaft sei der Aufstieg des japanischen Kapitals in den Bereichen der Kraftfahrzeugindustrie und der Mikroelektronik genannt oder die Etablierung Chinas als neue Werkbank der Welt. Vor wenigen Jahren wurden wir Zeugen der Auflösung der so genannten Deutschland-AG, der Verflechtung großer Industrieunternehmen mit weniger als einer Handvoll deutscher Finanzinstitute zugunsten internationaler Kapitalverflechtungen. Das jüngste deutsche Monopolgutachten konstatiert eine Verminderung der Verflechtung der größten deutschen Unternehmen untereinander. Obwohl unter den weltweit größten Industriekonzernen immer noch US-Unternehmen dominieren, rücken allmählich andere Länder vor. Im Finanzbereich gehören Staatsfonds aus China oder dem Nahen Osten heute zur Spitzengruppe der Vermögensverwalter.

Staatliche Einflüsse

(3) Der Prozess der Konzentration und Zentralisation wurde durch staatliche Einflüsse und Zielsetzungen erheblich beeinflusst. Sie können nicht allein als passiver Reflex der Verwertungserfordernisse des Kapitals betrachtet werden. Die so genannte „politische Klasse“ vermittelt nicht nur zwischen widerstreitenden Interessen unterschiedlicher Kapitalfraktionen, sie entwickelt durchaus eigenständige Interessen und Strategien. Die in der Theorie vom Staatsmonopolistischen Kapitalismus erfasste Tendenz zur Verflechtung von Staat und monopolisiertem Kapital wird immer wieder auch dadurch modifiziert, dass der Staat Gegenstand und Feld der Klassenauseinandersetzung, „materielle Verdichtung von Kräfteverhältnissen“ (Nicos Poulantzas) ist und der Vermittlungsprozess zwischen Kapital und Staat immer über politische Institutionen erfolgt und damit auch andere als nur wirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten wirken. Die Wettbewerbsgesetzgebung oder die Mittelstandsförderung mögen in mancher Hinsicht zahnlose Tiger sein; völlig wirkungslos bleiben sie nicht und sind mehr als eine Beruhigungspille für die Befürworter einer Konkurrenzwirtschaft oder die Kritiker der Machtkonzentration. Und neben anderen politischen Umbrüchen wie beispielsweise Roosevelts New Deal und seinen Eingriffen in die US-amerikanische Bankenmacht führten insbesondere die beiden Weltkriege und das spätere Wettrüsten zu Veränderungen im Gefüge der Konzernstrukturen. Die Entflechtung der westdeutschen Großkonzerne durch die Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg ist neben anderen Faktoren mit dafür verantwortlich, dass der Konzentrationsgrad der westdeutschen Wirtschaft zunächst sank. Und eine starke und organisierte Klasse von Lohnabhängigen hat natürlich Einfluss auf die Staatspolitik und ihre Ausprägung. Das Wirken des Staates im zeitgenössischen Kapitalismus mit seinem hohen Grad des gesellschaftlichen Charakters der Arbeit entzieht darüber hinaus bestimmte Bereiche den kurzfristigen Verwertungsinteressen und sichert damit das System der Kapitalverwertung insgesamt.

Neuer Schub von Konzentration und Zentralisation

(4) Im Verlauf des 20. Jahrhunderts waren dem grenzüberschreitenden, globalen Konzentrationsprozess vor allem durch die zwischenimperialistischen Gegen-sätze, die beiden Weltkriege und die Blockkonfrontation Grenzen gesetzt. Die jüngste Entwicklung ist seit den 1970er Jahren durch einen erneuten Schub in der Konzentration und Zentralisation des Kapitals vor allem in der Spitzengruppe der internationalen Großkonzerne gekennzeichnet. Eine derartige Welle von Fusionen hat die Welt noch nicht gesehen. Sie ist die spezifisch kapitalistische Reaktion auf Erfordernisse der Vergesellschaftung der Arbeit in globaler Dimension und steht in einem engen Bezug zur Finanzialisierung der Wirtschaft, der finanzkapitalistischen Kehrseite dieser Vergesellschaftung. Die Politik reagierte auf diese Erfordernisse der Kapitalverwertung mit der Liberalisierung der Finanzmärkte hinsichtlich der verschiedenen Formen von Finanzanlagen und mittels des Abbaus nationaler Kapitalverkehrskontrollen. Schweizer Forscher ermittelten vor zehn Jahren die Verflechtungen internationaler Konzerne und deren daraus resultierenden wirtschaftlichen Einfluss. Von 43.060 Konzernen sollen 1.318 Firmen mit ihrem eigenen Umsatz und über die von ihnen gehaltene Aktienpakete an durchschnittlich 20 anderen Großkonzernen vier Fünftel der am Umsatz gemessenen Weltwirtschaft dominieren. Die Elite der Elite – das sind 147 global player, die nicht nur über ihr eigenes Schicksal entscheiden, sondern auf rund 40 Prozent der Weltwirtschaft Einfluss nehmen.[16][16] In einer jüngeren Arbeit mit 200 Porträts des Spitzenpersonals global agierender Großkonzerne wird gezeigt, dass diese 200 Akteure unmittelbar über 40 Billionen Dollar Vermögenswerte disponieren.[17][17] Zum Vergleich: Im untersuchten Jahr 2015 betrugen das globale Bruttogeldvermögen 155 Billionen, das Welt-BIP lag bei 77 Billionen und die globale Marktkapitalisierung börsennotierter Unternehmen bei 62 Billionen Dollar.[18][18] Diese 200 Kapitalfunktionäre sind zwar alle sehr, sehr reich, aber nicht alle sind zugleich Eigentümer des von ihnen verwalteten Kapitals. Larry Fink von Blackrock, einer der größten Vermögensverwalter der Welt, verwaltet 4,9 Billionen Dollar, die ihm nicht gehören. Und obwohl sein Konzern „nur“ 5,17 Prozent Anteile zum Beispiel an der Deutschen Bank hält, ist es kein Geheimnis, dass dort ohne seine Zustimmung keine Entscheidung von einiger Reichweite getroffen werden kann.

Zwar hatte Marx auf die große Bedeutung des englischen Bankkapitals und der Londoner Finanzjongleure für das Industriekapital hingewiesen – nicht im Band I, sondern im Band III des „Kapital“[19][19] – aber der heutige Gigantismus auf diesem Gebiet wäre für ihn wohl unvorstellbar gewesen. Die Existenz von Einzelkapitalen, die als „too big to fail“ und „systemrelevant“ einer staatlichen Regulierung und Stützung unterliegen und selbst auf diese entscheidenden Einfluss nehmen, hätte er wohl für unvereinbar mit dem erreichten Grad der Vergesellschaftung der Arbeit gehalten. Und tatsächlich wird die kapitalistische Hülle hier zwar nicht „gesprengt“, aber in einer Art und Weise modifiziert, die den Kern des kapitalistischen Kapital- und Eigentumsverhältnisses in einer veränderten Form reproduziert.

Internetökonomie und Internetkonzerne

(5) Die heutige Revolution des Systems der Produktivkräfte, die weit in die Produktionssphäre hineinreichende informations- und kommunikationstechnische Revolution, ist von vornherein eine globale Revolution. Bestimmte Teile der Weltbevölkerung sind zwar von ihr relativ ausgeschlossen, aber sowohl ihr Entstehen wie ihre Wirkung sind nur in weltwirtschaftlichen Dimensionen zu verstehen. Die quasi aus dem „Nichts“ entstandenen Firmen auf diesem Gebiet sind innerhalb weniger Jahre zu globalen Monopolkonzernen geworden und überhaupt nur in diesen globalen Dimensionen überlebensfähig. Auch sie bedürfen freilich eines weiten und in sich stark differenzierten „Kranzes“ von großen und kleineren Unternehmen, ohne welche die Diffusion und das „Abgreifen“ der Schlüsselinnovationen der Gegenwart in der ganzen Breite und Tiefe des globalen Reproduktionsprozesses nicht möglich wären. Sie müssen nicht jeden Punkt des globalen Netzes besetzen, um eine beherrschende Stellung in der Produktion bis weit in den konsumtiven Bereich und der persönlichen Sphäre der Individuen hinein zu haben; es reicht die Verfügung über die zentralen Knotenpunkte des Reproduktionsnetzes. Die Vision Jeremy Rifkins und seiner Adepten, das so genannte „Internet der Dinge“ als „kollaboratives Gemeingut“ führe automatisch zur Auflösung von Monopolstellungen[20][20], weil im Netz niemand mehr ausgeschlossen würde und quasi „kostenlos“ produziert werden könne, erweist sich – abgesehen von den ökonomietheoretischen Unzulänglichkeiten und Fehlern – angesichts dieser beherrschenden Stellung im Innovations- und Reproduktionsgefüge als Illusion.

3. Die Metamorphosen der Eigentumsverhältnisse

Unbestreitbar dominiert das Kapitaleigentum. Aber schon im Entwurf des dritten Bandes des „Kapital“ wurden nicht nur Kapitalfraktionen wie kaufmännisches und Bankkapital sowie das Grundeigentum und die Grundeigentümer unterschieden, es wurde auch auf die Trennung von Kapitaleigentum und Kapitalfunktion hingewiesen. Diese Trennung hat mit dem Bedeutungszuwachs des Gesellschaftskapitals und des Kredits im 20. Jahrhundert eine Qualität erreicht, die mittels der Theorie vom Finanzkapital und der Finanzialisierung der Wirtschaft erfasst wird. Die Existenz nicht-kapitalistischer Eigentumsformen im Kapitalismus spielt im „Kapital“ hingegen keine Rolle, ein Umstand, der bekanntlich Rosa Luxemburg zu ihrer Neuformulierung der Akkumulationstheorie inspiriert hatte und von denen sie glaubte, sie würden schließlich vollständig eliminiert. Die wirkliche historische Tendenz der Akkumulation im 20./21. Jahrhundert kann nicht analysiert werden, ohne diese differenzierte Entwicklung der Eigentumsverhältnisse zu berücksichtigen. Es ist auch diese Differenzierung und die Flexibilität der Kapitalformen, die „das befremdliche Überleben des Kapitalismus“ – um eine Formulierung von Colin Crouch abzuwandeln – bislang sicherte.

Obwohl das Kapitalverhältnis allen wirtschaftlichen Sphären seinen Stempel aufdrückt und sie in spezifischer Weise einfärbt, weisen die verschiedenen Sphären Unterschiede in ihren sozialen Charakteristika und Eigentumsverhältnissen auf. Manche Ökonomen betrachten einige davon sogar – ob zu Recht oder zu Unrecht, sei dahingestellt – als Keimformen einer post-kapitalistischen Produktionsweise. Eine erste Annäherung an die Frage nach der Struktur der Eigentumsverhältnisse zeigt die sektorale Analyse der Wertschöpfung. Laut Statistischem Bundesamt entstammen 22 Prozent der Bruttowertschöpfung dem Sektor „Private Haushalte und private Organisationen ohne Erwerbscharakter“ und 11 Prozent dem Sektor „Staat“. Der übrige Anteil von 67 Prozent entfällt auf den Sektor, der als „Kapitalgesellschaften“ bezeichnet wird (womit nicht die Rechtsform und auch nicht die Eigentumsform, sondern für den Markt produzierende Unternehmen und Wirtschaftseinheiten, darunter zum Beispiel auch Genossenschaften und Handwerksbetriebe, gemeint sind). Immerhin ein Drittel der in der Kennziffer Bruttowertschöpfung erfassten Produktion wird zwar nicht vollständig, aber in gewissen Teilen außerhalb der Warenproduktion oder zumindest in einer mit den Kapitalunternehmen nicht völlig identischen Art und Weise erbracht. Die neoliberale Wirtschaftsstrategie zielt auch darauf, bestimmte Wirtschaftseinheiten dieser Bereiche, sofern sie potenziell profitabel scheinen, gänzlich der Kommerzialisierung zu unterwerfen, das heißt, in kapitalistische Produktion zu verwandeln. Trotzdem hat sich der Anteil dieser beiden Sektoren in den letzten Jahrzehnten kaum verändert.

Ein anderer Zugriff auf die Analyse der Eigentumsstrukturen ergibt sich bei Betrachtung der juristischen Eigentumsformen. In Deutschland ist die Zahl der umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen auf derzeit 3,2 Millionen (alle Unternehmen:3,6 Millionen) in den in Tabelle 1 wiedergegeben Rechtsformen angewachsen.

Hinter der Zahl der natürlichen Personen und Einzelunternehmen (wie auch der Differenz zu den 3,6 Millionen Unternehmen) verbirgt sich ein großer Teil von Solo-Selbständigen und Freiberuflern (insgesamt 2,3 Millionen), die dem Bereich der kleinen Warenproduzenten mit der Identität von Eigentümer und Produzent und nur geringfügiger Zahl von Lohnarbeitern zuzuordnen sind. Dies gilt auch für die meisten der etwa eine Million Handwerksunternehmen mit circa 5 Millionen Beschäftigten, die unterschiedliche Rechtsformen haben und teils kleine Warenproduzenten sind, teils aber auch wie kapitalistische Unternehmen agieren.

Tabelle 1: Rechtsformen der Unternehmen[21][21]

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Wer sind die Eigentümer der Kapitalunternehmen? Eine recht umfangreiche und repräsentative Untersuchung von knapp 9.000 mittleren und Großunternehmen (davon 2.247 börsennotierte und 6.694 andere private Unternehmen) aus dem Jahr 2013 zeigt eine ziemlich starke Differenzierung der Kapitalanteile der verschiedenen Eigentümerkategorien (Tabelle 2).

Den größten Anteil am Kapital (57,2 Prozent) haben zwar personell konkret benennbare Eigentümer, aber ein durchaus nicht geringer Kapitalanteil entfällt auf juristische Personen, also wirtschaftliche Institutionen, deren Eigentümer nur indirekt über dieses Kapital verfügen.

Tabelle 2: Eigentümerstruktur von privaten und börsennotierten Unternehmen[22][22]

Tabelle siehe PDF !

Detailliertere Angaben über die konkreten Eigentumsverhältnisse finden sich auch für die etwa 711 börsennotierten Aktiengesellschaften verschiedener Größe und die 100 größten Unternehmen. Diese 100 größten Unternehmen, zumeist Konzerne mit mehreren Töchtern und Beteiligungen, hatten einen Umsatzanteil an der Gesamtwirtschaft von 15,8 Prozent. Dabei ist nur die inländische Wertschöpfung berücksichtigt, was die Aussagekraft beeinträchtigt, denn bei einigen dieser Konzerne ist die Wertschöpfung außerhalb Deutschlands mehr als doppelt so groß wie im Inland.

Bei der hinsichtlich ihres Umsatzes größten Gruppe der Unternehmen befindet sich die Mehrheit der Besitzanteile in Streubesitz. Unter diesen Umständen ist ein in quantitativer Hinsicht relativ kleiner Kapitalanteil ausreichend, um die reale Verfügungsmacht über ein Unternehmen auszuüben. Diese Macht liegt entweder bei Finanzunternehmen, die über Vertretungsvollmachten (Depotstimmrecht) verfügen oder beim Spitzenmanagement beziehungsweise dem Aufsichtsrat. Bei immerhin einem Viertel der hier untersuchten Unternehmen liegt die absolute Mehrheit der Besitzanteile in den Händen von Einzelpersonen oder Familien.

Tabelle 3: Die 100 größten Unternehmen (2014) nach Arten der Beteiligungsverhältnisse[23][23]

Tabelle siehe PDF !

Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien sind eine der wichtigsten Formen von Gesellschaftskapital. Bis Anfang der 1990er Jahre existierten davon weniger als 3.000. Danach explodierte diese Zahl in kurzer Zeit auf über 16.000. Im Gefolge der Krise und des Konzentrationsgeschehens reduzierte sich diese Zahl zwar auf inzwischen etwa 12.000; trotzdem ist das eine Vervierfachung innerhalb von 20 Jahren. Hinzu kommt das in anderen Gesellschaftsformen existierende Kapital. Obwohl es nur ein knappes Drittel der Zahl aller Unternehmen ausmacht, erbringt dieses Drittel über 80 Prozent aller umsatzsteuerpflichtigen Leistungen.[24][24]

Bezüglich der Aktiengesellschaften liegen für die 711 börsennotierten Gesellschaften Daten zur Eigentümerstruktur vor (Tabelle 4).

Tabelle 4: Eigentümerstruktur der 711 börsennotierten Aktiengesellschaften[25][25]

Tabelle siehe PDF !

Auffällig sind hier der hohe und wachsende Auslandsbesitz und die Tatsache, dass der Anteil von inländischen (sic!) Finanzinvestoren rückläufig ist und keineswegs dominiert. Das Bild ändert sich, wenn die Struktur der ausländischen Anteilseigner untersucht wird, bei denen Finanzinvestoren eine sehr viel wichtigere Rolle spielen. Bei den kleineren Gesellschaften haben private Haushalte eine weit größere Bedeutung als bei den größeren Aktiengesellschaften. Allerdings wird hier nur die alleroberste Ebene von Eigentumsverhältnissen abgebildet. Auch institutionelle Investoren sind Unternehmen, die sich ihrerseits im Eigentum von Personen befinden. Letztlich sind diejenigen, die formal oder real über Eigentum verfügen, immer Personen beziehungsweise private Haushalte, entweder als persönliche Eigentümer, als Anteilseigner oder als diejenigen, die unmittelbare Verfügungsmacht ausüben.

In allen diesen Tableaus zu den Eigentümerstrukturen zeigt sich eine Entwicklung, die Marx nur in ihrem Kindheitsalter beobachten konnte und im Band I des „Kapital“ nicht thematisierte. Mit den Veränderungen des Kapitals in Richtung auf das Gesellschaftskapital ging eine fundamentale Eigentumsmetamorphose einher. In den Manuskripten, die er noch vor dem ersten Band geschrieben hatte und die Engels später im Band III des „Kapital“ zusammenfasste, ging Marx auf die Trennung von Kapitalfunktion und Kapitaleigentum ein. Das Eigentum trenne sich von der Kapitalfunktion, der realen Durchsetzung von Verfügungsmacht. Damit kommt es auch zu einer privaten Verfügung über fremdes Eigentum. Gesellschaftseigentum wird der privaten Verfügung unterworfen. „Es ist die Aufhebung des Kapitals als Privateigentum innerhalb der Grenzen der kapitalistischen Produktionsweise … (und ein) Übergangspunkt zu einer neuen Produktionsform“.[26][26] Mit dieser Entwicklung sahen manche späteren Schriftsteller einen „Volkskapitalismus“, andere den „Managerkapitalismus“ heraufziehen. Dieser Interpretation wurde dadurch Vorschub geleistet, dass der Aktienbesitz zunächst einer immer breiteren Streuung unterlag und selbst Kleinaktionäre wähnten, real über Kapitaleigentum zu verfügen. Anfang der 1950er Jahre befanden sich in der Bundesrepublik die Aktienbestände zu immerhin fast 50 Prozent (6,8 von 14,4 Mrd. DM) im Besitz der privaten, natürlich vor allem der vermögenden Haushalte.[27][27] Das ist auf den ersten Blick eine erhebliche Streuung. Aber die große Zahl von Aktionären macht nicht deutlich, dass die überwiegende Mehrheit der Aktieninhaber nur geringste Anteile besitzen, während die großen Pakete sich im Besitz von institutionellen Anlegern und Hochvermögenden befinden. Es entsteht zwar der Schein einer Demokratisierung des Kapitaleigentums. Aber sie kettet den Aktieninhaber an das Kapitalinteresse und verstärkt den Effekt der Aneignungs- und Verfügungsmacht über fremdes Eigentum durch Großaktionäre wie Banken und Fonds sowie Kapitalfunktionäre. Inzwischen ist in Deutschland der Anteil der Privathaushalte am Aktienbesitz auf 11 Prozent zurückgegangen, obwohl sich die Zahl von Aktien- und Aktienfondsbesitzern auf immerhin über 9 Millionen Personen beläuft. Wie beim Gesamtvermögen konzentrieren sich auch der Wertpapierbesitz (darunter vorwiegend Aktien und Fondsanteile) und das Betriebsvermögen vor allem bei den Reichsten dieser Gesellschaft, den Hochvermögenden. Während der deutsche Durchschnittshaushalt über 16.000 Euro Geldvermögen und 7.000 Euro Nettobetriebsvermögen pro Kopf verfügt (die unteren Schichten über keines von beiden), liegen diese Werte bei den Hochvermögenden bei 1,1 Millionen beziehungsweise 610.000 Euro.[28][28]

Im Zusammenhang mit dem Rückgang der sozialen Aufwärtsmobilität kommt es zu einer sozialen Abschottung der Schicht einer sich selbst reproduzierenden, in sich abgeschlossenen Kapitalelite, die über die entscheidenden Anteile am Geld- und Produktivkapital der Wirtschaft verfügt. Den größten Anteil an den Quellen ihres jeweiligen Vermögens haben neben der Selbständigkeit als Unternehmer die Erträge ihres Geldvermögens und inzwischen auch Erbschaften bzw. Schenkungen. Piketty spricht von einer „oligarchischen Divergenz“, von einem „dynastischen Typ“ und der Rückkehr eines „patrimonialen Kapitalismus“.[29][29] Solche elitären Kreise verkörpern als Großeigentümer der Konzerne im realen und Finanzbereich gemeinsam mit deren Führungselite auch ohne absolutes Mehrheitseigentum jene herrschende Klasse mit realer Verfügungs- und Aneignungsmacht, deren Entscheidungen und Handlungen heute das wirtschaftliche Leben wesentlich mit beeinflussen. Natürlich herrscht die Konkurrenz auch ihnen die Gesetze der Kapitalverwertung auf, aber ihre Macht verschafft ihnen in diesem Rahmen einen historisch einzigartig großen Spielraum. Es ist schon erstaunlich, welchen Einfluss beispielsweise die Patriarchen der Familien Piech und Porsche mit ihren teils bizarren Familienstreitigkeiten auf die Geschicke eines Weltkonzerns und eines ganzen Wirtschaftszweigs ausüben.

Die Wirtschaftsmacht des hochkonzentrierten Kapitals und seiner Agenten vollzieht sich heute nicht mehr allein über die Konzentration und Zentralisation des Kapitals und die Eliminierung von Konkurrenten oder die Beeinflussung der Staatsmacht. Neben der Verfügungsmacht über das „eigene“, ihnen auch juristisch gehörende Kapital existiert die Verfügungsmacht über fremdes Kapital, die vielfach von den Kapitalfunktionären, der Managementelite der Konzerne, wahrgenommen wird. Millionen von Sparern sowie kleine und mittlere Geldvermögensbesitzer, jene atomisierte Mehrheit kleinster Eigentümer, sind von der realen Verfügung über ihr Eigentum getrennt. Es verleiht ihnen zwar noch das Recht auf einen gewissen Profitanteil und sie können darüber entscheiden, wer die anderen Rechte geltend macht, aber nicht mehr darüber, wie sie wahrgenommen werden. Es ist eine spezifische Enteignung der breiten Masse der Bevölkerung zugunsten der Kapitaleliten. Auch der größere Teil der Kapitalunternehmen, der zum KMU-Sektor gehört, ist zwar juristisch unabhängig, infolge der Macht der großen Konzerne jedoch ebenfalls von Teilen der realen Verfügungsmacht über das ihnen formal gehörende Eigentum entfremdet. Vor allem im Bereich der Kleinst- und Kleinunternehmen sowie der Solo-Selbständigen haben sich der Entscheidungsspielraum und die unternehmerische Autonomie stark verringert; sie stehen in keinem Verhältnis zu den Risiken und den Unternehmereinkommen, die oft kaum höher als das Einkommen aus unselbständiger Arbeit sind.

Die Komplexität der heutigen Eigentumsverhältnisse sowie die wechselseitige Durchdringung ihrer verschiedenen Formen lassen jene – nach Marx ziemlich einfach zu machende[30][30] – „Expropriation der Expropriateure“ kaum noch als die zentrale Formel erscheinen, mit der eine den heutigen Erfordernissen entsprechende, progressive Eigentumstransformation zu bewerkstelligen wäre. Ansatzpunkt einer solchen Transformation ist das von Marx als „Übergangspunkt in eine neue Produktionsform“ gekennzeichnete Gesellschaftskapital.

4. Schluss

Welches Fazit kann hinsichtlich der im 20./21. Jahrhundert tatsächlich verwirklichten historischen Tendenz der Akkumulation und ihrer „mannigfach modifizierenden Umstände“ gezogen werden?

(1) Es hat keine kontinuierliche Verschlechterung der Lage der Arbeiterklasse und keine beständige Vertiefung der Polarisierung zwischen Arbeit und Kapital gegeben und auch keine ständige weitere Vertiefung aller Widersprüche des Kapitalismus. Vielmehr gab es auch lange historische Perioden der Verbesserung der Lage und der Stabilisierung des Kapitalismus. Die Zahl der Kapitalisten ist beträchtlich angestiegen, wobei sich eine höchst differenzierte Struktur hinsichtlich Größe und Eigentumsform herausgebildet hat. Neben dem hochkonzentrierten, monopolistischen Bereich entwickelte sich im 20. Jahrhundert ein breiter, allerdings teilweise abhängiger unternehmerischer Mittelstand. Die Metaphern von der „Landnahme“ in ihren verschiedenen Varianten (Burkhard Lutz) oder der „Akkumulation durch Enteignung“ (David Harvey) setzen einerseits die Existenz eines nicht-kapitalistischen „Außen“ voraus, spiegeln aber andererseits nicht wider, dass sich dieses „Außen“ neben der Kapitalakkumulation auch selbst entwickelt.

(2) Schon seit Marx ist bekannt, dass es keine lineare Tendenz der Akkumulation gibt; vielmehr vollzieht sie sich im Rhythmus der Wirtschaftszyklen. Mit Piketty lernen wir, dass es darüber hinaus eine überzyklische U-förmige Entwicklung zumindest der Verteilung gab. Hier ist nicht der Platz gewesen, die Frage von „langen Wellen“ zu diskutieren. Auf jeden Fall ergibt sich aus diesen unterschiedlichen dynamischen Momenten ein höchst diskontinuierliches Muster der Dynamik der Widerspruchsentwicklung der Kapitalakkumulation, gekennzeichnet durch Schübe und gegenläufige Bewegungen. Die zeitweilige Intensivierung von Widersprüchen der Kapitalakkumulation war immer damit verbunden, dass sich Fenster zu einer Gesellschaftstransformation auftaten, die sich aber auch wieder schlossen.

(3) Die entscheidenden modifizierenden Momente für die historische Tendenz der Akkumulation waren einmal die Entwicklung der produktiven Kräfte, die Veränderung ihres Charakters und ihrer Struktur sowie die Entwicklung von Breite und Vielfalt der Gebrauchswerte. Zum anderen waren das die Veränderungen im Kräfteverhältnis zwischen Kapital und Arbeit und anderen Klassen und Schichten in der einen oder anderen Richtung. Die dem Kapital im Allgemeinen innewohnende Tendenz, wie sie Marx bestimmt hatte, erfuhr eine erhebliche politische Überformung. Darauf verweist nicht nur die Diskontinuität der Entwicklung, sondern auch die hier nicht behandelte Existenz unterschiedlicher nationaler Entwicklungsvarianten des Kapitalismus.

(4) Die Formel von der „Expropriation der Expropriateure“ im Gefolge einer Welle der Empörung der arbeitenden Klassen kann in dieser simplen Form (in ihren politischen Schriften haben auch Marx und Engels das nicht derart verkürzt dargestellt) mancherorts vielleicht noch mobilisierend wirken. Aber die Eigentumsverhältnisse haben sich nicht vereinfacht, sondern sind erheblich komplexer und differenzierter geworden. An die Stelle eines relativ geschlossenen und organisierten Proletariats sind verschiedene lohn- und gehaltsabhängige Klassen und Schichten getreten. Die Eigentumsfrage bleibt die zentrale Frage für eine Gesellschaftstransformation mit einer zunächst wohl gemischten Wirtschaftsform, ihre Beantwortung muss aber der Differenziertheit der entstandenen Eigentumsverhältnisse gerecht werden. Es geht um die gesellschaftliche Verfügungs- und Aneignungsmacht über das entscheidende Produktivvermögen der Gesellschaft. Sie könnte sowohl an der Umformung des Gesellschaftskapitals und des staatlichen Eigentums wie an der Entwicklung von Keimformen nicht-kapitalistischen Eigentums ansetzen. Zeitgemäße Expropriationsformen könnten neben der Enteignung mittels fiskalischer Eingriffe auch der umfassende Ausbau der Wirtschaftsdemokratie und der gemeinwohlorientierten regulatorischen Eingriffe in die private Verfügungsmacht über das große Produktiv- und Geldvermögen sein. Auch die Entfaltung nicht-kapitalistischer Eigentumsformen, insbesondere und zuallererst von öffentlichem, aber auch von genossenschaftlich-kollektivem und nicht profitorientiertem Eigentum kann zur Überwindung der Dominanz des kapitalistischen Eigentums beitragen.

(5) Der gegenwärtige weltwirtschaftliche Umbruch und die zunehmende Ungleichverteilung der Einkommen, der Geld- und Sachvermögen sowie der Chancen auf Selbstverwirklichung bewirken eine Verschärfung der Widersprüche der Akkumulation und eine erhöhte Labilität und Unsicherheit in ihrer Entwicklung. Es kommt zu einer Öffnung für verschiedene Entwicklungsvarianten und Dynamiken. Neben den hier behandelten Tendenzen der Akkumulation, die bei Marx im Mittelpunkt standen, beschwört diese auch neue Konflikt- und Problemfelder auf, die über den Widerspruch von Kapital und Arbeit hinausreichen und „quer“ zu ihm liegen. Dazu gehören die Krise der gesellschaftlichen Naturverhältnisse, die Exklusion großer Teile der Menschheit aus den reproduktiven Zusammenhängen überhaupt und die Verknüpfung dieser Widersprüche mit der Frage von Krieg und Frieden.

[1][31] Karl Marx, Das Kapital Band I, MEW 23, S. 790f. (im Folgenden MEW 23).

[2][32] Vgl. Reiner Metz. Säkulare Trends der deutschen Wirtschaft. www.gesis.org (Kapitalstock in Deutschland).

[3][33] Es spricht für Kuznets Ehrlichkeit, wenn er in seinem berühmten Artikel abschließend schrieb, sein Papier enthalte 5 Prozent Fakten und 95 Prozent Spekulationen, die auch seinem Wunschdenken entspringen könnten. Simon Kuznets: Economic Growth and Inequality. American Economic Review. Band XLV, März 1955. S. 26.

[4][34] MEW 23, S. 673f.

[5][35] MEW 25, S. 242.

[6][36] Der als Revisionist gescholtene Eduard Bernstein hatte schon früh auf einige der Marxschen Einschätzung entgegenlaufende Tendenzen verwiesen: „Die Zuspitzung der gesellschaftlichen Verhältnisse hat sich nicht in der Weise vollzogen, wie sie das ‚Manifest‘ schildert. …Die Zahl der Besitzenden ist nicht kleiner, sondern größer geworden. Die enorme Vermehrung des gesellschaftlichen Reichtums wird nicht von einer zusammenschrumpfenden Zahl von Kapitalmagnaten, sondern von einer wachsenden Zahl von Kapitalisten aller Grade begleitet. Die Mittelschichten ändern ihren Charakter, aber sie verschwinden nicht aus der gesellschaftlichen Stufenleiter.“ Eduard Bernstein: Die Voraussetzungen des Sozialismus und die Aufgaben der Sozialdemokratie, Stuttgart 1899. S. VI sowie 37 ff.

[7][37] Vgl. dazu Wolfgang Jahn in: IMSF, Defizite im Marxschen Werk, Frankfurt a.M. 1992, S. 16-26.

[8][38] Vgl. Stefan Krüger, Entwicklung des deutschen Kapitalismus 1950 – 2013, Hamburg 2015, S. 85. Michael Roberts: https://thenextrecession.wordpress.com/2016/11/10/debating-the-rate-of-profit/. Obwohl beide Mehrwertraten eine fast gleiche Dynamik aufweisen, unterscheidet sich ihr absoluter Wert beträchtlich, was auf unterschiedliche Berechnungsweisen verweist.

[9][39] Bei Marx wird als Zentralisation die Vereinigung bereits bestehender Kapitale zu größeren Einheiten (M&A = mergers & acquisitions = Vereinigung und Erwerb) und als Konzentration der Vorgang bezeichnet, bei dem einzelne Kapitale ihre Produktions- und Marktanteile durch „inneres“ Wachstum erhöhen. Die Kennziffern zu Messung eines „Konzentrationsgrades“ beziehen sich auf das Resultat beider Vorgänge, ohne diese selbst zu unterscheiden.

[10][40] MEW 23. S. 653f.

[11][41] Ebenda. S. 791, und Fußnote 252.

[12][42] Vgl. Wladimir I. Lenin, Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, in: LW 22, S. 103.

[13][43] Vgl. zum aktuellen Trend auch Jörg Goldberg/André Leisewitz, Umbruch der globalen Konzernstrukturen. Aktuelle Tendenzen der Kapitalkonzentration und -zentralisation, in: Z 108 (Dezember 2016), S. 8-19, und weitere Beiträge in dem genannten Heft.

[14][44] Quellen: Alexander Schirch, Alexander Kritikos: Kleine und mittlere Unternehmen: Stütze der gewerblichen Wirtschaft in Europa. In: DIW-Wochenbericht 13/2014. Tabelle 1.

[15][45] Roland Sturm, Matthias Redecker, Das EU-Konzept des Unternehmens, in: Wirtschaft und Statistik, Bonn 2016, Nr. 3. S. 67.

[16][46] S. Vitali, J.B. Glattfelder, S. Battiston, The network of global corporate control. ETH Zürich 2011.

[17][47] Hans-Jürgen Jakobs, Wem gehört die Welt? Die Machtverhältnisse im globalen Kapitalismus. München 2016, S. 14.

[18][48] Allianz Global Wealth Report 2016. S. 14.

[19][49] Um den „ganzen Geldmarkt in Unordnung zu bringen, … und eine Klemme in eine Panik zu verwandeln, dazu würde das Zusammenwirken dreier großer Banken hinreichen“, schreibt er in Anlehnung an die Aussagen einer Londoner Bankers. Karl Marx, Das Kapital Band III: MEW 25. S. 556.

[20][50] Jeremy Rifkin, Die Null-Grenzkosten-Gesellschaft. Das Internet der Dinge, kollaboratives Gemeingut und der Rückzug des Kapitalismus, Frankfurt a. M., New York 2014. Vgl. dazu auch die Rezension des Autors in: Berliner Debatte Initial 26 (2015) 1, S. 115 – 120.

[21][51] Quelle: Statistisches Bundesamt, Unternehmensregister, Rechenstand 2017.

[22][52] Sarah Katrin Volk: Einfluss der Eigentümerstruktur auf Finanzierung und Investitionsentscheidungen in privaten und börsennotierten Unternehmen. Dissertation. München 2013. S. 121.

[23][53]Quelle: Monopolkommission, XXI. Hauptgutachten, Bonn 2017, Tabelle II.13, S.167 (Auszug).

[24][54] www.destatis.de, Unternehmensregister und Umsatzsteuerstatistik (31.3.2017).

[25][55] Deutsche Bundesbank, Eigentümerstruktur am deutschen Aktienmarkt. Allgemeine Tendenzen und Veränderungen in der Finanzkrise, Monatsbericht September 2014, S. 19 – 33.

[26][56] MEW 25, S. 451.

[27][57] Deutsches Aktieninstitut, DAI-Factbook 2013. Tabelle 08.1-1.

[28][58] Vgl. dazu: Miriam Ströing, Markus M. Grabka, Wolfgang Lauterbach: Hochvermögende in Deutschland. In: DIW-Wochenbericht Nr. 42-2016.

[29][59] Piketty, a. a. O., S. 627.

[30][60] Die Herstellung kapitalistischen Eigentums sei „ungleich mehr langwierig, hart und schwierig“ als die Herstellung gesellschaftlichen Eigentums, weil es sich bei letzterem nur um die „Expropriation weniger Usurpatoren durch die Volksmasse“ handele (MEW 23. S. 791).

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